15: trembling

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Wieder zuckten die Augen zu meinen Händen und ich fragte mich, um was für eine verkappte Gestalt es sich bei ihm handelte.

—  ☼ ☽ —Wieder zuckten die Augen zu meinen Händen und ich fragte mich, um was für eine verkappte Gestalt es sich bei ihm handelte

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Ein Schaudern durchzog mich.
Diese Gestalt vor mir war anders als das nun schweigende Monstrum in meinem Nacken. Ich konnte das Leben spüren - den Sauerstoff der seine Lungen verließ und spürte den unruhigen Herzschlag ungewöhnlich langsam in mir selbst nachhallen. Es schien genauso irdisch wie ich zu sein, was diesen Blick nicht weniger unheimlich machte. Im Gegenteil.

Die Augen wanderten prüfend zu der Stelle hinab, an der ich meine Hände vermutete und sahen mir dann wieder in meine eigenen. Langsam aber gefasst hob ich sie an und umfasste mit beiden den verbliebenen Dolch, den ich nun auf das Wesen richtete.
Ich würde ihn nicht noch einmal aus den Händen geben. Nicht noch einmal eine Waffe an die Dunkelheit verlieren.

Ich musterte die Augen und kam zu der Schlussfolgerung, dass ich irgendwo anfangen musste um Hilfe zu bitten, denn anders würde ich wohl kaum mein Ziel erreichen. Und solange ich nicht vom erstbesten Untier getötet wurde, sollte ich jegliche Interaktion mit einem Wesen was halbwegs vertraute Körperstrukturen besaß nutzen. Obwohl es in diesem Fall fast schon erbärmlich war von einem Körper zu reden, wenn das einzige was ich sah Augen waren.

Ich holte somit tief Luft, drückte das Zittern in mir soweit zurück, dass ich es halbwegs unter Kontrolle hatte und ging einen Schritt auf die gold schimmernden Augen zu - fort von dem Wesen was mir immer noch im Nacken saß. Erneut musterten sie mich von oben bis unten und klebten für einige Sekunden an der Waffe in meiner Hand, ehe sie sich verengten und ich das erste Mal einen Atemzug vernahm, welche ich bislang nur als schwache Schwingungen der Luft wahrgenommen hatte. Dann sprach es schließlich und zu meiner Überraschung gedehnt: »Mutig, wirklich. Wollt Ihr noch näher kommen und mir all Eure Schwachstellen offenbaren?«

Ich war so überrascht von der Tatsache, dass das Wesen vor mir meine Sprache beherrschte, dass ich kurz völlig perplex den Dolch sinken ließ.
»Was..?« Meine Stimme war im Gegensatz zu seiner - es war ganz eindeutig männlich - fast nur ein Rascheln der Blätter.
Wieder zuckten die Augen zu meinen Händen und ich fragte mich, um was für eine verkappte Gestalt es sich bei ihm handelte. Was für Wesen hier noch lebten.

Erneut brach seine Stimme durch die Dunkelheit: »Wie habt Ihr es durch die Mauer geschafft?«
Er wusste also woher ich kam, dachte ich beinahe sofort und spürte die Grenze an meiner Seite vibrieren. Trotzdessen, dass ich mich auf feindlichem Territorium befand war der Fremde nicht in Alarmbereitschaft; seine Worte wirkten bestimmt, aber ruhig. Auch wirkte es so, als hatte er nicht vor mich in den nächsten Minuten zu töten und so hielt ich dennoch den Dolch fest umschlossen, wagte es aber meine Muskeln halbwegs zu entspannen.

»Ich wüsste nicht, was dich das angehen würde«, gab ich trotzig von mir und versuchte eine aufrechte Haltung zu bewahren. Schwachstellen, wie er sie nannte, durfte ich mir nicht erlauben.
Die Augen wurden schmaler aber nicht aus Bosheit, so wie mir verspätet auffiel. Vielmehr spiegelte sich überraschte Belustigung in ihnen wieder, als ich genauer hinsah. Sein raues Lachen kühlte mich nur noch mehr aus und die Kreatur in meinem Nacken schien mit ihm einzustimmen. Immer wieder rasselte und klickte es.

»So viel Angst, versteckt hinter so viel Mut«, säuselte er leise und ich blinzelte befremdet, verengte ebenfalls den Blick und versuchte vergeblich mehr von ihm auszumachen. »Ich habe keine Angst.«
»Vielleicht begreift Euer kümmerlicher Verstand es nicht, aber ich sehe Euch. Euren verspannten Kiefer, der ganz hervorragend mit der Blässe Eurer Wangen harmoniert. Den starken Puls an Euren Schläfen. Das Zittern Eurer Hände, die verzweifelt versuchen den Dolch bei sich zu behalten«, er machte eine kurze Pause, ehe er gedehnter fortfuhr, »Ihr stinkt förmlich nach blanker Angst meine Liebe.«

Ich schluckte und sah an mir hinab. Betrachtete das schwache Licht, in das vereinzelte Haare meinen bebenden Oberkörper tauchten und kreuzte erneut dem Leuchten seiner Augen. Er hatte recht und das war fast demütigender als die Aufzählung über mich ergehen zu lassen.
Ich hatte mir schon gedacht, dass die Dunkelheit sein Verbündeter war aber es nochmals gesagt zu bekommen ließ mich unwillig mit den Zähnen knirschen.

Handelte es sich um einen ihrer Art? Einen Dusker? Oder war auch er eine Kreatur die mit den Schatten und Gedanken meines Geistes spielen konnte? Vielleicht auch eine ganz andere Existenz die hier lebte? Vertrieben von meinen Urahnen, die jegliche Wesen verdammt und die Seite der Nacht damit bevölkert hatten?

Ich vermochte es nicht zu sagen. Versuchte nach irgendwelchen Zeilen zu greifen, die ich bislang gelesen hatte und wünschte mir das erste Mal, ich hätte mich doch mehr für sie interessiert.
Ich ging meine Gedankenbibliothek durch, raste durch mein fotografisches Gedächtnis und spürte trotz der Kälte den Schweiß in meinen Handflächen.

Im Gegensatz dazu schenkte Tenebra ihren Kindern der Nacht, Flügel, mit denen sie zu den Sternen gelangen, und Augen, mit denen sie die dunkelste Nacht ergründen konnten.

So stand es in 'Die Chronik des Urkrieges'; eine Zeile die ich dick markiert hatte, da sie die Göttergaben meiner Feinde inbegriff. Augen, mit denen sie die dunkelste Nacht ergründen konnten. Vor allem dieser Satz ließ mich jene vor mir genauer betrachten.
Wäre es denn so verblüffend auf einen ihrer Art zu treffen? Was hatte ich denn eigentlich erwartet?

Bevor ich mir jedoch weitere Gedanken machen konnte schien sich mein gegenüber zu bewegen. Leder knirschte und Metall klirrte leise als er näher kam.

A Curse of Light and ShadowWhere stories live. Discover now