Verschleiß des Personals

Start from the beginning
                                    

Integra nimmt den Anruf von Alucard an. „Hast du sie überzeugen können?" Am anderen Ende ist nur ein Schnauben zu hören, das aber nicht von dem Urvampir stammen kann. „Bringen wir es hinter uns, Lady Integra", murmelt Onyx in das Handy und Integra nickt zustimmend. „Bin ich voll auf deiner Seite. Dann lass uns nicht um den heißen Brei herumreden. Ich stelle eine Frage, du beantwortest die Frage, mehr nicht. Ich stell dich auf laut, dann kann Hans auch mithören."
„Deal."
Die Lady sieht auf den Bildschirm mit ihrer E-Mail, legt das Handy auf den Tisch und stellt es auf laut. „Wie kann es sein, dass du herausfinden konntest dass am Video manipuliert wurde und meine IT nicht?"
Die braunen Augen gehen zu ihrem eigenen PC und Alucard, der ihr sein Handy gegeben hatte damit sie gleich anrufen kann. „Erstens, man sucht bei einem Durchlauf nicht nach Manipulation. Zweitens, die Manipulation war gut versteckt. Ich habe speziell danach gesucht und es hat trotzdem Stunden gedauert. Drittens gab es keinen Hinweis. Keinen Cut in der Aufnahme, wenn man sich das Video angesehen hat. Man sichtet es nur, man schaut nicht nach, wenn es keinen Hinweis gibt."
Sie gähnt und reibt sich ein Auge. Hoffentlich dauert das nicht zu lange.
„Die Sachen bei den Dokumenten. Was genau meinst du damit."
Huh? „Wie meint Ihr? Die Formulierung? Lest-Lest es mir vor und ich versuche es zu erklären."
Na wenn sie meint. „Ja, die Formulierung. ‚Ungewöhnliche Absätze und Inhalte der Berichte mitsamt Teilsätzen mittendrin.' Was genau willst du mir damit sagen?"
Die braunhaarige Frau legt sich auf ihr Bett und sieht an die Decke. „Wenn man einen Bericht am PC schreibt und ausdruckt, ist die Zeile normalerweise komplett gerade. Man hat keine Abweichung, weil das alles normiert ist. Moment..." Brummend steht sie dann doch wieder auf und setzt sich an ihren Rechner, um ihn hochzufahren. Alucard weicht zurück, damit sie in Ruhe arbeiten kann. 

Die Lady und Hans warten beide darauf, dass der Rechner sich hochfährt und Onyx legt das Handy auf die Seite. „Ich stell Euch auch auf laut", brummt sie nur und hat somit beide Hände frei. Hier und da ein paar Klicks, ein paar Eingaben auf der Tastatur und sie hat die Dokumente, die sie von der Lady bekommen hatte.
„Erstes Beispiel. Erster Bericht. Anrede, bla, bla, bla... zweite Zeile nach der Anrede. Der Satz endet mit ‚folgende Sichtungen gemacht' und danach, wenn man es sich genau ansieht, sind die Höhen der Buchstaben verschoben und mit einem kleinen Programm, dass ich mir aus dem Internet gezogen habe, habe ich das noch einmal überprüft und es sieht so aus, als hätte man das Dokument am PC verändert, ohne Word oder was auch immer zum Schreiben genutzt wurde, noch einmal zu öffnen. Als hätte man mit Photoshop die eigentliche Sichtung mit Weiß durchgestrichen und die neuen Dinge draufgepackt. Und das bei fast jedem Dokument. Und das mit den Teilsätzen... Mh..." Sie muss ein gutes Beispiel rausfinden. Wo war das noch einmal... Ah, hier. „Dokument 4 von 13. Der Schadensbericht. Sechste Zeile. Die haben wahrscheinlich nicht mehr alles reingebracht was sie selbst weitergeben wollten und haben es so abgehackt geschrieben. Aber hier auch das gleiche mit der leicht versetzten Zeile. Da glaube ich... war es so, dass es mit dem bloßen Auge aber nicht erkennbar war, nur das Programm hat es rausgezogen."
Was für ein mieser Scheiß. Selbst Hans kann sie dafür nicht belangen, auf so etwas achtet man einfach nicht, wenn man einen Bericht geschickt bekommt. Integra schnaubt, na was für eine tolle Scheiße. „Onyx, ich fürchte... ich bin dir einiges schuldig", murmelt sie nachdenklich und starrt dabei auf den Bildschirm, während die Frau ihren PC runterfährt und gähnt. „Sorgt dafür, dass die anderen dran sind. Wer auch immer die Berichte gefälscht hat. ICH geh jetzt schlafen. Ohne Unterbrechung. Toodaloo." 

Damit legt sie auf und legt das Handy auf den Schreibtisch, bevor sie selbst zum Bett geht und sich reinfallen lässt. Alucard nimmt sein Handy und steckt es weg, behält seine Freundin aber noch ein paar Sekunden lang im Auge. „Onyx?"
Die dreht müde ihren Kopf zu ihm und zieht sich die Decke hoch. „Hm?"
Nur langsam erscheint auf seinem Gesicht ein Lächeln. „Falls es dir schon lange keiner mehr gesagt hat... ich bin stolz auf dich."
Bevor sie überhaupt etwas erwidern kann, ist er aber schon wieder verschwunden und die Braunhaarige sieht nur noch, wie ihr kleiner Freund auf sie zukommt, das Bett hochkrabbelt und sich zu ihr legt. Amüsiert schnaubend hebt sie die Decke und schaltet das Licht aus, bevor sie zwischen ihren Kuscheltieren versinkt und über den Hundertfüßer streicht. „Niemand ist so stolz wie ich, dich als Freund zu haben, Alucard", flüstert sie und schließt die Augen.
Dem Urvampir geht das Grinsten dabei nicht aus dem Gesicht und vor allem aber die Stimme von Oma Gertrude nicht mehr aus dem Kopf, die ihm immer wieder eintrichtert wie wichtig so eine Freundschaft ist und wie viel das auch für einen selbst abwerfen kann. Solange es eine gute Freundschaft mit Geben und Nehmen ist und sich nicht nur auf das Geben beruht.

Von der Lady hatte Alucard den Auftrag bekommen, das alles auch an Pater Anderson, Yumiko und Heinkel weiterzugeben und die wollten es nicht glauben! Bis... ja, bis Alucard dann Hans schlussendlich vorbeigebracht hat.
Die Skepsis ist noch 100 Meter gegen den Wind zu riechen und vor allem vertraut ihm niemand so wirklich. Der Werwolf hat viel Scheiße angestellt! Und doch hat man ein wenig Mitleid, dass seine Leute aufgrund einer Manipulation umgebracht wurden. Hinterrücks aufgrund falscher Informationen.
„Aber für die Sachen hier in Italien bist du sicherlich verantwortlich?" Anderson mustert den weißhaarigen Kerl, der aber nur nickt.
„Auch wenn wir stoppen werden, die Rache bringt nichts mehr." Seine Stimme zu hören ist wirklich unheimlich und Yumiko ist sich nicht ganz sicher, ob das wirklich Hans ist. Vom Aussehen her, vielleicht! Aber vom Charakter? Er hat sich definitiv verändert.
Heinkel verschränkt skeptisch dreinblickend die Arme. „So... und wenn wir jetzt eins und eins zusammenzählen... ist Elisa doch eigentlich Teil der Gruppe, die das alles wahrscheinlich manipuliert hat, oder nicht?"
Die Blicke gehen zu ihr, wobei Alucard sieht, worauf sie hinauswill. Die Blondine fährt aber fort und erläutert ihren Gedankengang. „Wenn es das gleiche Muster ist wie in London und man nutzt auch hier die Werwölfe... und Elisa heuert diese Werwölfe an! Dann kann sie nur Teil des Truppe sein, die das alles zu verantworten haben! Und theoretisch hat sie dich auf ihre Seite gezogen, Hans, weil du Rache üben wolltest und sie wollte von unseren Verbündeten irgendetwas haben. Was auch immer es ist."
Dabei zieht Alucard nur schmunzelnd etwas raus. „Meint ihr das hier?" 

Anderson reißt ihm das Medaillon fast aus der Hand, wobei der Urvampir zufrieden die Arme verschränkt. „Als ich vorgestern in der Lagerhalle war um alles zu checken, gab es da gerade eine Übergabe. Für die Kameras habe ich natürlich alles so ablaufen lassen, dass deine Leute, Hans, das an den Kerl übergeben haben. Keine Sorge. Aber das hier sollte übergeben werden und ich dachte... bei mir ist das ein wenig besser aufgehoben."
Anderson hat aber keine Ahnung was das sein soll und auch Yumiko oder Heinkel sind sich nicht sicher. „Ich rufe Onyx an, sie soll das mit allem vergleichen was irgendwie in den Weiten des Internets steht!"
Während Alexander schon sein Handy rausholt, stoppt Alucard ihn mitten in der Bewegung. „Die war die ganze Nacht wach und hat sich um ein Ding für die Lady kümmern müssen. Die pennt. Tief und fest. Wenn wir sie jetzt aufwecken, bringt uns das gar nichts."
Der Paladin schnaubt, tippt auf dem Handy aber weiter herum. „Sie wird das-"
„Wir warten!" Die mächtige Stimme des Werwolfs lässt Anderson zusammenzucken und perplex sieht er in die Richtung von Hans, während dieser den Kopf schüttelt. „Sie schläft seit ungefähr einer Stunde. Verschleißt Euer Personal nicht, Pater Anderson. Ich komme wieder, muss nur meinen Leuten etwas erklären."
Es gibt keine Widerrede, wobei Alucard anbietet ihn zurückzubringen. Geht schneller.
Nachdem die beiden verschwunden sind, schiebt sich der Pater seinen Ärmel hoch und mustert seine Gänsehaut. Sein Körper reagiert immer noch auf das Trauma aus der Kindheit, Werwölfe sind und bleiben sein persönlicher Endgegner. Aber auch der Fakt wie sehr sich Hans geändert hat, gibt der Gänsehaut einen weiteren Boost. Er redet. Wirkt sogar nett und rücksichtsvoll, wenn man das mit Onyx bedenkt und dass sie sich eigentlich noch gar nicht wirklich gut kennen und vor allem aber hat er dem dritten Reich abgeschworen.
Gut, letzteres kann man jetzt nicht beweisen oder dergleichen, aber da hat sich so viel bei dem Kerl geändert... es würde niemanden überraschen wenn es wahr wäre. 

„Ich habe ihn noch nie reden gehört", murmelt Yumiko ein wenig eingeschüchtert und sieht zu Heinkel, die nur leicht nickt. „Ich dachte auch, dass Seras ihn umgebracht hätte. Das dachten wir alle! Was die wohl von der ganzen Sache denkt? Aber ja... seine Stimme ist wirklich unheimlich. Und wie laut der plötzlich werden kann!"
Anderson dreht langsam seinen Kopf und schiebt sich den Ärmel wieder runter. „Und das schlimmste... er hat all die Jahre unter unserem Radar gelebt. Er war nach der Flucht immer hier. Hat sich hier sein Rudel aufgebaut und es in alle möglichen Länder gebracht."
Yumiko und Heinkel legen beide ihre Arme um den Paladin. Sie wissen nur, dass es ein Problem in seiner Kindheit mit Werwölfen gab! Was genau? Weiß niemand. Und die Sache mit Hans macht das nicht unbedingt besser.
„Ich wünschte", murmelt der Regenerator und seufzt, bevor er die Arme um seine zwei Ziehtöchter legt, „ich wünschte wir hätten Enrico auf unserer Seite."
Denn von dem haben sie bis jetzt immer noch nichts gehört und sie können ihm auch noch nichts sagen! Oder sie werden ihm nie etwas davon sagen und es einfach auf sich beruhen lassen, sobald es erledigt ist. Jeder hat ein schlechtes Gewissen was das angeht, niemand will ihn wirklich hintergehen! Aber so wie er sich verhält, ohne Grund, gibt es keine Möglichkeit als es heimlich ablaufen zu lassen.

Demonic ArtefactsWhere stories live. Discover now