Fortschritt

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„Okay, bist du bereit?"
„Nein."
„Kiddo."
Zwei Tage später ist wieder eine Session zwischen Alucard und Onyx geplant, die bis vor ein paar Stunden noch an den letzten Informationen zu den Personen gearbeitet hatte, die Pater Anderson alle aufsuchen und befragen muss. Heute gehen sie einen Schritt weiter. Alucard wird in ihrer Wohnung auftauchen und vor ihrer Tür stehen, geschlossen natürlich. So kann sie die Stimme hören, weiß auch dass er da ist! Aber sie sieht ihn noch nicht. Zumindest ist so der Plan gewesen.
„Nimm Jacky. Soll ich dir einen Tausendfüßler reinsenden?"
Onyx hat das Handy wieder auf dem Stativ stehen und zieht den Kuschelwal zu sich, bevor sie ihn an sich drückt und leicht nickt. „Okay, dann machen wir es so. Ich beende den Call, klopfe zwei Mal an der Tür damit du sie aufmachen kannst und einer deiner krabbligen Lieblinge kann reinkommen und dann reden wir. Du bist mir nicht böse, wenn ich einen Stuhl aus der Küche hole, um mich hinzusetzen. Oder?"
Kopfschütteln.
Der Urvampir seufzt und beendet den Call, bevor er vor ihrer Zimmertür auftaucht und, wie besprochen, zwei Mal klopft. Ein kleiner Tausendfüßler krabbelt zur Tür und er selbst zieht sich erst einmal in ihre Küche zurück, während er hört wie die Zimmertür auf und dann wieder zu geht. Gut.
Mit dem Stuhl kommt er zurück, stellt diesen vor ihre Zimmertür und macht es sich gemütlich. „Und denk daran... ich kann dich nicht sehen. Meine Glubscher sind, wie fast alles meines Körpers, hier draußen. Kopfschütteln und nicken ist nicht drin heute. Versuch altmodisch zu sein und stell dir das als Telefonat vor." 

Onyx, die mit ihrer Decke um ihren Körper und über ihrem Kopf am hintersten Eck ihres Zimmers auf dem Bett sitzt, den Plüschwal in der Hand hat und nervös über den Tausendfüßler streichelt, nickt. Das weiß sie. Warte. Er kann das nicht sehen.
„J-Ja." Sie spürt das rasen ihres Herzens und es ist nicht wegen Liebe. Ihr Körper reagiert auf das Wissen, dass sich da draußen, ganz in ihrer Nähe, ein Vampir befindet und sie allein mit ihm ist. Sie weiß, dass er ganz in Ordnung ist, wirklich! Aber die Angst geht tiefer als ihr Verstand und kann ihn somit ein wenig aushebeln. Ihre Hände zittern ein wenig und sie hat das Gefühl hier raus zu müssen.
Alucard bekommt das alles mit. Natürlich, wenn er da eines seiner Tierchen drin hat! Dass er nichts sehen oder anderweitig mitbekommen kann, hat er ihr nur gesagt um sie zu beruhigen. Es tut ihm schon fast leid. „Hey, Kiddo. Willst du jetzt darüber reden? Oder was komplett anderes machen."
Ihr Blick geht zu Tür, dann zu dem Tausendfüßler und ihre Stimme wird so leise, dass er es sicherlich nicht von der Tür aus hören könnte. „Du bekommst alles mit, oder?"
Das Tierchen windet sich kurz, bevor die Fühler über ihre Wange streichen. Tröstend, als wolle man sich entschuldigen.
„ICH kann Gedankenlesen. Nicht du. Hallo? Woher weißt du das?" Der Urvampir verschränkt seine Arme, schmunzelt aber und schließt seine Augen, um durch die Augen des Tieres zu sehen.
„Weil du mir gesagt hast, dass du bei allem, was du kontrollierst, auch Zugang zu den Sinnesorganen hast und du hast mich noch nicht gefragt, wie es mir geht. Mein Körper möge im Moment fliehen wollen, aber mein Verstand arbeitet noch einwandfrei. Oder... gut genug um das mitzubekommen." 

Ugh, ist er so auffällig gewesen? „Ich frag dich nicht die ganze Zeit, ob es dir gut geht, Kiddo. Einbildung ist auch eine Bildung, oder wie war das?", brummt er, wobei Onyx mit den Fingern über den langen Körper des Tausendfüßlers gleitet. „Tust du. Schau dir unseren Chat an."
Tatsächlich holt Alucard sein Handy raus und scrollt durch. Eine Augenbraue geht hoch, Tatsache.
Seit Gertrude ihm gesagt hatte, dass er sie fragen soll wie es ihr geht, macht er das eigentlich bei jedem Anfang eines neuen Tages. „Du hast Angst, du zitterst... Kiddo, wieso funktioniert dein Verstand!"
„Weil ich sonst tot wäre. Pater Anderson... wäre damals zu spät gekommen, wenn sich der nicht eingeschalten hätte."
Darauf erwidert Alucard nichts, bleibt nur still. „Es war alles super. Ich... Ich hatte Urlaub, hab mich schon vom Abendessen vollgefressen und hatte einfach meine Hütte! Und... dann war da der Tumult vor der Hütte."
Onyx legt den Kopf schief, runzelt die Stirn.
„Ich konnte nicht verstehen was da draußen los wäre und dachte zuerst, dass irgendwelche Tiere einen Territoriumsstreit oder so hätten, kann ja sein! Aber es waren Töne, die hatte ich noch nie gehört und ich wollte wissen, welche Tiere das sind. Einfach, dass ich für die Zukunft weiß, welches Bild ich im Kopf haben muss wenn ich das noch einmal höre."
Der Tausendfüßler lässt die Fühler wieder über ihre Wange streichen, während die Braunhaarige in den Erlebnissen von vor vier Jahren versunken ist. Der Tag, der sie näher an das eigentliche Team von Iskariot brachte. An die Geheimnisse, die ihr enthüllt werden würden und die Gefahren, die damit einhergehen. Und eine Hülle und Fülle an neuer Arbeit, verbesserten Konditionen und Sicherheiten.
Hätte sie gewusst, was an dem Tag auf sie zukommen würde, weiß sie nicht, ob sie nicht vorzeitig abgereist wäre.

Demonic ArtefactsWhere stories live. Discover now