1

54 7 2
                                    

"Scheiß idee..." Murmelte Crowley leise vor sich hin, als er durch die dunklen Gänge des Internats eilte.
Wer kam aber auch bitte auf die Idee, sich als möchtegern Lehrer, in eine Schule einzuschleusen, nur um den neuen Herrn und Meister der Unterwelt, in eben jener Institution in Sicherheit zu wissen?

Wochen verbrachte er nun schon in diesem Gebäude... Wochen, die er durchaus hätte, mit etwas sinnigerem verbringen können.
Und doch, hatte das Professor da sein auch seinen gewissen Charme...
Crowley grinste, war es doch schon lange kein Geheimnis mehr, dass vor allem die weiblichen Schülerinnen, wenn auch einige der männlichen Artgenossen, einen Narren an dem neuen Lehrer für Botanik und Kultur gefressen hatten.
Wenn die nur wüssten...
Crowleys Mundwinkel zuckten verräterisch, dachte er doch an die heutige Stunde zurück, als der neue Lehrer für Geschichte und Deutsch in sein Klassenzimmer geeilt war und seine ganze Welt, doch mit einem Mal, schlagartig auf den Kopf gestellt hatte.

Kreide, hatte eben jener gewollt und ihm eines seiner atemberaubenden Lächeln geschenkt, als er das weiße Kalk, an eben jenen weitergereicht hatte.
Seine Finger kribbelten noch immer....
Er musste Mr. Fell wohl etwas zu verträumt hinterher geschaut haben, denn als er seinen Blick im nächsten Moment wieder hatte an die Klasse gerichtet, war er irritierten aber auch wütenden Blicken einiger Schüler begegnet.
Schulterzuckend hatte er geschnaubt und seinen Unterricht fortgesetzt.

Eine heimliche Affäre zwischen zwei Lehrern.... Undenkbar.
Und doch, wusste keiner von ihnen, dass eben jene Beziehung doch schon seit beinahe 6000 Jahren anhielt.
Crowley straffte die Schultern.
Ja, ihre Beziehung reichte bis zum Anbeginn der Zeit zurück... Und wenn es auch nur eine freundschaftliche war....

Stöhnend quietschend schob er die Türen vor sich auf, lugte vorsichtig in das Innere der großen Bibliothek, ehe er sich selbst vorsichtig hinein schob und die Türen wieder hinter sich verschloss.

"Engel?" fragte er flüsternd in die Stille hinein und wagte sich doch noch ein Stückchen tiefer in die Dunkelheit des Raumes hinein, mit der er doch nur allzu vertraut zu sein schien.

Im hinteren Teil des Raumes warf ein trübes Licht flackernde Schatten gegen die hohen Regale, die sich unter dem schweren Gewicht der vielen Bücher zu biegen schienen.
Interessiert maschierte Crowley darauf zu, stoppte jedoch mitten in seiner Bewegung, als ein leises Lachen hell auf sein Ohr traf.

Stirnrunzelnd blieb der hagere Mann stehen, wagte er es doch nicht, noch näher an das Licht heran zu treten und so seine Erscheinung Preis zu geben.

Da war es wieder, ein helles Lachen. Dann ein etwas tieferes.

Crowley wurde schlecht.
War sein Engel etwa in nächtlicher und noch dazu männlicher Begleitung?
Zitternd und von der Übelkeit übermannt, beugte er sich noch ein Stückchen weiter nach vorn.
Drückte seinen Körper gegen die dunkle Fassade der Regale und sah in die kleine Nische hinein, die von dem Honig gelben Licht erfüllt war.

Da saß er, sein Engel.
Der Mann, der ihn nicht mehr Essen, Trinken oder Schlafen ließ.
Der Mann, der für seinen unsagbaren Hunger und die Sehnsucht in seinem Herzen verantwortlich war.

Und noch ein Anderer.
In etwa so groß wie er, jung, gutaussehend, atemberaubend. Es war zum verrückt werden.

Und auch wenn er nur dessen Rücken sehen konnte, so war er sich doch sicher, dass eben jener der Grund für Aziraphales Lachen war.

Bitter stieg ihm die Galle hoch, als er sah, wie vertraut sie miteinander sprachen.
Wie zärtlich sie die Worte einander entgegen spielten und über die verschiedensten Themen debattierten.

Er hatte ihn verloren.... Verloren an einen anderen Mann.
Wut stieg in ihm auf.
Wie konnte dieser Mann es wagen?!

Enttäuschung lief ihm zähflüssig durch seine Venen, veklebten sein Herz, diesen schmerzenden Muskel und seinen Verstand.
Sein Denken,
Alles.

Schnaubend machte er auf dem Absatz kehrt, sodass sein wallend rotes Haar nur so um seinen Kopf flog. Und die Türen mit einem dumpfen Knallen zurück in ihr Schloss fielen.

Aziraphale sah auf, riss panisch die Augen auf und sah sich irritiert um.
Na sowas? War da etwa jemand gewesen?

Müde sah er auf das Buch vor sich, dann wieder zurück auf den jungen Referendar, der am frühen Abend sein Büro aufgesucht hatte.
Das Thema, welches eben jener für seine Facharbeit ausgesucht hatte, war aber auch wirklich eine harte Nuss und noch eine härtere, zu knacken...

Ächzend streckte sich der Engel, schüttelte seine schmerzenden Glieder und zog in einer fließenden Bewegung seine goldene Taschenuhr aus dem weißen Gehrock, ehe er überrascht aufkeuchte und panisch die Augen aufriss.

Verdammt! Er hatte das Abendessen verpasst... Und wenn er genauer darüber nachdachte nicht nur das...Hatte Crowley ihm doch noch an jenem Nachmittag einen Zettel zugeschoben, auf der eine Einladung zu einem Glas Wein, in dessen privaten Räumen doch sehr verlockend gewunken hatte.

Ob Crowley ihn deswegen schon gesucht hatte?
Peinlich berührt entschuldigte sich Mr. Fell bei dem jungen Mann vor sich, packte eilig das Buch und die Aufschriebe zusammen und verstaute eben jene fein säuberlich in seiner alten Tasche, aus braunem Leder.

Wenn er Glück hatte, war der Dämon vielleicht noch auf?
Mit schnellen Schritten verließ der Engel die großen Hallen, eilte die Treppe hinunter und raus auf das Gelände.

Wie sollte er sich nur anständig für seinen Fauxpas entschuldigen?

Doch das Gebäude vor ihm war dunkel, verriet nichts über dessen Bewohner oder das auch nur einer von ihnen, seine Bettzeit missachtet hatte.
Ärgerlich mit sich selbst, beschleunigte er seine Schritte, bis ihn die Stimme des jungen Mr. Thomas noch einmal einholte und innehalten ließ.

"Mr. Fell! Mr. Fell?!"
Fragend drehte Aziraphale sich um.
"Wäre es möglich, dass sie mein Buch aus der gestrigen Unterrichtsstunde noch bei sich tragen?" stark schnaufend hielt sich der junge Mann die Seite.

Natürlich, schoss es dem Engel durch den Kopf. Die Geschichte über die alten Sagen und Mythen Griechenlands....
Innerlich schlug sich der Blonde gegen die Stirn.

"Oh, das ist mir doch tatsächlich entfallen... Aber ja, kommen Sie nur, ich gebe es ihnen zurück."
Verdattert führte Aziraphale, den jungen Mr. Thomas in das Gebäude, nicht ahnend, dass der dunkle Schatten am Fuße des obersten Treppenabsatzes fluchend, zurück in seine Wohnung stürmte und ein Whiskeyglas nach dem anderen, an der gegenüberliegenden Wand seines Kamins zertrümmerte....

Somebody To Love Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz