34. Prinzipien, welche?

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Ich seufzte bei dem Gedanken. Nun ja, solange es nicht Rosalie war, mit der ich konkurrieren musste...

Rosalie.

Ich hatte sie jetzt seit längerem nicht gesehen und hatte zugegebenermaßen vergessen nach ihr zu fragen. Aber so wie es schien, war sie immer noch stumm. Das einzige Mal, als sie gesprochen hatte, hatte sie mich für das Verschwinden des kleinen Mädchens beschuldigt, was seitdem sehr an mir genagt hatte. Ich hatte sie zwar gefragt, warum sie so dachte, aber sie hatte nicht mehr geantwortet. Ihr Blick war leer gegen die Wand gerichtet. Es hatte schon etwas unheimliches an sich. Ich schluckte bei dem Gedanken.

Zu meinem Glück hatte sie die Verkündung der Verlobung nicht miterlebt. Die Frage ist, was sie tun würde, sollte sie es erfahren. Ich vermutete stark, dass sie mich niemals als Nathans Frau akzeptieren würde - geschweige denn als ihre Hausherrin. Ob sie das Anwesen verlassen würde? Ich schüttelte den Kopf. Vermutlich würde sie mich versuchen umzubringen und es wie einen Unfall aussehen lassen. Das klang viel mehr nach ihr.

Jedenfalls würde sie es früher oder später erfahren, denn nachdem Nathan unsere Verlobung offiziell gemacht hatte, sprach es sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Gegend rum. Genau so wie wir bereits vermutet hatten, waren wir Gesprächsthema Nummer eins. Aber wider unserer Erwartungen wurde nicht davon gesprochen, dass ich als Hausmädchen eine Beziehung mit dem Hausherrn führte. Nein, stattdessen sprachen die Leute von mir als die Krankenschwester, die ihm das Leben gerettet hatte. Vermutlich dachten die meisten, Nathan würde mich aus Dankbarkeit heiraten.

Aber das war mir recht. Hauptsache sie betitelten mich nicht als Mätresse.

Ich fing an in der Wohnung auf und ab zu laufen, während die Uhr im Zimmer laut tickte.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte. Endlich war er da. Hastig lief ich herüber und riss sie lächelnd auf. Nur um Schmidt am Türrahmen zu sehen. Enttäuscht ließ ich die Schulter sinken. "Was tust du denn hier?"

"Auch schön dich zu sehen.", erwiderte er trocken und trat ungebeten ein. "Mr Kurt wird sich etwas verspäten.", erklärte er, während er sich im Flur umsah und in jedes Zimmer spähte, "Ich soll dich schonmal zum Restaurant begleiten."

Ich seufzte. "Nicht dein Ernst."

„Mehr Begeisterung bitte, Ella."

„Entschuldige, so hatte ich das nicht gemeint, Schmidt.", sagte ich schnell, „Ich bin wegen seiner Verspätung enttäuscht."

Er zuckte die Achseln. „Daran musst du dich in Zukunft gewöhnen. Er ist ein Arbeitstier und wird viel gebraucht."

„Ja, ich weiß.", erwiderte ich und versuchte meine Stimme dabei nicht geknickt klingen zu lassen.

Im Grunde genommen liebte ich meine Arbeit auch und wäre vermutlich Tag und Nacht im Krankenhaus, wenn ich mich nicht mal ausruhen müsste. An diesem Punkt waren wir uns sehr ähnlich, nur dass Nathan vermutlich ein Tick mehr besessen war von der Arbeit. Denn in meinen Augen sollte auch mal eine Ausnahme gemacht werden, vor allem für eine kleine Auszeit mit den Liebsten. Ich hatte mich jedenfalls auf diesen Abend gefreut... Einmal. Einmal sollte er die Arbeit beiseite legen. War das zu viel verlangt?

„Wollen wir?", fragte Schmidt mich und hielt mir seinen Arm hin. Ich musste lächeln und nahm meinen Mangel aus dem Schrank, ehe ich mich bei ihm einhakte.

Wie schnell sich das Blatt wenden konnte. Vor einem Monat hätte ich niemals gedacht, dass ich mich freiwillig von ihm begleiten lassen würde. Er führte mich die Treppen herunter zur Straße, wo die Kutsche auf uns wartete. Er half mir einzusteigen, ehe er sich mit einem kurzen Nicken in Richtung des Kutschers ebenfalls hineinsetzte. Die Kutsche fuhr sofort los. Während der Fahrt musste ich zugeben, dass ich etwas nervös wurde. Nicht wegen dem Essen mit Nathan, sondern viel mehr wegen der Ambiente im Restaurant. Ich war nicht der Typ Mensch für solche Orte. Wären wir in meinem Jahrhundert, hätte ich Nathan vielleicht vorgeschlagen doch zu einem Burgerladen zu gehen.

Ella - Die Stille nach dem SturmWhere stories live. Discover now