Kapitel 32

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-----Rin-----

"General, ich muss mit ihnen sprechen.", rief ich, als ich General Bogner hinterhereilte.

Ich traute mich nicht mehr zu blinzeln, denn wann immer ich meine Augen schloss, starrten mich zwei Augen an. Dieser eine Soldat blickte mich an, als wäre er ein Wilderer und ich sein Wild. Das Gesicht gelassen, die Augen aber verrieten, dass er jederzeit angreifen könnte. Er befahl dem Gras, auf dem ich stand, sich um mich zu winden, dass ich ja nicht fliehen konnte. Ich wusste nicht ganz, was ich fühlte, ob es starre Angst war, oder aber die Erregung zur Flucht reichte. Wessen ich mir sicher war, ein solches Auftreten dulde ich nicht am Palast. Gott weiß, was er im Schilde führte, mich sollte es jedenfalls nicht weiter aus der Ruhe bringen. Bereits im frühen Kindesalter wurde ich gelehrt, dass es viele Missetäter geben wird, die mich um meiner bloßen Existenz Willen tot sehen wollen. Jetzt scheint der Augenblick gekommen zu sein, in dem ich mein jahrelang geschultes Misstrauen zum Einsatz bringen konnte.

"Ja, eure Hoheit?", sagte er mit einer Verbeugung, als er sich zu mir drehte. Ich fing ihn auf einem Flur ab, die Morgensonne stand noch tief.

"Ich habe Grund für den Verdacht, dass sich ein Übeltäter unter den Neuankömmlingen befindet."

"Prinz Rinnero, woher kommt diese Vermutung? Galten eure Bedenken auch dem jungen Mädchen, dass ihr gleich bei erster Begegnung vom Hofe verbannt habt?"

"Gewiss.", log ich und ärgerte mich noch einmal über mich, dass ich dieser Unschuldigen so hart gegenüber trat.

"Nun, euch so reden zu hören beunruhigt mich. Welchen Grund hätten Außenstehende, euch Leid zufügen zu wollen? Ich kann mich an keine Tat eurerseits erinnern, die ein schlechtes Licht auf euch werfen könnte." Er kratzte sich nachdenklich am Kinn.

"Möglicherweise ein verärgerter Bruder, oder ein Vater eines der nach Hause geschickten Mädchen. Oder ein Rebell. Wobei es diese Tiere wohl eher auf meinen Vater abgesehen hätten. Könnten sie ihn frühzeitig aus der Auswahl nehmen? Die Situation sowohl im Königreich als auch hier im Palast ist angespannt genug. Haben sie etwas von Ja- ich meine Novikov gehört?" Angstschweiß stand mir im Nacken.

"Ich bitte um Verzeihung, eure Hoheit, die Entscheidung wer bleibt und wer als Teil der Garde aufgenommen wird, liegt nicht bei mir. Der König selbst ist dafür zuständig. Außerdem ist die Truppe heute außerhalb der Mauern unterwegs, ich könnte sie gar nicht erreichen. Und nein, ich erhielt keine Nachricht von Offizier Novikov, aber er wird in den nächsten Tagen zurückkehren. Ist euch nicht wohl, Prinz Rinnero?", fragte er mit einem Hauch Sorge in seiner Stimme.

"Hm. Dann sprechen sie bitte mit ihm, es ist mir sehr wichtig. Mir ist nur etwas warm."

"In Ordnung, ich werde ihn umgehend aufsuchen. Guten Tag, eure Hoheit."

Ich bedankte mich und machte mich auf den Weg in mein Gemach. Mir war, als würde ich nur noch wenig Luft bekommen und meine Fingerspitzen waren eiskalt. Der Palast und die Flure, in denen ich aufwuchs kamen mir in letzter Zeit fremd vor. Erst werden Dutzende fremde Frauen hierher eingeladen, wegen eines Grundes, der auf den ersten Blick ganz plausibel scheint, bei näherer Betrachtung aber einfach nur abscheulich ist. Dann werde ich von diesem Widerling belästigt und jetzt muss ich um mein Leben bangen. Hatte ich nicht das Recht dazu, etwas zu schwitzen? Was die Angelegenheit umso deprimierter machte, war, dass es gerade der maskierte Widerling war, der die Flure seit langem zum Strahlen brachte.

In meinem Zimmer angekommen, blickte ich über die Palastmauern und fragte mich, wohin er wohl gelaufen ist. Wer er war, wer er jetzt ist. Es ärgerte mich, dass ich den anderen Mädchen nicht meine Aufmerksamkeit schenken konnte und dass ich Caasi in Gedanken noch immer hinterherhing. Wäre sie Caasi geblieben, hätte ich sie mir zur Frau genommen, so viel steht fest. Aber was bringt es mir, daran jetzt zu denken.

The prince or the kingdom Onde histórias criam vida. Descubra agora