Flug zurück nach Okinawa

24 2 0
                                    

Pov: Cherry

Mein Rechtes Auge wanderte immer wieder zu der aus der Entfernung klein erscheinenden Uhr im Flughafen. Nervös knabberte ich an meiner Unterlippe. Was, wenn sich viel verändert hatte? Immerhin war ich sechs Jahre weg gewesen.

<>

„Es tut mir leid. Mr. Sakurayashiki ich befürchte es gab niemals noch etwas zu retten. Skaten können sie leider vergessen. Die Chefärzte sind Ratlos."

Geschockt sah ich den Arzt an, er tat nur seinen Job, aber das war schon grausam. Ich hatte nie gewollt, dass es so endet.

„Dafür können sie nun nach Japan zurück und alle ihre Lebenskosten werden vom Staat übernommen."

„Danke."

War das Einzige, was ich herausbrachte. Hätte ich noch mehr gesagt, wären die Tränen sicher aus mir herausgebrochen.

<>

Alle Passagiere von Airline Direkt, deren Ziel Okinawa, Japan ist, mögen sich in den Wartebereich begeben, hallte eine laute Stimme von den Lautsprechern.

Ich schob die Räder des Rollstuhls an und blieb nur kurz später im Wartebereich stehen. Ob mich die Anderen überhaupt erkennen würden?

Mein eines Auge, war nun weiß, was ja eigentlich klar war, wenn man blind war. Mein linker Nasenflügel war irgendwo in Walhalla und er war mit meinem linken Ohr abgehauen. Merken tat man dies aber erst, da meine Haare nun nicht mehr gerade die längsten waren. Sie reichten mir im Gesicht geradeso noch bis über mein blindes Auge. Ansonsten waren sie nicht länger als fünf Zentimeter, was im vergleich zu vorher ja praktisch nichts war.

Neben mir parkte ein anderer Rollstuhl und der ältere Mann darin sprach mich an. „Nun sitzt also auch die Jugend schon im Rollstuhl. Was ist denn mit dir passiert, dass du nicht mehr laufen kannst?"

„Oh, ich bin zur Hälfte gelähmt...", lächelte ich den Älteren an.

„Die Jugend und ihre Videospiele, lass mich raten, du bist vom Stuhl gefallen?", riet der ältere Mann.

„Nah dran. Ich bin beim Skaten ausgerutscht und einen Abhang heruntergefallen. Mit Videospielen hab ich nicht viel am Hut.", antwortete ich höflich.

„Skaten sagst du? Ich bin auch mal geskatet. Einmal bin ich gestürzt und habe mir was gebrochen aber im Rollstuhl geht das jetzt leider nicht mehr. Sei froh, dass es nur eine Lähmung ist."

„Bedauere, aber es ist nicht nur eine Lähmung. Meine ganze linke Körperseite ist äußerlich unbrauchbar."

Damit drehte ich meinen Kopf so, dass er gut sehen konnte, dass mir ein Nasenflügel sowie Ohr fehlte und ich halb blind war.

„Wieso wollen sie denn nach Okinawa?", fragte ich nun interessiert.

„Ich will meinen Enkel besuchen. Er ist auch mal geskatet. Als aber einer einen Unfall hatte, hat er aufgehört."

„Wie heißt denn ihr Enkel?", fragte ich neugierig. Wenn er geskatet war, dann konnte es ja sein, dass ich ihn kannte.

„Kojiro Nanjo."

Ich erstarrte. „Joe, skatet nicht mehr?", fragte ich nun erschrocken. „Ja, ich glaube, so hat er sich genannt."

„Wenn sie ihn treffen, können sie ihm sagen, dass Cherry Blossom auch wieder in Okinawa ist? Ich denke, dass er wegen mir aufgehört hat.", meinte ich bedrückt.

„Cherry Blossom?", sein Gesicht wurde fraglich. „Mein Skatername.", antwortete ich und Einsicht erschien auf seinem Gesicht.

„Wissen sie, ich war nur in Seoul, weil die Ärzte gesagt hatten, dass man mich hier besser behandeln könne. Sechs Jahre hab ich mich nicht mehr bei ihnen gemeldet. Und Vorgestern haben mir dann die Ärzte gesagt, dass es aussichtslos ist und ich aufgeben sollte auf eine Besserung zu hoffen.", sagte ich mit meinem Gesicht zum Boden gewandt.

„Mein Enkel holt mich beim Flughafen ab, da kannst du ihn selbst ansprechen."

Fake lachend drehte ich meinen Kopf weg: „Ob ich ihm unter die Augen treten kann, nachdem ich gerade erfahren habe, dass er wegen mir mit dem aufgehört hat, was er liebt."

„Vielleicht hat er ja aufgehört um nicht selbst verletzt zu werden und dir helfen zu können, sobald du zurück bist.", sagte er fragend.

Der Flug nach Okinawa Japan startet jede Sekunde, wie bitten die Passagiere sich an Bord zu begeben.

Ich schob meinen Rollstuhl vor, hielt aber noch einmal inne: „Ich kann so nicht mit ihm reden. Können sie ihm bitte doch nicht sagen, dass Cherry wieder da ist? Ich schau mal vorbei, wenn ich so weit bin."

Ich drehte mich zurück und rollte zum Flugzeug, wo mir zwei Flugbegleiterinnen halfen einzusteigen und meinen Rollstuhl verstauten.

In Okinawa hatte ich noch eine letzte Idee um wenigstens meinen linken Arm und mein linkes Bein bewegen zu können. Ich hatte von einem guten Prothesenbauer gehört. Er sollte mir vielleicht helfen können, wenn nicht, dann war der größte Teil meines ach so ereignisreichen Lebens sowieso schon um. Und dann war es zwar schade drum, aber dagegen machen konnte man auch nichts.

Der Boden wackelte und das Flugzeug bewegte sich. Vorne stand eine Frau und erzählte irgendwas von Sicherheit. Sicherheit, war nie sicher. Auch ‚S' sollen sicher sein. Das ich nicht lache, wer behauptet so einen Mist?

Die Wolken begannen an mir vorbei zu rauschen und ich dämmerte langsam weg.

Durch ein starkes Rütteln wurde ich wach. Das Flugzeug hatte den Boden wieder berührt. Ich war wieder auf festem Boden. Japans Boden.

Nach einer Weile waren alle Passagiere bis auf Joe's Opa und mich ausgestiegen und ratet mal, wer zur Hilfe kam. Genau, Joe. Er half anscheinend dabei, seinen Großvater aus dem Flugzeug auszuladen.

Vor der Tür hörte ich ihn dann fragen: „Wieso zwei Rollstühle?" „Es ist noch ein Passagier mit Rollstuhl im Flugzeug. Wir müssen ihn jetzt ausladen. Tut uns leid, war nett mit ihnen gearbeitet zu haben."

Daraufhin rief ihn sein Opa zu sich. „Kojiro, der Andere hat am Flughafen mit mir geredet. Er kennt dich."

„Kann ich bitte auch helfen, ihn auszuladen?", fragte er unmittelbar danach. Was die Flugbegleiterinnen sagten hörte ich nicht, doch die näherkommenden Schritte sehr wohl. „Hey, mein Opa sagt, du kennst mich?", damit blieb Joe vor meinem Sitz stehen.

Röte schoss mir ins Gesicht, weswegen ich meinen Kopf zum Fenster drehte. Unten sah ich den alten Mann und schelmisch grinste mich dieser an.

„Woher willst du mich denn kennen? Ich hab nicht so viel mit nicht ganz Funktionstüchtigen zu tun."

„Dieser Alte...", grummelte ich, als dieser mir die Zunge rausstreckte.

„Diese Stimme...", hörte ich Kojiro sagen. Mist! So sollte das ganze aber nicht laufen!

Ruckartig wurde ich an der Schulter gepackt und zur Seite gedreht. „Kaoru?"

Tränen liefen mir in die Augen. Ich fühlte mich so schlecht, weil ich ihn alleine gelassen hatte. Hatte er deswegen aufgehört zu skaten. Stumm sah ich nur nach unten.

„Cherry, sieh mich an!", sagte Joe sanft und umschloss mit seinen Fingern mein Kinn um es anzuheben. Ich kniff die Augen zusammen.

Würde er mich nicht mehr mögen? Was würde jetzt passieren? Wäre er enttäuscht?

Doch statt alledem merkte ich, wie sich seine starken Arme um mich schlossen und fest an seine durchtrainierte Brust drückten. Mein T-Shirt wurde plötzlich nass und ich sah nach oben um zu merken, dass er weinte.

„Nicht weinen, ich bin ja jetzt wieder da.", sagte ich sanft und erwiderte seine Umarmung. Wie ich Umarmungen vermisst hatte.

Doch es stellten sich mir endlose Fragen. Wieso schlug mein Herz so schnell? Und wieso kribbelte mein ganzer Körper? Wieso wurde ich Rot? Und wieso hatte ich ihn so vermisst?

Wieso wollte ich ihn küssen?

My better HalfWhere stories live. Discover now