24. Heimweh Teil 2

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„Das wird es.", versicherte er und ging bereits aus der Tür hinaus.

Ich sah ihm mit offenem Mund hinterher. Das war sein Ernst!

Auf dem Weg zum Krankenhaus hatte ich es schwer mit ihm Schritt zu halten. Er ging nicht nur bestimmt und schnell, er hatte auch noch diese langen Beine, die es mir schier unmöglich machten nicht wie eine Idiotin neben ihm herzustratzen.

„Willst du mir vielleicht jetzt sagen, was es ist, das dich an deinem freien Tag zum Krankenhaus bringt?"

„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass die anderen Schwestern mich brauchen.", sagte ich kurzatmig.

„Aha.", antwortete er knapp und beendete damit das kurze Gespräch. Ich wusste, dass er nicht locker lassen würde. Daher musste ich unbedingt versuchen ihn im Chaos des Krankenhauses abzuschütteln, bevor ich zu dem Paar mit meinem Nachnamen gehen konnte.

Im Krankenhaus angekommen, fanden wir einen Zustand vor, den ich kurz und knapp als Katastrophe bezeichnet hätte. Im 21. Jahrhundert wäre ein solches Szenario undenkbar gewesen. In der großen Halle des Krankenhauses schienen alle Betten belegt. Kranke jeden Alters saßen auf dem Boden, kauerten zum Teil dicht beieinander, während die Krankenschwestern mit keiner richtigen Sicherheitskleidung versuchten einen nach dem anderen zu versorgen. Das raue und trockene Husten der Kranken in der Halle ließ mich schier erschaudern.

„Gehen Sie nicht zu dicht ran.", riet ich Mr Kurt und hielt ihn zurück, als er nach einem Patienten schauen wollte, der wie tot auf dem Boden lag.

Er hinterfragte meine Aufforderung gar nicht, nickte nur. Es schien wie ein Instinkt. Man wollte gar nicht zu nah sein.

„Wir müssen unbedingt eine Barriere aufbauen, Sir. Alle Kranken, die hier sind, dürfen das Krankenhaus nicht wieder verlassen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern."

„Und wie sollen wir das anstellen?", fragte Mr Kurt stirnrunzelnd, „Die Leute zwingen hier zu bleiben, selbst wenn wir nichts für sie tun können?"

„Ja.", antwortete ich ernst, „und zwar so lange, wie sie eine Gefahr für die ganze Stadt sein könnten."

Er schüttelte den Kopf und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Ich ging entschlossen einen Schritt auf ihn zu und sah ihm direkt in die Augen.

„Sonst werden es von Tag zu Tag mehr. Wir werden das hier nicht stoppen können."

„Vielleicht sollten wir auch nicht Gott spielen, Miss Blanc."

„Was hat das denn damit zu tun?", fragte ich entsetzt.

Er seufzte genervt.

„Ich möchte doch nur, um etwas mehr Schutz bitten, Sir."

„Das habe ich bereits verstanden.", erwiderte er trocken.

„Wir könnten ja wenigstens den Ärzten und Schwestern bessere Schutzkleidungen besorgen. Wir brauchen Masken und Handschuhe. Mit Alkohol sollen sie sich regelmäßig die Hände desinfizieren."

„Des- was?", fragte er stirnrunzelnd.

„Die Hände waschen.", erklärte ich.

„Mit Alkohol?", fragte er sichtlich erschrocken, „Das gute Zeug ist zum Trinken da, nicht um sich damit zu waschen, Miss Blanc."

Ich biss frustriert die Zähne zusammen. „Wieso wollen Sie nicht verstehen?"

„Ella", sagte er in einem sehr strengen Ton, der mich erschaudern ließ. Er warf mir einen vielsagenden Blick zu, der „sei endlich still" zu sagen schien. Ich entschied mich einen kühlen Kopf zu bewahren und lieber nichts zu erwidern.

Ella - Die Stille nach dem SturmWhere stories live. Discover now