Kapitel 4

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Als ich mich am nächsten Tag nach dem Unterricht wieder ein wenig mit Kate unterhalten wollte, war sie schon ganz aufgeregt. „Miss Rodriguez, mein Vater hat gesagt, heute verschieben wir unser Gespräch. Wenn das in Ordnung ist.“ Mit fragender Miene blickte ich sie an. „Er hat heute frei und möchte mich gleich von der Schule abholen, damit wir mehr Zeit füreinander haben. Er meinte aber, dass ich Sie mitbringen darf. Damit er Sie auf einen Kaffee einladen kann.“ Staunend betrachtete ich die siebenjährige Schülerin. Wollte sie mich grad verarschen, oder war das etwa ihr ernst? „Bitte, Miss Rodriguez, ich würde mich total freuen“. Die Kleine war einfach zu süß. Aber gut. Ich stimmte ihr lachend zu und ging mit ihr. Als ich daran dachte Niko wieder zu sehen, schlug mein Herz ungewollt um einiges schneller...

Pov Niko

Tatsächlich kam meine Prinzessin nicht alleine. Als ich Elena sah, in ihrem grauen engen Top und den offenen Haaren, die ihr in Wellen über die Schultern fielen, wurde mir ganz heiß. Scheiße, was macht diese Frau nur mit mir? Ich kannte sie kaum, dennoch sah sie unglaublich gut aus. Sie trat vorsichtig an mein Auto, während Kate schon hinten einstieg. Miss Rodriguez lehnte sich ans Autofenster. „Hi, ich ähm... Ich hörte, ich sei eingeladen?“, sie lächelte mich etwas unsicher an. „Oh ja, ich hätte allerdings nicht erwartet, dass Sie kommen würden“. Überrascht blickte sie mich an: „Ach tatsächlich? Wer schlägt denn einen kostenlosen Kaffee aus? Also bitte...“. Bei diesen Worten musste ich schmunzeln. „Worauf warten Sie dann noch? Steigen Sie ein?“. Zögernd setzte sie sich zu uns ins Auto. Ich beobachtete sie und merkte wie sie immer nervöser wurde, beim Anschnallen zitterten sogar ihre Hände. „Heyy“, sagte ich leise, „es ist alles okay“. Sie sah mich beschämt an. „Ich... Tut mir Leid“, flüsterte sie. Ich schüttelte langsam meinen Kopf.

Pov Elena

„Wie gesagt, es ist alles okay.“, wiederholte er und sah mich nachdenklich an. Ich blickte konzentriert nach vorne, während wir los fuhren. Im Café angekommen, suchten wir uns einen freien Platz, als eine hübsche junge Frau auf uns zukam. Kate rannte auf sie zu und schenkte ihr eine Umarmung. Auch Nico blickte zu ihr und grüßte sie herzlich: „Heyy, Nicki! Wie geht's denn?“. Er stand auf und umarmte sie ebenfalls. Ich dagegen blieb sitzen und betrachtete die drei grüblerisch. Ein Stich machte sich in meiner Brust bemerkbar als ich sie so glücklich war. Eifersucht? Ja, ich war eifersüchtig. Darauf, dass es ihnen so gut ging, dass diese Frau umarmt werden konnte, ohne danach doof angeschaut zu werden, bloß weil sie sich davor erschrocken hat... Dass sie überhaupt umarmt wurde. Und das auch noch von Nico... Genau dieser blickte einige Sekunden später zu mir. „Das ist Elena, ähhm Miss Rodriguez. Die Lehrerin von Kate.“, stellte er mich vor. „Ja, und das ist Nicki. Meine beste Freundin.“, meinte er auf die Blondine deutend. Sie nickte mir lächelnd zu, nahm Kate bei der Hand und ging mit ihr zur Theke. Nico setzte sich mir gegenüber. „Wie geht's?“, fragte er mich. „Gut...“, war meine Antwort. „Tatsächlich? Sie sehen ziemlich fertig aus... Eigentlich kenn ich Sie auch nur so... Verstehen Sie das jetzt bitte nicht falsch, Sie sehen fantastisch aus, Sie sind eine hübsche Frau... Aber... Schon als wir uns das erste Mal begegnet waren, sahen Sie so erschöpft aus. Seit dem Vorfall gestern kann ich mir so einiges vorstellen woran das liegt, dennoch weiß ich nicht was genau vorgefallen ist. Was ich allerdings sicher weiß ist, dass Sie mich gerade angelogen haben, also frage ich Sie nochmals. Wie geht es Ihnen?“. Ich blickte ihn überrascht an und die Röte stieg mir ins Gesicht. Er hat mich als hübsch bezeichnet? Mein Herz machte einen Hüpfer. Und war das etwa Sorge in seinen Augen? Er kannte mich doch kaum... Ich schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Und was genau soll ich Ihnen jetzt sagen? Dass es mir nicht gut geht? Eher im Gegenteil, dass es mir beschissen geht? Weil mich mein verdammter Ex nicht in Ruhe lassen will! Weil er derjenige war, der alles zerstört hat, bloß weil ich mein Kind verloren habe? Mein Kind, das nie das Licht der Welt erblicken durfte?“, meine Stimme fing an zu zittern, doch jetzt konnte ich mich nicht mehr bremsen, „Ja scheiße, mir geht es nicht gut! Er hat mich fertig gemacht! Die ganze Sache hat mich fertig gemacht! Er schlug mich, ließ seine ganze Wut an mir aus... Ich... Er hat... Er ließ mich einfach nicht mehr in Ruhe... Und jetzt ist er wieder hier... Verfolgt mich und lauert mir auf... Ich hab verdammt nochmal Angst! Also, fragen Sie bitte nicht noch einmal, wie es mir geht!“. Damit stand ich auf und suchte nach einer Toilette. Die Tränen, die mir über's Gesicht liefen, bemerkte ich jetzt erst.

Pov Niko

Shit! So sollte das nicht ablaufen. Ein paar Gäste sind auf uns aufmerksam geworden, kümmerten sich jedoch wieder um ihre eigenen Dinge, nachdem Elena davon gelaufen ist. Ich stand ebenfalls auf und schlug ihre Richtung ein. Als ich an Nicki vorbeikam, bat ich sie kurz auf Kate aufzupassen. Dann lief ich auf die Toiletten zu. Unschlüssig stand ich vor der Tür. Ich konnte nicht einfach in die Damentoilette gehen. Aber letztendlich entschied ich mich doch dafür. Mitten im Raum stand eine etwas ältere Frau, die mich erschrocken ansah. Schnell zeigte ich ihr meinen Polizeiausweis und sie nickte verstehend und verließ das Klo. Das funktionierte immer wieder. Ich sah mich um, aber außer der verschlossenen Kabine war alles leer in dem Raum. „Ich hab doch gesagt, Sie sollen das nicht falsch verstehen... Es tut mir leid, ich wollte wirklich nur nach ihrem Wohlbefinden fragen... Hören Sie, es-“. „Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe“, ertönte ihre zittertende Stimme aus dem inneren der Kabine. Doch so leicht gebe ich mich nicht geschlagen: „Machen Sie doch einfach eine Aussage. Zeigen Sie ihn an. Ich werde Ihnen dabei helfen, wenn Sie wollen.“. Langsam öffnete sie die Tür und sah mit geröteten Augen zu mir. „Das ist leichter gesagt als getan...“, sagte sie heißer, „Du weißt nicht wie er ist... Wie er sein kann... Schon schlimm genug, dass er überhaupt weiß, dass ich einen Polizisten kenne... Er wird Ihnen das Leben zur Hölle machen!“. Sie blickte mich traurig an. Dass sie mich geduzt hatte, schien sie nicht bemerkt zu haben. Ich schüttelte meinen Kopf: „Das ist nicht wichtig. Ich kann auf mich aufpassen! Und wenn Sie das möchten, kann ich auch darauf achten, dass Ihnen nichts passiert. Sie müssen nur endlich den Mut haben zur Polizei zu gehen!“.
„Um dann Tag und Nacht bewacht zu werden? Die können mir sowieso nicht helfen! Wenn er sich was vorgenommen hat, dann kann ihn nichts davon abbringen! Ihr könnt mir nicht helfen... Schon allein nicht, weil diese verdammt quälenden Alpträume nicht verschwinden wollen!“, die letzten Worte schrie sie förmlich heraus. Sie begann abermals zu weinen und wollte an mir vorbei gehen. Ich hielt sie fest, da ich sie in diesem Zustand nicht einfach gehen lassen wollte. Dies stellte sich jedoch als nicht besonders klug heraus, denn daraufhin versuchte sie sich loszureißen und schlug mit ihren Fäusten auf mich ein. Sie verlor allerdings immer mehr an Kraft bis ihre Hände schließlich ruhig an meiner Brust verweilten und sie einen leisen Schluchzer losließ. Ihren Kopf lehnte sie ebenfalls an meine Brust und so standen wir eine Zeit lang da. Sie weinte mein Shirt nass, während ich ihr sanft über den Rücken strich. Abrupt entfernte sie sich einen Schritt von mir und sah mich eindringlich an. Sie sah wild um sich bis sich unsere Blicke trafen. Gott, hatte sie schöne Augen. Ich ging wieder einen Schritt auf sie zu und erkannte, dass es ihr schwer fiel, nicht vor mir zurück zu weichen. Wir kannten uns gerade mal ein paar Tage und diese Frau raubte mir schon den Atem. Sie schloss wieder die Augen und senkte dann den Blick. Wie klein und zerbrechlich sie auf einmal aussah... „D.. Danke... Und es... Es tut... Mir leid... Wirklich ich ähhmm...“, nochmals schaute sie mir tief in die Augen und wisperte ein zweites Danke... Daraufhin drehte sie sich um und verließ die Toilette.
Ich sah sie erst nach ein paar Tagen wieder...

Silent Scream - eine unvergessene Leidenschaft Donde viven las historias. Descúbrelo ahora