»Sie wollten mir keinen Extraunterricht mehr geben, wenn ich es richtig verstanden habe«, sagte Harry matt.

»Sie wissen genau warum, aber nun ist die Situation eine andere. Auch ich muss mich bedauerlicherweise irgendwie beschäftigen«, sagte Snape nun und sah Harry herausfordernd an. Dieser erwiderte den Blick und seufzte dann.

»Na dann ist es mir eine Freude Ihnen Ihre Langeweile zu vertreiben«, sagte er, warf dann den Löffel neben seine Schüssel und verließ die Küche. Bill schnaubte.

»Was ist schon wieder?«, fragte Severus und legte nun endgültig die Zeitung beiseite.

»Du merkst es nicht, oder?«

»Was genau?«

»Er ist kaum sechzehn, hat gerade seinen Paten verloren, einen Menschen, der ihm offensichtlich sehr wichtig war, der für ihn Familie war und du behandelst ihn, als sei er für das verantwortlich, was in deiner Jugend passierte ...«

»Er ...«

»Nein, Severus! Harry ist nicht James, auch wenn er seinem Vater sehr ähnlich sieht. Und eines noch. Ist dir je in den Sinn gekommen, dass er nur aus einem Grund in dein Denkarium gesehen hat?«

»Das wäre welcher?«, fragte Severus mit spitzen Lippen.

»Er suchte vermutlich Antworten. Antworten auf Fragen, die ihm niemand beantworten wollte, nicht mal Dumbledore«, sagte Bill, stand auf und verließ die Küche. Severus sah ihm nach. Er hasste es, dass der andere irgendwie recht hatte. Die älteste der Weasleykinder kannte ihn inzwischen sehr gut und es störte Severus nicht, aber eines störte ihn dann doch gewaltig, dass Bill einen wunden Punkt getroffen hatte.

Bill wusste, wo er Harry finden konnte. Er trat in das ehemalige Zimmer von Sirius und fand den Gryffindor auf dem Bett sitzend vor. Vor sich hatte er seine Schulbücher und einige Rollen Pergament.

»Er meint es nicht so«, sagte Bill sacht und setzte sich zu Harry auf das Bett.

»Doch tut er«, sagte dieser, ohne aufzusehen.

»Und ich versteh ihn«, fügte er dann leise an.

»Wie meinst du das?«, fragte Bill. Seufzend legte Harry die Feder auf die Seite und sah auf.

»Ich hab gesehen, was mein Vater und auch Sirius ihm angetan haben. Ich meine, ich verstehe seinen Groll.«

»Harry, aber das ist doch nicht deine Schuld nichts von alldem. Severus muss lernen, seine Vergangenheit nicht auf dich zu projizieren«, sagte Bill.

»Komm mit, ich zeig dir was. Für Hausaufgaben ist noch genug Zeit«, sagte er dann, griff nach Harrys Hand und zog ihn hoch. Dieser fühlte ein seltsames Kribbeln in seinem Körper, was sogleich wieder verschwand, als Bill ihn losgelassen hatte. Er folgte dem anderen durch das Haus und bis zur Küche. Hier öffnete Bill eine Tür und Sonnenstrahlen blendeten Harry. Der Weasley schob ihn vorwärts und das Erste, was Harry wahrnahm, war der Geruch nach Gras und Wildblumen. Sie standen in einem Garten, welcher von hohen efeubewachsenen Mauern umgeben war. Er war nicht sonderlich groß und vollkommen verwildert, aber wunderschön, wie Harry fand.

»Wow ...«, entkam es ihm und Bill nickte lächelnd.

»Ja, oder? Hab ihn vor einer Weile nach einem Ordenstreffen entdeckt. Die Tür war verriegelt. Scheint so, als sei auch Sirius nie hier gewesen. Ich dachte, vielleicht könnte das unser Projekt werden für die Wochen, in denen wir hier sind«, sagte er. Überrascht sah Harry ihn an.

»Inwiefern?«, wollte er wissen.

»Na ja ihn wieder herrichten. Was sagst du? Magst du Gartenarbeit?«, fragte Bill. Harry konnte nicht sagen, dass er ein Fan davon war. Bei den Dursleys schuftete er stundenlang im Garten, aber es war ihm immer noch lieber als andere Dinge. Also nickte er.

Aus den SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt