XI. Fechttraining

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Die nächsten Wochen und Monate vergingen wie im Flug und die königliche Yachtparty rückte immer näher, welche als Vorverlobung von Ben und Mal galt. Ein wenig hatte sich in den vergangenen sechs Monaten geändert. Seit der Krönung von Ben schien die Presse stets um die Auradon Prep zu schwirren, nur um Mal zum hundertsten Mal Fragen zu stellen. Inzwischen hatte sie sich die Haare blond gefärbt, nur in den Spitzen war ein Hauch von lila noch zu erkennen.

Sie kam eines Tages mit Evie zu mir in mein Zimmer, als Heidi gerade sonst wo war und fragte mich, ob ich irgendwelche Ideen hätte, mit der Presse umzugehen. Na ja eigentlich hat Evie gefragt und Mal sah eher so aus, als wäre sie mitgeschleift worden, aber das tut nichts zur Sache. Da ich Elias oft mit seiner Nervosität und Aufregung, die schon zu dem ein oder anderem Frost über die Jahre geführt hat, geholfen hatte, half ich auch Mal so gut ich konnte. Die beiden kamen über die Zeit noch ein-, zweimal zu mir. Wir übten verschiedene Möglichkeiten sich zu beruhigen oder beschwerten uns einfach nur über die aufdringliche Presse.

Evie hatte in den sechs Monaten ihre eigene Designermarke rausgebracht. Für die Yachtparty hatte sie jetzt alle Hände voll zu tun, um allen Mädchen ein passendes, schönes Kleid zu zaubern und alle Jungs genauso bezaubern einzukleiden. Größtenteils kümmert sie sich aber um die Kleider.

Mal und Jay sind, glaube ich, zu den beliebtesten Personen aus der Schule geworden. Jay vor allem durch die zahlreichen Turniersiege und Mal durch die Rettung bei der Krönung. Sie wurde in den Medien Tag für Tag berühmter und genauso lief es auch mit der Beliebtheit in der Schule.

Neuerdings fand jedoch kein Turniertraining mehr statt, da der Coach für längere Zeit ausfällt. Um den Verlust auszugleichen, wurde Jay zum Captain des Fechtclubs ernannt, wobei fast alle Turnierspieler jetzt fechten. Josef ist eine der Ausnahmen, die nicht fechten gegangen sind. Er meinte nur, dass es nicht sein Sport sei. Carlos dagegen sah sich beim Fechten mehr, als beim Turnierspiel. Wenn Turnier wieder losgeht, kann ich mir gut vorstellen, dass er beim Fechten bleibt. Und wenn man meiner unprofessionellen Meinung Glauben schenkt, dann ist er auch ziemlich gut. Nicht nur, dass er unheimlich gut aussieht, wenn er fechtet. Er hat sich auch seine Haare länger wachsen lassen, was ihm fabelhaft steht.

Wir hatten in den letzten sechs Monaten viel Zeit miteinander verbracht und hatten an der ein oder anderen Stelle auch unsere Momente, wobei im Endeffekt nichts draus geworden ist.

Ich hatte überlegt, da wir jemanden zur Yachtparty als unser Date mitnehmen dürfen, ihn einzuladen, hatte aber noch keine Gelegenheit zu fragen.

Gerade stand ich beim Fechttraining und sah den Jungs zu. Noch einige andere Schüler hatten sich um die kleine Arena und auf den Tribünen versammelt. Sie trainierten wie immer und führten ihre Schritte flüssig aus. Das Aufschlagen der Klingen und das Quietschen der Turnschuhe waren das einzige, was zu hören war.

Nach und nach setzten sich alle zur Seite, bis nur noch Jay und jemand anderes kämpften. Ich kann allerdings nicht sagen, wer, denn meiner Meinung nach saßen alle anderen Mitglieder am Rand und sahen gespannt dem andauernden Kampf zu. Der Kampf war allerdings so fortgeschritten, dass es jemand Erfahrenes sein müsste. Die andere Person konnte Jay sogar seinen Degen abnehmen.

Während sie ihm die Waffe zurückgab, nahm sie ihre Maske ab. Es war Lonnie. Wow.

Alle, die zusahen, applaudierten ihr. Als Lonnie vorschlug, dass sie ins Team aufgenommen wird, nachdem Jay ihre Leistung komplimentiert hatte, kam Charming sofort mit dem Regelwerk an. Der hat das wohl auch immer in der Hosentasche stecken.

Ich musste mir ein genervtes Stöhnen unterdrücken, als er Jay darauf hinwies, dass das Team aus dem Captain und acht Männern besteht. Trotzdem hatte sie gerade Jay geschlagen.

Jay lehnte ihre Anfrage dennoch ab, denn er darf die Regeln als neuer Captain nicht missachten. Seinem Gesichtsausdruck zufolge stimmte er dem Regelbuch allerdings nicht unbedingt zu.

Mit den Worten "Wäre meine Mutter so drauf gewesen, hätte sie den Krieg verloren" verließ Lonnie dann auch genervt den Trainingsraum. Charming wedelte nur das Regelbuch hinter ihr her. Dieses Augenrollen konnte ich mir nun wirklich nicht verkneifen.

Nachdem Jay das Training für beendet erklärt hatte, gingen alle. Na ja alle bis auf Jane, die schnell noch Carlos anhielt. Dude, der die ganze Zeit neben mir saß, lief schnurstracks zu Carlos und ließ mich mal wieder alleine. Dieser Hund hat wirklich seine Favoriten. Auch wenn ich es ihm nicht übel nehmen kann, dass Carlos seiner ist.

Ich ging gerade durch die Tür, als ich irgendwas von der Yachtparty hörte, doch da Jane für alles organisatorisches verantwortlich war, dachte ich mir nicht viel dabei, als ich hoch in mein Zimmer ging.


Carlos' Sichtweise

"Carlos, warte bitte kurz", rief Jane, als ich gerade zu den Umkleiden gehen wollte. Ich drehte mich zu ihr und wartete, bis sie vor mir stand. "Was ist los?" "Wegen der Yachtparty. Du weißt ja, dass man noch jemanden einladen darf ..." Ich summte zustimmend. Ich wollte Rosa einladen. "Und na ja ... Ich wollte fragen, ob wir vielleicht zusammen hingehen würden? Nur wenn du willst natürlich. Ich will dich jetzt auch nicht damit überrumpeln. Du kannst dir auch noch Zeit lassen." Sie sah unheimlich nervös aus. Trat von einem Fuß auf den anderen, klammerte sich an ihr Klemmbrett und sah nur auf den Boden, während sie das alles herunter ratterte.

Mein Gehirn stoppte kurz. 'Nein, ich will Rosa einladen', war das Erste, dass mir in den Sinn kam, aber das konnte ich ihr doch nicht so sagen, oder? Das würde sie sicher verletzen, aber ... ich will mit ihr nicht zu der Party gehen.

Sie sah langsam zu mir hoch. Ich muss aber irgendwas sagen. Ich kann nicht einfach schweigen. Was sag' ich denn jetzt? "Ich ... äh, denk darüber nach."

Ich hätte mich auch selbst ohrfeigen können. Es hätte keinen Unterschied gemacht. Das schlechte Gefühl kam mit der Sekunde, in der ich es gesagt hatte. Selbst Dude, der sich auf einen Sitzkasten gestellte hatte, sah mich enttäuscht an. Es fehlte nur noch das Kopfschütteln.

Jane lächelte über beide Ohren und bedankte sich mehrfach, bevor sie den Raum verließ.

Warum hab ich nicht einfach gesagt, dass ich mit Rosa gehen will? Dude schien mir die gleiche Frage zu stellen.

"Es war 'ne Panikreaktion, okay?"

Freundin des Feindes (Carlos - Descendants)Where stories live. Discover now