Kapitel 2

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Goldpfote (Aurea)

Am nächsten Morgen wachte ich schlaftrunken auf. Ich hatte die gesamte Nacht über den gestrigen Fuchsangriff nachgedacht und war erst gegen Morgen hin eingeschlafen. Ich hatte Kopfschmerzen und ging in den Wald, um einen klaren Kopf zu bekommen. Es tat mir gut das Zwitschern der Vögel und das Rauschen der Laubdächer zu hören. Entspannt legte ich mich auf einen warmen und flachen Felsen. Einige Minuten lag ich einfach nur da und genoss die Ruhe die mich umgab. Doch plötzlich hörte ich ein lautes Knacken und ein Vogel stieß einen Alarmruf aus. Ich schreckte hoch und binnen Sekunden war ich auf den Beinen und ließ meine Augen wachsam durch meine Umgebung streifen. Da sah ich zwischen einigen Büschen ein graues Fell aufblitzen. Oh nein, ist das ein Dachs?! Schnell versteckte ich mich unter einem Busch und versuchte leise zu atmen. Das Rascheln kam näher und plötzlich schob sich ein Katzenkörper zu mir in mein Versteck. Das es ein Männchen war konnte ich am Geruch schnell feststellen, doch genauso schnell stellte ich fest, dass ich diese Katze noch nie gesehen hatte und sie zu keinem der Clans gehörte.
Fauchend schreckte ich zurück. „Was willst du?!" ,fragte ich mit zitternder Stimme.
Mit einer erstaunlich hellen Stimme antwortete der Kater: „Alles gut, ich tue dir nichts! Ich bin Umbra..."
Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Umbra! Was war das denn für ein Name?
Doch ich ließ mir meine Belustigung nicht anmerken und antwortete gefährlich leise: „Okay, aber wehe du greifst mich an! Ich bin zwar eine Heilerkatze, aber ich bin durchaus in der Lage mich zu verteidigen!"
Der Kater nickte zustimmend, doch ich sah ganz deutlich sein Schmunzeln, als ich mich umdrehte, um unter dem Busch hervor zu kriechen. „Okay, schön dich kennengelernt zu haben, Umbra! Ich muss zurück zu meinem Clan. Auf Wiedersehen!" Ich lief in Richtung Lager und Umbra blieb zurück, doch aus irgendeinem Grund wusste ich, dass das nicht das erste und letzte Mal gewesen war, dass ich ihn gesehen hatte. Ich war mir aus irgendeinem Grund sicher, dass ich ihn wiedersehen würde. Aufgewühlt lief ich im Eiltempo zurück zum Lager. Efeublatt war bestimmt sauer, dass ich erst so spät kam!
Damit sollte ich Recht behalten, denn sie erwartete mich schon am Lagereingang und schnauzte mich an: „Ach, sieh an. Kommst du auch mal!"
Erschrocken wich ich zurück: „Tut mir sehr leid, Efeublatt! Ich war nur heute Morgen so aufgewühlt wegen dem Fuchsangriff und Lichtpfotes Reaktion dazu."
Efeublatt beruhigte sich wieder und wollte sich gerade umdrehen und in den Heilerbau gehen, als sie sich wieder zu mir drehte und an mir schnupperte. „Goldpfote!? Wieso rieche ich eine fremde Katze an dir? Noch dazu ein Kater! Willst du mir vielleicht etwas erzählen?"
Ihre grünen Augen richteten sich durchdringend auf mich.
Erschrocken und ein wenig ertappt antwortete ich: „Was? Nein, du glaubst doch nicht das ich mich heimlich mit einem Kater treffe?! Das würde ich nie tun! Nein, ich habe einen streuenden Kater von unserem Territorium vertrieben..."
Kaum waren die Worte draußen merkte ich, dass das ziemlich lächerlich klingen musste, denn gestern hatte ich bewiesen, dass ich so überhaupt nicht kämpfen konnte.
Verlegen lächelte ich sie an und versuchte sie abzulenken: „Ähm Efeublatt? Sollen wir frische Kräuter holen gehen? Gänsefingerkraut und Katzenminze sind fast leer." bemerkte ich mit einem schnellen Blick in die Felsspalte, in der wir unsere Kräuter aufbewahrten.
Efeublatt schaute mich wohlwollend an: „Sehr gut erkannt, Goldpfote! Du lernst die verschiedenen Gerüche der Kräuter sehr schnell. Du hast recht, lass uns in den Wald gehen."
Erleichtert folgte ich meiner Mentorin aus dem Heilerbau und verbrachte die nächsten Stunden damit Kräuter zu pflücken, sie in den Bau zu bringen, sie dort dann zu sortieren und in die Felsspalte zu legen. Am Abend fiel ich todmüde in mein schönes warmes Nest. So hart hatte ich noch nie gearbeitet, aber da es mir sehr viel Spaß machte und ich dadurch viel lernte, beschwerte ich mich nicht. Mein größter Wunsch war es eine großartige Heilerin zu werden.
Ich würde so lange Kräuter lernen, bis ich die beste Heilerin des ganzen Waldes bin, dachte ich. Mit diesem Gedanken schlief ich ein und träumte von der Zukunft. Die ersten Sonnenstrahlen fielen schon durch den schützenden Äste-Wall, der den Heilerbau umgibt, als ich aufwachte. Schnell lief ich in den Schülerbau und weckte ich Lichtpfote und die übrigen Schüler. Murrend begaben diese sich erst nach langem Sträuben aus dem gemütlichen Bau nach draußen.
„Wie kann man nur so ein Morgenmuffel sein?" fragte ich lachend Lichtpfote, die neben mir stand und ausgiebig gähnte.
„Sei bloß ruhig! Du bist ja auch nicht normal! Ich meine, du wachst auf, kannst gleich aufspringen und in den Tag starten. Normale Katzen brauchen erstmal einen Moment, um überhaupt die Augen aufzumachen!"
Gerade wollte ich darauf wieder schnippisch antworten, als sich Sturmwind zu uns gesellte und Lichtpfote an das heutige Kampftraining erinnerte. Nachdem sie das Lager verlassen und in die Sandkuhle zum Trainieren gegangen waren, trabte ich in den Heilerbau zu Efeublatt. Als ich in den Bau trat, sah ich, wie Efeublatt gerade Nachtblume behandelte. Nach einem fachmännischen Blick auf die Kräuter, die neben Efeublatt lagen, erkannte ich schnell, dass Nachtblume Weißen Husten haben musste.
Schnell eilte ich an die Seite meiner Mentorin und fragte sie besorgt: „Nachtblume hat weißen Husten, oder? Wir sollten sie von den anderen Katzen trennen, denn ihr Husten ist nicht mehr weit davon entfernt zu grünem Husten zu werden! Zum Glück haben wir noch genug Katzenminze."
Efeublatt nickte und wendete sich jedoch sofort wieder Nachtblume zu. Ich sah, dass sie noch eine Weile beschäftigt sein wird und verabschiedete mich mit einem freundlichen Maunzen von den Beiden. Hier werde ich eh nicht mehr gebraucht, dachte ich. Doch gerade als ich aus dem Eingang des Heilerbaus kam, stieß ich mit Lilienherz zusammen.
Sofort roch ich Krankheit an ihr und fragte besorgt: „Hallo Lilienherz, wie geht es dir? Du siehst krank aus!"
Erschöpft nickte sie: „Ja, du hast recht. Ich fühle mich schon seit zwei Tagen krank und ich habe schlimmen Husten!"
Sie fing an zu Husten und ihr Körper krümmte sich qualvoll. Erschrocken erkannte ich, dass sie grünen Husten hatte. Schnell packte ich sie am Nackenfell und zog sie hinter mir her.
„Komm schnell Lilienherz, du hast grünen Husten!" Sie maunzte nur kläglich und folgte mir in den Heilerbau. Sofort rannte ich zu Efeublatt und schilderte ihr die Lage.
Erschrocken antwortete sie: „Wir müssen sie und Nachtblume sofort von den anderen trennen, sonst haben wir bald ein großes Problem, denn die Blattleere beginnt bald und dann werden wir keine Katzenminze mehr finden, um die Katzen zu kurieren!"
„Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich muss Mondstern darüber informieren!"
Efeublatt nickte und schon rannte ich über die Lichtung, konnte gerade noch Abendfeder ausweichen und sprang den Felsen, der zu dem Anführerbau führte hinauf. Ganz außer Atem raste ich in den Bau und schaute mich suchend um. Doch Mondstern war nicht da! Also hechtete ich im Eiltempo aus dem Bau, den Felsen runter und zu dem nächstbesten Krieger: Blitzfell.
Erstaunt hob er den Kopf, als ich auf ihn zugelaufen kam: „Goldpfote, was ist denn passiert? Du bist ja völlig außer Atem!"
Schnaufend blieb ich vor ihm stehen: „Blitzfell, wo ist Mondstern?! Ich muss ihn unbedingt sprechen! Im Lager ist grüner Husten ausgebrochen und wir müssen die Betroffenen aus dem Lager schaffen, damit sich die anderen nicht anstecken!"
Entgegen meiner Erwartungen blieb Blitzfell ruhig und dachte nach: „Also Mondstern ist vor einer Viertelstunde auf die Jagd gegangen und..."
doch weiter kam er gar nicht, denn ich hatte schon die Information, die ich wollte und rannte aus dem Lager. Immer Mondsterns Geruch nach. Doch nach einer Weile blieb ich an dem Bach, der durch unser Territorium floss, stehen, denn Mondsterns Geruch war verschwunden. Wahrscheinlich war er durch den Bach gewatet. Keine Ahnung wieso. Wie ich Wasser hasste! Doch es war ja für den Clan und deswegen riss ich mich zusammen und stieg in das kalte Wasser. Dann watete ich durch das Wasser und stieg zitternd am anderen Ufer heraus. Ich wollte gerade Mondsterns Spur weiterverfolgen, als Umbra aus dem Schatten eines Baumes trat. Vor Schreck verlor ich den Halt und landete wieder im Bach.
Prustend schrie ich ihn an: „Was fällt dir eigentlich ein? Bist du jetzt vollkommen bescheuert! Du kannst doch nicht einfach kommen, wenn es dir gerade passt! Jeder Krieger meines Clans hätte dich sofort zerfetzt!"
Vor Wut bebend stieg ich zum zweiten Mal an diesem Tag aus dem Bach. Ein Mal zu viel! Doch anscheinend hatte mein Wutanfall selbst Umbra erschreckt, denn er wich ein wenig zurück.
„Ja, du hast recht. Das war falsch, aber ich muss dir unbedingt was zeigen! Schnell, komm mit!"
Er lief ein paar Meter, doch dann sah er, dass ich ihm nicht folgte und drehte sich um: „Was ist jetzt? Kommst du?"
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder frustriert sein soll.
Gefährlich leise sagte ich: „Du willst es einfach nicht verstehen, oder? ICH WERDE NICHT MITKOMMEN!"
Umbra jedoch seufzte nur und sagte: „Ich wusste ja eigentlich schon, dass du nicht freiwillig mitkommen würdest...deswegen habe ich auch noch einen Plan B."
Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Wie konnte man nur so selbstgefällig und stur sein?!
„Was meinst du damit? Ich werde auf gar keinen Fall mit dir mitkommen, egal was du tust!"
Kaum hatte ich den Satz beendet, wurde der Wind stärker und plötzlich stieg um mich herum Nebel auf. Erschrocken schrie ich auf. Um mich herum drehte sich alles und aus dem Nebel wurde ein tosender Sturm. Ich schrie nochmal und dann sank ich zu Boden, denn mir wurde klar, dass das mein Ende war. Dann wurde um mich herum alles dunkel und ich wurde ohnmächtig.

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