F O R T Y T H R E E

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„Ich werde gewinnen." Sagte ich trocken als wir nebeneinander auf dem Golfrasen standen und der Moderatorin zuhörten, wie sie die Regeln für die Kamera erklärte. Ein humorloses Lachen zuckte über Lewis Lippen. „Das glaubst du ja wohl selber nicht... Ich werde dich haushoch besiegen, darauf kannst du sowas von Wetten." Er stoppte kurz. „Oder willst du nicht mehr mit mir wetten?" Ich spürte seinen Blick auf mir kleben, sogar durch die Augenwinkel war sein dreckiges Grinsen nicht zu übersehen. Selbstbewusst müsste man sein... „Nein, das tue ich nicht..." Seufzte ich schließlich und wendete mein Kopf ebenfalls in seine Richtung. „Aber das hab ich auch gar nicht nötig. Ich bin ein Profi im Golfen..."

Lewis und ich einigten uns auf ein faires Spiel und so begannen wir schon kurz darauf, mit dem ersten Schlag. Ich nahm den Golfschläger entgegen, der mir netterweise überreicht wurde und setzte ihn an den Ball. Mit den Augen fixierte ich die Strecke, die er fliegen sollte, dann holte ich aus und der Ball flog. „Nicht schlecht..." Kommentierte Lewis meinen Zug, dann war er an der Reihe und ich trat zur Seite. Er setzte ebenfalls den Schläger an seinen Ball, sah zur Fahne und holte dann aus um zu schlagen. Mein scharfer Blick folgte der Flugbahn des kleinen, weißen Balles. Ich sah wie er unmittelbar neben meinem landete. „Fast so gut wie meiner..." Funkelte ich ihn an, was er mit einem abwertenden „ja ja" kommentierte.

Während die anderen beiden ihre Schläge abfertigten, stand wir daneben. „Dafür, dass du gestern nicht mehr laufen konntest, hast du dich ganz schön schnell erholt..." Ich erschauderte, als Lewis' Stimme an mein Ohr drang. Die Haare in meinem Nacken stellten sich auf und ich musste schlucken. Es viel mir schwer die Fassung zu behalten und mir nichts anmerken zu lassen, aber das war genau das, was Lewis damit erreichen wollte. Dass ich die Fassung verliere und er das Spiel gewinnen konnte. So leicht wollte ich es ihm aber nicht machen. Ich wäre schließlich nicht Livia Wolff, wenn ich nicht kontern würde... „Tja, dann musst du das nächste mal wohl dafür sorgen, dass ich mich eben nicht so schnell erhole..." Er schluckte runter, was er dachte und ich musste mir das Grinsen verkneifen. Er sollte sich bloß nicht zu früh freuen...

Die letzten Schläge wurden gespielt und entschieden den Gewinner. Zu meinem Pech musste ich mir den ersten Platz mit Lewis teilen, da er genauso viele Schläge benötigt hat um den Ball zu versenken, wie ich. Im Anschluss wurden noch Fotos gemacht und Interviews geführt. Meins war zum Glück schnell rum, denn ich konnte es kaum erwarten, mich in den Schatten zu setzten und endlich Ruhe zu haben. Jedoch hatte ich weit gefehlt. Ruhe war noch lange nicht in Sicht...

Mein Kopf zuckte nach links, als ich hörte wie jemand meinen Namen rief. Ich sah meinen Vater, der mich hektisch zu sich winkte. Er unterhielt sich mit einem Typ, den ich nicht kannte. Ich ging zu den zweien hin und warf eine allgemeine Begrüßung in die Runde. „Livia Wolff..." Entgegnete mir der Fremde interessiert. „Dein Vater hat mir schon viel über dich erzählt, aber in echt bist du noch viel hübscher als auf den ganzen Bildern!" Er schenkte mir ein warmes Lächeln. „Dankeschön... Ich fühle mich geehrt." Ein verzweifeltes Lachen huschte über meine Lippen. Ich hatte keinen Plan wer dieser Mann war, oder was er von mir wollte.

„Henry Smith." Der Mann mittleren Alters streckte mir seine Hand hin, perplex schüttelte ich diese. „Ich bin Agent bei verschiedenen Firmen, wie zum Beispiel Tommy Hilfiger, oder Calvin Klein. Ich suche stets nach jungen Nachwuchs Models und als mich dein Vater auf dich aufmerksam gemacht hat, konnte ich nicht anders, als dich persönlich kennenzulernen!" Er sah zu meinem Vater. „Weißt du, dein Vater und ich kennen uns schon eine Ewigkeit, da wurde es höchste Zeit, dass ich auch mal seine Tochter kennenlerne..." Die beiden Männer lachten, während ich etwas hilflos daneben stand. Röte stieg in meine Wangen. Wahrscheinlich war mir die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben.

„Also, ich weiß gar nicht was ich sagen soll..." Brachte ich irgendwann hervor. Hilfesuchend sah ich zu meinem Dad, der einen Arm um die Schultern seines Freundes gelegt hatte. „Oh, du musst dazu jetzt nichts sagen. Ich gebe dir einfach mal meine Karte, dann kannst du's dir ja noch überlegen... Talent hast du auf jeden Fall. Ich habe dich eben beobachtet, als ihr die Fotos gemacht habt, und ich dachte einfach nur Wow... So ein hübsches Mädchen muss unbedingt die Chance bekommen, ihre Schönheit zu zeigen..." Mit einem Lächeln drückte er mir seine Visitenkarte in die Hand. Ich war viel zu überfordert um irgendeinen geraden Satz rauszubringen, weshalb ich es auf ein mickriges „danke" beschränkte.

Auf dem Weg zum Auto, fand ich zum ersten Mal Zeit, mir die Karte richtig anzusehen. Sie war ganz in schwarz gefärbt und neben ein paar Informationen über ihn, sprich Handynummer und Adresse, stand auch sein Name. In dicken, weißen Buchstaben. Henry Smith, Agent für Mode und HighFasion Marken. Um es ganz offen zu sagen, hatte ich bisher noch nie mit dem Gedanken gespielt, zu modeln. Nicht, dass ich mich nicht hübsch genug fühle, es war eher so, dass es mich noch nie so angesprochen hat. Ich liebte es zu tanzen, Volleyball und Tennis zu spielen, und ich liebte es auch, mein Leben zu genießen und Party zu machen. Aber modeln? Passte das überhaupt da rein, passte das zu mir? Ich war mir wirklich unsicher, weshalb ich die Visitenkarte vorerst zurück in meinen Geldbeutel steckte. Zwischen Bankkarten und anderen Kärtchen verschwand sie.

„Was hältst du von dem Angebot?" Brach mein Vater die aufgekommene Stille und ich zuckte nur unwissend mit den Schultern. „Ich mach mir Gedanken..." Seufzte ich schließlich und schob noch ein halbherziges Lächeln hinterher. Ich weiß nicht warum ich plötzlich so still war, aber ich fühlte mich einfach zu schwach um ein Gespräch zu führen. Meine Glieder waren schwer, Schwindel tanzte hinter meiner Stirn und mein Magen drohte sich zu verstehen. Ich ließ mir von meinem Zustand aber nichts anmerken und so fuhren wir nachhause.

Die Fahrt verging relativ schnell. Die meiste Zeit redete mein Dad und ich trug nur hin und wieder etwas zum Gespräch bei. Um nicht zu lügen, hatte ich so gut wie nichts von dem mitbekommen, was er sagte. Meine Konzentration lag hauptsächlich darauf, nicht umzukippen.

Mir entglitt ein erleichterter Seufzer, als mein Vater den Wagen parkte und ich aussteigen konnte. Ich öffnete die Türe und dann passierte es. Mein Herz begann zu rasen, als wäre ich einen fünfhundert Meter springt gerannt, die Geschwindigkeit war übermäßig. Ich spürte wie sich kalter Schweiß auf meiner Stirn sammelte und ich musste mich irgendwo festhalten, um nicht zusammenzubrechen. Der Blick meines Vaters zuckte alarmiert zu mir, als ich gegen das Auto wankte. Alles geschah in Zeitlupe, meine Sicht wurde enger. Die Welt um mich herum krachte in einem auf mich drauf und ich sah nur noch wie er auf mich zugelaufen kam. Dann wurde es schwarz. Ganz kurz war da nichts. Dann löste sich der dichte Nebel um mich herum und ich vernahm Stimmen. Es war mein Vater, der auf mich einredete, was er sagte war mir unklar, ich konnte ihn nicht verstehen. Die Watte auf meinen Ohren machte es mir unmöglich, seine Lippen bewegten sich ohne Ton. Dann erweckten meine Sinne zurück zum Leben und die ganze Welt brach in ihrem vollen Umfang auf mich ein. Die Stimmen, der Schmerz.

Mit der Hand am Herzen ging ich leicht in die Knie. Der stechende Schmerz durchzog meine ganze Brust wie spitze Speere. Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Schnappartig rang ich nach Sauerstoff. „Beruhig dich, mein Schatz. Atmen, atmen, atmen." Redete er beruhigend auf mich ein, Seine Hand fuhr sanft über meinen Rücken. Ich versuchte seinen Anweisungen zu folgen und es klappte tatsächlich. Nach ein paar Momenten legte sich meine Atmung und der Schmerz ließ nach.

„Alles okay?" Ich schloss meine Augen und atmete einmal tief durch, ich zwang mich zu einem Nicken. „Alles gut. Ich brauchte nur kurz..." Ohne den Satz zu beenden richtete ich mich wieder auf, was war das denn eben? „Sicher?" Der erwartungsvolle Blick meines Vaters musterte mich kritisch. Ich nickte nochmals, woraufhin wir rein gingen.

Toxic Love - When hate becomes Love | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now