Früher war ich mir vieler Dinge Sicher

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Wie immer morgens am Wochenende wenn ich von Arbeit kam, ging zum Bäcker. Wie immer bekam ich die selben schrägen Blicke, weil ich gähnend am Tresen stand und die Brötchen begutachtete.

"Sieh nur diese jungen Leute heutzutage, können nur Party machen, Trinken und Rauchen. Aber arbeiten tun sie nicht!"

Noch mit halboffenen Mund und tränenden Augen, drehte ich mich um. "Wissen sie, es ist schön das jeder seine Meinung hat. Aber wenn sie Aufstehen geh ins Bett, weil ich Nachts arbeite. Sie können ja gerne mal 8 Stunden jede Freitag- und Samstagnacht Kellnern. Da würden sie auch morgens gähnend, nach Qualm stinkend und todmüde hier stehen." Die beiden Damen schauten beschämt weg und ich wandte mich den Brötchen zu.

Schließlich ging ich mit 2 Kürbiskern- und einem Dinkelbrötchen nachhause. Nicht nur das es krachend voll war in der Bar, nein mir hatte doch tatsächlich einer geschafft fast auf meine Füße zu kotzen. Nur ganz knapp konnte ich meine Sketchers retten. Ich hasste es, warum konnte Leute sich nicht gut genug selbst einschätzen!?

Gerade bog ich um die Dönerbude die vor meinem Block stand, als ich meine Mutter von weiten erkannte. Sie drückte wie wild auf den Klingelknopf für meine Wohnung. Meine armen Nachbarn. Langsam und nun auch mit sinkender Laune ging ich zum Eingang. Wenn meine Mum da war, hieß das nichts gutes. "Mum wie oft willst du noch klingeln? Du weißt dich das ich Nachts arbeite!" Erschrocken drehte sie sich um. "Na hör mal es ist halb neun!" sagte sie. Ich kniff meine Augen zusammen und dachte mir mein Teil. "Mum ich hatte Schlussschicht. Das heißt ich hab erst dann Schluss wenn der Laden sauber ist. Heute Nacht war viel los und dementsprechend mussten wir auch putzen. Geh mal zur Seite!" Ich stecke meinen Schlüssel ins Schloss, zog die Tür auf und ging zum Fahrstuhl. Drücke die Taste, wartete das er kam und hoffte, trotz der Unwahrscheinlichkeit, das meine Mutter gehen würde. Doch sie ging nicht. Als fuhren wir in den 10 Stock, gingen noch eine Treppe hoch und gingen zu meiner Tür. Gerade als ich meinen Schlüssel umgedreht hatte, ging schräg gegenüber die Tür. Mr. Mastermind steckte seinen Kopf raus. "Irgendein Idiot hat vorhin bei dir Sturm geklingelt." "Mhh" war nur meine Antwort und zeigt mit den Daumen auf meine Mutter. Die zog empört die Luft eine und warf mir einen bösen Blick zu. Ich machte die Tür auf und ging rein. Zog meine Schuhe aus, ging in die Wohnstube und ließ meine Jacke fallen. Zog mein Shirt aus und feuerte es in die Ecke genauso meine Hose. "Also Kathi, wie sieht das denn aus, tu es doch gleich in die Wäsche!" Wieder grunzte ich nur und ging ins Schlafzimmer um mir was frisches anzuziehen. Als ich fertig war und in die Küche ging, sah ich wiedermal wie meine Mutter meinen Kühlschrank inspizierte. "Wie oft willst du da noch reinschauen? Glaubst du ich hüte da Schätze drinne?" "Nein, aber er ist schon wieder leer." meinte sie. "Was sollte auch drinne sein, bei dem Geld was ich verdiene!" war nur meine Antwort. Wieder bekam ich einen bösen Blick.

Schließlich saßen wir in der Stube bei einer Tasse Kaffee. "Warum bist du hier Mum?" "Nun, du warst eine ganze Zeit lang nicht zuhause. Deinem Vater geht es schlechter und er vermisst dich. Deine Geschwister auch. " Dabei schaute sich nicht von ihrer Kaffeetasse auf. "Schieb nicht die anderen vors Loch, Mum. Warum bist du hier?" Auf meiner Gedankenliste schrieb ich einen weiteren Punkt dazu. "Nun glaubst du es wäre nicht besser, wenn du nachhause ziehst? Du hättest keine Geldprobleme und gute Arbeit findest du bei uns auch!"

Ahhh wieder die selbe Leier, dachte ich mir. Wir hatten das Thema schon oft durchgekaut und so langsam, nein eigentlich ziemlich schnell, brannte mir die Sicherung durch. Ich holte tief Luft und überlegte wie ich es am besten sagte. Doch nach einigem hin und her kamen wir wieder am selben Punkt an. Ich merkte das mir die Geduld ausging. Ich war müde, erschöpft, wollte nur noch duschen und ins Bett. Als sie dann wieder anfing: "Du bist mit deinen 26 Jahre immer noch so naiv. Du kannst deinen Alltag nicht organisieren, wie man ja an deiner Wohnung sieht. Das Geschirr stapelt sich, die Klamotten liegen rum und auf deinem Schreibtisch stapelt sich alles. Mit Geld kannst du auch nicht umgehen, sonst hättest du jetzt die Probleme nicht. Aber das ist ja nix neues was ich dir sage." Sie hob den Blick und schaute mich provokativ an.

Das war das einmal Zuviel, nicht nur das ich wegen ihr in dieser Situation steckte, sondern nun besaß sie auch noch die Dreistigkeit mich in meiner Wohnung anzugreifen verbal.

"Weißt du Mum, früher war ich mir vieler Dinge verdammt sicher. Ich zähl sie dir mal auf:

1: Das meine Eltern immer für mich da sind. Du hingegen bist mir in die Rücken gefallen.

2: Das mein Erspartes bei euch in guten Händen ist. Auch hier lag ich falsch. Du hältst es zurück um mich zu zwingen nach hause zu ziehen.

3: Ich könnte mich auf mein Studium konzentrieren. Ebenfalls falsch. Solange du da bist hab ich immer Ärger am Arsch.

4: Ich bin nicht naiv. Ich bin realistisch. Früher war ich ein Optimist. Mittlerweile musste ich meine Sicht korrigieren.

5: Außerdem war ich mir sicher, das du mir immer nur das beste Wünscht. Auch Falsch. Du wirfst mir ein Stein nach dem anderen in den Weg.

So könnte ich die Liste noch ewig weiter führend. Früher war ich mir so vieler Dinge sicher, doch heute weiß ich, dass ich mir nichts mehr sicher bin. Das Leben ist beschissen von oben bis unten. Nur die wenigen Lichtblicke im Leben sind was schönes. Und wenn es nach mir ginge, wäre ich schon weit weit weg und hätte mit euch abgeschlossen. Aber du bist wie eine Klette, dich wird man nur mit viel Müh und Not los. Die Zeit hab ich nicht. Wo die Tür ist weißt du ja, geh einfach bevor mir endgültig die Sicherung durchbrennt."

Zuerst schaute sie mich verdutzt an. Als ich dann aufstand und sie abermals aufforderte zu gehe, fing sie an zu weinen. "Das ist nicht dein Ernst. Das meinst du nicht so!" Doch so genau ist es. Du hast meine 5,500 € mir verweigert. Du hilfst mit nicht in meinem Leben, du machst es nur komplizierter. Du bringst mich um meinen Schlaf, um meine Ruhe und um mein Glück. Geh einfach." War alles was ich noch sagte. Sie stand langsam auf und schlich zur Tür. Sie drehte sich nochmal um und schaute mich an. "Das wird dir noch Leid tun, das du mich so behandelst. Ich will doch nur dein bestes!" schrien sie und ging dann endlich.

Ich machte nur noch die Tür zu. Ging unter die Dusche und dann ins Bett.

Ein weiterer Tag geschafft, ein weiterer Punkt auf meiner Gedankenliste.


KUGEMO-KurzgeschichtenWhere stories live. Discover now