Er seufzte gereizt. »Meine Mom, okay? Sie wollte nur wissen, wie es läuft.«

»Oh.« Jetzt kam ich mir blöd vor. Ich hatte mich wirklich wie seine zweiflerische Freundin benommen. Meine Wangen wurden heiß. »Sorry.«

Seine Schultern entspannten sich wieder und dieses charmante Lächeln kehrte zurück. Er hakte sich bei mir unter und schloss wieder zu den Kleinen auf. Dann beugte er sich zu mir runter und flüsterte ganz leise: »Na komm, Brynnie, lass uns was zum Naschen besorgen.« Sein heißer Atem traf auf meine erfrorene Haut und hinterließ ein warmes Kribbeln. Auf meinem ganzen Körper breitete sich eine Gänsehaut aus, als unsere Blicke sich trafen. Ich schob sie auf die Oktoberkälte.

***

Dieser Süßigkeitenbeutel wog fünfzig Tonnen. Ich war mir sicher, dass mir bald die Arme abfallen würden. Und das war erst Elizas erster Sack. Bereits total erschöpft und müde schliff ich den Beutel hinter mir her, während ich den anderen hinterher trottete. Erin saß derweil auf Coles Schultern. Dazu trug er auch noch ihren Sack ganz lässig über den Arm geworfen.

»Okay, ich bin dran!«, rief Eliza plötzlich und blieb stehen.

»Nein!«, protestierte Erin. »Du durftest den ganzen Weg vom Haus der Banks bis zum Haus von gerade. Jetzt darf ich auch den ganzen Weg.«

»Hey, hey, immer mit der Ruhe. Erin, Eliza kann nicht so oft auf den Schultern von großen und starken Jungs sitzen.« Er suchte meinen Blick. »Weil ihre Schwester nämlich ein schwacher Zwerg ist. Und kein Kerl.« Er prustete über seine eigene Bemerkung los und hob Erin dann von seinen Schultern. Ich verdrehte nur die Augen und beschimpfte ihn als einen Idioten. Dieser Idiot zwinkerte mir darauf zu.

Meine Schwester quietschte aufgeregt, als Cole sie hochhob. Dann wandte Cole sich mir zu, schnappte sich den schweren Beutel über meiner Schulter und warf ihn sich um seine eigene.

»Wie viele Gewichte stemmst du bitte?«, fragte ich verblüfft.

»So viel, wie nur geht, Baby.« Er spannte seinen Bizeps an und zwinkerte mir zu. Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Und zwar laut.

»War's das dann auch«, meckerte Cole nach ein paar Minuten und stemmt eine Hand in die Hüfte. Ich wischte mir inzwischen die letzten Lachtränen aus den Augen.

Als ich mich endgültig beruhigt hatte, sagte ich: »Hey Erin, da mir Mr Superstark den Ballast abgenommen hat, könnte ich dich jetzt Huckepack nehmen?«, bot ich an, dann richtete ich meinen vorwurfsvollen Blick auf ihren Bruder. »Ich bin nämlich nicht so schwach, wie der da sagt.«

Cole lachte schnaubend und ging dann weiter. Erin kam auf mich zugeflitzt. Ich hockte mich hin und Erin schlang ihre Arme um meinen Hals, sodass sie mich beinah erdrosselte. Dann stemmte ich mich prustend hoch und schloss zu Cole auf. Während des Gehens piekte mir immer wieder ein Beinchen von Erins Kostüm in meine Rippen.

Als Cole meine Misere bemerkte, grinste er nur hämisch. »Na, Probleme?«

»Weiß nicht, wovon du sprichst«, erwiderte ich. Cole schüttelte kichernd den Kopf.

Warum verkleidete man sich auch als Spinne?

Als letztes auf unserer Tour klingelte Cole - da Eliza und Erin nicht wieder runter wollten - bei einem älteren Paar. Die Dame, die uns öffnete schaute uns mit verzückter Miene entgegen und faltete die Hände vor der Brust. »Aw, wie niedlich.« Sie drehte sich ins Haus um. »Robert, komm schnell und schau dir diese bezaubernden Kinder an«, rief sie ins Innere. Augenblicklich kam ein Mann mit grauem Haar, der in dem Alter der Dame vor uns sein musste, ebenfalls im Türrahmen zum Stehen und setzte seine Brille auf.

»Oh ja, wirklich allerliebst, Barbara«, stimmte er seiner Frau zu.

Verunsichert trat ich von einem Fuß auf den anderen, nicht wirklich eine Ahnung, was wir jetzt tun sollten.

»Süßes oder Saures!«, riefen die Kleinen fröhlich. Die Mädels retteten uns glücklicherweise aus dieser Misere.

Das ältere Paar holte eine Schüssel mit randvoll gefüllten Süßigkeiten hervor und schütteten Erin und Eliza beinah den gesamten Inhalt in deren Beutel. Die beiden schenkten dem lieben Pärchen darauf ihre schönsten Zahnpastalächeln.

Als wir uns gerade zum Gehen wenden wollten, hielt uns die ältere Dame auf. »Oh, habt ihr schon ein Foto von euch vier zusammen gemacht? Also ich meine, in diesen tollen Kostümen natürlich.«

Perplex blieb ich auf der Stelle stehen, Cole brachte ebenfalls kein Wort raus. Erneut meldeten sich die kleinen Plagegeister: »Nein, noch nicht. Könnten Sie uns fotografieren?«, fragte Eliza.

»Ja, bitte!«, flehte Erin.

»Aber gerne doch, ihr Lieben«, lächelte Barbara und setzte sich ihre Brille auf die Nase, die sie vorher um den Hals getragen hatte.

Cole reagierte sofort und war offensichtlich schneller von Begriff als ich. Er kramte in seiner Hosentasche und hielt dann sein Handy in der Hand. Schnell stellte er auf die Kamerafunktion und legte es der Frau in die Hand. Dann hob er meine Schwester von seinen Schultern, um sie ebenfalls Huckepack zu nehmen. Wahrscheinlich würde sie sonst nicht ins Bild passen. Cole trat an mich heran und legte mir - oder Erin - einen Arm um die Schultern. Egal, wem er den Arm umgelegt hatte, alles in mir fing an zu Kribbeln. Und das erschreckte mich höchstwahrscheinlich am allermeisten in der heutigen Halloween Nacht.

»Okay, ihr Lieben, schön Lächeln.« Barbara schoss mehrere Fotos, zwei mit Blitz, und ich war erstaunt, dass sie das so glatt über die Bühne brachte. Mein Großvater schrie manchmal noch den Fernseher an, wenn der nicht sofort anging. Und meine Großmutter hatte sich einmal selbst fotografiert, mit Blitz. Das Endergebnis war ein ziemlich lustiges Bild.

Als sie Cole das Handy zurück gab, bedankten wir uns überschwänglich bei dem Pärchen und machten uns dann auf den Weg zurück.
»Die sind erstaunlich gut geworden. Ich schicke sie dir sofort«, sagte Cole, als er auf sein Display sah.

»Danke«, murmelte ich leise. Dieser Abend war wirklich schön. Und das aus meinem Mund - oder eher in meinen Gedanken. Aber es stimmte. Zum ersten Mal seit den letzten Jahren verbrachte ich ein schönes Ereignis mit Cole, ohne das ich ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. Klar, diese ganzen Neckerein hin und wieder, aber das sind nun mal wir, ohne Zoff geht's bei uns nicht. Und ehrlich gesagt war es auch ziemlich lustig mit Cole. Ich war mir nicht sicher, ob ich es lieber weiter hinterfragen, oder es einfach genießen sollte.

»Sind Mommy und Daddy wieder da?«, fragte Erin auf einmal und riss mich so aus meinen Gedanken.

Ich blickte auf und sah das Haus an, aus dem laute Musik dröhnte und jede Menge Lichter die dunkle Nacht durchbrachen. Ich blieb wie vom Blitz getroffen stehen und starrte das Haus an. Das Haus der Harrisons. In dem gerade eine wilde Party stattfand.

Was sich neckt, das liebt sichWhere stories live. Discover now