2 | Saufen in Theorie und Praxis

Comenzar desde el principio
                                    

»Ich seh schon, ich hab einiges aufzuholen.« Er lachte. Also Fede, nicht der Getränkekasten.

»Ja, dann auf.« Ich steuerte geradeaus auf die Kasse zu. Also geradeaus in der Theorie, in der Praxis gestaltete sich das ein wenig schwieriger.

»Bin dabei.« Fede grinste und der besorgte Ausdruck verschwand ein wenig aus seinem Gesicht. »Wollen wir noch was Härteres und was zu mischen mitnehmen?«

Okay, ich merkte schon, da hatte jemand Bock zu saufen.

Eine Sache, der ich nie abgeneigt war.

Wir – oder eher Fede – unterschieden uns für Malibu und Kirschsaft (der Kerl hatte einen räudigen Getränkegeschmack, aber na ja, Whisky hatte ich für heute genug).

»Noch ne Packung Gauloises«, verlangte ich von der Verkäuferin, die hinter dem Tresen saß und gelangweilt auf einem alten Kassenzettel herumkritzelte. Sie war in unserem Alter und hatte die braunen Locken im Nacken zusammengebunden.

Sie hob langsam ihren Blick, während ich den Alk vor ihr auf das Tresen stellte. Die Malibuflasche wackelte bedrohlich, doch war sich zu fein zum Runterfallen. Besser so. »Geht das auch in freundlich?«

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie unangenehm Fede die ganze Situation fand. Was interessierte es mich.

Er drängte mich zurück, was mich wieder zum Schwanken brachte. »Entschuldigung wegen meinem Kumpel. Eine Packung Gauloises, bitte.« Auf seinen Lippen tauchte ein freundliches Lächeln auf, das ihren Blick nicht erweichte.

»Du brauchst nicht immer für mich zahlen. Ehrlich, Jay. Ich hab doch selber Geld«, widersprach er.

»Ja, und das brauchst du für dich.«

»Aber ist doch auch doof, wenn du deins immer für mich ausgibst.«

Ich griff in meine Hosentasche und nahm einen fetten Bündel Geldscheine heraus. Nur ein Bruchteil von dem, was ich mit ein paar Deals machte. »Denkse etwa, ich krieg das überhaupt allein ausgegeben?«

Entschieden schüttelte er den Kopf, sodass ein paar seiner Locken in die Stirn fielen. »Dann gib lieber deiner Mutter was. Ich komm schon klar.«

»Die kriegt genug.«

»Hm.«

»Keine Widerrede jetzt. Ich lad dich ein.« Ich griff nach seiner Hand und gab ihm einen sanften Kuss darauf. Vernahm ein genervtes Seufzen und sah den Blick der Verkäuferin, die ungeduldig mit den Fingern auf dem Tresen trommelte.

»Wird das heute noch was?«, fragte sie genervt, während ich aus dem Augenwinkel ein leichtes Grinsen auf Fedes Lippen sah. Meine Aktion eben hatte ihm definitiv gefallen.

»Ja, chill, ey.« Ich schmiss ihr ein paar Geldscheine hin, keine Ahnung, wie viel, würde schon passen. Schnappte mir meine Kippen und hätte gerne nach Fedes Hand getroffen, aber irgendwie hatte ich dafür mit dem Sixer und dem übrigen Alk zu viel bei mir.

»Entschuldigen Sie. Einen schönen Abend noch!«, hörte ich Fede, in seiner Stimme ein höfliches Lächeln. Der Kerl hatte definitiv ein paar Manieren zu viel abgekriegt. Sah ihn kopfschütteln und spürte seine Hand in meinem Rücken, wie er mich bestimmt in Richtung der Tür schob.

»Ohne Scheiß, ich geh bald nirgends mehr mit dir hin, wo andere Menschen sind«, meinte er, während uns die frische Dezemberluft empfing. Kälte drängte durch meine offene Jacke und auf dem Platz vor dem U-Bahn-Eingang drängten sich mehrere Menschen. Es war laut, Böllerlärm untermalte die Geräusche.

»Ja ja.« Ich steuerte die Treppen an, die in den Schacht hinunterführten. Lehnte mich gegen das Geländer und stellte den Alk zu meinen Füßen ab.

Fede blieb vor mir stehen und stemmte die Hände in die Seiten. »Du checkst nicht mal, wie lächerlich du dich machst. Dass du mit sowas weder krass noch stark bist, sondern die Leute nur über dich lachen. Ich wette, die erzählt morgen ihren Freunden, was sie gestern in der Spätschicht für einen nervigen Idioten hatte.« Er hob spöttisch seine Augenbrauen, während ich meine Kippenpackung auffummelte und mir eine zwischen die Lippen schob.

Die Verlierer - Herz aus BetonDonde viven las historias. Descúbrelo ahora