Stuttgart

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Lias Sicht

Mit meinem Auto gab ich gerade ziemlich Gas auf der Autobahn. Ich war nun auf dem direkten Weg nach Stuttgart und überlegte währenddessen, ob das hier echt die beste Idee war. Nicos Management konnte mich tatsächlich von der Arbeit freistellen, weshalb ich heute Morgen sofort meinen Koffer gepackt habe und mich auf den Weg machte.
Noch zehn Kilometer waren es bis ich die Ausfahrt in Stuttgart nehmen konnte, als Nico mich anrief. Ich hatte ihm noch meine Nummer am Abend gegeben, damit er mich eben jetzt erreichen kann und so nahm ich den Anruf an der Freisprechanlage an. „Hey!" ging ich ran. „Hey, wo bist du gerade?" fragte Nico sofort nach. „In wenigen Minuten verlasse ich die Autobahn" antwortete ich. „Ok, du weißt wo du hin musst?". „Ja, die Adresse habe ich. Aber soll ich irgendwo speziell hinkommen?". „Ja, fahr die Straße an den Parkplätzen vorbei. Ich warte da und lotse dich dann in unseren Bereich" erklärte er und legte danach auch schon wieder auf. Ich atmete tief durch und fuhr meinen Wagen von der Autobahn runter. Am besagten Treffpunkt angekommen hielt ich an und Nico stieg ein. „Hey, gute Anfahrt gehabt?" sah er zu mir rüber als ich weiter fuhr. „Ja, die Autobahn war bis vor Stuttgart ziemlich frei" lächelte ich zu ihm rüber. Dann erklärte er mir wo ich genau entlang musste und so kamen wir hinter der Porsche-Arena an. Nico konnte mich bei der Security anmelden, denn ansonsten wäre ich nun natürlich nicht hier. Wir stiegen aus und ich sah erstmal bis nach oben zum Dach der Arena und staunte dabei nicht schlecht.
„Also Plan für heute ist eigentlich nicht viel. Ich zeige dir jetzt wo du was findest und stelle dich ein paar Leuten vor. Falls du dich irgendwie ausruhen willst, kannst du das in meiner Garderobe. Wir fahren nämlich nach meinem Auftritt direkt weiter nach München. Dort kannst du erst heute Nacht also einchecken" erklärte Nico während wir reingingen. Es war alles so groß und viele Leute liefen von A nach B. In der Halle standen noch die LKWs mit dem ganzen Equipment zum Aufbauen und viele weitere Menschen ließen einen Trubel entstehen. „Wen hast du denn da dabei?" kam ein junger, großer Typ mit einer Kamera um den Hals auf uns zu. „Simon, das ist meine spontane Tourbegleitung Lia. Lia, das ist Simon, einer meiner zwei Video- und Fotografen" stellte Nico uns vor. Simon umarmte mich derweil kurz zur Begrüßung bis er Nico noch auf etwas ansprach. Danach gingen wir in Nicos Garderobe, wo ich mich erstmal auf das Sofa niederließ. Nico sah mich irgendwann eine zeitlang an, was ich selber beäugte, doch er wendete sich dann wieder Haare raufend von mir ab. „Stehst du heute Abend neben der Bühne?" fragte er irgendwann und ließ sich dann doch noch auf das Sofa nieder. „Kann ich gerne machen, klar" lächelte ich sanft zu ihm. „Wie alt bist du und was machst du eigentlich so?" fragte Nico nun weiter. „Ich bin aktuell noch 22 und arbeite als Mediengestalterin" antwortete ich. Ich hätte gerne eine Gegenfrage gestellt, doch wir wussten beide, dass das in meinem Fall keinen Sinn machte. „Mediengestalterin? Respekt" nickte Nico und sah auf seine Hände. Dann war wieder Stille. „Du, ich bin eben auf dem Klo" sprang ich auf und ging ins anliegende Bad. Das war jetzt keine Lüge, denn ich ging wirklich auf Toilette. Aber vorm Spiegel fuhr ich mit meinen Händen durch mein Gesicht und zog meine Augenbrauen hoch, sodass sich meine Stirn in falten legte. Ich ging wieder raus, jedoch war Nico nirgendwo in der Garderobe aufzufinden. Somit legte ich mich wieder auf das Sofa und entspannte mich erstmal eine Weile und widmete meinem Handy die Aufmerksamkeit. Das ich mit dem Handy in der Hand eingenickt bin, bemerkte ich erst, als ich leise Stimmen hörte. Ich öffnete vorsichtig meine Augen und sah, wie Nico mit einem anderen Mann leise diskutierte. Das es dabei um mich ging, bemerkte ich erst als ich so richtig geerdet bin. „Ich bin schon wach, ein Problem weniger" sagte ich irgendwann und bekam somit die Aufmerksamkeit. „Oh" sagte Nico und sah zwischen mir und dem anderen Kerl hin und her. „Jedenfalls, das ist Lia" sagte Nico dann. „Hey Lia, ich bin Fabian und Nicos Manager" hob er einmal kurz die Hand. „Ah, hi" entgegnete ich und dann verschwand er auch schon. „Sorry das ich weg war. Ich musste was mit dem Veranstalter klären" seufzte er und sah wieder aus wie in dem Zustand von gestern Abend. Ich setzte mich auf und machte eine Gestik, indem ich auf den Platz neben mir klopfte. Nico nahm sofort den Platz ein und ließ seinen Kopf straight auf meine Schulter fallen. „Jetzt geht dies so nicht und das soll so gemacht werden. Ich soll bloß das unterlassen und jenes für sie tun" murmelte er. Es tat mir schon Leid, doch ich wollte kein großes Mitleid vermitteln. Ich legte meinen Arm um seine Schulter und ich spürte, wie Nico sich von Minute zu Minute entspannte. „Boa, ich penn gleich ein, sorry" riss er die Augen auf und stand ruckartig auf, ließ sich jedoch schnell wieder auf das Sofa fallen und schüttelte den Kopf. „Zu schnell gewesen?" musste ich mir ein grinsen verkneifen, doch Nico zog nur kurz einen Schmollmund und versuchte es dann nochmal. Er wechselte sein Oberteil und begann seine Stimme aufzuwärmen. Dabei kam Simon irgendwann mit einem weiteren blonden Lockenkopf ins Zimmer, der sich als Luk vorstellte. Diese filmten das ganze und Nico erzählte auch ein wenig was der Kamera. Dann ging es auch schon Richtung Bühne. „Viel Spaß" streckte ich ihm noch die Daumen nach oben entgegen, was ich mit einem Mundwinkel nach oben beantwortet bekomme.
Die Show ging echt ab und auf der Bühne war er wie ausgewechselt, was ich irgendwie nicht verstand. Also ich verstand diesen so schnellen Switch nicht. Es gab Power- und auch Gänsehaut Momente. Als aber das Lichtermeer immer wieder vor mir erschien, musste ich das einfach festhalten, denn vor diesem zu stehen war echt krass.
Nico kam von der Bühne runter und schlug noch mit seiner Band ein, ehe alle in ihre Garderoben zum frisch machen verschwanden. Ich bediente mich in derzeit noch am übrig gebliebenem Catering, wo Fabian mich dann auffand. „Lia?". „Ja?" drehte ich mich zu ihm um. „Das sind die Papiere zum einchecken im Hotel. Wir schlafen ja alle im Tourbus" reichte er mir die bedruckten Blätter. „Ah, dankeschön" lächelte ich leicht. „Nico wollte, dass du zu ihm kommst. Ich weiß warum du hier bist und ich glaube, er kann dich gerade ganz gut gebrauchen" zuckten seine Mundwinkel. „Oh, okay. Ich bin schon auf dem Weg" stand ich auf, räumte die Sachen weg und lief zügig zur Garderobe. Dort war Nico mit dem Kopf an der Wand gelehnt und nuschelte irgendwas vor sich hin. Ich ging auf ihn zu und legte sanft meine Hand auf seinen Rücken, weshalb Nico etwas zusammenzuckte und mich überrascht ansah. Seine Augen waren rot gequollen und die Wangen feucht. „Frag einfach nicht, ich weiß es selber nicht" haute er seinen Kopf zurück an die Wand, was einen dumpfen Knall bildete. „Au" kam auch noch monoton von Nico hinterher. Ich legte meine Arme einfach um seine Mitte und umarmte ihn somit von hinten. Nico drehte sich dann in meinen Armen um und zog mich dicht an seinen Körper. „Kann ich heute Nacht bei dir mitfahren?" fragte Nico dann in der Umarmung. „An sich ist das kein Problem, aber ich bin sicherlich schneller als der Tourbus und muss zum Hotel" flüsterte ich. Nico löste sich und sah mich wehmütig an. Er wollte noch etwas sagen, aber tat es nicht. „Es sei denn, du kommst einfach mit ins Hotel" schlug ich vor. „Wenn das keine Probleme darstellt?". „Sicher nicht" lächelte ich und packte dann auch schon meine Sachen zusammen. „Können wir dann schnellstmöglich fahren?" fragte Nico unsicher. „Wenn du möchtest, klar. Ich bin ehrlich gesagt froh ein Bett begrüßen zu dürfen" schmunzelte ich und verließ mit ihm kurz darauf die Garderobe. Der Sänger gab noch Fabian Bescheid und ging dann rüber zum Tourbus, um seinen Koffer zu holen. Draußen vor der Absperrung konnte man noch das Jubeln von Fans hören, als er wieder aus dem Tourbus kam. Nico wank nur einmal lächelnd in die Richtung und lief dann um den Tourbus herum, sodass man ihn nicht mehr sehen konnte. Wir liefen still schweigend zum Auto und als der Koffer neben meinem lag, stiegen wir ein und fuhren raus, was einfacher gesagt als getan war, denn die Fans blockierten uns noch etwas den Weg. Ich fuhr mit leichter Schrittgeschwindigkeit raus während die Securitys versuchten diese Menschenmenge an unserem Auto aufzulösen. Als wir die andere Straßenseite erreicht haben, drückte ich nur noch das Gaspedal durch und fuhr in Richtung München. Ich hatte nur leise das Radio am laufen, da ansonsten Stille im Raum wäre und Nico nur die leere, dunkle Autobahn vor uns betrachtete. Ich lenkte den Wagen sicher zum Nachbarsbundesland und hielt ein paar Stunden später am besagten Hotel an.
Wir checkten stillschweigend ein und machten uns dann nacheinander im Badezimmer fertig. Ich lag derweil schon im Bett und steckte mein Handy ans Ladekabel, als Nico aus dem Bad kam und mich unsicher ansah. „Kann ich...?" fragte er, was ich mit einem sanften Nicken beantwortete. So legte er sich dann auf die andere Betthälfte und starrte die Decke an, was mir nicht entging. „Kann ich noch was für dich tun?" fragte ich, nachdem ich das Licht ausgeschaltet habe. „Kannst du mir nah sein?" fragte er leise. Ich antwortete nicht und rückte vorsichtig zu ihm rüber, wo ich bei der Ankunft direkt seinen Arm um mich gelegt bekam. „Versuch zu schlafen, Nico" sagte ich leise. „Gute Nacht" murmelte ich dann nur noch leise gähnend und war direkt im Traumland angekommen.

Shadow in the dark - Nico Santos ffWhere stories live. Discover now