Angekommen

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Die Tür knarzt laut auf, als ich mich gegen sie stemme. Sie war all die Jahre offen, war nicht abgeschlossen. Ich taste nach dem Lichtschalter, der wie immer zu tief im Raum liegt. Ich finde ihn. Käsiges Licht fällt auf staubige Möbel, einen Schuhschrank, einen Jackenständer, ein niedriges Tischchen, auf dem ein Fotoalbum aufgeschlagen liegt. Mein Hals wird trocken. Ich weiß nicht, was ich machen soll, setze zu einem Schritt an, bis mir einfällt, dass man früher immer seine Schuhe ausziehen musste. Matsch klebt an diesen, an meinen Schuhen und ich stelle sie auf der Fußmatte ab.

Im nächsten Moment torkele ich. Irgendetwas scheint mich zu erschöpfen. Verdammt – ich bin über einen Hubel des langen Flurteppichs gestolpert. Ich biege scharf ins nächste Zimmer ab und lasse mich aufs Sofa fallen. Es knarzt. Staub wird aufgewirbelt. Ich kratzte mich an meinem unrasierten Kinn. Meinen Mundgeruch nehme ich inzwischen selbst wahr. Ich verschränke meine Hände im Nacken und schaue mich im Zimmer um. Die einst hellblauen Wände, sehen gräulich aus. Von den vier dunkelbraunen Stühlen, die um einen kleinen runden Tisch angeordnet sind, liegt der eine auf dem Boden, hat ein durchgebrochenes Bein. Die Blumen auf dem Tisch, die in einer Vase stehen, sehen aus als hätten sie schon vieles überdauert. Sie sind wie Mumien, Tote, die niemand begraben wollte. Hätte ich zu dem aufgeschlagenen Bilderbuch zurückkehren sollen? In dem einst weißen Teppich, verfangen sich jetzt Wollmäuse. Hätte ich- hätte ich zum Fotoalbum zurückkehren sollen?

Da erinnere ich mich, dass ich einmal eine Mutter hatte, und eine Schwester glaub ich auch, und einen Vater, einen Vater hatte ich auch. Doch was ist mit ihnen passiert, geschehen? Ich merke, wie es immer kälter im Raum wird. Ich habe sie geliebt, ich habe sie sehr geliebt, vor allem meine Mutter, ihr habe ich am meisten vertraut. Doch da muss, muss irgendetwas schief gelaufen sein...Ich schaue aus dem Fenster recke meinen Hals, in der Hoffnung mehr zu sehen, doch ich sehe nichts als Nebel, der sich als eine feuchte Masse um das Haus legt. Obwohl es schon Mittag ist, 12 Uhr. Ich hätte zum Fotoalbum zurückkehren sollen. Ich glaube nicht, dass der Nebel sich noch legen wird.

Meine Schwester hat es geliebt zu Malen, mit dicken Wachsmalstiften, und später mit Acrylfarben. Meine Mutter hat sie immer mitgebracht, aus dem Dorf, und für mich gab es Murmeln....  

AngekommenWhere stories live. Discover now