Kapitel 1

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Ich ignorierte den schweren Wasserkrug in meiner Hand und rannte so schnell es mir meine Füße erlaubten den steilen Hügel hinauf zum Fluss. Für mich zählte das Wasserholen nicht als Hausarbeit auch wenn der Weg nach Oben eine große Anstrengung war. Es war eher wie eine Auszeit für mich. Sonst war ich den lieben langen Tag Zuhause und half meiner Mutter bei der Hausarbeit. Freizeit hatte ich kaum, jedoch war dies normal für mich. Ich bin achtzehn Jahre alt und seitdem ich lebe herrscht in unserem Land ein Bürgerkrieg. Ich kannte es noch nie anderst und damals kümmerte es mich nicht. Ich bekam nie etwas davon mit. Wenn ich an einigen Morgentagen durch ein Geschrei wach wurde das irgendwo aus der Ferne zu unserem Haus durchdrang, beruhigte mich meine Mutter und flüssterte mir zu, dass dies normal sei. Wenn ich Nachts aus dem selben Grund nicht einschlafen konnte, so sang meine Mutter mich in den Schlaf. Doch das dies ganz und garnicht normal war erfuhr ich erst ein paar Jahre später als mein Vater an einem Abend blutüberströmt mit letzter Kraft in unser kleines Haus kroch und dort zusammenbrach. Es war der größte Schock meines Lebens.
Ich erinnte mich nicht gerne an diesen Abend. Ich rannte in diesem Moment voller Verzweiflung zu ihm und rüttelte an seinen Armen. In der Hoffnung er würde auffstehen. Doch er tat es nicht. Ich hatt angst ihn alleine vor unserer Tür liegen zu lassen doch meine Mutter schien meine lauten Schreie nicht zu hören. Ich wusste noch das ich sie im ganzen Haus suchte und meinen kleinen Bruder anschrie er solle nicht nach unten gehen. Ich wollte ihm diesen Anblick ersparen. Ich fand meine Mutter in unserer Scheune neben unserem Haus. Sie stand an der Mühle um das Getreide zu mahlen. An das was danach geschah erinnerte ich mich nicht mehr gut. Was ich noch wusste war das meine Mutter voller Verzweiflung versuchte meinen Vater zu versorgen und ich unseren Arzt herbeirief der drei Häuser weiter weg wohnte. Mein Vater überlebte.
Doch in mir starb an diesem Abend die Illusion das der Krieg etwas normales sei. Jedoch hatte diese Erkenntniss nichts an der Lage unseres Landes geändert. Wir leben hier nun so gut es geht.
Meine trübe Stimmung verschwand, als ich den Fluss erreichte. Ich stellte den Krug ab und setzte mich an den Rand des Flusses. Ich tauchte meine Beine in das kühle Wasser und schloss meine Augen. Die Strahlen der Abendsonne trafen mich und wärmten mich etwas. Ich könnte hier ewig sitzen denn dies war der Ort an dem ich für eine Weile meine Sorgen vergessen konnte.
Eine ganze Weile saß ich hier und dachte über vieles nach. Ich wusste nicht welchen Beruf ich ergreifen sollte. Meine Mutter hatte in ihren jungen Jahren als Näherin gearbeitet. Sie hatte ihren eigenen kleinen Laden und die Bewohner unseres Dorfes waren mit ihrer Arbeit durchaus zufrieden. Auch Jahre später verlor sie ihr Talent nicht. Sie nähte mir und meinem kleinen Bruder die schönsten Anziehsachen. Nun wollte sie das ich diese Tätigkeit übernahm. Jedoch hatte ich dieses Talent nicht geerbt. Ich stach mir jedes mal in die Finger wenn ich auch nur versuchte ein Loch zu zunähen. Deshalb machte ich mir nun Gedanken was ich machen könnte. Ich wusste, dass ich mit dem was ich wirklich liebte kein Geld verdienen konnte. Das Schreiben. Ich liebte es Geschichten auszudenken und diese aufzuschreiben, Briefe zu schreiben oder zu dichten . Selbst wenn ich es je schaffen würde ein Buch zu schreiben, so wusste ich auch das keiner es lesen würde. Kaufen würde es erst recht keiner. Niemand hatte Zeit sich hinzusetzen und Bücher zu lesen wo doch ein Bürgerkrieg auf den Straßen tobte und jeder alle Hand zu tun hatte seine Famillie zu erhalten. Ich wollte nicht daran denken deshalb stand ich auf und füllte den Krug mit Wasser. Es begann schon zu dämmern. Ich sollte schon längst wieder auf dem Heim weg sein denn es war gefährlich bei so einer Tageszeit draußen herum zu laufen.
Jetzt begann wieder der schwierige Teil dieser arbeit, ich musste den vollen Wasserkrug den Hügel runterschleppen ohne dabei auszurutschen. Damals ist es mir schon einige male passiert das ich abrutschte und somit das Wasser aus dem Krug vergoss doch für dieses Problem hatte ich eine Lösung gefunden. Ich hatte mir einen Stock als Krücke mitgenommen so konnte ich mich an ihm abstützen und den Krug fest mit einem Arm tragen. So wollte ich es dieses mal auch machen. Jedoch hatte ich keinen Stock. Auf dem Hügel erstreckte sich ein großer Wald er fing hier an und verlief viele Killometer bis ins nächste Dorf wo die meisten der Nachtaktiven wohnten. Der Fluss verlief durch diesen Wald und floss dann unseren Hügel hinunter und an unserem Dorf Vorbei.
Ohne darüber nachzudenken lief ich in den Wald auf der suche nach einem geeigneten Stock. Keiner schien sich als Krücke zu eignen. Also lief ich tiefer in den Wald. In Gedanken überlegte ich mir bereits eine geeignete Ausrede für meine Mutter den diese würde sicher fragen weshalb ich so lange gebraucht habe.
Den Blick hatte ich auf den Boden gerichtet und meine Augen suchten den Boden ab doch etwas lies mich aufschauen. Ein Geräusch. Meine Augen suchten die Gegend ab aber nichts kam mir verdächtig vor. Bis mein Blick an etwas hängen blieb. Oder an jemandem. Ein Junge saß am Rand des Flusses. Er starrte ins Wasser. Er hatte dunkles Haar und seine Haut war blass. Das war sehr ungewöhnlich für Tageskinder. Der Junge wusch nun sein Gesicht. Er war dünn doch trotzdem wirkte er gut gebaut. Ich versuchte mich an ihn zu erinnern. Wer war er? Ich hatte jeden Jugendlichen aus unserem Dorf schon einmal gesehen schließlich gab es hier nur eine Schule. Der Junge blickte auf und blickte nun direkt in meine Augen und nun war es mir klar. Sogleich durchfuhr mich ein Schreck. Denn er war keiner von uns. So sah keiner von uns aus. Er war einer der Nachtaktiven.

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⏰ Last updated: Feb 13, 2016 ⏰

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