Ich atme erleichtert aus, als ich keine Menschenseele in diesem Raum entdecken kann und gleichzeitig bahnt sich auch ein kleiner Stich durch meinen Körper. War ich wirklich einerseits enttäuscht, dass Drew noch nicht da war?

Während ich auf meinen Platz laufe versuche ich meinen Puls wieder auf eine normale Geschwindigkeit runterzuschrauben. Direkt als ich meinen Rucksack zu Boden setze, fällt mir etwas ins Visier. Auf meiner Tischhälfte liegt ein kleines Blattpapier. Es sieht aus wie ein Foto, nur umgedreht. Langsam lasse ich mich in den Stuhl fallen und drehe das Stück Papier mit feuchten Fingern um.

Es ist tatsächlich ein Bild. Mein Gehirn braucht mehrere Anläufe, bis ich kapiere was das Foto abbilden soll. Es zeigt den Campus der Universität von San Francisco. Ich erkenne das Bild wieder. Die Homepage der Uni hat dieses Foto ganz oben in der Galerie. Ich habe es mir schon oft angeschaut. Wenn mir langweilig ist, oder ich von meiner zukünftigen Zeit dort träumen möchte, dann stöbere ich immer wieder auf deren Homepage herum. Ich kenne die Seite in und auswendig.

Ich mustere das Bild mehrere Minuten lang, ich verstehe nicht was es auf meinem Platz sucht, oder wer es dorthin gelegt hat.

Ein Schatten erscheint und im nächsten Moment wird der Stuhl neben meinem nach hinten gezogen. Ich schrecke so heftig zusammen, dass ich das Bild fallen lasse und mir stattdessen die Hand auf mein Herz halte um das Pochen zu mildern.

»Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich dir, Prinzessin Schreckhaft.« Erst jetzt scheine ich zu realisieren, dass Drew aufgetaucht ist und sich ohne Geräusche zu machen neben mich gesetzt hat.

»Prinzessin Schreckhaft?«, wiederhole ich Nasekräuselnd. »Wie wäre es denn, wenn du mich in Zukunft nicht mehr so erschreckst? Dann musst du mich auch nicht mehr so nennen.«

Das Drew mich Prinzessin nennt verursacht ein ganz komisches Kribbeln zwischen meinen Beinen und auch um meine Brust herum.

»Ich kann leider nichts dafür, dass du dich vor allem und jeden erschreckst, Mäuschen.«

Im nächsten Moment hebt er das Bild, welches mir aus den Händen gerutscht war vom Boden und beäugt es missbillig. Ich nutze die Gelegenheit und nehme stattdessen ihn in Betracht. Er trägt ein schwarzes T-Shirt und seine Haare stehen in alle möglichen Richtungen ab. Obwohl sie so aussehen, als hätte er sie heute vergessen zu kämmen, wirken sie attraktiv. Verdammt, vermutlich wenn Drew mit einem Kuschelpyjama aus dem Bett steigen würde, wäre er immer noch zu attraktiv für diese Welt.

»Hübsches Bild«, kommentiert er trocken und lehnt sich in den Stuhl zurück. Erst jetzt bringe ich meine Augen dazu von ihm abzusehen und stattdessen auf das mysteriöse Bild zu gucken.

»Das ist der Campus der Universität in San Francisco. Ich habe echt keine Ahnung wer das hier hin gelegt hat. Es lag hier schon, als ich kam.« Plötzlich macht sich Panik in mir breit. Könnte es sein, dass meine Mitschüler von meiner Annahme dort erfahren haben? Ich habe niemanden außer Conner und Meghan davon erzählt, weil ich nicht wollte das mir die Schulzeit hier noch nachläuft. Niemand sollte von meinem Stipendium erfahren, damit es mir keiner kaputt machen kann.

»Und ich dachte schon ich hätte ein zu schweres Bild ausgesucht.«

Ich hänge meinen eigenen Gedanken noch viel zu lange nach, erst dann realisiere ich seine Worte und drehe mich prompt zu ihm um, sodass meine Knie beinahe seinen Oberschenkel streifen.

»Du?«, bringe ich unglaubwürdig heraus. Er leckt sich grinsend über die Lippen und spielt mit dem Bild zwischen seinen Fingern herum. Dabei sieht er mich keine Sekunde an. Meine Wangen sind glühend heiß, ich verstehe rein gar nichts mehr.

»Ich dachte wirklich du würdest direkt auf mich kommen. Das erinnert mich an etwas.« Er lässt das Bild auf den Tisch fallen und beugt sich zu seinem Rucksack um etwas herauszuholen. Ich verfolge jeden seiner Bewegungen, nicht im Stande etwas zu sagen, geschweige denn mich zu bewegen.

»Bitte schön.« Drew legt mir eine durchsichtige Folie mit Blättern innendrinnen auf den Tisch. Mit großen Augen starre ich ihn weiterhin an, bis er endlich auch seinen Kopf in meine Richtung bewegt.

Unsere Blicke treffen sich, meine Lippen öffnen sich wie automatisch damit ich Luft holen kann. Er wirkt völlig gleichgültig, beinahe gelangweilt. Wir schauen uns noch einige Sekunden an, dann stemmt er seine Hände hinter den Kopf und sieht auf die Mappe vor mir.

»Mir ist bewusst, dass du gerade sowas wie eingefroren bist, aber trotzdem wäre es gut, wenn du dir ansiehst, was ich mitgebracht habe, bevor die Stunde beginnt. Am Ende behauptet der Lehrer noch, dass ich dich hypnotisiert habe oder so.«

Seine Worte dringen nur halbwegs zu mir durch, dann endlich erwache ich aus meiner Starre und sehe verwirrt zu der Mappe. Meine Fingerspitzen sind eiskalt, als ich die Blätter aus der Folie schäle und sie umdrehe. Während ich versuche zu entziffern was Drew von mir möchte, spüre ich seinen Seitenblick permanent auf mir ruhen. Es ist als hätte er Laseraugen. Meine Haut fängt dadurch an in Flammen zu stehen.

»Was ist das?«, murmle ich überfordert und versuche mich zu konzentrieren um zu lesen. Das erste Blatt zeigt eine Zusage zu dem Campusrundgang an. Ich erinnere mich an letzten Donnerstag zurück, als Drew mir den Brief der Uni in San Francisco abgenommen hat. Er hat doch nicht etwa bestätigt, dass ich an dem Rundgang am Wochenende teilnehmen werde?

»Ich bin ziemlich sicher, dass eine zukünftige Studentin aus San Francisco in der Lage ist einen Brief eigenhändig zu lesen.« Ich bin viel zu verblüfft um ihn den Mittelfinger zu zeigen.

Kopfschüttelnd nehme ich das zweite Papier zur Hand und finde eine Buchungsbestätigung eines Hotels vor. Reserviert für zwei Personen und für zwei Nächte. Die Panik in mir fühlt sich an wie eine Schlinge, die jemand immer fester um meinen Hals bindet, um mich zu erwürgen.

-Losing Game-जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें