-Kapitel 3-

Mulai dari awal
                                    

Galle macht sich in meinem Hals bemerkbar und ich drücke mir mit der flachen Hand auf den Bauch, atme in gleichmäßigen Atemzügen ein und aus und verdränge das fürchterliche Gefühl, welches sich seinen Weg durch meinen Körper bahnt.

»Wir haben es bald geschafft, Isabell«, flüstere ich in den Hörer und klemme das Handy so fest es mir möglich ist an mein Ohr. Dads Anhörung ist in vier Wochen und in der wird entschieden, ob er mit Hilfe einer Kaution raus kann. Die Beweise genügen nicht um ihn Lebenslänglich drinnen zu halten. Jedenfalls klammere ich mich an dieser These fest. Dad ist unschuldig und das weiß ich, weil ich den Täter kenne.

Ich weiß, wer Josh in jener Nacht getötet hat.

»Das hoffe ich.«

Ich komme am Ende des Flures an und bleibe auf der Stelle stehen. Vor mir hängen einige Gemälde an der Wand, die zum Großteil mit schwarzen Markern verunstaltet wurden. Während ich das Schluchzen am anderen Ende der Leitung weiter wahrnehme, versuche ich mich an die Gemälde zu klammern. Aus einem schönen, vollkommenden Kunstwerk wurde etwas Hässliches. Jemand hat es verunstaltet, das Schöne daraus gelöscht.

Menschen sind so. Sie machen aus etwas Schönem, etwas Hässliches. Sie zerstören Dinge und zahlen nie den Preis ihrer Taten, das Übernehmen nämlich andere. Ist euch schon mal aufgefallen, dass Menschen, die von Natur aus Böse sind, nur geheilt werden können, wenn sie etwas Liebenswürdiges kaputtmachen? Vernichten?

In Filmen und Büchern lernen die Bad Boys zu lieben und weshalb? Weil sie verändert werden und diejenigen die sie verändern werden dadurch schwächer. Sie saugen die Energie aus ihnen raus.

»Die Pause wird gleich vorbei sein.« Seufzend drehe ich mich um und marschiere den leeren Gang langsam zurück. »Hab noch viel Spaß. Wir sehen uns dann später, Luna.«

Erneut beiße ich mir fest auf die Unterlippe. Ich verfluche mich dafür, dass ich sie in diesem Zustand allein gelassen habe. Durch die Anhörung in vier Wochen ist sie in letzter Zeit völlig aus dem Wind, weil sie einen Termin nach dem anderen hat. Da ich erst neunzehn bin kann ich noch nicht selbst Verantwortung dafür tragen.

»Ich habe dich lieb«, flüstere ich noch, bevor ich auflege und es wie auf Kommando zum Pausenende klingelt. Stöhnend beschleunige ich meine Schritte und als ich in den nächsten Flur, richtung Cafeteria abbiegen möchte, knalle ich gegen einen harten Brustkorb.

»Sorry«, murmle ich und gehe direkt wieder einen Schritt zurück. Irgendetwas in mir schreit mich an davon zu laufen, meine Fingerspitzen werden eiskalt. Langsam hebe ich mein Kinn an, schaue zu der Person rauf, jedoch nicht direkt in die Augen und als mich die Erkenntnis trifft, rutscht mir mein Handy aus der Hand und landet mit einem lauten Poltern zu Boden.

Während sich meine Hände zu festen Fäusten ballen, ich den Schmerz in meinen Handflächen schon wahrnehmen kann, versuche ich meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen.

Versuch gescheitert.

Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie sich die Flure langsam mit Schülern füllen, da es bereits klingelte, doch ich kann meinen Blick nicht von der Person vor mir abwenden. Wut brodelt in mir auf und all meine Gefühle scheinen zu überlaufen, meine Sicherungen brennen durch.

Drew Hanson steht wenige Meter von mir entfernt und seine Augen liegen auf meinem Körper, doch ich meide jeden Blickkontakt. Stattdessen starre ich auf seinen Oberkörper und versuche die Puzzleteile in meinem Kopf aneinanderzureihen. Er trägt eine verwaschene Jeans und ein zu großes, schwarzes Shirt. Sein Oberkörper ist breit gebaut, seine Haut braun gebrannt, als hätte ihn die Sonne geküsst. Er ist größer geworden, viel größer. Er ragt über mir, als befinde er sich in einer verdammt anderen Dimension. Und bis eben war er das auch.

In meinem Hals macht sich ein Kloß breit, mein Kopf dreht sich und die Wände dieses beschissenen Flures scheinen näher zu kommen.

»Was zur Hölle suchst du hier?« Meine Stimme bricht nach jedem einzelnen Wort mehr und ich stolpere nach hinten, als Drew einen Schritt auf mich zumacht. Ich schaue ihm nicht in die Augen, das würde ich nicht überleben. Wenn ich es tue, wenn ich in diese verdammten braunen Augen sehe, wird mich nichts halten können. Ich würde sie zerfleischen, oder ihnen verfallen und ich möge in die Hölle kommen, wenn ich letzteres wählen würde.

»Luna.« Er bringt meinen kurzen Namen so langsam über seine Lippen, dass es beinahe quälend wirkt. Drew macht einen weiteren Schritt auf mich zu, doch ich hebe zitternd meinen Arm vor meine Brust und deute ihm somit stehen zu bleiben.

»Nicht«, bringe ich heiser hervor und reiße meinen Blick von seinem Oberkörper ab. Stattdessen sehe ich zu Boden und versuche zu verarbeiten was hier gerade geschieht.

Es sind bereits viele Schüler hier im Flur, doch ich würdige ihnen keine Beachtung. Sie schüchtern mich nicht ein, ganz im Gegenteil. Ich bin geradezu dankbar, nicht mit Drew allein in diesem Flur zu sein. Er ist derjenige, der mich mit seiner Anwesenheit erdrückt und droht, mich in ein sicheres Ende zu ziehen.

»Luna?« Eine andere männliche Stimme dringt zu mir durch und mein Blick schnellt nach oben. Hinter Drew erscheint ein weiteres bekanntes Gesicht und ich öffne fassungslos meinen Mund.

»Cole?« Tränen bilden sich in meinen Augen, der Geschmack von frischem Blut macht sich in meinem Mund bemerkbar, denn ich hatte nicht gemerkt, dass ich mir so fest auf die Zunge gebissen habe.

Cole Gibson steht dicht hinter Drew. Wir starren uns stumm an. Ich fassungslos und verwirrt und er? Er scheint ganz gelassen zu sein. Keine Mimik schmückt sein markantes Gesicht. Meine Augen huschen für keine Sekunde zu Drew rüber, denn ihm Angesicht zu Angesicht anzusehen würde ich nicht überleben. Bei Cole ist es etwas anderes, es war immer etwas anderes.

Auch Jamie Andrews taucht hinter ihnen auf und ich schnappe erneut nach Luft, presse meine Handfläche auf meinen Mund und bin dabei meinen Halt zu verlieren. Als könne Conner meine Verletzlichkeit spüren, taucht er in der Menschenmasse auf, krallt seine Finger in meine Taille und schenkt mir so den Halt, denn ich bitter nötig habe.

»Sie sind wieder da«, stelle ich fest, eher zu mir selbst als zu jemand anderen. »Komm, Schätzchen.« Conner bückt sich zu meinem Handy, steckt es ein und führt mich dann an den dreien vorbei Richtung Ausgang der Schule. Dabei entgeht mir Drews permanenter Blick nicht, doch für keinen einzigen Moment würde ich ihm noch einmal in seine verfluchten Augen schauen. Dieses Déjà-vu würde alles zum Explodieren bringen und ich müsste wieder von vorne beginnen die Scherben aufzusammeln.

Dieser Tweet ging also in der gesamten Schule herum. Die verschollenen sind wieder da und vom Erdboden aufgetaucht.

Die braunen Augen, in denen ich mich für eine Ewigkeit verlieren könnte, sind wieder da, verfolgen mich und sind der Grund dafür, weshalb mein Leben von nichts auf gleich den Bach unter ging.

Ich kenne dein Geheimnis, Drew Hanson und ich werde noch dafür sorgen, dass du es auch weißt.

-Losing Game-Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang