Elterngespräche ♤

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"Hat meine Tochter etwas angestellt?", wollte er mit vorwurfsvollen Seitenblick zu dem Mädchen wissen.

Lehrer Caleb lachte. "Oh nein, machen sie sich keine Sorgen. Ich bin mir sicher, ihre Tochter ist ein ganz braves Mädchen."

Ihr Vater runzelte erneut die Stirn
"Um was geht es dann?"

Auch Caleb versuchte, sie so wenig wie möglich anzusehen, während er sprach: "Wir möchten ihre Tochter Dayna sehr gerne herzlich dazu einladen, sich an unserer Akademie für besonders begabte Schüler einzuschreiben."

Totenstille. Nach einigen Sekunden fing Daynas Mutter plötzlich an, hysterisch loszulachen.
"Entschulding, sagten Sie gerade etwa "besonders begabt"?"

Autsch. Dayna hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass ihre Mutter sie nicht für überdurchschnittlich halten könnte. Sie war schließlich die beste Schülerin ihres gesamten Jahrgangs.

Sie sah, wie ein Hauch von Wut über Calebs ansonsten nahezu regungsloses Gesicht glitt - und sie hatte das Gefühl, seine Emotionen auch irgendwie spüren zu können. Doch professionell wie sie ihn kannte, hatte er sich bereits wieder im Griff, bevor irgendjemand sonst seinen Ausrutscher bemerkte.

Er räusperte sich lautstark. "Ja, das sagte ich, gnädige Dame. Wir haben die herausragenden schulischen Leistungen ihrer Tochter nun bereits seit einiger Zeit beobachtet - und soweit wir das feststellen konnten, sind wir der Meinung, dass sie perfekt geeingnet für unsere exklusive Akademie wäre."

"Ist das ein Scherz? Dayna, hast du etwas damit zutun?", wandte ihr Vater sich hilfesuchend an sie selbst.

Glaubte denn wirklich niemand in diesem Haus daran, dass sie etwas besonderes sein könnte? Sie hatte bis jetzt immer den exakt gegenteiligen Eindruck vermittelt bekommen.

Bevor sie sich selbst zu Wort melden konnte, hatte ihr Wächter jedoch bereits wieder zu sprechen begonnen: "Keines Wegs. Wir wählen unsere Kandidaten sorgfältig unter strengen Kriterien aus. Und Dayna hat in allen Kategorien ... wahrhaft herausragend abgeschnitten."

Wieder sagte niemand der Eltern etwas dazu. Dann erhob sich ihr Vater plötzlich.

"Vielen Dank für Ihren aufschlussreichen Besuch. Wir werden Ihr Angebot in Ruhe besprechen - in familiärer Runde." Das war seine höfliche Art, den Besucher zum Gehen zu bitten.

Der hochgewachsene Mann erkannte den Wink mit dem Zaunpfahl und stand ebenfalls auf. Er schüttelte ihrer Mutter die Hand und Dayna konnte nicht anders, als ihrem Vater zu folgen, während er den vermeintlichen Rekruter zum Ausgang begleitete.

An der massiven Eingangstür angekommen, drehte der ungebetene Gast sich noch einmal um. Nachdem er sich auch noch von ihrem Vater formell verabschiedet hatte, reichte er seine Hand Dayna und sah ihr dabei wissend in ihre saphirblauen Augen.

"Ich hoffe wir sehen uns bald wieder, liebe Dayna. Du kannst dich jederzeit bei mir melden, wenn du dich dazu entschließen solltest, meiner Einladung Folge zu leisen. Ich weiß, dass du etwas ganz besonderes bist", zwinkerte er und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Das Mädchen war wie erstarrt, während er davonlief und ihr Vater verächtlich grunzend die Tür schloss.

"Das war ja mal ein komischer Vogel", meinte der Mann.

Immernoch stand sie wie angewurzelt am gleichen Fleck.

"Hast du Hunger, Schatz?", schallte es von ihrer Mutter aus der Küche.

Doch Dayna hörte sie gar nicht. Viel zu sehr steckte sie noch in dem, was gerade geschehen war. Glaubte denn wirklich niemand daran, dass sie etwas besonderes war? Das sie aus der Masse hervorstach? Niemand, außer Caleb? Nicht einmal ihre eigene Familie?

Wütend stampfte sie die Treppen zu ihrem Zimmer hoch. Mit einem lauten Knall schmiss sie die Tür zu, damit niemand die Tränen in ihren Augen bemerkte.

In ihren Gedanken erschien auf einmal die Stimme von Caleb.
"Sei ihnen nicht allzu böse, Prinzessin. Ich weiß sie sind deine Eltern, doch Sterbliche sind manchmal unbelehrbar. Wir werden dich schon irgendwie auf die andere Seite bringen - darauf gebe ich dir mein Wort." Mit der Nachricht, die durch ihren Kopf schwirrte, breitete sich gleichzeitig eine beruhigende Wärme in dem eben noch so aufgebrausten Mädchen aus.

Sie wusste nicht, wie er das gemacht hatte und ob sie sich das alles eventuell nur eingebildet hatte - aber irgendwie hatte Sir Caleb es schon wieder geschafft, sie zu beruhigen.

Sie hoffte, sie würde ihn durch ihren gemeinsamen Bund erreichen können, wenn sie ihn wieder sehen wollte. Am liebsten hätte sie ihn sofort zurückgerufen - doch sie wollte ihn auch nicht mit ihrer penetranten Art auf die Nerven gehen, sodass er schon bald genug von ihr hätte.

Nein. Irgendwie wollte sie interessant für ihn bleiben. So wie er es für sie war. Also beschloss sie für sich selbst, das restliche Wochenende in Ruhe ausklingen zu lassen und sich erst dann bei ihm zu melden, wenn sie wieder an ihrer geistigen Gesundheit zweifelte. Es sei denn natürlich, er würde zuerst wieder bei ihr aufkreuzen.

Was sie, ganz insgeheim, auch hoffte.

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Note:

Soo, dieses Kapitel ist jetzt vielleicht nicht ganz soo spannend .... aber doch sehr wichtig, finde ich, sowohl für die Persönlichkeitsentwicklung von Dayna, als auch für ihre baldig anstehende Reise. 😊

Was meint ihr? Schreibt es mir gerne in die Kommentare! :)

Burning ShadowsWhere stories live. Discover now