Kapitel 53 (Letzter Teil)

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Anfang Dezember 2015:

POV Stefanie:
Wir sind mega glücklich. Letzte Woche ist unser neues Album rausgekommen und wurde von den Fans so toll aufgenommen. Jetzt ist es an der Zeit, uns auf unsere Konzerte vorzubereiten. Darum treffen wir uns jeden Tag im Proberaum, um die Lieder für die Tour auszusuchen, den Ablauf festzulegen und auch gleich mal zu proben. Die Lieder stehen eigentlich, doch wir wollen einige Lieder ein wenig anders spielen als bisher. Auch am Ablauf tüfteln wir ziemlich rum. Gerade hat Thomas unseren Durchlauf gestoppt, vermutlich wegen mir. Ich hab's wieder mal nicht geschafft, beim Lied Das Leichteste der Welt über die erste Strophe hinaus zu kommen. „Steff, es tut mir echt leid..." beginnt Thomas „Aber das bekommen wir so nicht hin. Jedes Mal haut es dich bei dem Song vollkommen raus. Wir müssen uns da was anderes überlegen, noch eine Änderung im Ablauf oder keine Ahnung..." Mir laufen wieder mal die Tränen über die Wangen. „Ach scheiße, Thomas! Ich weiß ja auch nicht, was ich machen soll. Ich hab einfach so eine verdammte Angst vor diesem Lied" schluchze ich. „Ich weiß, aber die Angst müssen wir dir irgendwie nehmen" murmelt Thomas nachdenklich. „Wenn ich mal was einwerfen darf" schaltet sich Nowi in das Gespräch ein „Wir hätten ja praktischerweise sogar ein Lied dafür. Was ist, wenn wir das einfach davor spielen?" Wir werfen alle drei einen erstaunten Blick zu Nowi, bis bei Hannes endlich der Groschen fällt. „Ja, Mann! Keine Angst. Wie gut ist denn die Idee!" ruft er erfreut aus. „Das ist auf jeden Fall einen Versuch wert" stimmt auch Thomas dem Vorschlag zu.

Wir probieren ein wenig herum, doch so ganz zufrieden sind wir mit dem Ergebnis noch nicht. Wir beschließen, es einfach mal auf uns wirken zu lassen, vielleicht kommt da in den nächsten Tagen ja noch die zündende Idee raus. Am Abend weine ich mich wieder mal in Thomas Armen aus, weil ich nicht damit klar komme, dass ich das einfach nicht auf die Reihe bekomme. „Steff" beginnt Thomas zärtlich „Jeder Mensch hat seine Narben zu tragen, die er versucht zu verstecken und zusammen zu kleben, auch wenn das Herz einem sagt, dass das gar nicht geht. Und deine Narben von dieser Trennung damals sind eben noch immer nicht ganz zusammengewachsen. Da steckt noch sehr viel Schmerz dahinter" sagt er sanft. Plötzlich setzt er sich auf. Ich sehe ihn fragend an. „Ich hab da eine Idee: Wir könnten das Lied am Ende ein Stück erweitern mit einem Teil, wo du diesen ganzen Schmerz nach außen schreist. Ich kann dich mit der Gitarre dabei unterstützen. Wollen wir das morgen einmal ausprobieren?" fragt er mich ganz aufgeregt. Ich nicke und sehe ihn lächelnd an. Wie sehr ich es liebe, wenn er so in seinen Ideen aufgeht. Plötzlich beginnt es in seinen Augen zu funkeln und frech sieht er mich an. „Ich hätt ja noch eine andere Idee, wie ich dich zum Schreien bringen könnte..." flüstert er in mein Ohr und lässt mir dadurch eine Gänsehaut über den ganzen Körper laufen. So schnell kann ich gar nicht reagieren, hat er mich schon auf den Rücken gelegt und sich über mich gebeugt. Leidenschaftlich beginnt er mich zu küssen, bevor er mich meiner Klamotten entledigt. Ich hoffe nur, dass von den Nachbarn grade niemand zu Hause ist...

Mai 2016:
Am letzten Abend, bevor unsere Tour losgeht, sitze ich mit Thomas eng zusammengekuschelt auf unserer Couch. „Weißt du eigentlich, dass jedes Konzert dieser Tour eine Therapiesitzung für mich ist?" frage ich ihn schmunzelnd. „Was?" sagt er und sieht mich verwirrt an. „Na, erst schrei ich bei Keine Angst meine ganze Angst hinaus, um danach meinen Schmerz von der Trennung bei Das Leichteste der Welt zu verarbeiten. Mit Irgendwas bleibt sammle ich dann wieder Kraft, um mich bei Allzu menschlich in meiner ganzen Verletzlichkeit hinzustellen. Ich hoffe, dass ich das irgendwie durchstehe" erkläre ich ihm. „Nur gut, dass du beim ersten Lied jedes Mal den Mut sammelst, um das Konzert anzugehen" antwortet er mir grinsend. Wie recht er doch hat. Wir gehen bald schlafen, um für die anstehende Tour fit zu sein. Am nächsten Tag geht es los nach Hannover, wo wir das erste Konzert unserer „Leichtes Gepäck Tour" spielen. Wie immer vor unserem ersten Konzert sind wir alle extrem aufgeregt. Der Soundcheck klappt gut und ich ziehe mich dann noch ein wenig zurück, um meine Gedanken fürs Konzert zu sammeln. Irgendwann klopft es an der Garderobentür und Thomas steckt den Kopf herein. „Hast du mal kurz Zeit für mich?" fragt er mich mit seinem Dackelblick. „Für dich doch immer" antworte ich und küsse ihn kurz, als er sich neben mich setzt. Irgendwie wirkt er ein wenig verlegen. „Alles gut, Thomas?" frage ich ihn. „Ähm...ja" stottert er. Dann holt er etwas aus seiner Hosentasche hervor, hält es aber noch in seiner Hand versteckt. Mit der anderen Hand nimmt er eine Hand von mir und sieht mir tief in die Augen. „Stefanie, ich weiß, dass du immer noch etwas Angst vor einem ganz bestimmten Lied hast. Und deshalb möchte ich dir was schenken, was dir Kraft dafür geben soll. Keine Ahnung, ob du dich noch daran erinnern kannst, aber als wir beide uns unsere Liebe gestanden und uns das erste Mal geküsst haben, hast du danach etwas gesagt..." Ich weiß sofort, worauf er hinaus will. Gleichzeitig sagen wir „Dich zu lieben, fühlt sich an wie das Leichteste der Welt"

Wir lächeln uns zärtlich an. „Du weißt es also noch" flüstert Thomas. Dann holt er ein zartes Armband aus seiner Hand hervor und bindet es mir um mein Handgelenk. Mit Tränen in den Augen lese ich darauf eingraviert „Das Leichteste der Welt". Thomas dreht das Band leicht, sodass ich auch die Innenseite lesen kann: „Stefanie und Thomas". Ich bin sprachlos und sowas kommt bei mir echt selten vor. Während mir die Tränen über die Wangen laufen, küsse ich Thomas voller Liebe. Als wir uns voneinander lösen, spricht er weiter „Ich hab hautnah miterlebt, wie grauenvoll diese Trennung für dich war und es war definitiv eine schlimme Zeit in deinem Leben. Aber im Nachhinein betrachtet, musste diese Trennung sein, damit wir beide unsere Liebe finden konnten." „Thomas...ich...ich bin einfach nur sprachlos...Danke" flüstere ich. Der Auftakt unserer Tour ist unbeschreiblich. Die ersten Lieder laufen problemlos und gerade hab ich auf der Bühne versucht, meine ganze Angst, meinen ganzen Respekt vor dem nächsten Lied hinauszuschreien. Etwas erschöpft, setze ich mich an den Rand der Bühne, werfe einen schnellen Blick auf mein Armband und beginne zu reden: „Ich hab ziemlich lange überlegt, was man zu dem nächsten Lied sagen kann und bin zu dem Schluss gekommen, dass man Musik nicht erklären kann. Und dann denk ich doch so ein bisschen über das Leben nach und stelle fest: Am Ende des Tages haben wir alle immer eins gemeinsam, so unterschiedlich wie wir auch eigentlich hier stehn. Ich finde, im Leben treffen wir zum einen alle manchmal Menschen, die uns total wichtig sind. Und bei denen wir das Gefühl haben, wenn die irgendwann nicht mehr da sind, dann wird's schlimm und dann hält man das vielleicht gar nicht aus. Und dann gibt's vielleicht die anderen Momente, entweder heute oder morgen oder gestern, wo das genau dann doch passiert. In dem nächsten Lied geht's um Trennung und darum, dass du derjenige bist, der die ganze Zeit schwimmt und versucht, nicht zu ertrinken und der irgendwie versucht, am Ende des Tages irgendwann dann doch mal wieder zu lächeln, weil du der bist, der damit nicht so gut klar kommt, wie der andere – Das Leichteste der Welt"

Ich bin Thomas einfach nur unendlich dankbar, dass er mich damals dazu gebracht hat, dieses Lied mit aufs Album und auch mit auf Tour zu nehmen. Ein paar Monate nach Tourbeginn haben wir diesen Song sogar als Single herausgebracht. Nicht nur die Reaktionen der Fans auf das Lied an sich, sondern auch die Stimmung, wenn ich das Lied singe, ist unbeschreiblich berührend. Auch am Ende unserer Tour, die nun zwei Jahre lang ging, habe ich meine Gefühle beim Lied noch immer nicht ganz unter Kontrolle bekommen. Der Teil „Und vielleicht gibts irgendwo da draußen für mich ein neues Leben. Aber sich das vorzustellen, ist grad das Schwerste dieser Welt" treibt mir immer noch jedes Mal die Tränen in die Augen. Aber mittlerweile hab ich akzeptiert, dass diese Gefühle nur allzu menschlich sind. „Na meine kleine Träumerin?" reißt Thomas mich plötzlich aus meinen Gedanken. Er kommt zu mir auf den Balkon und legt seine Arme um mich. „Worüber grübelst du denn, Kleine?" fragt er. „Ich musste grade noch mal an die Tour zurückdenken und wie dankbar ich dir dafür bin, dass wir Das Leichteste der Welt mitgenommen haben" sage ich und sehe ihn liebevoll an. „Tja, nun gehört es wohl zu unserem Plan, Kindernamen zu suchen" macht er eine Anspielung auf den Text des Liedes und legt vorsichtig seine Hand auf meinen Bauch. „Ich freue mich so sehr auf unsere kleine Familie" flüstere ich und küsse ihn zärtlich. Dann lege ich meine Hand auf seine, die immer noch auf meinem Bauch ruht. Als ich meinen Blick auf unsre Hände richte, funkelt mich durch die Strahlen der Abendsonne mein Armband an, auf dem deutlich zu lesen ist: Das Leichteste der Welt
ENDE

Das Leichteste der WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt