Ein schwarzer Americano

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Ich nehme einen Schluck von meiner Wasserflasche und setze mich zu meinen Bandkollegen an den Tisch. Gerade sind wir mit dem Aufbau fertig geworden und haben nun ein paar Minuten zum Durchatmen während George mit dem Manager der Blue-Bar die letzten Formalia klärt. Anschließend müssen wir noch den Soundcheck machen und ein paar Lieder wiederholen, bevor dann endlich der richtige Abend losgeht.

Es ist gerade kurz nach zwei und ich bin froh über die kleine Pause. George hat uns seit heute Morgen kaum Ruhe gelassen. Erst die Konferenz über die Termine der kommenden Woche, dann sollten wir entscheiden, was wir alles an Merchandise anbieten wollen, nun das Set-Up. Dazu kommt allerdings, dass ich nur sehr wenig schlafen konnte, da ich mit dem Kopf immer noch bei Elijah und seinem Text war.

"Connor, du siehst aus, als hättest du die Nacht kein Auge zubekommen," bemerkt Sandro, der großgewachsene Gitarrist mit den zahlreichen Tattoos auf den Armen. "Vielleicht solltest du dich vor dem Gig nochmal hinlegen oder so."

Ich schüttle den Kopf, muss aber sofort gähnen. "Ich brauch einfach nur ein bisschen Bewegung und frische Luft," erwidere ich und versinke weiter in dem bequemen Stuhl. Ein Mittagsschlaf klingt irgendwie doch so verlockend.

"Pff, Bewegung," ertönt die rauchige Stimme unserer Schlagzeugerin hinter mir. "Gegen Müdigkeit hilft nichts besser als ein schwarzer Kaffee mit einem Schuss Rum," meint Gianna und reicht mir einen vollen Becher, den ich zwar dankend annehme, aber ohne davon zu trinken auf den Tisch vor mir abstelle. Alkohol vermeide ich vor Auftritten bewusst und das weiß Gianna eigentlich. Trotzdem probierte sie es seit vier Jahren immer und immer wieder.

Als sie sieht, dass ich ihr Gemisch nicht anrühre, rümpft sie die Nase. "Ihr wisst gar nicht zu schätzen, was ich alles für euch mache," mault sie und verschränkt die Arme vor der Brust.

Sandro greift still nach dem präparierten Kaffee und nimmt einen großen Schluck davon. Dann verzieht er das Gesicht und stellt den Becher wieder ab.

"Schmeckt super," versucht er das Gemüt unserer Schlagzeugerin zu beruhigen, doch die Schnelligkeit, mit der er nach seiner Wasserflasche greift, straft seine Worte Lügen.

Sie zuckt nur mit den Schultern und trinkt das Gemisch in einem Zug leer.

Ich hole derweil mein Handy aus der Hose und checke, ob ich eine neue Nachricht von ihm bekommen habe. Doch nur James hat auf meinen Text, dass wir hier um acht Uhr anfangen, mit einem Daumen nach oben geantwortet. Trotzdem gehe ich auf den Chat mit Elijah und lese unseren kurzen Austausch nochmal durch.

Hey :) Mit hat der Abend auch gefallen. Ich fände es natürlich am besten, wenn ich dich morgen schon wieder sehen kann, aber Montag Abend klingt auch gut - Wie wär's um halb neun im Heart n' Soul?

Sicher, warum nicht. Bis dann, Connor :)

Bis dann :)

Darauf kam nichts mehr. Gestern Abend habe ich noch zwölf mal mein Handy gecheckt, aber seitdem herrscht Funkstille.

Seufzend stecke ich mein Handy wieder in meine Hosentasche und will gerade nach dem Programmzettel greifen, da kommt Zack, der Bassist, vom Rauchen zurück.

"Hey Connor, da draußen fragt jemand nach dir," meint er und deutet auf den Ausgang.

Überrascht erhebe ich mich und gehe in die Richtung.

"Mach aber nicht zu lang, wir müssen in zehn Minuten den Soundcheck machen," ermahnt mich Sandro bevor ich nach draußen gehe.

Soul SongWhere stories live. Discover now