Kapitel 3

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Nun stand ich mit meinem Koffer und der Schultasche, die wir, nachdem wir im Sekretariat waren, aus dem Auto geholt haben, vor dem Zimmer mit der Nummer 104. Dieses Zimmer wird für dieses Jahr mein neues Zuhause sein. Mein Bruder hatte wie immer die letzten zwei Zimmer auf der gleichen Etage meines Zimmers. Zwischen seinem und meinem Zimmer lagen ungefähr 3 weitere.
Ich steckte den Schlüssel in das Schlüsselloch und öffnete die Tür. Mich erwartete ein großes zweibett Zimmer, dass in einem hellen weiß getaucht war. Wenn man in das Zimmer hinein ging, standen direkt links und rechts an der Wand jeweils ein Bett und dazwischen befand sich ein riesiges Fenster, durch das sehr viel Sonnenlicht fiel. Wenn man aus dem Fenster sah, konnte man direkt auf eine riesige Wiese hinter dem Internat gucken, hinter der sich ein kleiner See bafand. Im Sommer gingen wir manchmal zum Schwimmen dorthin. Direkt links neben der Einganstür befand sich ein kleines Badezimmer mit einer Dusche, einer Toilette und einem Waschbecken. Ich bin sehr froh darüber, dass jedes Zimmer einzelne Badezimmer hat und es keine Sammelduschen gab. Das hätte noch gefehlt. Ein Jahr lang mit irgendwelchen fremden zu duschen.
Ich schüttelte meine Gedanken aus meinem Kopf und sprang auf das linke Bett. Das war der Vorteil, wenn man als Erste in dem Zimmer war. Man konnte sich das Bett aussuchen.
Meinen Koffer legte ich auf das Bett und packte ihn direkt aus. Meine Klamotten kamen in den Kleiderschrank, der auf jeder Seite des Zimmers an der Wand vor den Betten stand. Anschließend kramte ich die ganzen Bücher, die ich mitgenommen habe, aus meinem Koffer und stellte sie auf das Regal, das über meinem Bett hing. Irgendwie musste ich mich ja beschäftigen. Nachdem ich meinen gesamten Koffer ausgepackt habe, legte ich mich in mein Bett und schloss meine Augen für einen kurzen Moment.
Als ich sie nach einer kurzen Zeit wieder öffnete und auf meine Handy Uhr sah, bemerkte ich, dass es schon 10 Uhr war. Ich muss wohl eingeschlafen sein.
Also langsam sollte Cassie auch mal zur Schule kommen.
Ich richtete mich langsam auf und ging zur Tür. Danach trat ich auf den Flur und wollte die Zimmertür zuschließen. Ich wollte mich auf dem Gelände umsehen und gucken, ob schon jemand da ist, den ich kannte.
Plötzlich hörte ich einen aufgeregten und hysterischen Schrei hinter mir, der nicht mehr aufzuhören schien. Zwischendurch ertönte mein Name zwischen weiteren quiekenden und aufgeregten Schreien. Ich kniff meine Augen zusammen und hämmerte mit meinem Kopf gegen die Tür, denn ich wusste genau, wer dort den Flur mit ihren Koffern und Taschen herunter rannte.
Meine BESTE Freundin Cassie.
Ich drehte mich lachend zu ihr und sie rannte wiklich wild mit ihren Armen umher fuchtelnd mit all ihren Sachen den Flur entlang. Sie bekam ein paar schräge Blicke zugeworfen, aber das war ihr sowas von egal. Sie war echt ein bisschen verrückt. Als sie vor mir stehen blieb, sagte sie völlig außer Atem von ihrem morgendlichen Sprint durch das Internat:"Was gibt's? Was wolltest du mir sagen?!"
Ich zog meine Augenbrauen verwirrt zusammen, da ich ihr nicht folgen konnte. Wovon sprach sie da?
Ich öffnete meinen Mund, um zu sprechen anzufangen, aber da wurde ich schon von Cassie unterbrochen.
„Nein, warte! Ich bringe schnell meine Sachen in unser Zimmer und dann können wir woanders hingehen und du erzählst mir genau, was gestern passiert ist!", sagte sie mit einer entschlossenen Miene.
Ich konnte gar nicht mal so schnell reagieren, da hatte sie schon die Tür aufgeschlossen und schmiss, Wort wörtlich, ihr Gepäck in unser Zimmer. Dann drehte sie sich um und sagte, während sie sich ihre Hände rieb:"So das hätten wir! Dann lass uns mal los gehen!"
Anschließend warf sie ihre glatten hell braunen Haare, die mit blonden Strähnchen durchzogen waren, über ihre Schulter.
Auf ihre Aktion hin musste ich laut los lachen und konnte mich kaum noch halten, sodass ich mich an der Wand abstützen musste.
„Also dafür, dass du das Rampenlicht so oft meidest, sorgt ihr beide hier wirklich für großes Entertainment!", kam eine mir sehr bekannte Stimme von hinten.
Ich drehte mich um und es war, als würde ich in einen Spiegel schauen. Mein Zwilling stand direkt vor mir.
„Wir haben uns die ganzen Ferien über nicht gesehen. Also ist das doch wohl berechtigt.", gab ich zurück und legte dabei einen Arm um Cassies Schultern. Doch jetzt fielen mir erst die ganzen Blicke, die auf mir ruhten, auf und ich machte mich direkt wieder etwas kleiner, um besser verschwinden zu können.
„Ja ... genau.", stammelte Ace vor sich hin, während sein Blick über den Flur schweifte ,"Ihr wisst nicht zufällig, wo die Jungs sind?"
Danach sah er uns erwartungsvoll an.
Als ob ich weiß wo die sind. Ich bin doch nicht deren Babysitter.
„Sehen wir so aus, als ob wir das wüssten?", fragte ich sarkastisch.
„War ja nur ne Frage.", gab er zurück und hob seine Hände abwehrend vor sich. Dann schob er sich an uns vorbei.
Auf dieses Aufeinandertreffen hin musste ich meinen Kopf schütteln und sah meine beste Freundin entschuldigend an.
„Sorry, wo waren wir stehen geblieben?", entschuldigte ich mich bei ihr. Sie lächelte und machte eine wegwerfende Handbewegung:"Es ist immer wieder lustig euch beim Streiten zuzuhören!"
Cassie legte einen Arm um meine Schultern und zog mich näher an sie heran, während sie anfing zu reden:"Du wolltest mir gerade von dem Erzählen, was du anscheinend gestern nicht als wichtig empfunden hast zu erzählen. Das ist echt gemein, weißt du das wohl? Du machst mich erst ganz heiß darauf, zu erfahren was ist und dann gehst du ins Bett. Ich lag bestimmt noch eine Stunde vor meinem Handy und habe darauf gewartet, dass du noch was schreibst!"
Während sie sprach zog sie einen Schmollmund und wurde am Ende etwas lauter. Aber sie brachte mich somit zum Lachen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so lange noch auf eine Antwort gewartet hat. Wir gingen den Flur weiter entlang auf das Treppenhaus zu. Unsere Zimmer waren im ersten Stock. Jeder Jahrgang bekam eine Etage und jede Stufe bekam ein Gebäude. In unserem Gebäude waren nur Jahrgang 11, 12 und 13.
„Schon gut. Mein Handy war leer und außerdem erzähle ich es dir ja jetzt.", fing ich an ihr zu erklären ,"Also ich bin gestern von meiner letzten Klavierstunde nach Hause gegangen, weil ich ja mal wieder den Bus verpasst habe, und dann bin ich so an diesem China Restaurant vorbei gegangen. Das mit diesen neon farbigen Schildern. Und-"
Mir blieben die Worte im Hals stecken. Was ich dort sah, versetzte mich in eine Art Schockstarre. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und achtete nur auf das, was vor mir geschah. Ich starrte in diese Richtung und blendete Cassie einfach aus.
„Und was? Was war da? Gab es da Sonderangebote oder-", hakte sie neugierig nach, doch ich unterbrach sie, indem ich leise fluchte.
„Scheiße! Scheiße, da ist er!", sagte ich eher zu mir selber als zu ihr, aber anscheinend hat sie es wohl trotzdem gehört. Ich duckte mich schnell und machte mich so klein wie nur möglich. Dabei richtete ich meinen Blick zum Boden und sah ab und zu mal panisch auf, um zu sehen, wo er war.
Ich packte Cassie an ihrem Handgelenk und versuchte sie hinter eine Ecke zu ziehen, sodass er mich nicht mehr sehen könnte, aber meine Freundin hatte da wohl andere Pläne.
Sie drehte sich unwissend um und ließ ihren Blick über den Flur gleiten, als wolle sie jemanden suchen.
Dabei sagte sie laut:"Wo? Und wer überhaupt?"
„Pscht! Nicht so laut!", fauchte ich sie im Flüsterton an und versuchte erneut sie hinter die Ecke zu ziehen. Dabei streckte ich kurz meinen Kopf in die Luft und versuchte über die ganzen Köpfe der anderen Schüler hinweg zu sehen.
Unsere Blicke trafen sich und ich wandte mich schnell von seinen stechend grünen Augen ab.
In mir stieg leichte Panik auf. Was, wenn er mich gesehen hat? Oder schlimmer.Was, wenn er mich erkannt hat? Was machte er überhaupt hier? Ich habe ihn noch nie auf dieser Schule gesehen.
Ich sah noch einmal hoch, doch konnte ich ihn nirgends erkennen. Er schien irgendwo abgebogen zu sein.
Cassie riss sich aus meiner Hand los und sah mich verwirrt an. Dann begann sie zu sprechen:"Kannst du mir mal sagen, was hier los ist? Wer ist dieser „Er" von dem du da gerade gesprochen hast und warum verstecken wir uns jetzt hier?"

„Das wüsste ich auch gerne!", erklang eine tiefe, männliche Stimme hinter mir. Ich fuhr herum und blieb abrupt stehen.

Das kann doch jetzt nicht wahr sein!

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