Darkest Memories

~ Prolog ~

- Teil 1 -

~Liam~

Ein großes Gebäude, welches verlassen und zum Teil zerstört ist. Dazu noch Dreck, Bauschutt und staubige Luft, durch die man kaum einatmen möchte.
Alles was hier stand ist fort.
All das Leben was hier nur so strotzte, ist verstummt unter all dem Dreck. Dieser frühere wunderschöne Ort, samt den Menschen ist einfach verschwunden. Förmlich ausgelöscht, als hätte er nie existiert. Aber die Erinnerungen daran existieren noch, nämlich in mir.
Auch wenn dies das Einzige ist, was mich noch an mein damaliges Leben erinnert, scheint es mir trotzdem gut so. Vielleicht ist das jetzt der Moment in dem ich die Ärmel hochkrempeln sollte, all meinen Mut zusammennehme und verschwinde. Ich habe keine Ahnung wohin, aber ich glaube, ich muss es tun.
Was bleibt mir auch anderes übrig?
Eigentlich bin ich auch ziemlich dumm, zu glauben, dass ich nach zwei Jahren zurückkehre und alles so ist, wie es früher war. Das Leben macht einem jedes Mal aufs Neue einen fetten Strich durch die Rechnung.

Wenn ich recht überlege, weiß ich wohin, zumindest fürs Erste. Auch wenn die Idee völlig daneben und dämlich ist.
Also ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und wähle eine Nummer, die ich bestimmt schon seit Jahren nicht mehr gewählt habe.
Nachdem niemand am anderen Ende der Leitung abnimmt, bin ich irgendwie erleichtert. Dennoch genervt und gelangweilt gehe ich die kaputten Stufen hinauf und betrete das Gebäude oder zumindest das, was noch davon übrig ist. Früher nannte ich das hier mein Zuhause, doch jetzt ist es nichts weiter als ein Dorn in meinem Auge. Sobald ich die Tür öffne, schießen sämtliche schöne aber auch grauenvolle Erinnerungen durch meinen Kopf und wirbeln herum, als tobe dort ein Hurrikan der höchsten Stufe.
Sofort schiebe ich alle Gedanken beiseite und laufe weiter.

Menschen machen Fehler und davon nicht gerade wenig, das Entscheidende ist aber, welche Beweggründe sie zu diesen grauenhaften Fehlern veranlassen und welche dreckigen Lügen und Geheimnisse sich darin verstecken.
Es ist spannend, nach der Wahrheit zu graben und dabei eine Lüge nach der anderen aufzudecken. Aber bekanntlich sind Lügen auch nur eine schlechte Version der Wirklichkeit.
Wenn ich in den Spiegel blicke, dann erkenne ich die Person, die mir dort entgegenblickt nicht wieder. Es scheint so, als wäre diese voll von Fehlern, von der sündhaften Vergangenheit ganz abgesehen. Schlimm wird es erst dann, wenn du deine eigenen Lügen so sehr verinnerlicht hast, dass du sie nicht nur glaubst, sondern sie sogar lebst.

Hasserfüllt balle ich meine rechte Hand zur Faust und schlage mit voller Wucht gegen den Spiegel, um dessen, nein meinen Anblick nicht länger ertragen zu müssen. Klitzekleine Glassplitter stecken nun in meiner Faust und hinterlassen ein unschönes Bild auf meiner sonnengebrannten Haut. Das dunkelrote Blut tropft bereits auf die hellen Fliesen, doch mir reicht dieser stechende Schmerz noch nicht. Deshalb schlage ich erneut kräftig gegen den Spiegel. Es folgt ein weiteres Mal und ein Mal darauf. Erst jetzt, wo der Spiegel komplett zerstört, mein Blut überall verteilt ist und der Schmerz durch die vielen einzelnen Glasscherben, welche in meiner Haut stecken langsam unerträglich wird, höre ich auf.
Atmen, denke ich mir ... atmen.
Zu guter Letzt nehme ich den Spiegel, oder das, was davon noch übrig ist, in beide Hände und werfe diesen mit aller Kraft gegen die Wand. Das Geräusch von klirrendem Glas ist wie Musik in meinen Ohren. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte in Richtung des Chaos, welches ich angerichtet habe. Die Glasscherben knarschen unter der Last meines Körpergewichtes und bei genauerer Betrachtung, erscheint das kaputte Glas, so wie es durch die hineinscheinenden Sonnenstrahlen angefunkelt wird, fast magisch. Schon komisch, dass sich mir selbst in so einem absurden Moment etwas scheinbar wunderschönes offenbart.

Ich bin Liam Parker und ich laufe vor meiner schlimmen und düsteren Vergangenheit voller Trauer, Verlust und einer bereits abgesessenen drei jährigen Haftstrafe davon.