1. Kapitel

163 6 0
                                    

31. August 1997

Ich blicke in den Spiegel und sehe kurze blonde Haare, hellbraune Augen und leicht gebräunte Haut mit Sommersprossen. Es wird definitiv Zeit für Veränderung, denn mein siebtes und letztes Schuljahr steht an. Ich bin ein Metamorphmagus und eigentlich verändere ich meinen Look nicht besonders oft, aber hin und wieder mag ich doch etwas Neues. Und jetzt, da ein neuer Lebenssabschnitt ansteht, habe ich besonders Lust darauf. Super praktisch, dass ich keine komplizierten Verwandlungs-Zaubersprüche oder Zaubertränke dafür brauche. Ich schließe also meine Augen, und stelle mir alles vor, das verändert werden soll. Als ich die Augen wieder öffne, habe ich schulterlange dunkelbraune Locken, blasse Haut, und tiefblaue Augen. Ich grinse mich im Spiegel an. Perfekt. Ich schicke meinen Freunden eine kurze magische Notiz, damit sie mich am Bahnhof auch erkennen, sowie Professor McGonagall. Ich habe als Metamorphmagus die Pflicht, starke Veränderungen an meine Hauslehrerin mitzuteilen, damit sie Bescheid weiß und die anderen Lehrer informieren kann. Dann fange ich an, meinen Koffer zu packen.  Morgen geht es zurück nach Hogwarts, und ich habe absolut keine Lust auf Stress am Morgen, ich schlafe lieber aus. 

Praktischerweise hat meine Mutter Elaine den Koffer magisch vergrößert, sodass er von außen normal ist und innen drin aus verschiedenen Fächern für verschiedene Dinge besteht. Als erstes befülle ich den Koffer mit den Schulsachen. Bücher, Schreibutensilien, Zaubertrank- und Astronomieutensilien und Freizeitgegenstände werden jeweils in ein eigenes Fach im linken Bereich des Koffers eingepackt. In den mittleren Teil kommen Kleidung und Schuhe und in den rechten Teil mein Kosmetiksortiment. Klar könnte ich mich gleich so verwandeln, dass ich geschminkt bin, aber letztendlich macht es mehr Spaß, das manuell zu erledigen. 

Nach einer halben Stunde bin ich fertig mit packen und kann den Rest des Abends genießen. Es ist ein warmer Spätsommerabend, also schnappe ich mir ein Buch und lege mich in die Hängematte in unserem Garten. 

"Na, schon fertig gepackt?", fragt Mum, die mit zwei Gläsern, die, wie es scheint, mein Lieblingsgetränk Himbeerlimonade enthalten, aus dem Haus kommt. 

"Ja, und jetzt heißt es, den letzten Sommerferienabend meines Lebens zu genießen", antworte ich, setze mich in der Hängematte auf und drehe mich zu meiner Mutter um. Diese zuckt erschrocken zusammen und lässt die Gläser fallen, woraufhin ich mich erschrecke und wir anschließend in Gelächter ausbrechen.

"Entschuldige, Schatz, ich habe nicht damit gerechnet, dass du heute Abend deinen Look veränderst, das letzte Mal ist ja schon eine Weile her", kichert Mum und zückt ihren Zauberstab. "Reparo! Aber du siehst toll aus, blaue Augen und dunkle Haare haben was, finde ich."

"Danke, Mum. Mir tut's leid, ich hätte dich vorwarnen sollen. Die schöne Limonade!" Und ich kann ihr leider immer noch nicht helfen, da ich erst nächsten Samstag, am 06. September, volljährig werde und erst dann außerhalb der Schule zaubern darf.

"Wie gut, dass ich einen ganzen Krug gemacht habe." Mum zwinkert mir zu und zaubert den Krug herbei, sodass wir unsere reparierten Gläser befüllen und uns dann an den kleinen weißen Gartentisch setzen.

Wir stoßen mit der Limonade an und trinken dann langsam vor uns hin und lauschen dem Zirpen der Grillen, ohne etwas zu sagen.

"Und, freust du dich auf dein neues Jahr? Oder bist du eher aufgeregt?", fragt Mum schließlich.

"Irgendwie beides", erwiderte ich nachdenklich. "Aber ich habe auch irgendwie ein ganz seltsames Gefühl. Irgendwas liegt in der Luft und ich kann nicht sagen, was es ist."

Mum stellt ihr Glas ab und beugt sich zu mir, um mich zu umarmen. "Es kommt, was kommen soll. Egal, was es ist, du wirst es meistern. Du bist eine starke, junge Frau, und ich bin stolz auf dich."

Wir lächeln uns an. Ach, meine Mum ist toll. Ich hab sie wirklich lieb. In diesem Moment werde ich wehmütig. Wenn doch bloß noch Dad da wäre, um gemeinsam mit uns Limonade zu trinken und um mir Ratschläge zu geben... er wurde vor vier Jahren bei einer Expedition in Griechenland von einer Chimäre angegriffen und hat diesen Angriff nicht überlebt. Ich vermisse ihn wahnsinnig, habe nur gelernt, mit dem Schmerz zu leben, aber verschwunden ist er nie.

Mum nimmt mich erneut in ihre Arme, sie merkt, was ich gerade empfinde. "Dad wäre genauso stolz wie ich, Aurora", flüstert sie mir zu. "Und in deinem Herzen ist er immer bei dir, vergiss das nie."

__________________

Anmerkung 12.02.2023:

Ich habe eine kleine Korrektur vorgenommen, Aurora hat im September Geburtstag, nicht im Oktober.

No escape from the snakesWhere stories live. Discover now