Kapitel 1

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Auch heute ist dass Wetter stürmisch und der Regen peitscht mir auf dem Weg zur Schule ins Gesicht. Schützend die Hand vor Augen haltend, versuche ich gegen den tobenden Sturm anzukommen, ohne das meine Füsse den Halt auf dem Boden verlieren. Nicht das erste Mal in den letzten 5 Minuten haut es mich beinahe von den Füssen. Schon seit Wochen will sich das Wetter einfach nicht ändern und die Wettervorhersagen lassen keine Hoffnung auf bessere Tage zu. Starr auf den Boden blickend stampfe ich weiter mit meinem dicken Wintermantel und den trotz des Wetters eher unangemessenen dünnen Sneakers und hoffe einigermassen trocken das dunkelgraue Gebäude zu erreichen. Meine Hoffnung wird mit einem heftigen Stoss von der Seite zunichte gemacht, welcher mich geradewegs in die nächste Pfütze befördert. Angepisst stehe ich auf und öffne den Mund um der verantwortlichen Person eine deftige Standpauke ins Gesicht zu pfeffern, als mich die, komplett in schwarz gehüllte, Person mit einer dicken Umarmung erneut beinahe in die Pfütze geschubst hätte. Schnell stoppe ich die drohende Katastrophe mit einem geschickten Schritt nach hinten und stelle meine, wie sich herausstellte, dick eingemummte Beste Freundin L wieder auf den Boden zurück. Entschuldigend schaut sie mich aus grossen Augen an, in der Hoffnung nicht auch gleich in der nächsten Pütze zu landen. Stattdessen ziehe ich sie in eine kalte und nasse Umarmung und begrüsse sie mit einem schadenfreudigen: "Ach, Lia meine Süsse, schön dich endlich wieder zu sehen." Dazu kommt ein hohes, schrilles Kreischen und zwei dicke Schmatzer auf die Wangen. Angeekelt dreht L sich weg und stampft weiter den Weg entlang Richtung Schule. Schnell hole ich zu ihr auf und versuche sie wieder zu beruhigen ohne sie, aufgrund des eingeschnappten Gesicht und den aufgeplusterten Wangen, auszulachen. Mit vor Wut funkelnden Augen dreht sie sich um und macht sich bereit um mir lang und breit zu erklären was ich heute morgen alles falsch gemacht habe.

"Man Kil, du sollst mich doch nicht so nennen. Dieser Name ist alt, eingebildet, unausstehlich und absolut nicht auf meinem Niveau. Das ist ein Name für arrogante Zicken, dessen Lebensziel das vernichten normaler Menschen und erobern aller High Schools ist. Meine unglaublich strahlende und wundervolle Persönlichkeit soll nicht mit solch einem Namen beschmutzt werden. Nenn mich bitte L, stehend für meine liebevolle..."

"...lästige, langweilige, langsame und lervtötende Art. Jaja schon klar", führe ich ihren Satz grinsend zu Ende. Verwirrt schauen mich ihre dunkelbraunen Augen an. "Was bitte soll lervtötend sein?!" Provozierend schaue ich zu ihr hinunter, da sie sicher einen Kopf kleiner als ich ist und meine mit stolz geschwellter Brust: "Nervtötend mit L." Mit einem fetten Grinsen im Gesicht renne ich die letzten Stufen nach oben zur Eingangstür meiner persönliche Hölle und entkomme so ganz knapp der stetig näherkommenden Faust von L, welche mich keine zwei Sekunden später getroffen hätte. Schnell drehe ich mich noch ein letztes Mal zu ihr um, nur damit ich mit rausgestreckter Zunge in der nächsten Tür verschwinden konnte. Keuchend richte ich mich auf, um Sekunden später 24 Augenpaaren gegenüber zu stehen, welche mich teilweise belustigt, teilweise verwirrt und besonders ein paar ziemlich wütend mustern. Genau zu diesem paar Augen fängt jetzt der passende Mund an, genau so wütend zu sprechen. "Mister Colins, was verschafft mir die Ehre einen solch interessanten Auftritt, 10 Minuten nach Unterrichtsbeginn, mitten in meiner, um einiges wichtigeren, Erklärung der Deutschen Sprache mitzuerleben?!", spricht Frau Koller mit einem, meiner Meinung nach, etwas zu aggressiven Funkeln in den Augen und einer eher ungesund angespannten Haltung. Stotternd und mit hochrotem Kopf suche ich eine einigermassen plausible Ausrede damit ich den Tag ohne Konsequenzen hinter mich bringen kann. "Ich war auf dem Klo, Durchfall, schon wieder, Jetzt, Tschüss", rief ich eben genannter Lehrperson zu und verschwand ohne ein weiteres Wort, mit hochrotem Gesicht und mit einem lauten Zuknallen der Tür auf die Toilette.

Dort stehe ich jetzt also vor dem Spiegel, versuche mit kaltem Wasser mein Gesicht ein wenig zu kühlen, damit dieses wieder eine einigermassen normale Farbe annimmt, richte meine, etwas zu langen, hellbraunen Haare und putze meine Brille, damit meine grünen Augen wieder einigermassen erkennbar sind. Seufzend schaue ich in den Spiegel um erneut festzustellen, dass meine 171 cm eher etwas klein sind. Das beige Shirt, welches mir heute morgen beim öffnen des Schrankes entgegengeflogen kam, betont die wenigen Muskeln die ich habe und die dunkelblauen Jeans zeigt einen schönen Kontrast auf zu dem hellen Shirt. Meine ausgelaufenen Sneakers irgendeiner unbedeutenden Marke weissen daraufhin, dass meine Füsse in den letzten Jahren nicht mehr gewachsen sind und ich nicht mehr Schuhe als nötig besitze. Kritisch blicke ich ein letztes Mal in den Spiegel, nur um mich dann entschieden davon wegzudrehen, meine Schultasche auf die Schulter zu packen und mit langsamen Schritten und einem nervösen Pfeifen wieder Richtung Schulzimmer zu laufen. Dort angekommen öffne ich vorsichtig die Tür und versuche so wenig Aufmerksamkeit erregend wie möglich auf meinen Platz zu kommen. Von Frau Koller gibt es glücklicherweise nur einen kleinen, jedoch nicht wirklich angenehmen, Seitenblick. Umso mehr amüsiert wirkt dafür mein Sitznachbar und bester Freund Luis. Mit einem schadenfreudigen Grinsen begrüsst genau dieser mich nun mit einem Kackhaufen aufgemalt auf mein Arbeitsblatt. Mit einem letzten sarkastischen Lachen drehe ich mich nach vorne um den Eindruck zu erwecken einigermassen dabei zu sein und zuzuhören und so zumindest die restlichen Lektionen ohne Probleme durchzustehen.

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