6. lucy

2 0 0
                                    

Die nächsten Tage waren ziemlich langweilig. Ich unternahm kaum etwas und hatte auch nicht wirklich was zutun. Ein paar Mal hatte ich mit Ayden telefoniert. Er hatte mir ein bisschen von seinen Ferien erzählt. Seine waren deutlich länger als die in Deutschland. Sie dauerten fast 3 Monate. 

Lou und Harry waren mittlerweile endlich zusammen. Die beiden hatten echt lange gebraucht. Ich nahm mir vor, Lou heute Abend anzurufen. 

Ayden hatte auch eine kleine Freundesgruppe. Als ich in Amerika war, war ich auch Teil dieser Gruppe. Ich verstand mit gut mit ihnen. Lou hatte mich damals vorgestellt. 

Ein Mädchen aus dieser Gruppe hieß Freya. Sie war eher schüchtern, aber eine meiner ersten Freunde. Lou war ihre beste Freundin. Am Anfang haben wir öfters etwas zu dritt unternommen, bevor wir uns fast jeden Tag mit den Anderen getroffen hatten. 

Harrys Cousine, Daisy, war auch oft dabei. Sie wohnte direkt neben ihm und ging auch auf unsere Schule. Ich mochte sie, aber manchmal war sie ein bisschen zickig. Ich glaube, sie stand ein bisschen auf Ayden. Ich hoffe, sie lässt ihn in Ruhe, jetzt wo ich nicht mehr da bin. 

Ansonsten waren in unserer Gruppe noch Yumi, Styles und Max. 

Yumi war eine sehr gute Freundin. Sie war hilfsbereit und unglaublich lustig. In der Schule waren wir oft zusammen, da sie oft die gleichen Kurse hatte wie ich. Obwohl sie immer Positivität ausstrahlte, lief es bei ihr zu Hause nicht so gut. Ihre Familie kam aus Indien und hatte einige strenge Regeln. Ihr Vater starb vor ein paar Jahren im Krieg und ihrem Bruder ging es seit Monaten schlecht. Er hat Krebs. Sie tat mir immer sehr leid, auch wenn sie immer so tat als sei alles okay. 

Styles war einer der Beliebten. Er spielte Football und hatte fast jede Woche eine neue Freundin. Er war wegen dem vielen Training nur selten dabei, was mich aber nicht gestört hatte. Ich mochte ihn nicht so sehr. Er war immer sehr direkt und ehrlich. Ein bisschen wie Logan. Die zwei wären bestimmt gute Freunde geworden. 

Und Max fiel gar nicht so auf. Er war eher unscheinbar aber trotzdem ziemlich cool. Ich hatte öfters mit ihm zusammen Lunch gegessen. 


An diesem Tag saß ich mal wieder alleine zu Hause und langweilte mich. Enzo war bei einem Freund und meine Eltern mal wieder auf der Arbeit. Sie würden erst spät am Abend daheim sein.

Es war schon Nachmittag. Wir wollten später alle zu Lucy fahren und uns verabschieden. Mary hatte mit ihrer Mutter gesprochen. Sie wohnte hier in der Nähe, weshalb ich zu Fuß gehen wollte.

Also marschierte ich etwa eine Stunde später den Bürgersteig entlang. 

Lucy und ich waren schon lange befreundet. Ich war schon irgendwie traurig, sie jetzt ewig nicht mehr zu sehen. Oder vielleicht sogar nie wieder. So wie ich ihre Mutter kannte, war das Internat am andern Ende der Welt. Ich glaube, wir werden sie sehr vermissen. In Amerika war es mir irgendwie egal, dass meine Freunde und meine Familie tausende Kilometer entfernt von mir waren. Ich wusste ja, dass ich sie irgendwann wiedersehen würde. Aber jetzt wahrscheinlich für immer goodbye zu sagen, war irgendwie etwas ganz anderes. 

Ich hatte seit der Party nicht mehr mit Lucy gesprochen. Irgendwie fühlte es sich komisch an. Ich hatte das Gefühl, es erwartete sie ein Höllentor. Wenn man den Filmen glauben kann, sind Internate grauenhaft. 

Lucy tat mir leid. Sie hatte nie etwas schlimmes getan und ich wusste, dass sie eigentlich nicht raucht. Sie wirkte immer taff und verteidigte ihre Freunde, wo sie nur konnte. Aber niemand verteidigte sie. Wir hätten ihr helfen können. Wir hätten es vielleicht verhindern können. Aber wir haben es nicht getan. Und jetzt müssen wir sie gehen lassen. Und sie muss uns gehen lassen. Sie wird eine ganz neue Umgebung kennenlernen, während wir immer noch in den selben vier Wänden lebten, wie schon lange bevor. Sie wird neue Leute kennenlernen und neue Freunde finden, während wir mit den selben Leuten abhingen, mit denen wir es schon seit mehreren Jahren taten. Und sie wird sich verändern, während wir immer noch genau die selben sind.  

"Ivory!", rief Mini, als sie mich entdeckte.

Nic, Logan, Louie, AJ, Mini, Amy, Devin und Mary versammelten sich um Lucy. Amy und Mary hatten scharlachrote Augen und auch Lucy weinte. 

"Hey Leute, hey Lucy", sagte ich und umarmte Lucy. 

"Ich werde dich vermissen, Ivy.."

"Wir werden dich auch vermissen", antwortete AJ für mich.

"Es ist schrecklich. Wir werden uns wahrscheinlich nie wieder sehen... Ich meine, ihr könnt ja nicht eben mal nach London und mich besuchen. Wie soll ich es in diesem Gefängnis nur überleben?", sagte Lucy 

LONDON? Das Internat war in London? Das ist ja wirklich am andern Ende der Welt!

Ich starrte sie geschockt an.

"Du weißt es noch gar nicht?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Mein Dad holt mich gleich ab und dann bleibe ich den Rest der Ferien bei ihm. Das Internat ist in London. Meine Mom meint, sie hätten dort mehr Disziplin."

Ich konnte es kaum glauben. In London? Wir werden Lucy also wirklich nie wieder sehen. 

"Du schaffst das schon. Melde dich mal zwischendurch.", sagte Logan. 

"Lustig. Wie denn ohne Handy?", antwortete Lucy ironisch. 

"Wir bekommen es schon irgendwie hin. Und wenn du irgendwann zurück kommst, werden wir auf dich warten.", schaltete sich Amy ein. 

"Vielleicht kannst du ja in den Herbstferien raus.", schlug Nic vor, der Amy in seinem Arm hielt.

"Oder generell in den Ferien.", sagte Logan.

"Vielleicht..", antwortete Lucy in einem hoffnungslosen Ton.

"So schlimm wird es bestimmt nicht, du findest bestimmt neue Freunde.", schaltete sich auch AJ ein. Er sah mit einem aufmunterndem Blick in die Runde.

"Und vielleicht wird es sogar ganz cool, man kann's nie wissen.", sagte auch Louie und klopfte Lucy auf die Schulter.

"Wir haben noch etwas für dich." Mary stand plötzlich mit einer Box  in der Hand vor uns und überreichte sie ihrer besten Freundin. 

Es war ein Fotoalbum. 

"Danke Leute, echt.", schluchzte sie und umarmte jeden einzelnen.  

Ein Auto kam in den Hof gefahren. Wahrscheinlich ihr Vater. Ihre Mutter kam aus dem Haus gelaufen und begrüßte uns nicht einmal. Eher ignorierte sie unsere Anwesenheit. Sie redete mit Lucys Vater. Bestimmt erklärte sie ihm sämtliche Regeln und sagte ihm, was Lucy für eine schlimme Tochter war.

"Es sieht so aus als müsstest du-", murmelte Devin.

"Keine Angst, du wirst es schaffen.", sagte Mini mitfühlend.

"Ich liebe dich, beste Freundin. Wir werden uns bald wiedersehen.", flüsterte Mary und umarmte Lucy noch einmal. 

"Und wenn du dich nicht melden kannst, schreiben wir dir halt Briefe!", rief Nic hinterher, als sie sich zum Auto bewegte. 

"Bye Leute", sagte sie noch, bevor sie ins Auto einstieg. Ihrer Mutter würdigte sie keines Blickes. Verständlich. 

Wir schauten dem immer kleiner werdenden Wagen hinterher, bis man ihn schon nicht mehr erkennen konnte. 

"Was macht ihr noch hier?", fauchte Lucys Mutter.

Niemand sagte etwas. Stattdessen verabschiedeten wir uns von einander. 

"Soll ich dich kurz hochfahren?", fragte mich Nic, immer noch Amy im Arm haltend.

"Nein, kein Problem. Ich laufe gerne.", antwortete ich.

"Na gut. Vielleicht sehen wir uns die nächsten Tage.", sagte Amane und winkte mir verabschiedend zu. 

Mary befand sich gerade in einer langen Umarmung mit Logan. Das kann ja noch was werden, dachte ich. Aber eigentlich war es mir in diesem Moment egal, da ich eher daran dachte, was Lucy nun erwarten würde, während ich nach Hause trottete.

together forever.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt