Ab durch die Dusche

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Das Wasser prasselte auf meine Haut und sorgte dafür, dass ich allmählich wacher wurde. Die angenehme Wärme des Wassers durchdrang nach und nach meinen Körper. Verschlafen blickte ich an die Decke der Duschkabine während ich die Spülung in meine langen braunen Haare einmassierte. Was war das für ein Fleck dort oben an der Decke? Ich kniff die Augen zusammen in der Hoffnung ihn etwas besser in Augenschein nehmen zu können.

„Ist das etwa Schimmel?" fragte ich mich.

In all den Jahren, in denen ich in dieser Wohnung lebte, hatte ich noch nie irgendwo Schimmel gehabt. Der schwarze kleine Punkt, der aussah wie Schimmel fing an leicht zu schimmern. Nein es war eher ein pulsierendes Glühen! Meine Augen weiteten sich als ich es bemerkte.

„Was ist denn das für ein merkwürdiger Fleck?" ging es mir durch den Kopf.

Im selben Moment verfärbte er sich und fing an zu wachsen. Nicht ganz begreifend was gerade geschah starrte ich auf diese Stelle. Der Fleck war mittlerweile zu einer mannshohen, runden, orangefarbenen Lache angewachsen. Sie pulsierte und glühte dabei. Nicht nur das der Fleck die Farbe veränderte, größer wurde und nun pulsierte, er hatte sich auch noch bewegt! Wie Wasser floss er von der Decke die Wand hinunter und erstarrte auf Augenhöhe. Nun war die Lache direkt vor mir. Hektisch griff ich ohne sie aus den Augen zu lassen aus der Dusche raus und tastete nach meinem Handtuch. Ich konnte es nicht fühlen, traute mich aber auch nicht diesen gigantischen, mutierten Fleck, der sich wabernd vor mir auftat auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

Mir schossen allerhand Gedanken durch den Kopf. Von "die Aliens kommen" bis hin zu "ich träume einfach sehr real" war alles vertreten. Noch immer tastete ich nach meinem Handtuch und war nun bereit für eine Sekunde die Augen abzuwenden. Schließlich wollte ich bei dem was auch immer jetzt passieren konnte nicht einfach splitterfasernackt dort stehen! Doch ich konnte einfach nicht. Irgendetwas geschah mit mir! Ich konnte den Blick einfach nicht abwenden, so sehr ich es auch versuchte. Mein Blick haftete an dieser riesigen Lache fest. Wie von alleine bewegte sich nun meine andere Hand auf sie zu. Eine unüberwindbare Neugierde und der Drang sie anzufassen machten sich so präsent im mir breit, dass ich mich nicht dagegen wehren konnte. Für einen kurzen Moment fragte ich mich wo dieser Sinneswandel wohl her kam. Doch ich wischte diese Frage einen Moment später wieder bei Seite, als wenn es absurd wäre. Es hatte sich innerhalb von Sekunden alles verändert. Es war nicht mehr diese merkwürdige Lache, die mich überraschte. Es war die Tatsache, dass ich seit einigen Minuten tatenlos dort stand und noch nichts unternommen hatte, um sie zu berühren und zu untersuchen, die mich überraschte. Ich griff nach der pulsierenden Lache und erwischte im selben Moment mit der anderen Hand das Handtuch. Ein heller orangefarbener Schimmer umgab mich und alles wurde weiß.

Ich spürte, dass ich fiel und zwang mich meine noch zugekniffenen Augen zu öffnen. Prompt landete ich zwischen einer Menge unsauber gestapelten Kartons. Sie federten meinen Sturz ein wenig ab, sodass ich mich nicht großartig verletzte. Ich schaute mich nach meinem Handtuch um und hoffte, dass es hier irgendwo lag. Als ich die Kartons neben mir hinauf schaute, entdeckte ich es ganz oben auf dem Stapel. Ich bedankte mich kurz gen Himmel, stand auf und griff nach ihm. Während ich meinen Körper in das Handtuch hüllte schaute ich mich neugierig um.

"Wo bin ich hier gelandet? " fragte ich mich. Der Raum war ganz schön unordentlich, überall standen Kartons. Viele von ihnen waren sogar leer, dahinter konnte ich einige Schwerlastregale ausmachen. Sie waren gefüllt mit Spirituosen, verschiedenen Sirupsorten und allerhand unterschiedlichen Saftflaschen. Ich war wohl in einer Art Lager gelandet. In einem sehr unordentlichen Lager! Noch während ich diesen Gedanken hatte merkte ich wie meine nackten Füße an dem dunklen Betonboden fest klebten und mich überkam ein Gefühl von Ekel. Allmählich stieg mir auch der Geruch von Bier und anderem Alkohol in die Nase. Nun hatte ich keinen Zweifel mehr, ich war in einem Lagerraum, einer Bar gelandet. Mein Blick wanderte prüfend durch den Raum. Irgendwo musste hier doch eine Türe sein. Währenddessen fragte ich mich, wie ich hier wohl wieder herauskommen sollte. Schließlich hatten Bars und Kneipen erst Abends geöffnet und es war doch noch früh am Morgen. Außerdem stand ich in einem Lagerraum splitternackt, nur mit einem Handtuch bekleidet! Wenn mich hier jemand sehen würde, würde derjenige doch direkt die Polizei rufen! So hätte ich schließlich sofort reagiert. Fröstelnd und leicht verängstigt fuhr ich mir mit den Händen durch die noch triefend nassen Haare. In diesem Moment entdeckte ich eine Metalltüre, die sich etwas versteckt zwischen zwei Regalen befand.

Vorsichtig ging ich auf die Türe zu und öffnete sie einen kleinen Spalt. Es war niemand zu sehen und nichts zu hören. Ich war erleichtert. Das bedeutete, dass ich niemandem erklären musste was ich hier nackt und nass zu suchen hatte. Andererseits bedeutete das wohl auch, dass ich hier nicht so einfach raus kommen würde. Ich beschloss ein Telefon zu suchen und die Polizei zu rufen. Wie ich denen alles erklären sollte, beschloss ich mir zu überlegen wenn ich hier raus war und wieder Klamotten am Leib trug. Ich schlich um die Ecke und stand vor einer pompösen grünen Türe. Sie war aus Massivholz und mit vielen Verzierungen versehen. Insgesamt war alles mit Liebe zum Detail gearbeitet. Überall waren schwarze, gusseiserne Beschläge angebracht, die der Türe noch mehr Ausdruck verliehen. Der Griff dieser schönen Türe war ebenfalls schwarz und gusseisern. Er war wie der Rest der Türe fein gearbeitet und stilvoll in sich geschwungen. Dieser Griff lud einfach ein ihn zu benutzen! Ich mochte solche alten kunstvoll verzierten Gegenstände. Antiquitäten mit Liebe zum Detail mochte ich schon als kleines Kind.

Ich griff nach der Klinke und bewunderte die Türe weiterhin, während ich sie wie selbstverständlich öffnete. Mein Blick haftete noch eine Weile an dieser Türe während ich unterbewusst, ganz nebensächlich, stimmungsvolle Musik wahrnahm. Sie war so angenehm von der Lautstärke und dem Klang, dass mir nicht direkt klar wurde, dass es ein eher schlechtes Zeichen war Musik zu hören.

Nun nahm ich auch leises Stimmengewirr wahr. Vorsichtig und mit einem unguten Gefühl im Bauch löste ich meinen Blick von der schönen grünen Türe. Ich schaute in einen großen Raum mit schummriger Beleuchtung. Dieser Raum war sehr atmosphärisch, ich hatte direkt das Gefühl mich in einem sehr alten Gebäude zu befinden. Der dunkle Holzdielenboden auf dem meine nackten Füße standen war schon leicht verlebt und gab dem Raum einen rustikalen Touch. An den Wänden waren passend zum Boden hälftig der Länge nach Holzvertäfelungen angebracht. Der Rest der Wand bis hin zur Decke war mit einer Tapete versehen, die wie altes Pergament aussah. Überall hingen antike schon leicht blinde Spiegel an den Wänden. Die Decke war mit fein gearbeitetem Stuck verziert und überall wo Sitzgruppen standen hingen kleine schmiedeeiserne Kronleuchter von der Decke, die für ein schummrig gemütliches Licht sorgten. An einigen Wänden waren Bücherregale eingelassen, die mit alten ledergebundenen Büchern gefüllt waren. Überall im Raum waren gemütliche Sitzecken mit dunkelgrünen und roten ledernen Sesseln im Chesterfield Design, die um massiv hölzernen Tischen mit Glasplatten standen.

Außerdem waren hier noch Menschen! Ganz viele Menschen! Das Stimmengewirr verebbte nach und nach und alle, wirklich alle in diesem Raum starrten mich an!

Das nackte Mädchen, das nur in ein Handtuch gehüllt und mit triefend nassen Haaren in mitten einer Bar stand. Während ich starr vor Schock einfach nur dort stand und am liebsten im Boden versunken wäre, schob sich ein gut aussehender Mann in einem schwarzen Hemd und einem schwarzen Vorbinder in mein Sichtfeld. Das würde wohl der Barkeeper sein dachte ich und zwang mich zu einem unbeholfenen Lächeln. Ich betrachtete das Logo auf seinem Vorbinder. Es war dort mit weißen Linien die Umrandung eines Schnurrbartes abgebildet. Unter diesem Schnurrbart stand in geschwungenen weißen Buchstaben "Die Toss-Lounge". Während der Mann näher auf mich zu kam kniff ich meine Augen zusammen. Wie genau ich das jetzt erklären sollte wusste ich nicht. Also ermahnte ich mich, falls dies doch ein Traum gewesen sein sollte, es nun Zeit wäre aufzuwachen!

Ab durch die DuscheWhere stories live. Discover now