Kapitel 2

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   Luana starrte den braunhaarigen Mann sprachlos an, während ihr seine Worte durch den Kopf gingen.

   Was war nur los mit diesem Mann? Er war wahrscheinlich gerade dem Tod von der Schippe gesprungen und nun sprach er so mit ihr? Wie konnte er es wagen? Immerhin hatte sie ihm versucht das Leben zu retten und es hatte sogar funktioniert!

   „Ich habe deinen Kopf nach Verletzungen abgesucht", sagte sie, wobei sie sich große Mühe geben musste, nicht zu herablassend zu klingen oder zu schreien.

   Luana beobachtete, wie sich der Mann langsam aufsetzte und sich durch die Haare fuhr. „Wunden?", fragte er und schien neben sich zu stehen. Dann starrte er auf seine Hand, die verbunden war. Er schien erst jetzt zu bemerken, dass Luana ihn verarztet hatte. „Nun, dann ... danke", sagte er überfordert. Wahrscheinlich lag das an seiner Kopfwunde. Er wirkte verwirrt.

   Luana hob eine Augenbraue. „Du bist ein Wolf. Welchem Rudel gehörst du an?", fragte sie barscher, als sie es wollte. Es war ihr unangenehm, dass er gerade jetzt aufgewacht war. Das wollte sie überspielen, indem sie ihn nach den eigentlich wichtigen Dingen fragte. Zudem mochte sie nicht gern zugeben, dass sie Verletzte, egal welchem Rudel sie angehörte, nicht einfach zurücklassen konnte.

   „Rudel?", fragte er verwundert. „Bei uns gibt es keine Rudel als solche", sagte er langsam und nachdenklich. „Wir leben in Familie und unter Fürsten", erklärte er, wobei er noch immer nicht ganz deutlich klang.

   Luana schnaubte. „Willst du mich verarschen?", schnauzte sie ihn an, denn plötzlich packte Angst sie. Das, was er sagte, gefiel ihr gar nicht. Es klang ausgedacht, denn auf Wolfsmond gab es nur Rudel! „Hier gibt es keine Fürsten. Nur Rudel. Oder willst du mir wirklich sagen, du kommst von einem anderen Planeten? Durch das zerstörte Portal?", fragte sie, wobei ihre Stimme immer höher wurde. Wenn das wirklich so war, dann hatte sie ein Problem. Aber eigentlich glaubte sie es nicht, denn das Portal war zerstört.

   Der Mann neigte den Kopf, während sein eisblauer Blick ihr scheinbar in die Seele sah. „Scheint wohl so", bemerkte er, bevor er die Schultern zuckte. Das schien ihn jedoch Schmerzen zu bereiten, denn er kniff leicht sein Augen zusammen.

   Luana, die sich machtlos und überfordert fühlte, knurrte. „Die Portale sind alle zerstört", sagte sie entschieden und schroffer, als sie es geplant hatte. Die Machtlosigkeit machte ihr zu schaffen, weshalb sie diese versuchte zu überspielen. „Das ist also unmöglich. Aber wenn du bei dieser Lüge bleiben willst, dann nenne mir wenigstens deinen Namen", forderte sie, wobei sie noch immer versuchte ihre Angst zu verbergen. Ihr Herz klopfte heftig vor Aufregung. Noch nie war ein Wolf von außerhalb gekommen. Nicht, seitdem die ersten ihrer Rudel durch die Portale gekommen und diese dann zerstört hatten.

   Sie wollte ihm eigentlich nicht glauben, aber gleichzeitig hoffte sie darauf, dass dem so war. Ihre Gefühle waren widerstreitend, denn diese Sache war sowohl gefährlich als auch eine Möglichkeit für sie, ihrem Alltag zu entfliehen. Es würde einiges ändern.

   „Ragnar", stellte sich der Braunhaarige vor, griff nach ihrer Hand und küsste ihren Handrücken.

   Diese Geste überforderte Luana so sehr, dass sie ihn einfach nur anstarrte und schwieg. Dass sie sich weiter von ihm zurückziehen sollte, kam ihr nicht in den Sinn. Obwohl er jetzt wach war, sah sie ihn nicht als gefährlich an. Er wirkte noch zu verwirrt und verwundet, um ihr körperlich gewachsen zu sein.

   „Und wie heißt die Schönheit, mit der ich das Vergnügen habe?", fragte er, wobei er sogar belustigt klang.

   Luana zog ihre Hand zurück, während ein Schauer über ihren Rücken rann. „Luana. Schwester des Alphas des Dunkelwald-Rudels", stellte sie sich stolz vor. Das gehörte sich immerhin so, auch wenn sie auf den Teil mit der Schwester nicht unbedingt stolz war.

Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)Where stories live. Discover now