Kapitel 1

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Lange Zeit später, im Land der immer grünen Hügel, bahnte sich ein Zwerg seinen Weg über die Straßen von Bree. Es regnete aus Strömen und die Nacht hatte sich schon seid einiger Zeit gelegt. Er war eingehüllt in einen weiten Mantel, der bis zum Boden ragte. Mehrere Waffen und Werkzeuge hingen an einem Sack von seinem Rücken. Bei jedem Schritt machte der Matsch unter ihm ein schmatzendes Geräusch. Etwas dunkles schien ihn zu begleiten, so wie er seine Schultern hielt und wie stramm sein Schritt war. Jeder alte und halb blinde Hobbit hätte erkannt, dass er nicht hierher gehörte.

Doch andererseits: Wer in Bree, gehörte schon wirklich nach Bree? Die alte Stadt am Rande des Auenlandes diente Hauptsächlich als Handelsroute. Menschen, Hobbits und Zwerge machten hier Rast, nur um dann am nächsten Morgen ihren Weg fortzusetzen. Die wenigen Menschen, die wirklich hier wohnten, hatten ihre Häuser und Höhlen an den Berghängen, etwas außerhalb der Stadt.

Der ungewöhnliche Neuankömmling bog an mehreren Ecken ab, immer bedacht kein Aufsehen zu erregen. Seine Schritte wurden immer schneller, je näher er seinem Ziel kam. Die Aussicht auf warmes Essen und ein gemütliches Feuer spornten ihn an, zu lang war sein Weg gewesen. Dann endlich sah er es: Das Gasthaus zum tänzelnden Pony. Doch statt gleich hinein zu stürmen, wie jeder Hobbit es wohl an seiner Stelle getan hätte, sah er sich nochmal um. Zwei dunkle Augen schimmerten unter der Kaputze hervor und suchten die Umgebung ab. Als er beruhigt feststellte, dass ihm niemand folgte, trat er ein. Lautes Gerede dran ihm von innen entgegen. Menschen, Hobbits und Zwerge saßen an den Tischen. Sie aßen und tranken was das Zeug hielt. Angespannt nahm der Fremde seinen Beutel von der Schulter und suchte sich einen freien Platz. Er legte den nassen Mantel ab und bestellte sich auch gleich etwas zu essen.

Während er aß beobachtete er seine Umgebung. Außer der belustigenden Hobbits waren hier noch andere Gestalten vor Ort. In den hinteren Ecken saßen sie und schienen ihn im Auge zu behalten. Funkelnde Augen blitzten im Dunkeln auf. Der Zwerg verlangsamte seine Bewegungen und legte das Stück Brot weg, auf dem er eben noch gekaut hatte. Ihm gefiel die drohende Stimmung nicht! Als sich die Gestalten dann erhoben, griff er mit der Hand nach seinem Schwert. Doch gerade als er es berührte, setzte sich jemand vor ihn. Ein alter Mann mit grauem Bart und einem langen Mantel. Der Zwerg wusste wer er war und so entspannten sich seine Muskeln, doch er blieb noch immer auf der Hut. „Darf ich mich dazu gesellen?“, fragte der Zauberer beiläufig, als ob es eine Rolle spielen würde was der Zwerg sagte. Er hielt eine der Kellnerinnen auf und bat sie ihm dasselbe zu bringen, was auch der Fremde aß. Die Gestalten in den Ecken setzten sich wieder hin, Ungeduld und Wut in den Gesichtern. „Ich sollte mich vorstellen: Mein Name ist Gandalf“, sagte der Alte nun und bekam damit wieder die Aufmerksamkeit des Zwerges, „Gandalf der Graue!“

„Ich weiß wer ihr seid“, erwiderte der Zwerg mit tiefer Stimme. Der Zauberer wirkte keinerlei überrascht, tat jedoch so als wäre er es. „Nun das ist … ein angenehmer Zufall!“ Er wartete kurz, ehe er weitersprach und sah den Zwerg nur prüfend an. „Was führt Thorin Eichenschild nach Bree?“, fragte er vorsichtig. Der Zwerg war nicht überrascht und antwortete aufrichtig: „Ich habe erfahren, dass mein Vater in der Wildnis bei Dunland gesehen worden sein soll. Ich habe ihn gesucht, konnte ihn aber nicht finden.“ Thorin schüttelte traurig den Kopf. „Ah Thráin“, seufzte Gandalf mitgenommen. Der alte Zwergenkönig war immer noch verschwunden und Thorin immer noch versessen darauf ihn zu finden. „Ihr seid wie die anderen“, bemerkte der Zwerg trocken, „ihr denkt er sei tot.“

„Ich war nicht in der Schlacht von Moria“, erwiderte der Zauberer. „Nein, aber ich war dort“, Thorins Blick wurde abschweifend, er schien sich an die Zeit des Krieges zu erinnern. Das Klirren der Schwerter und brüllen der Orks. „Mein Großvater, Thrór, wurde umgebracht. Mein Vater führte einen Angriff auf das Schattenwachtor an. Er kehrte niemals zurück. Thráin ist tot, sagten sie mir. Er ist einer der Gefallenen, doch nach der Schlacht suchte ich unter den Leichen. Bis zum letzten Mann. Mein Vater war nicht unter den Toten!“

„Thorin, man hat außer Gerüchten lange nichts mehr über Thráin gehört“, sagte Gandalf langsam und überlegt. „Er lebt noch!“, widersprach der Zwerg hitzig, „dessen bin ich mir sicher!“

„Der Ring, der euer Großvater trug. Er war einer der Sieben, die den Zwergenfürsten vor vielen Jahren gegeben wurden. Was ist aus ihm geworden?“, der plötzliche Themenwechsel schien Thorin zu überraschen. Kam der Zauberer nun dazu was er wirklich von ihm wollte? „Er gab ihn meinem Vater, kurz bevor sie in die Schlacht zogen.“

„Dann trug Thráin ihn, als er- als er verschwand?“

Thorin nickte nur als Antwort. „Dann ist es so“, murmelte Gandalf bestürzt. Die Kellnerin brachte sein Essen und unterbrach damit die trübe Stimmung. Wenn auch nicht für sehr lange. „Ich weiß das mein Vater vor der Schlacht um Moria bei euch war. Was habt ihr ihm gesagt?“, fuhr Thorin die Unterhaltung fort. „Ich drängte ihn zum Erebor zu marschieren. Die sieben Heere der Zwerge zu versammeln, den Drachen zu töten und sich den einsamen Berg zurückzuholen. Euch würde ich dasselbe sagen! Holt euch eure Heimat zurück.“

„Diese Begegnung ist kein Zufall oder?“, fragte Thorin und ignorierte erst einmal die Worte des Zauberers über den Erebor. „Nein, ist sie nicht. Der einsame Berg bereitet mir Sorgen Thorin. Dieser Drache ist dort schon lang genug. Früher oder später werden sich dunklere Absichten gegen den Erebor richten. Auf dem Grünweg bin ich auf ein paar ungehobelte Gestalten gestoßen, sie hielten mich für einen Vagabunden!“, das letzte Wort sprach er mit Belustigung aus. „Was sie wahrscheinlich bereut haben?“, entgegnete Thorin amüsiert. Der Zauberer griff in seine Tasche und zog ein kleines Stück Papier hervor. Es sah alt aus und verschlissen, so als habe man es zu lange in den Händen gehalten. „Einer von ihnen trug eine Botschaft bei sich“, erzählte Gandalf und schob das Papier zu Thorin, „das ist schwarze Sprache. Eine Belohnung wird versprochen.“ Der Zwerg vermochte die Buchstaben nicht zu lesen und so fragte er nach: „Wofür?“

„Euren Kopf!“

Thorins Augen schnellten zu dem Zauberer. Auf ihn war ein Kopfgeld ausgesetzt? „Jemand will euren Tod!“, bestätigte Gandalf seine Gedanken, „Thorin, ihr dürft nicht länger warten! Ihr seid der Erbe von Durins Thron! Vereint die Heere der Zwerge, gemeinsam habt ihr die Macht den Erebor zurückzuerobern. Beruft eine Versammlung der sieben Zwergenvölker ein. Verlangt das sie zu ihrem Eid stehen!“

„Die sieben Heere haben den Eid dem geschworen, der das Königsjuwel trägt! Den Arkenstein!“, erinnerte der Zwerg, „und falls ihr es vergessen habt: Dieser Edelstein wurde gestohlen von Smaug!“ Erschrocken über die Lautstärke seiner eigenen Worte, sah Thorin sich schnell um. Die Gestalten von eben, die versucht hatten ihn anzugreifen, standen nun auf und verließen das Lokal. Auch Gandalf drehte sich um und warf den beiden einen fragenden Blick zu. „Was wenn ich euch helfe ihn zurück zu bekommen?“, der Alte lehnte sich weit über den Tisch und sah Thorin fordernd an. Der Zwerg war angetan von dieser Idee, schließlich war der Erebor seine Heimat und er war der rechtmäßige König unter dem Berge! „Wie?“, hauchte er also, gespannt was der alte Zauberer ihm vorschlagen würde, „der Arkenstein ist weit weg von hier, begraben unter einem feuerspeienden Drachen.“

„Ja das ist wahr und darum … brauchen wir einen Meisterdieb und jemanden, der es vielleicht möglich ist diese Bestie zu kontrollieren!“

Fire Princess (Hobbit FF: Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt