Der Vatikan und die Segnung von Gleichgeschlechtlichen Ehen

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Standesamtlich heiraten können homosexuelle Paare längst. Nur die Kirche versagt ihren Segen.

Gleichgeschlechtliche Verbindungen würden nicht dem "göttlichen Willen" entsprechen, schreibt die Glaubenskongregation in Rom - eine Reaktion auf die Diskussion in Deutschland. Bischofskonferenz-Chef Georg Bätzing ist darüber "nicht glücklich".

Die Frage war ganz einfach: "Hat die die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?" Die fiel knapp und lapidar aus: "Nein." Alles andere wäre auch eine Sensation gewesen, dennoch löste die Erklärung "Responsum ad dubium" (Antwort auf einen Zweifel) der obersten katholischen Glaubenshüter Kritik aus.

Die Kirche habe keine Vollmacht, solche Verbindungen zu segnen, schreibt die Glaubenskongregation in ihren erläuternden Anmerkungen. Zwar würdigt sie "den aufrichtigen Willen" mancher Projekte, "homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten". Da aber die Verbindungen homosexueller Paare nicht dem göttlichen Willen entsprächen, könnten sie nicht gesegnet werden.

Die Begründung: Es sei "nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau) einschließen". Alle durchaus positiven Elemente homosexueller Partnerschaften, "die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind", rechtfertigten keine Segnung.

Einzelpersonen hingegen könnten gesegnet werden, wenn sie "den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden". Dies geschieht durch den Verzicht auf sexuelle Handlungen. Jede Form der Segnung sei aber unzulässig, die dazu neige, homosexuelle Verbindungen anzuerkennen, heißt es in der vom Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, unterzeichneten und von Franziskus gebilligten Erklärung.

Erst im Oktober hatte ein Dokumentarfilm für Aufsehen gesorgt, in dem Papst Franziskus zitiert wurde mit den Worten "Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben" sowie "Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht".

Rom beobachtet mit zunehmendem Unbehagen, wie vor allem in der deutschen katholischen Kirche über den Umgang mit homosexuellen Paaren diskutiert wird. Auch beim Synodalen Weg, der Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien, werden diese Fragen thematisiert. Immer wieder gibt es außerdem Berichte, dass katholische Priester in Deutschland bereits Segnungen Homosexueller vornehmen. Auch darauf nimmt die römische Erklärung Bezug.

In Deutschland etwa hatte Limburgs Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, mehrfach deutlich gemacht, dass er sich eine kirchliche Segnung auch für homosexuelle Paare vorstellen kann: "Wir brauchen hierfür Lösungen, die nicht nur im Privaten greifen, sondern auch eine öffentliche Sichtbarkeit haben - aber deutlich machen, dass keine Ehe gestiftet wird." Auch Bischöfe wie Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen), Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Helmut Dieser (Aachen) hatten sich offen gezeigt, zumindest die Lehre weiterzuentwickeln.

Bätzing sagte, er sei "nicht glücklich" über die Stellungnahme aus dem Vatikan. "Das erweckt den Eindruck, man wolle die in verschiedenen Teilen der Weltkirche, auch bei uns in Deutschland derzeit streitig geführte theologische Auseinandersetzung möglichst schnell beenden", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur. "Das ist aber gar nicht möglich. Denn die Diskussion wird an vielen Orten intensiv und mit guten Argumenten geführt, und die theologischen Anfragen an die heutige pastorale Praxis können nicht einfach mit einem Machtwort aus der Welt geschafft werden."

Essens Bischof Franz-Josef Overbeck sagte: "Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten - ganz gleich in welcher Lebenssituation." Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, reagierte enttäuscht auf die Note der Glaubenskongregation. Sie reihe sich ein in "eine Folge von Störungen des Synodalen Weges". "Die Kirche ist dazu berufen, Menschen zu segnen. Sie ist nicht dazu berufen, Menschen, die darum bitten, den Segen Gottes vorzuenthalten", sagte er. Scharfe Kritik kam auch von den katholischen Frauenverbänden kfd und KDFB und der Laienbewegung "Wir sind Kirche": Der Vatikan trage so dazu bei, dass die in vielen Ländern herrschende Diskriminierung Homosexueller als "gottgegeben" angesehen werde, sagte Christian Weisner von "Wir sind Kirche" dem Evangelischen Pressedienst.

Es gab aber auch Unterstützer: Die Stellungnahme aus Rom war keine Stunde alt, da meldete sich Regensburg Bischof Rudolf Voderholzer schon zu Wort: "Ich begrüße das Responsum der Glaubenskongregation und danke für die darin enthaltene Klarstellung. Die Glaubenskongregation hat deutlich gemacht, dass die Kirche nicht die Vollmacht hat, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen." Voderholzer, der selbst Mitglied der Glaubenskongregation ist, gilt als scharfer Kritiker des Synodalen Wegs.

Der Passauer Bischof Stefan Oster sagte, er sei dankbar für die Klarstellung. Die römische Erklärung sei für ihn ein Auftrag, besonders auch auf die Menschen zuzugehen, die sich durch eine solche Hervorhebung des Ehesakraments zurückgesetzt oder verletzt fühlten: "Wir glauben, dass Gott das Heil von ausnahmslos jedem Menschen will - und dass wir als Kirche gerufen sind, die Wege des Heils immer neu als je einzelne und miteinander zu suchen."

In der Kölner Pfarrgemeinde Sankt Agnes indes entschied man sich für keine schriftliche Stellungnahme, sondern für ein weithin sichtbares Zeichen. Wie , hing am Montagabend eine große Regenbogenfahne, die als LGBTQ-Symbol gilt, vom Kirchturm.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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