03|Hass

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Eine rundum Führung von Selina hat mir gezeigt, wie groß die Firma eigentlich ist. Es wird mich echt eine lange Zeit kosten, mich an alles zu gewöhnen. Am liebsten würde ich mich gar nicht hier blicken lassen, aber ändern kann ich es nicht. Es war die Bitte meiner Oma und natürlich werde ich ihrer letzten Bitte nachgehen. Zumindest habe ich mein eigenes Büro. Wenigstens befinde ich mich in meinem eigenen Bereich und muss nicht mit anderen Mitarbeitern stark kommunizieren. Jedoch tritt ein Problem auf. Mein Büro befindet sich neben dem von Malik Arslan. Es wäre eigentlich kein Problem, wenn ich ihn nicht sehen würde, doch es wurde eine Scheibe eingebaut, weshalb ich in sein Büro schauen kann und er in meins. Wer überlegt sich so einen Müll? Wer braucht denn bitte eine Glasscheibe zwischen einem Büro? Vor allem bei einem Mann, der sich allen überlegen sieht. Ich kenne ihn kaum und über andere Menschen zu urteilen gehört sich bei mir nicht, da ich es selber oft genug miterlebt habe. Doch allein, wie er sich mir und den anderen überlegen verhält, zeigt seine Arroganz.

Mein Büro ist leer. Bis auf einem Tisch, einem Stuhl und Schränke befindet sich nichts hier drin. Ich muss es von selbst einrichten. Selina bat mir ihre Hilfe an. Zumindest beim Hineinarbeiten für diesen Job. Obwohl ich mich auskenne, besitzt jede Firma ihre eigenen Regeln. Deshalb wird sie mir heute die nötigen Sachen zuschicken.

Ich lasse mich auf meinem Stuhl nieder und blicke durch mein Büro. Es ist nicht sehr groß, sondern ganz optimal für eine Person gehalten. Die Fenster reichen bis zum Boden, wodurch ich einen Blick auf die ganze Stadt erlange. Mein Tisch steht gegenüber vom Fenster und davor sind zwei schwarze Sessel. Mein Rücken ist somit der Wand zugekehrt. Somit erhasche ich beim Arbeiten eine schöne Aussicht. Das gefällt mir. Dadurch verspüre ich eine positive Laune, während dieser Ayı neben mir im Zimmer sitzt. [Bär]

Ein Blick durch die Scheibe deutet darauf hin, dass er an seinem Schreibtisch sitzt. Während er mit einer Hand das Telefon an sein Ohr hält, schreibt er mit seiner rechten Hand auf dem Papier herum. Werden wir uns immer so sehen? Wie nervig. Seufzend hebe ich mich vom Stuhl, laufe zur Scheibe und entdecke eine Jalousien, die ich sofort herunterschiebe. Ständig sein Gesicht zu sehen, halte ich nicht aus.

Mein Büro verlasse ich, um mehr über diese Firma und die Menschen zu erfahren. Scheint jedoch so, als würden mich alle schon kennen. Denn ich werde immer wieder auf respektvoller Art begrüßt. »Ist bei Ihnen alles okay?«, fragt mich Selina lächelnd, als sie mich wahrscheinlich so verloren entdeckt. »Na ja, gewöhnungsbedürftig, aber ich lebe mich bestimmt ein. Kann ich Sie etwas fragen?« Sie nickt sofort. »Duzen Sie mich.« Oh, stimmt. Ich nicke nur und fahre fort mit dem Sprechen. »Bevor ich hier eingetroffen bin, wussten die Arbeiter von mir Bescheid?« Sie zögert leicht, doch nickt letztendlich. »Herr Arslan hat uns alle darauf informiert, dass Sie in nächster Zeit eintreffen werden. Natürlich wollte jeder wissen, wer Sie sind und haben dann überall nachgesehen.« Oh. Sie haben sich über mich informiert. Was haben sie denn gefunden? Leichte Unruhe bildet sich in mir zusammen. Was, wenn sie meine Vergangenheit wissen und somit über mich urteilen. Wirke ich auf sie dann wie ein Abschaum? Respektieren mich diese Menschen dann noch?

»Viel haben wir nicht gefunden. Nur einen allgemeinen Steckbrief. Deshalb wissen die Mitarbeiter, wer Sie sind.« Also nichts über meine Vergangenheit ist. Das ist gut. Ein Schritt zum Erfolg. Kann ich jedoch meine Vergangenheit verstecken? Würden sie es wissen, könnte ich mich nicht mehr blicken lassen. So etwas dulden sie in dieser Branche nicht. Ich muss mich stärker in diesen Job hineinversetzen. Die Leute sollen meine Leistung bewerten, nicht meine Vergangenheit.

»War Herr Arslan schon in dem Meeting?» Selina nickt und schaut auf ihrem iPad herum. »Es folgt jedoch noch ein Meeting. Es beginnt in 15 Minuten.« Okay. Wenn ich bei dem einen Meeting schon nicht dabei war, dann bei dem nächsten. Ich bin nun ein Teil von dieser Firma und da muss ich anfangen mich ans Zeug zu legen. Falls meine Vergangenheit ans Licht kommen sollte - und ich denke nicht, dass Arslan es ruhen lässt - dann muss ich es mit meiner Leistung ausgleichen. »Vielen Dank.« Selina nickt nur. Somit kehre ich ihr meinen Rücken zu und begebe mich in Malik Arslans Büro. Soll ich klopfen? Oder ihn lieber nerven und einfach hineinplatzen?

My Eyes On HerOnde histórias criam vida. Descubra agora