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"Sag mal spinnst du?!", keifte ich und warf meinen Sneaker nach seinen Kopf. Kyle duckte sich und der Schuh verfehlte tatsächlich seinen dämlichen Dickschädel.
Verdammt!

"Lern erstmal wie man mit Sachen wirft", schnaufte er frech und man sah nur seine Haarspitzen hinter der Sonnenliege hervor stehen. Sollte er sich doch verstecken. Ich würde ihn schon noch treffen.

Wir hatten es und am Pool bequem gemacht, während Kyles Eltern noch unterwegs waren. Die brüllende Hitze war so auch besser auszuhalten, als in der Stadt.

"Ist doch nichts passiert! Es ist nur etwas Vanilleeis", verteidigte sich der Idiot und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

Ja, es war nur  Vanilleeis. Aber mir ging es darum wo es sich jetzt befand. Und zwar auf meinem Kopf, meinem Rücken und selbst auf meinem Po. Kyle hatte nämlich die brilliante Idee, mich damit voll zu schmieren, solange ich mich noch in der Sonne braten ließ.

"Aber es klebt!", jaulte ich auf und zielte mit meinem zweiten Schuh erneut auf ihn. Dieser traf ihn auch tatsächlich an der Stirn und er fing mein Wurfgeschoss geschickt auf.

Er rieb sich die bombardierte Stelle und hielt den Sneaker bedrohlich in seiner Hand. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte er mich damit ganz einfach abwerfen und mir einen Blauen Flecken mehr, für meine Sammlung, beschert.

Doch er tat es nicht.
Er legte den Schuh beiseite und lief grinsend auf mich zu. Das Grinsen gefiel mir allerdings nicht wirklich, denn er heckte doch schon wieder etwas aus, da war ich mir zu einhundert Prozent sicher.

Und wie Recht ich damit hatte, bestätigte sich schon kurz darauf, da Kyle mich gepackt und kopfüber in den kalten Pool geworfen hatte.

Etwas panisch tauchte ich wieder an die Wasseroberfläche und schnappte nach Luft. Der Übeltäter stand triumphierend am Beckenrand und sah auf mich herunter.

"Jetzt klebst du nicht mehr", meinte er lachend und ich streckte meine Hand zu ihm aus. Er konnte mir wenigstens hier raus helfen, wenn er mich schon als menschliche Frisbee benutzte.

Er beugte sich etwas herab und ergriff meine Hand, doch bevor er mich hoch ziehen konnte, riss ich ihn ebenfalls ins Wasser und lachte gehässig auf.

"Wofür war das denn jetzt?", wollte er fassungslos wissen. Seine nassen Haare sahen bestimmt um ein Zehnfaches besser aus, als die trockenen und langweiligen Haarsträhnen die sonst von seinem Kopf abstanden.

Er strich sie sich aus dem Gesicht und schwamm auf mich zu. Ich drückte mich so gut es ging, nach hinten, bis ich an den Rand des Pools anstieß.

Kyle dachte jedoch nicht daran, Abstand zu mir zu halten und kam mir viel zu nah. Seine Hände griffen nach meinen Schultern und er nutzte meine perplexe Reaktion aus, um mich nach unten zu drücken. Unterwasser versuchte ich, mich aus seinem Griff zu befreien, da ich wirklich keine Lust hatte, Wasser zu schlucken.

Er tauchte jedoch kurz darauf selbst zu mir unter und schmunzelte wahrscheinlich über meine Fluchtversuche. Seine Arme legten sich um meine Taille und hielten mich weiter hin unter der Wasseroberfläche.

Erst in dem Moment fiel mir auf, dass er den ganzen Tag über freundlich und aufgeschlossen, mir gegenüber war. Keine abweisenden Reaktionen, kein Anschweigen und kein Ignorieren. Wir wirkten fast wie ein echtes Paar. Nur waren wir keins.

Ich legte ebenfalls ein Lächeln auf meine Lippen und musterte sein Gesicht. Seine strahlenden Augen, die hervorstehenden Kiefer- und Wangenknochen, als auch die kleine Narbe unter seinem rechten Auge.
Woher sie wohl stammte?

Mein Gedankengang wurde jedoch überraschend unterbrochen. Von Kyles Lippen, welche sich sachte auf meine legten und mich für einen Augenblick versteifen ließen. Ich hatte ewig keinen so vorsichtigen Kuss mehr gespürt.

MaeWhere stories live. Discover now