3. Kapitel

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3. Kapitel


Leon

Weg war sie. Einfach so weg. Drei Monate würde ich sie nicht mehr sehen. Das war so krass. Dabei hatte ich mir doch selbst versprochen sie nie wieder gehen zu lassen. Und jetzt war sie weg und ließ mich hier allein zurück. Gerade in diesem Moment rollte ihr Flugzeug, oder zumindest dasjenige, welches ich dafür hielt, auf die Landebahn. In wenigen Sekunden würde es beschleunigen und dann mit einem Ruck in die Lüfte entfliehen.

Ich hatte hier auf dem Flughafen nichts mehr zu tun, doch nach Hause wollte ich auch nicht gehen. Dort wartete mein Vater auf mich. Der großartige Professor hielt mir sicher sofort wenn ich ankam eine Standpredigt, dass ich zu spät kam und ja schon so viel für die Schule hätte tun können. Aber was interessierte mich das schon groß. Ich hatte ein Leben zu führen und da passte Schule einfach nicht in den Rahmen.

„Sollen wir dich mitnehmen?“, fragten Ninas freundlich, doch ich winkte dankbar ab.

„Meine Mutter holt mich gleich ab“, log ich sie an, doch mir fiel in diesem Moment gerade keine bessere Ausrede ein. Obwohl Ninas Eltern wirklich nett waren und mich fast schon wie ihren eigenen Sohn behandelten, wollte ich nicht mit ihnen fahren. Die fröhliche Stimmung der perfekten Eheleute konnte ich nicht ertragen.

Noch hatte ich keine Ahnung wie ich jemals Zuhause ankommen sollte – laufen war vielleicht nicht gerade die beste Option – doch darum scherte ich mich nicht. Zurzeit wollte ich mich einfach an die Fenster setzen, hinaus starren und die ankommenden beziehungsweise abhebenden Flugzeuge beobachten. Es war eine Beschäftigung die mich gut ablenken konnte.

„Entschuldigung, ist der Platz neben ihnen noch frei?“, fragte mich eine glockenhelle Stimme. Zunächst registrierte ich nicht, dass ich angesprochen wurde, sondern starrte weiter mit leerem Blick vor mich hin, doch dann schreckte ich hoch und versicherte der Person vor mir mit einem „Natürlich“, dass ich kein Problem damit hatte.

Jedoch blieb mir die Antwort beim Anblick der jungen Dame vor mir fast im Halse stecken. Wie konnte das sein? Was war das denn für ein Zufall? Ganz verwirrt musste ich immer wieder einen kurzen Blick zu dem Mädchen werfen, um mich zu überzeugen, dass mir meine Einbildung in diesem Moment keinen Streich durch die Rechnung spielte.

Das Mädchen war keine Unbekannte für mich. Ich hatte sie bereits einmal gesehen. Zwar hatte ich nicht mit ihr gesprochen – ihre Stimme war hinreißend – und sie nur aus der Ferne beobachtet, dennoch hätte ich nie damit gerechnet sie einmal in meinem Leben wieder zu treffen.

Nur scherzhaft hatte ich Nina gestern mit eben dieser Schönheit aufgezogen und sie vor einem erneuten Aufeinandertreffen gewarnt. Trotzdem hatte ich mir nicht einmal in meinen Träumen vorstellen können, dass dies auch geschah. Natürlich war es nicht so, wie ich es Nina geschildert hatte. Sie hatte nichts zu befürchten im Hinblick auf unsere Beziehung, aber lustig war es auch so.

„Sag mal habe ich irgendwas im Gesicht oder bist du so ein kranker Stalker, der mir hinterherläuft?“, wollte sie auf einmal wissen, als sie mich dabei ertappte, wie ich zu ihr geschaut hatte. Sofort lief ich knall rot an. Wie peinlich war das denn?

„Äh nein, Entschuldigung… Ich habe dich nur gestern zufällig in der Stadt gesehen und musste mich davon überzeugen, dass du tatsächlich dasselbe Mädchen bist“, klärte ich sie auf und senkte dann meinen Kopf zu Boden.

„Dann ist ja gut. In letzter Zeit habe ich andauernd das Gefühl, dass mich jemand verfolgt. Vielleicht ist das auch alles nur Einbildung, aber gruselig ist es schon“, entgegnete sie erleichtert und wendete sich dann ihrem Handgepäck zu.

Das Mädchen tat mir leid. Es war sicher nicht leicht damit zu leben, dass man einen Stalker hatte oder auch nur ständig das Gefühl haben zu müssen, dass man verfolgt wurde. Hoffentlich hatte sie sich das tatsächlich nur eingebildet und war übervorsichtig. Aber vielleicht hatte sie auch Recht und sie wurde in diesem Moment beobachtet? Was wenn man sie gerade jetzt überwachte und jedes ihrer Worte mit anhörte?

Kidnapped - das Abenteuer geht weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt