2. Kapitel

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2.  Kapitel

Nina

Der Tag der Abreise war gekommen. Nun gab es kein Zurück mehr. Aber ich hatte den Punkt der Zweifel überwunden und freute mich sogar wieder auf die vor mir liegende Zeit und die neuen Erfahrungen, die ich würde sammeln können. Noch hatte ich keine genauen Vorstellungen davon was mich erwartete, jedoch erhoffte ich mir viel Spaß bei der ganzen Sache.

Entschlossen nahm ich meine Koffer und lief nach unten. Meine Eltern warteten schon auf mich und nahmen mir die Sachen ab, dann luden sie die Koffer ins Auto. Wie immer hatte ich das Gefühl etwas vergessen zu haben. Sicher war das auch dieses Mal der Fall, aber ich konnte es nicht ändern. Ausnahmsweise hatte ich streng nach einer Liste eingepackt, aber auch da konnte natürlich viel schiefgehen. Trotzdem sollte ich mir darüber keine Gedanken machen.

Als das Auto anfuhr, blickte ich noch ein letztes Mal zurück. Unser kleines, zierliches Haus entfernte sich schnell von uns und nachdem wir um eine Ecke gebogen waren, verschwand es ganz aus meinem Sichtfeld. Ich würde auch mein Zuhause sehr vermissen. Hier fand ich Zuflucht und Halt. Für die nächste Zeit musste ich mir einen neuen Ort suchen, den ich „Zuhause“ nennen konnte. Sicher würde mir das gelingen. Ich drehte mich daher wieder nach vorne zu meinen Eltern und erwiderte das Lächeln das sie mir entgegenbrachten.

Dennoch wurde es eine sehr schweigsame Fahrt. Das Radio dudelte vor sich hin und ich verfiel wieder einmal meinen Gedanken. Leon würde am Flughafen auf mich warten, so war es zumindest abgesprochen. Dann mussten wir uns verabschieden. Zum Glück gab es Telefone und Internet, sodass wir uns nicht aus den Augen verlieren würden. Aber was passierte, wenn Leon mich vergaß? Was war, wenn er diese Distanz zwischen uns nicht aushalten konnte? Würde er eine neue Freundin finden, während ich weg war?

Schon viele hatten mir geraten, niemals eine Fernbeziehung zu fuhren. Diese führte nur zu Schwierigkeiten, sagten sie. Natürlich war es schwer, wenn man die andere Person nicht real vor sich hatte und ich konnte auch nachvollziehen, dass sich Gefühle über das Telefon oder das Internet nur schwer ausdrücken ließen und schnell Missverständnisse zustande kamen, doch ich konnte mich nicht damit abfinden, dass das eine Beziehung zerstörte. Besonders bei Leon und mir musste es anders sein, sonst würde ich daran zu Grunde gehen.

Zur Not gab es da ja auch Tim. Er war schon seit einiger Zeit in mich verliebt und kämpfte aufrichtig um meine Anerkennung. Solange Leon da war, konnte ich ihm diese nicht geben – liebte ich ja doch einen anderen – aber sollte er mich verlassen, könnte das anders aussehen.

Sofort schalt ich mich aber für diese Überlegungen. Wie konnte ich an so etwas auch nur ansatzweise denken? Ich war doch nicht in zwei Jungen verliebt, sondern nur in den einen einzigen, der mich auf Händen trug und mich auf Wolken schweben ließ. ‚Du liebst Leon, Nina, niemanden anderen, verstehst du? ‘, redete ich mir daraufhin immer wieder ein. Und das half auch.

Doch dann waren wir auch schon da. Die Zeit war viel schneller vergangen, als das letzte Mal als wir zum Flughafen gefahren waren. Doch dies war verständlich: Ich machte mich allein auf in die Ungewissheit, während ich beim vorherigen Mal zusammen mit einer Gruppe von Freunden und Bekannten in den Sommerurlaub geflogen war. Das hier war kein normaler Urlaubstrip. Ab dem Check In war ich auf mich allein gestellt. Ich musste das richtige Gate finden und rechtzeitig im Flugzeug sitzen. Würde mir das gelingen?

Plötzlich wollte ich nicht aussteigen. Ich wollte hier sitzen bleiben und meinen Flieger einfach verpassen. Was wäre schon so schlimm daran? In Dänemark erwartete man hunderte von Leuten, da störte es wohl kaum, wenn eine davon nicht auftauchte. Aber meine Eltern machten mir einen Strich durch die Rechnung. Wie es auch nicht anders zu erwarten war. Mein Vater öffnete mir die Tür und ich stieg mit einem schlechten Gefühl im Magen aus. Gemeinsam gingen wir in die Flughafenhalle.

Kidnapped - das Abenteuer geht weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt