Zwei [Deu]

7 1 0
                                    

 Während Eric den Gehweg entlang lief und die Musik leise aus seinen Kopfhörern drang, balancierte Sara am Rand des Gehwegs wie eine Zirkusballerina auf einem dünnen Seil

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

Während Eric den Gehweg entlang lief und die Musik leise aus seinen Kopfhörern drang, balancierte Sara am Rand des Gehwegs wie eine Zirkusballerina auf einem dünnen Seil. Immer wieder musste sie sich mit ausgespreizten Händen zurück in Balance schaukeln. Die Autos fuhren ungebremst an ihr vorüber.

„Kannst du bitte damit aufhören?! Das ist gefährlich."

„Was soll schon passieren? Sterben kann ich nicht mehr."

Darauf reagierte Eric, indem er die Musik lauter durch seine Kopfhörer schallen lies.

Alleine betrat er das Schulgebäude und lief an dutzenden Mitschülern vorbei hinauf in den ersten Stock. Wie es in letzter Zeit üblich war, ging er gleich hinüber zu seinem Platz am Fenster ohne einen seiner Klassenkameraden zu grüßen. Mit dem Blick aus dem Fenster lies er sich auf dem Stuhl nieder. Mittlerweile war für Eric, einen eigentlich guten Schüler, die Schule nur noch etwas, das er so schnell wie möglich absitzen wolle, um danach nach Hause und zu Sara zu gehen. Allerdings schienen sich die Schultage endlos zu strecken.

Auch heute hatte der Unterricht noch nicht einmal begonnen und schon hatte Eric keine Lust mehr hier zu sein. Die Glocke läutete den Beginn der ersten Stunde ein. Seine Mitschüler, die um die Pulte standen und miteinander redeten, verstummten und setzten sich gemütlich auf ihre Plätze. Erst einige Minuten später kam ihr Klassenlehrer ins Zimmer und stellte sich kerzengerade vor die Tafel darauf wartend, dass die Jungen und Mädchen ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten.

Eric war einer der Letzten, der sich vom Blicken aus dem Fenster abwandte und dem Lehrer zu.

„Guten Morgen, Klasse."

„Guten Morgen, Herr Jorsen", entgegnete die Klasse im Chor.

„Bevor wir heute anfangen, habe ich eine Ankündigung zu machen", richtete ihr Lehrer an die Anwesenden. „Ab heute haben wir eine neue Mitschülerin. Ich hoffe, ihr nehmt sie freundlich auf und helft ihr, sich bei uns einzugewöhnen. Bitte begrüßt Alice."

Die Klassentür öffnete sich ein weiteres Mal und ein junges Mädchen von etwa 16 Jahren trat hinein. Mit einem Lächeln, dass fast die Hälfte ihrer unteren Gesichtshälfte vereinnahmte, trat sie neben Herrn Jorsen und strahlte die Klasse freundlich an. Ihre Hände hatte sie nervös vor ihrem Bauch verschränkt.

„Hallo, ich bin Alice und ab heute in eurer Klasse. Ich hoffe, dass wir alle gute Freunde werden können", sie blickte die Runde, die sie wie ein exotisches Tier anstarrten, an. Dabei schwangen ihre schulterlangen, schwarzen Locken sachte hin und her.

„Alice, bitte such dir einen Platz und dann fangen wir endlich an."

Zwar löste Alice ihre Hände endlich voneinander, doch nur um die Träger ihres kleinen schwarzen Rucksacks zu greifen. Auf der Suche nach einem Platz blickte sie das Klassenzimmer ab und vor allem die Jungen, die alleine an einem Tisch saßen, hofften darauf, dass sie sich neben sie setzte. Nur Eric hatte während Alices Vorstellung nicht auf sie geachtet, sondern nach einem kurzen Blick wieder sein Gesicht in Richtung des Fensters gewandt.

Eine Bewegung neben ihm lies ihn herumfahren. Alice hatte den leeren Stuhl neben ihm nach hinten gezogen und schob ihn nun mit ihr darauf zurück. Als sie bemerkte, dass Eric sie anstarrte, lächelte sie ihn an.

„Hallo, ich bin Alice", sie streckte ihm ihre Hand entgegen.

„Eric."

Er schüttelte sie aus Höflichkeit und damit war ihr Kontakt für den Rest des ganzen Tages beendet. Während der Rest der Klasse in der Pause zu ihrer neuen Klassenkameradin strömten und sie ausfragten, ging Eric hinaus zu der kleinen Bank unter dem Eichenbaum, um mit den Kopfhörern und seinem belegten Brot alleine zu sein. Auch als er zurück ins Klassenzimmer ging, setzte er sich still an seinen Tisch und schenkte seiner Nachbarin kaum Aufmerksamkeit.

Endlich beendete das Läuten den Unterrichtstag für heute. Froh, wieder nach Hause gehen zu können, sammelte Eric seine Sachen vom Tisch ein und steckte sie in seinen Rucksack. Alice tat dasselbe neben ihm und mit einer Traube von Mitschülern verließ sie den Raum. Eric folgte ihnen hinaus und bog dann nach links ab. Dabei kam er an den Basketballplätzen vorbei, auf denen einige seiner Schulfreunde spielten.

„Hey, Eric, spielst du eine Runde mit, bevor du nach Hause gehst?" fragte Gu, einer seiner ältesten Freunde.

„Sorry, keine Zeit", erwiderte Eric im Gehen und überraschte damit keinen von den Spielern auf dem Platz.

Schon seit Längerem hatte er nicht mehr mit ihnen gespielt und es auch jedes Mal abgelehnt, wenn sie ihn aufforderten, ihnen Gesellschaft zu leisten.

„Warum spielst du nicht eine Runde mit?" fragte Sara, die wieder neben ihm herlief. „Du liebst das Spiel doch so."

„Ich habe einfach keine Lust", erklärte er knapp und wechselte schnell das Thema. „Wo warst du heute in der Mittagspause? Normalerweise treffen wir uns doch immer bei der Bank unter dem Baum."

„Ich hatte heute einfach keine Lust."


Cherry Blossoms Falling from a TreeWhere stories live. Discover now