Kapitel 16

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Kapitel 16 - Von Nicht-Flirten, unerwarteten Ereignissen und Halt-die-Klappe-Küssen

- Coles Sicht -

Der Weg vom Hauptplatz wo die Party stattfand zum – ich sage jetzt mit Absicht nicht den hier bekannten Namen – Teil des Reservates das den Calmwoods gewidmet war, war ganz schön weit. Mittlerweile war es auch schon recht dunkel, das einzige Licht kam von den Laternen, die ein paar Fleißige neben den Wegen aufgestellt hätten. Trotzdem sah ich die Unebenheiten des Weges immer fast zu spät, sodass ich erst in letzter Minute darüber steigen konnte. Sollte Izzy das auffallen, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. An und für sich sollte mir das auch nicht passieren, denn die Nachtsicht der Tiger war außergewöhnlich gut, dass wir die Laternen eigentlich gar nicht gebraucht hätten. Aber ich war doch froh, dass sie da waren, denn meine blöden Kontaktlinsen schränkten meine Nachtsicht ein. „Weißt du was mir aufgefallen ist?“, fragte Izzy plötzlich und sah mich an. „Hm?“, machte ich und steuerte in letzter Sekunde um einen etwas größeren Stein der im Weg lag herum. Je näher wir dem Calmwood-Teil kamen desto unebener wurde die Strecke. Klar, hier war auch nichts mehr asphaltiert. „Mit dir kann man genauso gut reden wie still sein“, sagte sie und ich sah sie überrascht an. „Ist das jetzt ein Kompliment?“ Izzy lachte leise. „Ja, gewöhn dich aber nicht dran.“ „Warum denn nicht?“ „So wie du mit mir flirtest, auch wenn Daniel dabei ist, verdienst du es nicht besser“ Ich blieb stehen und sah sie in gespielten Schock an. „Ich würde doch nie im Leben mit dir flirten“. Izzy fand das ganze wohl extrem amüsant und blieb nach ein paar Schritten stehen und drehte sich zu mir um. „Ach?“ „Glaub mir, Schätzchen“, sagte ich und zog grinsend eine Augenbraue hoch, „Wenn ich mit dir flirten würde, würdest du es wissen – und rein gar nichts dagegen tun können“. „Hältst du dich für so unwiderstehlich?“ „Das sagen nur meine Erfahrungsberichte“, ich zuckte mit einer Schulter und setzte mich wieder in Bewegung.

Das was als nächstes passierte, konnte man eigentlich nur als Fügung des Schicksals bezeichnen. Oder vielleicht wollte mir dieses auch nur in meinen faulen Arsch treten.

Auf jeden Fall flog mir in diesem Moment etwas ins Auge und es fing wie verrückt zu brennen an – wie es sich halt anfühlt wenn einem etwas ins Auge fliegt. Automatisch fing ich an mein Auge zu reiben um das Ding rauszukriegen, was ich im Endeffekt auch schaffte. „Alles okay mit dir?“, fragte Izzy leicht besorgt. „Ja klar, mir ist nur was ins Auge geflogen“, antwortete ich und sah auf. Das erste was mir auffiel – und auch reichlich irritierte, da es nur auf diesem Auge so war – war wie detailliert das Bild war, das ich sah. Die Dunkelheit war für dieses Auge kein Hindernis mehr. Nachtsicht.

Oh Shit.

Ich wollte meinen Blick senken, sodass Izzy nicht auffiel, dass ich meine Kontaktlinse verloren hatte, aber anscheinend war es schon zu spät. „Was zur... Hölle...?“, sie sah mich erschrocken an und machte einen Satz von mir weg. „Wer bist du?“. „Bitte, ich kann das...“ Sie ließ mich nicht ausreden. „Du“, sagte sie als ob das alles erklären würde. „Ich?“ „Du bist der Verräter“ „Bitte?“ „Das Schlupfloch. Glaubst du Daniel wäre nicht aufgefallen, dass irgendwer den Runner mit Informationen versorgt? Wer könnte das besser als ein anderer Alpha?“ Okay, sie war auf einen völlig verkehrten Schluss gekommen und irgendwie ergab dieser auch überhaupt keinen Sinn. Sie ließ mir aber auch nicht wirklich die Zeit die Sache aufzuklären. Sondern griff mich an. „Hey warte...“ Im letzten Moment duckte ich mich unter ihrem Haken durch. Ich spürte die Luft um mich herum flimmern und wusste, dass Izzy sich verwandelt hatte.

Okay, Karten auf den Tisch. Jetzt kann ich auch aufhören so zu tun, als könnte ich nicht kämpfen.

Ich weckte den Tiger in mir gerade rechtzeitig als Izzy sich auf mich stürzte. Viel Zeit mich vorzubereiten hatte ich auch nicht gebraucht. Sie riss mich nach hinten auf den Rücken, wobei ich den Schwung ausnutzte um sie mit meinen Hinterläufen von mir runter zu treten. „Lässt du mich wenigstens erklären?“, fragte ich den knurrenden goldbraunen Tiger, der sich wieder aufrappelte, „Ich will dir nicht wehtun“. „Dafür ist es ein bisschen spät meinst du nicht?“. Sie wagte einen neuen Versuch und stürzte sich auf mich, diesmal mit ein bisschen mehr Kraft. Wir kugelten gemeinsam ins Gebüsch neben dem Weg in den Wald. Unweit vom Weg entfernt waren wir aber nicht. Izzy hatte sich allerdings mit der Kraft ein bisschen überschätzt und so war ich im Endeffekt derjenige, der sie am Boden festpinnte als wir zum Stillstand kamen. Natürlich wehrte sie sich wie wild. Ich biss die Zähne zusammen als sie mich mit den Krallen am rechten Vorderlauf erwischte. Ich spürte Blut an meinem Bein runterlaufen. Autsch. „Hör auf zu kämpfen“, befahl ich ihr. Ich tat das wirklich nicht gerne, aber offensichtlich hatte ich keine Wahl. Izzy beugte sich widerwillig meinem Befehl und knurrte nur noch. „Ich werde dich jetzt loslassen“, sagte ich ihr langsam, „Und dann verwandeln wir uns zurück“. Wie ich es gesagt hatte ließ ich sie los. Izzy sprang auf und schüttelte sich das Laub und die Tannennadeln aus dem Fell bevor sie mich wütend anfunkelte und den Tiger zurückzog. Ich tat es ihr gleich. „Was willst du von mir?“, fragte sie. Entfernt konnte ich die anderen Partygäste hören, die sich auf den Heimweg machten. Wie gesagt, wir waren immer noch in Hörweite des Weges, was – wie ich jetzt erst feststellte – nicht unbedingt vorteilhaft war. „Deine Loyalität“, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie schnaubte. „Wieso denkst du dass ich dir loyal bin? Ich kenne dich kaum“, sie hob die Augenbrauen, „Offensichtlich kenne ich dich gar nicht. Nette Moves übrigens“. Ich lachte freudlos. „Du kennst mich besser als du denkst und danke gleichfalls“. Ich nahm die Kette ab, die ich immer noch trug und hielt sie ihr hin. Eigentlich hatte ich sie nie abgenommen sondern nur den Anhänger in meinem Shirt versteckt. Izzy streckte zögerlich die Hand aus und nahm mir die Kette ab. Sie drehte den Anhänger in der Hand. „Oh mein Gott!“, rief sie dann etwas lauter als sie erkannte, dass sie mir die Kette geschenkt hatte, „Woher hast du die?“ „Ich war vor kurzem im Reservat da hab ich sie gefunden“. „Du hast kein Recht die zu nehmen, die gehört meinem besten Freund, die wollte ich...“ „Izzy!“, unterbrach ich sie, „Die Geschichte ist ein bisschen anders verlaufen als du denkst“. Sie erstarrte als sie ihren alten Spitznamen aus meinem Mund hörte.

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