Kapitel 2

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Kapitel 2 - Vom sonnigen Kalifornien ins verregnete Ohio und das ohne Solarium

„Endlich bist du zuhause!“ Ich fuhr vor Schreck zusammen als ich die Stimme hörte. „Mann, Jace, erschreck mich nie wieder so!“, rief ich und legte meine Schlüssel auf das Regal neben der Eingangstür meiner Meinung nach viel zu großen Villa, die mein Manager für mich organisiert hatte. Naja, ich war sowieso kaum hier. Nur abends, die Nacht und morgens. Manchmal nicht mal das. Jace rutschte der Treppe zum ersten Stock runter – vermutlich war er im Wohnzimmer da oben gewesen und hatte Playstation auf dem riesigen Flatscreen dort gespielt -, stolperte fast als er runtersprang und vor mir zum Stehen kann. „Brich dir nichts“, sagte ich trocken, „Dein Label killt dich sonst“. Er lachte nur. „Mein Label kann mich mal“. Jace hatte ich wenige Wochen nach dem Blitzstart in meiner Karriere kennen gelernt und wir hatten uns auf Anhieb gut verstanden. Wir hatten gemeinsam ein Fotoshooting gehabt für irgendeine Marke, dessen Namen ich sofort wieder vergessen hatte. Daraus konnte man schließen, dass Jace auch im Modelbusiness war. „Wie bist du hier überhaupt reingekommen?“, fragte ich während ich mir die Schuhe auszog. „Ach“, Jace fuhr sich durch seine dichten, dunkelbraunen Haare. Seine dunkelbraunen Augen blitzten übermütig. „Ich kenne alle deine Sicherheitscodes!“ Ich knurrte nur und ging in die Küche, Jace mir dicht auf den Fersen. „Du und dein fotographisches Gedächtnis. Bist du dir sicher, dass du im richtigen Business bist?“ Er grinste nur. „Solltest du nicht eigentlich in Miami sein?“, fragte ich dann als er nicht antwortete, „Oder haben sie dich gefeuert?“ Seine Augen wurden groß. „Gefeuert? Mich?“, er schnaubte, „Bitte! Wie könnte man so etwas wie mich feuern?“ Er deutete auf seinen Körper, ich verdrehte die Augen. „Naja, wir haben früher angefangen und waren früher fertig“. Ich suchte im Kühlschrank was zu essen, fand aber nicht wirklich was und begnügte mich mit einem Apfel. Jace setzte sich auf die große Anrichte gegenüber vom Herd und sah mir zu. Hier auf der Westküste war er mein bester Freund. Ich hatte mich gewundert, dass ich überhaupt hier so schnell Freunde gefunden hatte. Ich war ja nicht wirklich der aus sich heraus gehende Typ. Aber Jace schon und er hatte mich dann in seinen Freundeskreis eingeführt, seit dem gehörte ich dazu. Jace war ohnehin das komplette Gegenteil von mir. Ich hatte den Kerl überhaupt noch nie nicht fröhlich herumspringend gesehen. Er war der Einzige hier der von meinen Depressionen wusste. Es störte ihn nicht. Als er es erfahren hatte, hatte er es mit der Begründung „Bruder, wir sind in Hollywood. Hier hat doch jeder einen Knacks“ weggesteckt und er wusste auch von Zoey, obwohl er nicht verstand wie man sich so einem Menschen hingeben konnte. Ich schätze, er war wohl noch nie so richtig verliebt. Ich wollte die Küche schon verlassen, aber Jace’ Stimme hielt mich zurück. „Hey Alter, vergiss deine Drogen nicht!“ Ich verdrehte die Augen und musste lachen. Jace bezeichnete meine Antidepressiva immer als Drogen. „Wird man von dem Zeug eigentlich high?“ Ich schüttelte den Kopf über seine Dummheit und öffnete die Lade, wo ich meine Tabletten aufbewahrte. „Was passiert eigentlich, wenn ich eine nehme?“ „Du kriegst keine. Benutz deinen zu intelligenten Kopf mal zum Denken!“ Jace runzelte die Stirn. „Oder benutz Google“, schlug ich vor und goss mir ein Glas Wasser ein, „Google ist dein bester Freund“ Jace schnaubte und hüpfte von der Anrichte. „Nö“, sagte er dann, „Denn wenn ich das tue gibt der mir irgendwelche Statistiken, die mein viel zu kluger Kopf speichert und dann träume ich davon!“

„Hey Jace“ „Ja?“ „Jetzt wo du doch wieder da bist“, ich stellte das leere Glas in den Geschirrspüler und sah ihn wieder an, „Weißt du schon ob du mit willst? Meine Schwester hat gesagt ich kann einen Freund mitnehmen“. Ihr genauer Wortlaut war ‚Colton, nimm doch einen deiner Freunde mit, damit wir wenigstens ein paar Leute haben, die ihm Smoking gut aussehen’, aber das würde ich ihm nie sagen. Er brauchte wirklich keinen Ego-Boost. Jace fuhr sich durch seine dunklen Haare. „Ja, ich komme mit“, antwortete er dann, „Aber ich komme nach. Ich habe noch eine Besprechung an dem Tag für irgendeine Kampangne die mich als ihr ‚neues Gesicht’“, er malte Anführungszeichen in die Luft, „haben wollen. Ich komme zwei Tage nach dir nach Ohio“. „Cool“ Ich wusste nicht wieso, aber irgendwie fühlte ich mich erleichtert. Außer zu Darren und meiner Familie hatte ich nämlich zu niemanden mehr von früher Kontakt. Außerdem war Jace außer Darren der einzige, der den wahren Grund wusste warum ich damals nach L.A. abgezischt war. Im Nachhinein war es vielleicht nicht die optimale Lösung für mein Problem namens „Zoey“ gewesen, aber ich konnte mich über mein Leben hier in Kalifornien nicht beschweren. Es hatte sich recht gut entwickelt und mir ging es ganz gut damit. „Ja“, fuhr Jace gedehnt fort, „Immerhin war ich noch nie in Ohio“. Er runzelte die Stirn. Jace war ein recht typischer Kalifornier. Freundlich, irgendwie immer gut gelaunt, spontan und ein Surfer. „Dann nimm mal den Regenschirm mit“, sagte ich trocken. „So schlimm wird’s wohl nicht sein“, er winkte ab, „Hey, ich hab noch eine Stunde bis ich wieder los muss und deine Playstation ist noch an. Wollen wir?“ Das musste er mich nicht zweimal sagen.

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