Kapitel 8: Wettlauf gegen die Zeit

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Es dämmerte schon der Morgen, als James immer noch an seinem Schreibtisch sass und alles aufschrieb, was ihm noch im Gedächtnis geblieben ist. Mit dem Kugelschreiber tippte er auf dem Blatt herum, so das kleine Punkte entstanden und liess seinen Blick durch den Raum schweifen. Irgendwas hatte er vergessen, doch es wollte ihm einfach nicht einfallen. Die Bücher waren sauber geordnet, die Spirituosen waren nach Jahrgang in der Vitrine aufgereiht und die alte Standuhr schlug gerade neun Uhr morgens. Leicht desorientiert, nicht wirklich wissend welcher Tag heute war, ging James ins Zimmer von Elisabeth. Die Finsternis regierte das Zimmer, alleine weil die Rollladen an den Fenstern kein Licht durchliessen. Langsam bewegte er sich auf ihr Bett zu und versuchte irgendwas zu erkennen. Die Umrisse ihres kleinen Körper zeichneten sich langsam ab, nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Doch das, was er sah, liess ihm sein Blut in den Adern gefrieren. Mit Aufgeplatzten Schädel und deformierten Körper lag sie da, das Blut sickerte langsam, durch die Matratze und Bettdecke, auf den Boden. Zitternd bewegte sich seine Hand zu ihren kleinen Gesicht, welches so friedlich und ruhig da lag, als würde sie nur schlafen. Kurz bevor er sie berührte, schlug sie die Augen auf. "Rette dich." krächzte ihre sonst so liebliche Stimme mit trockenen Hals und James schrie, fiel rückwärts zu Boden und stiess sich den Kopf.

Das erste was er sah, war Claras Gesicht, als er die Augen öffnete. "Alles ok Schatz?" fragte sie und James versuchte seinen Oberkörper zu heben. Sanft drückte sie ihn zurück. "Ganz ruhig Schatz, du bist mit dem Kopf gegen die Kommode geknallt, aber mehr als eine grosse Beule wird es wohl nicht geben." Sie drückte ihn einen Kuss auf die Stirn. "Eli. Was ist mit Eli?" fragte er leise und merkte erst jetzt, was für schlimme Kopfschmerzen er hatte. Clara seufzte leise. "Ihr geht es gut. Um ehrlich zu sein, fragen wir uns, ob es dir gut geht. Du hast geschrieben und bist gegen den Schrank geschlagen. Was war denn los?" Besorgt schaute sie James an und fragte sich, ob das alles mit dem Stress zusammen hängt oder irgendwas anderes mit ihm war. Seit einigen Monaten benahm er sich so merkwürdig und irgendwie verschlossen. "Alles in Ordnung Schatz." sagte er und wusste, dass es eine dreiste Lüge war. "Ich habe mich nur erschrocken, da Eli so plötzlich aufgewacht ist, dass ich das Gleichgewicht verlor und umkippte." Clara runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter dazu und stand auf. "Ich mach dir erst mal ein Tee." waren ihre Worte, als sie das Wohnzimmer verlies und in die Küche ging. James schaute sich um. Der schwere Esstisch aus Eiche stand vor der grossen Fensterfront, die Ausblick auf den Garten gab. Genau dort wo er stehen sollte. Gegenüber der Couch stand imposant der Kamin mit den Bildern von ihnen. James schloss seine Augen, atmete ein und öffnete sie wieder beim ausatmen. "Alles wie immer." murmelte er. Sein Schädel pochte unnachgiebig. Doch es waren nicht die Schmerzen vom Schlag gegen den Schrank, es nagte etwas an ihm. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte.

"Charles, sie sind nun schon länger bei uns und kennen James ein wenig." sagte Clara während sie den Tee aufgoss. "Gewiss Mrs. Taylor." antwortete Charles, der gerade Obst in mundgerechte Stücke Schnitt. "Finden sie, dass er sich verändert hat?" Clara stellte den Wasserkocher zurück in seine Station und schaute zu, wie sich der Tee langsam verfärbte. Charles hielt inne mit dem Schneiden und schaute zu Clara auf. "Mrs. Taylor, wenn ich ihnen etwas sagen kann, dann das sich jeder Mensch, der unter solchen Druck wie ihr Mann steht, verändert. Er hat eine grosse Firmer zu leiten, in die er viel Geld investiert hat, er hofft dass er seine Tochter richtig erzieht und sie nicht zu sehr verwöhnt und ein guter Vater, sowie Ehemann möchte er auch noch sein. Das ist eine Menge Druck für eine einzelne Person und alles was sie machen können ist, Verständnis zeigen und ihn Unterstützen, wo sie nur können." Clara war verblüfft von den Worten und schaute dem Butler in die Augen. "Danke" sagte sie und ein Lächeln glitt ihr über die Lippen. "Keine Ursache Mrs. dafür bin ich doch da." Charles lächelte freundlich und schnitt die letzten Stücke der Birne fertig. Sorgfältig hatte er alle Kerne von Äpfeln und Birnen entfern und den Pfirsich geviertelt. Mit einer geübten Handbewegung entfernte er das Grün der Erdbeeren und halbierte sie. Alles richtete er liebevoll auf einen Teller an und ging mit diesem hinaus in den Garten. Elisabeth sass unter einem der Bäume und schaute auf die vorbeiziehenden Wolken. Sie lächelte, als sie Charles mit dem Teller ankommen sah und stand auf. "Danke Charles." sagte sie und nahm ihm die Teller ab. "Keine Ursache, kleine Prinzessin." antwortete Charles und erwiderte ihr Lächeln. Elisabeth schob sich ein Stück Birne in den Mund und lächelte vergnügt. Charles ging in die Hocke und beugte sich näher an Elis Ohr. "Ich hab ein wenig Staubzucker drüber gemacht, als deine Mutter nicht hinsah. Verrat mich aber nicht, ja?" flüsterte er leise und Eli schüttelte den Kopf. "Sicher nicht." Clara wollte nicht, das Elisabeth gesüsstes Obst bekam, dennoch fand Charles das die Früchte noch nicht reif genug waren und so war er sich wenigstens sicher, dass sie alles ass.

Dann, von einer auf die andere Sekunde, veränderte sich der Blick von Charles und es schien, als schaute er in die Leere. "Ich komme Mr. Taylor." sagte er überraschend und Elisabet beugte sich vor um an ihm vorbei zu schauen. James stand an der Terrassentür und blickte stur zu seinem Butler. Seine Knie knackten ungesund laut, als Charles sich erhob. "Bring den Teller bitte in die Küche wenn du fertig bist" sagte er zu Eli und lächelte beiläufig, bevor er ins Haus ging. Charles erreichte James, ging an ihm vorbei und sagte nur "Arbeitszimmer." James folgte ihm nach oben und als beide im Raum waren, schloss er die Tür. Ohne lange umher zureden, löcherte er Charles mit Fragen. "Sie sind tot. Meine Tochter - tot. Also was ist hier los?" Charles drehte sich zu ihm um und blickte in sein verlebtes Gesicht. "Mr. Taylor, ich weiss nicht was sie da reden. Aber ich versicher ihnen, ich stehe hier und bin real." James schnaubte verachtend, machte einen Schritt nach vorne und packte Charles am Kragen. "Hören sie auf, mich zu verarschen! Wer ist Mordokai? Raus damit!" Sein Körper zitterte und er war ein wenig irritiert, dass Carles keine grosse Regung zeigte. Er schaute nur auf die Hände an seinem Kragen und blickte ernst in James Augen. Ohne ein Wort, lies James los. "Danke." sagte Charles und strich sich seinen Anzug glatt. Ohne grosse Emotionen in seiner Stimme, sprach Charles ruhig und deutlich. "Mordokai, so so. Diesen Namen hörte ich vor fast dreissig Jahren das erste Mal. Ein gerissener Bastard, wenn sie mich fragen." Charles konnte sich ein grinsen nicht verkneifen. "Aber verflucht Clever, das muss ich ihm lassen." James war verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet. "Wir wollen ihn zur Strecke bringen, aber leider entwischt er uns immer. Der beste Weg ist also, über sie an ihm ranzukommen. Und wenn ich dafür mein Leben geben muss, dann ist es das garantiert die Sache wert!" sagte er ernst und mit Nachdruck. Die Wut stieg in James auf. "Aber nicht das Leben meiner Tochter!" protestierte er. Doch Charles sah keinen Unterschied. "Mir ist es einerlei wer lebt und stirbt, solang dieses Übel aufgehalten wird! Wir würden tausende opfern, wenn es diesen Mistkerl aufhält!" James wollte etwas erwidern, doch als er nur kurz blinzelte, fand er sich auf einer Rolltreppe wieder. "Was zum..?" kam es aus ihm raus und orientierungslos schaute er sich um. Er war in einem Einkaufszentrum und fuhr mit der Rolltreppe nach unten. Eine Passanten rempelten ihn an und drückten sich an ihm vorbei. Er schaute nach oben, Menschen drängten sich auf der Rolltreppe und liefen umher. Mehr in Eile als gemütlich. Es hämmerte wieder in seinen Kopf. Irgendwas wollte ihm etwas sagen. Er konnte nur einen Gedanken fassen und wusste nicht mal warum genau dieser. Elisabeth muss hier irgendwo sein. Er musste sie finden. Schnell. Unten angekommen lief er wie ferngesteuert zum Ausgang und seine Schritte beschleunigten sich zu einem Joggen. Als er seine Tochter draussen erblickte, brüllte er ihren Namen und schwang die Tür so heftig auf, das sie einen Sprung bekam. Elisabeth drehte sich um und lächelte. "Papa." sagte sie freudestrahlend, kurz bevor der Pickup ihren kleinen Körper erwischte. James rannte weiter, blieb nicht stehen. In wenigen Wimpernschlägen war er bei seiner Tochter. Doch bevor er sie berühren konnte, fand er sich in seinem Büro wieder. Er stand vor dem grossen Schreibtisch und auf seinen Sessel, sass eine Person. "Reden wir über meine Zukunft und deine Erlösung." sagte eine vertraute Stimme. Noch bevor James antworten konnte, drehte sich der Sessel und James blickte in sein eigenes Gesicht, was zu einem fiesen grinsen verzogen war. "In Ewigkeit hier und immer wieder, den tot deiner Tochter sehen. Oder du lässt mich raus und kannst diesen Kerl stoppen, der dir so viel Leid gebracht hat. Wähle!"

Die Mordokai Trilogie: Die JagdWhere stories live. Discover now