Salzwasserküsse

By kuesschen

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Nachdem Fallon ihr Abi in der Tasche hat und gar nicht weiß was sie mit ihrer Zukunft anfangen soll, beschlie... More

Vorwort
Intro
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Epilog
Danksagung

Kapitel 6

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By kuesschen


3. Tag

„So, bevor wir mit der nächsten Übung gleich beginnen werden wärmt ihr euch bitte zuerst wieder auf. Schließlich ist dass das A und O bei aktivem Sport. Eine halbe Stunde Schwimmtraining sollte ausreichen. Also alle ab ins Wasser!" Noah klatscht in die Hände und sieht uns auffordernd an. Von manchen von uns ist ein Seufzen zu hören, doch alle gehen Noahs Aufforderung nach. Judy und ich sind eine der letzten, die sich ebenfalls auf den Weg zum Wasser machen um dort fleißig zu schwimmen. Meine Zehen vergraben sich in dem heißen Sand, als wir über diesen laufen und unter meinen Füßen brennt es förmlich, sodass ich leise auf zische. Die Sonne steht hoch am Himmel, sorgt dafür, dass ich meine Augen leicht zusammenkneifen muss, um etwas sehen zu können. Weit draußen auf dem Meer sind vereinzelte Surfer zu erkennen. Heute sind die Wellen eher weniger stürmisch hier draußen, aber vielleicht ändert sich das ja noch. Die ersten von uns sind bereits im tiefblauen Meer und schwimmen eilig ihre Bahnen. Judy und ich blicken uns lächelnd an, ehe wir zu rennen anfangen. Das Wasser berührt unsere Füße und wir springen lachend in das erfrischende tiefblaue Wasser. Salzwasser spritzt mir ins Gesicht und meine Augen fangen an zu brennen, doch das ist mir in diesem Moment völlig egal. Gerade genieße ich es einfach nur jemanden an meiner Seite zu haben, eine neue Freundin gefunden zu haben und glücklich zu sein. Denn das ist es was zählt. Glücklich sein.

Und so fangen Judy und ich ebenfalls an unsere Bahnen zu schwimmen. So viel Arm- und Schultertraining wie heute habe ich noch nie in meinem Leben gemacht und ich weiß jetzt schon ganz genau, dass ich morgen einen heftigen Muskelkater davon haben werde. Und dabei ist das gerade erst Mal der Anfang. „Okay Leute, ihr könnt wieder raus kommen. Die halbe Stunde ist vorbei." Noahs Stimme lässt uns aufschauen. Er steht am Strand, seine Füße berühren das Wasser und er hält sein Surfboard fest in beiden Händen. Eilig schwimmen wir soweit es geht zurück zum Strand bis wir den Boden unter unseren Füßen spüren können und zurück zur Gruppe laufen. Augenblicklich knallt uns die Sonne wieder entgegen und in wenigen Minuten bin ich bereits am ganzen Körper wieder trocken. „Da die Trockenübungen vorhin bei allen ziemlich gut aussahen würde ich sagen üben wir das jetzt mal im flachen Wasser. Doch unterschätzt das nicht. Auch das Wasser in der vorderen Zone hat enorme Kraft. Viele Anfänger haben Schwierigkeiten ihr Gleichgewicht zu halten."

Noah macht kurz Pause, ehe er sein Board in den Sand legt und mit seinen Armen große Bewegungen macht. „Paddeln funktioniert wie bei einer Kraulbewegung beim Schwimmen. Ihr müsst mit beiden Armen abwechselnde, ruhige und vor allem kontrollierte gleichmäßige Züge immer frontal auf die Welle zu machen. Merkt euch das." Er schnappt sich sein Surfboard und läuft auf das Meer zu, bis seine Füße das Wasser berühren, welches im gleichmäßigen Takt vor und wieder zurück schwappt. „Ich mache euch die Übung kurz vor, ehe ihr euch dann selber ausprobieren könnt. Lauft nur so weit ins Wasser hinein, bis es eure Hüfte erreicht hat. Dann kann euch nichts passieren. Und passt auf eure Leash auf, wenn ihr mit eurem Board ins Wasser geht." Noah läuft einige Schritte ins tiefblaue Meer, ehe er sich zu uns umdreht und sich auf sein Board setzt. „Wir nutzen vor allem unsere Schultern und Arme um beim Paddeln vorwärts zu kommen. Damit wir aber auch in dieser Position nach vorne und damit auch unseren Oberkörper aufrichten können, müssen der Rücken, unser Bauch und auch die hüftstreckenden Muskeln hierbei aktiv werden. Denn wenn unser Rücken zu schwach ist klebt unsere Brust auf dem Board fest – wortwörtlich. Das hat wiederrum zur Folge, dass wir unseren Nacken verrenken müssen um überhaupt etwas sehen zu können. Dabei sind dann Nacken- und Kopfschmerzen vorprogrammiert und damit will kein Surfer belastet werden." Noah macht uns vor, was er mit seinen Worten meint und ich weiß ich sollte es nicht tun, doch ich kann nicht anders.

Meine grünen Augen haften an seinen starken, muskulösen Armen. Wie sie sich anspannen und dann wieder entspannen, während er kontrollierte und dennoch ruhige Bewegungen macht. Seine breiten Schultern bekommen meine komplette Aufmerksamkeit und ich kann nicht anders als mir vorzustellen, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn sich seine Arme um meinen Körper schlingen würden und er mich hält. Ein verträumtes Seufzen verlässt meine Lippen, so leise, dass ich es selber gar nicht bemerke. Auf seinem Gesicht liegt ein glückliches Lächeln, so voller Frieden und Sicherheit und ich bewundere ihn dafür. Denn genau das möchte ich auch. Ich will mit der Vergangenheit abschließen und nach vorne schauen können. Ich möchte wieder ich selber sein, glücklich und voller Lebensenergie.

„Je besser eure Körperhaltung ist, desto mehr könnt ihr eure Schultern bewegen und lange und kraftvolle Paddelzüge machen." Seine Stimme so laut und kraftvoll, voller Selbstbewusstsein, ohne, dass er auf irgendeiner Art und Weise arrogant oder überheblich rüber kommt. Ich kann nichts dagegen machen, doch plötzlich habe ich diese Gedanken in meinem Kopf. Ich weiß nicht woher sie kommen, sie sind einfach so da und gehen auch nicht so schnell weg. Wörter schweben in meinem Kopf umher, Bilder tauchen auf und verwehen langsam, wie der leichte Wind, der die feinen Sandkörner durch die Luft wirbelt. Ein Stoß in meine Rippen lässt mich verwirrt nach links hochschauen. Judy sieht mich an, ihre Stirn ist gerunzelt und ein kleines Schmunzeln bildet sich auf ihren Lippen, welches sich mit jeder weiteren Sekunde vergrößert. Sie stupst mit ihrer Schulter die meine an und zwinkert kurz, ehe ihr Blick zurück zu Noah und dann schnell wieder zu mir wandert. Ertappt seufze ich leise auf, reibe mir unbehaglich über die Arme und schaue für einen kurzen Moment auf den Boden, um mich zu sammeln. Verdammt. Habe ich unseren Surflehrer wirklich so offensichtlich angestarrt, dass Judy es tatsächlich mitbekommen hat? Oh Gott! Bitte nicht! „Scheiße, habe ich das wirklich gemacht?" Judy lacht leise und nickt langsam. „Oh ja girl. Du hast ihn angestarrt, als wäre er ein leckerer Schokoeisbecher, den du gleich vernaschen willst. Aber da bist du nicht die einzige." Judy nickt in die Richtung, wo auch Clara steht, welche offensichtlich ebenfalls von Noah beeindruckt ist. Ein komisches Gefühl breitet sich in meinem Inneren aus, doch das verschwindet schnell wieder, als ich zurück zu Judy schaue. „Darüber reden wir später noch." Gerade, als ich ihr erklären möchte, das da nichts ist und ich Noah nur so angeschaut habe, bittet uns Noah mit unseren Surfboards nun ebenfalls ins Wasser zu laufen und die von ihm vorgemachten Übungen zu versuchen. Natürlich teilen wir uns hierzu wieder in die zuvor eingeteilten kleinen Gruppen auf.

Es ist später Nachmittag als wir erschöpft, aber dennoch strahlend aus dem Meer laufen und den Strand zusammen mit unseren Surfboards, unseren Handtüchern und Trinkflaschen verlassen. Der Himmel taucht die langsam untergehende Sonne in ein rosarotes Licht und schenkt uns somit einen unglaublichen Ausblick. Die rauschenden Wellen und der immer noch warme Sand unter den Füßen machen diesen Moment noch etwas magischer und ein verträumtes Lächeln findet auf meinen Lippen Platz. „Wow!" „Ja, das ist unglaublich, oder? Obwohl ich diesen Ausblick jeden Tag genießen kann, staune ich trotzdem noch jedes Mal." Noah erscheint neben mir. Das Surfboard unter seinem linken Arm und die rechte Hand in der Badeshorts vergraben. Seine meeresblauen Augen sehen kurz zu mir, ehe er genauso wie ich auf das Meer hinausblickt. Lächelnd beobachte ich ihn. Seine kurzen blonden Haare glitzern leicht im Sonnenlicht und sie sehen so weich und flufflig aus. In seinen Augen spiegelt sich das Meer wieder und in diesem Moment erinnert er gerade an einen wahren Wellengott. Ich will etwas auf seine Antwort erwidern, doch da packt Judy mich bereits am Arm und nickt Noah entschuldigend zu. „Sorry, für die kleine Unterbrechung, aber Fallon und ich wollten jetzt zusammen ein wenig entspannen." Sie grinst und dieses Grinsen würde ich ihr gerade am liebsten aus dem Gesicht wischen. Seufzend drehe ich mich zu Noah um, welcher lachend nickt. „Okay! Okay! Ich stehe eurem Mädelsabend nicht im Weg." Er lacht noch immer und Judy und ich entfernen uns langsam vom Strand und somit auch von Noah.

Ich weiß nicht, wie lange es still zwischen uns beiden ist, als wir in unserem Zimmer angekommen sind, uns umgezogen haben und nun beide auf den gemachten Betten liegen. Judy sieht zu mir und ich sehe zu ihr, doch kein Ton kommt mir über die Lippen. Ich weiß einfach nicht, wie ich anfangen soll, geschweige denn, was sie überhaupt wissen will. Ein Seufzen kommt über unsere beiden Lippen, ehe Judy sich schließlich räuspert und mich vielsagend ansieht. „Also was ist da zwischen Noah und dir? Und was sind das für Momente, wo du vollkommen in einer anderen Welt bist? Du hast dann immer diesen nachdenklichen Blick drauf und wirkst verzweifelt. Du weißt ich bin für dich da. Du kannst mit mir über alles, wirklich alles, sprechen." Ein tiefer Seufzer verlässt meine Kehle und ich lasse mich nach hinten auf das Bett fallen. Meine Hände greifen nach dem kleinen Kissen neben mir, welches ich mir fest an die Brust drücke. „Es gibt so viel zu erzählen, dass ich überhaupt nicht weiß wo ich anfangen soll." Es raschelt kurz, dann sind Fußschritte zu hören und ehe ich etwas erwidern kann legt sich Judy zu mir aufs Bett und nimmt mich kurz in den Arm. „Am besten du beginnst mit dem Anfang." Ich atme tief ein und aus, ehe ich zu reden beginne. Meine Stimme klingt kratzig und leise und ein grauer Schleier taucht vor meinen Augen auf. Doch anders als früher habe ich jetzt jemanden bei mir. Judy hält mich fest, so fest und streicht beruhigend über meine Rücken, wann immer ein Schluchzer aus meinem Mund entflieht.

Ich erzähle ihr alles. Die komplette Geschichte von Matteo, von unserer zerbrochenen Familie und wie ich es schließlich nicht mehr dort ausgehalten habe. Sie sagt kein Wort, hält mich im Arm und zeigt mir somit, dass sie da ist und mich unterstützt. Als ich fertig bin, reibe ich mir kurz über die Augen und sehe zu Judy. Sie sieht mich mitfühlend an, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. „Es ist okay, Fallon. Lass alles raus, ich bin für dich da." Ich nicke langsam und schniefe leise. „Und was die Sache mit Noah angeht...ich habe doch selber keine Ahnung. Er strahlt so viel Glück, Ruhe und Frieden aus, ist so selbstbewusst und voller Energie. Ich denke ich bewundere ihn einfach nur." Mit einem nachdenklichen Blick sehe ich zu Judy, welche mich aus großen Augen anschaut und etwas in ihren Augen aufblitzt. Ein immer größer werdendes Grinsen breitet sich aus und Judy schüttelt schnell den Kopf. „Oh nein, meine Liebe. Mag ja sein, dass du ihn bewunderst, aber da ist auch noch etwas anderes. Und wenn es dich beruhigt: Nicht nur bei dir sieht man diesen gewissen Blick, sondern auch bei Noah. Wenn man genau ansieht, kann man nämlich alles sehen. Und deshalb solltet ihr beide unbedingt vorsichtig sein. Es sind keine heißen Liebschaften erlaubt, aber ich glaube, dass weißt du selber und Noah auch. Ich finde es ja wirklich süß, dass ihr beide anscheinend voneinander so angetan seid, aber das hier ist nicht irgendein Spiel, sondern die bittere und ernsthafte Realität. Wenn rauskommen sollte, dass da irgendetwas zwischen euch läuft, ganz egal auch was es auch ist, seid ihr wahrscheinlich sehr schnell weg hier und das will ich nicht. Ich dachte wir lernen zusammen das Surfen, genießen die Ruhe und den Frieden und erkunden zusammen die Welt. Denn das ist es doch was du möchtest, oder?" Verständnisvoll legt sie mir eine Hand auf die Schulter und schenkt mir ein liebevolles Lächeln. „Ja, schon. Aber Noah gibt mir diese Gefühle auch irgendwie. Ich weiß es ist komisch und ich sollte das nicht fühlen, aber ich kann nicht anders. Mein Körper handelt automatisch, er macht, was er will, ich kann ihn nicht steuern. Ich weiß nicht, was ich tun soll, Judy." Verzweifelt verberge ich meinen Kopf in den Händen.

„Wenn du die Welt erkunden und deine Vergangenheit hinter dir lassen möchtest. Wenn du auf den größten Wellen reiten möchtest und Frieden und innere Ruhe spüren möchtest, dann vergesse Noah und konzentriere dich auf das hier. Wir sind nur noch fünf Tag hier, Fallon, dann gehen wir sowieso woanders hin. Aber wenn dein Herz zu Noah möchte und du mit ihm alles vergessen kannst, dann leugne diese Gefühle nicht. Entweder du lässt Kopf oder Herz entscheiden, aber irgendeiner wird gewinnen und der andere verliert dann. Du bist diejenige, die mit dieser Entscheidung leben muss, deswegen ist es auch ganz alleine deine Entscheidung was du machst. Ich werde nicht für dich wählen, aber du sollst wissen, dass ich für dich da bin, immer. Und egal für welchen Weg du dich auch entscheiden magst: Ich stehe hinter dir. So schnell wirst du mich jetzt nämlich nicht mehr los. Freundinnen für immer und ewig." Judy umarmt mich lächelnd und plötzlich liegen wir uns weinend in den Armen und wollen uns gar nicht mehr loslassen. „Gott verdammt! Ich bin so froh, dass wir zwei uns hier begegnet sind, Judy. Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber ich weiß jetzt schon, dass dieses Band zwischen uns beiden so unglaublich stark ist. Und ich bin so froh, dich als beste Freundin in meinem Leben zu haben. Du machst diese graue Welt wieder etwas bunter und dafür bin ich dir so dankbar." „Awww, ich bin auch so froh, Fallon, wirklich. Und ich weiß jetzt schon, dass wir zusammen durch dick und dünn gehen werden." Wir lachen beide erneut auf und beinahe wären wir von dem Bett heruntergefallen. Zusammen albern wir noch ein wenig rum, bis uns jemand zum Abendessen ruft. Wie immer ist der Tisch reichlich gedeckt. Leckere Düfte ziehen mir in die Nase und mein Magen gibt ein zustimmendes Grummeln von sich. „Da hat aber jemand mächtigen Hunger." Noah grinst mich an, seine Zähne blitzen kurz auf und ich schenke ihm leichtes Lächeln, ehe ich mich dazu zwingen muss nicht mehr in seine Richtung zu blicken. Den gesamten Abend über spüre ich seinen verwirrten Blick auf mir, auch, als Judy und ich zusammen die Treppen herauf zu unserem Zimmer laufen um schlafen zu gehen.

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