Two Faces

By WingedShadow91

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Jesse - siebenundzwanzig, gutaussehend und alles andere als ein gewöhnlicher Mann. Von der Vergangenheit gepr... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51

Kapitel 6

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By WingedShadow91

Lässig schlendernd ging ich zu der Bar und winkte den Kellner dahinter zu mir. "Ein Red Bull bitte", bestellte ich und lies danach beiläufig meinen Blick durch den Raum wandern.
Natürlich hatte ich mich nahe genug an Liah rangestellt, damit sie mich trotz der Musik hören konnte. Sie schielte bereits zu mir rüber, schien aber zu versuchen, sich auf ihrem Barhocker so klein wie möglich zu machen. Es war niedlich wie sie versuchte mir zu entgehen und deshalb setzte ich einen extra zuckersüßen Ton auf als ich sagte: "Oh, du bist auch hier? So eine Überraschung"
Mit gespielt nachdenklicher Miene trat ich noch einen Schritt auf sie zu und lehnte mich dann lässig an die Bar. "Ähm... Liah, richtig?"
Zögerlich nickte sie und an der verkrampften Art wie sie ihr beinahe leeres Cocktailglas hielt, konnte ich erkennen, dass sie sich tatsächlich wünschte ich hätte sie nicht angesprochen. Vermutlich weil ihr der Zwischenfall bei Antonio immer noch peinlich war. Weshalb auch immer. Liah konnte sich doch auch einfach eingestehen, dass sie sich von mir angezogen fühlte.

Als der Kellner mir das Red Bull auf den Tresen stellte, sagte ich noch an ihn gewandt: "Und wir nehmen noch einmal so einen Cocktail"
Nickend zog der Kellner sich zurück und machte sich ans Werk, während Liah sich aufrichtete und mich lauernd ansah. "Das war wirklich nicht nötig. Ich möchte nichts mehr trinken"
"Warum nicht? Die Nacht ist noch jung und du sitzt beinahe auf dem Trockenen" Unbeeindruckt von ihrem Protest grinste ich sie an und fügte noch mit einem vielsagenden Blick hinzu: "Ich hätte dich beinahe nicht erkannt. Du siehst heute wirklich atemberaubend aus, Babe"
Zuerst wand sie verlegen den Blick ab, doch als ich sie erneut mit 'Babe' betitelte, funkelte sie mich herausfordernd an. "Ich habe dir schon mal gesagt, du sollst mich nicht so nennen"
"Und ich habe dir schon mal gesagt, dass ich davon überzeugt bin, dass es dir gefällt" Ich nahm einen Schluck von meinem Energiedrink und ließ dabei meinen Blick über Liah wandern.
Das Kleid schmeichelte ihrer schlanken Figur wirklich perfekt; der Ausschnitt zeigte nicht zu viel aber auch nicht zu wenig, der schmale Gürtel um die Taille betonte diese geschickt und ihr verdammt betörendes Parfüm benebelte bereits jetzt schon wieder meine Sinne. Da wurde sogar der unangenehme Zigaretten- und Schweißgeruch überdeckt der in der Luft lag. Ihre leicht gewellten Haare umrahmten ihr hübsches Gesicht und ihre dunklen Augen waren im verführerischen Smoky-Eye-Look geschminkt. In diesen erkannte ich aber auch, dass sie zwiegespalten war. Es stand ausser Frage für mich dass Liah mich attraktiv fand - auch wenn es eingebildet klang. Doch irgendetwas sorgte dafür, dass sie sich dagegen sträubte.

"Du bist wirklich gewaltig großspurig", bemerkte sie trocken und zog mit dem Strohhalm den letzten Rest Flüssigkeit aus ihrem Glas.
"Ich weiß, Babe", gab ich leichtfertig zu. Und ja, es machte mir wirklich ausgesprochen viel Spaß sie zu reizen; für den säuerlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht war es mir das allemal wert. "Trotzdem habe ich Recht"
Zwar wollte Liah etwas erwidern, doch dann überlegte sie es sich wohl anders, als der Kellner ihr freundlich den zubereiteten Cocktail überreichte. Sex on the Beach - der Klassiker.
Als sie ihre Gedlbörse aus der kleinen Tasche hervor hohlte traute ich allerdings meinen Augen nicht und sagte sofort wehement: "Du bist eingeladen!"
"Nicht nötig, danke" Mich ignorierend hielt sie dem Kellner einen Geldschein hin und er war bereits im Begriff ihn anzunehmen, als ich mit fester Stimme sagte: "Schreib ihn auf meine Rechnung Harry, sie ist eingeladen"
Zögerlich zog er seine Hand zurück und sah kurz unsicher zwischen uns hin und her. Natürlich gab er schließlich klein bei. "Wird gemacht Jesse"
Tja, es hatte eben auch so seine Vorteile ich zu sein.

Empört klappte Liah die Kinnlade nach unten und sie funkelte mich säuerlich an. "ICH wollte den Drink bezahlen! Es war nie die Rede davon dass ich von dir eingeladen werden will"
Etwas perplex sah ich sie an. Mensch, was war los mit diesem Mädel? Es war doch nur ein blöder Drink. War sie tatsächlich so verbissen darauf mir nicht klein bei zu geben? Sie hätte auch einfach Danke sagen können.
"Du bist schon ne Nummer für sich. Erst willst du kein Trinkgeld annehmen, jetzt regst du dich darüber auf dass man dir einen bescheuerten Cocktail spendiert...", sagte ich daher.
"Du kannst es dir einfach schenken den großzügigen Gönner zu mimen"
Kurz lachte ich auf, ehe ich mit ernster Miene noch einen Schritt auf sie zutrat und sie daraufhin unsicher auf ihrem Hocker hin und her rutschte.
"Was ist eigentlich dein Problem? Hat dich noch nie jemand auf ein Getränk eingeladen ohne dich gleich heiraten zu wollen?"
"Zumindest nicht ohne einen gewissen Hintergedanken dabei zu haben", konterte Liah und schaffte es tapfer das Kinn zu recken.
Amüsiert schüttelte ich den Kopf. Sie war stur, eigenartig und verdammt interessant!
"Vielleicht wollte ich nur nett sein". Ich hatte mein bestes, unschuldiges Gesicht aufgesetzt und merkte sofort, wie sie über meine Worte nachzudenken schien. Sie wog ab, wieweit sie mir trauen konnte.

Liah griff ohne weiter darauf einzugehen nach dem Sex on the Beach und nahm einen Schluck. Dabei wich sie meinem Blick aus und sah wieder stur auf die Tanzfläche. Okay, sie war wirklich verdammt eigensinnig. Bis zu einem gewissen Grad gefiel mir so etwas ja. Und bei ihr machte es mich einfach gewaltig neugierig.
"Nach wem hältst du eigentlich Ausschau?", wollte ich grinsend wissen und folgte ihrem Blick.
Ertappt wand sie sich mir wieder kurz zu, ehe sie antwortete: "Ich behalte nur meine Freundin im Auge"
"Welche von den aufreizend tanzenden Grazien ist sie?"
Liah schielte kurz abschätzig zu mir rüber, ehe sie die Gegenfrage stellte: "Warum? Um sicherzugehen dass sie keine deiner Verflossenen ist?"
"Hey, wofür hältst du mich?" Zwar sah ich sie empört an, aber natürlich lag sie mit der Vermutung nicht ganz so daneben. Wenn man mit der Freundin eines One Night Stands oder einer Ex Affäre flirtete, ging das für normal nicht so schön aus. Ich wusste wovon ich redete.
Schmunzelnd blieb Liah mir die Antwort schuldig und sagte stattdessen: "Die Blonde im roten Kleid, die sich gerade diesem Prinz Charming an den Hals wirft"
Ich sah erneut zur Tanzfläche rüber und suchte diese nach einer passenden Person ab. Okay, grünes Licht was einen womöglichen Konflikt anging; die Kleine mit den künstlerisch, hochgesteckten Haaren, dem roten, kurzen Kleid und dem perfekten Hüftschwung war mir gänzlich unbekannt. Als ich besagten >Prinz Charming< begutachtete musste ich grinsen.

"Sag mir nicht dass sie dich wegen dem Lackaffen hier alleine an der Bar sitzen hat lassen?" Der Typ war mir schon bei seinem bloßen Anblick mehr als unsympathisch. So stellte man sich wohl einen typischen Schnösel vor; Designerklamotten an denen man selbst auf diese Entfernung erkennen konnte wie teuer sie waren, längeres, zurückgegeeltes, braunes Haar und ein Zahnpastalächeln zum reinhauen. Solche wie den verputzte ich normalerweise zum Frühstück.
"Nein hat sie nicht. Er ist ein alter Bekannter von ihr und er hat uns heute hierher mitgenommen", erklärte Liah. "Die beiden hatten Lust zu tanzen und ich bin eine verdammte Spaßbremse auf dem Gebiet"
Leicht lächelnd sah sie zu mir rüber, senkte dann aber wieder verlegen den Kopf und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Sex on the Beach. Ich mochte das Gefühl, wenn Frauen sich vor Verlegenheit nicht trauten mir in die Augen schauen. Bei Liah spornte es mich noch mehr an...
"Da haben wir ja dann schon mal was gemeinsam", stellte ich fest und nahm schließlich auf dem Barhocker neben ihr Platz.

Irritiert beobachtete sie mich dabei und schien unentschlossen ob sie es gutheißen sollte. Doch bevor Liah auch nur auf die Idee kommen konnte das zu argumentieren, fragte ich: "Dann seit ihr heute also das erste Mal hier?"
"Meine Freundin Anna war schon öfter hier. Aber für mich ist es Neuland" Wissend sah ich sie an. Klar, wenn sie ja eigentlich auch erst wenige Wochen in der Stadt war.
"Du scheinst hier ja bekannt zu sein wie ein bunter Hund", meinte Liah und nickte beiläufig hinter die Bar, wo Harry gerade für eine Gruppe Frauen eine extra Showeinlage hinlegte.
Ich musste lachen und schüttelte den Kopf. Zum Glück war es nicht ganz so schlimm wie sie es darstellte.
"Naja, meinem Chef gehört der Laden. Da muss man die Vorteile hier ja ein wenig ausschöpfen"
"Wow, dein Chef muss ordentlich Fuß gefasst haben hier in der Stadt", stellte Liah mit gekräuselter Stirn fest. "Antonio hat mir erzählt dass er eine große Firma leitet und dass ihm einige Lokale hier in der Gegend gehören. Aber das Flame ist ja schon ein ordentlicher Brocken"
"Ja, er hat vor einigen Jahren die Firma seines Vaters übernommen. Autoteile. Import und Export. Und er hat eben gut in einige andere Objekte investiert", erzählte ich und log dabei nicht einmal. Dass Marco so ziemlich überall auch illegale Sachen am laufen hatte, ließ sich ja geschickt verschweigen.
"Reife Leistung. Er war doch der Mann, der letztens auch ins Restaurant gekommen ist, oder? Der mit den dunklen Haaren? Auf sein doch noch recht junges Alter, hat er wohl schon einiges geleistet" Anerkennend sah Liah mich interessiert an. Es war ja schön, dass sie mit mir redete und mir dabei sogar endlich in die Augen sehen konnte. Doch Marco war eigentlich nicht so unbedingt ein Thema, dass ich mit ihr großartig anschneiden wollte.

"Ja das war mein Chef. Er hat seinen Geschäftssinn wohl in die Wiege gelegt bekommen" Sein Vater war in der Tat verdammt stolz auf die Erfolge seines Sohnes. Egal ob legal oder illegal.
"Und was hast du für eine Funktion? Bist du in der Firma angestellt?", hackte Liah weiter nach und ihre braunen Augen sahen mich dabei etwas verlegen an. Wow, zeigte sie gerade Interesse? Endlich! Aber musste es sich ausgerechnet auf die Arbeit beziehen?
"Ja ich bin im Aussendienst tätig", antwortete ich daher nur knapp und hoffte auf eine baldige Gelegenheit das Thema wechseln zu können.
"Ah, cool. Dann kommst du wohl viel rum, was?" Liah zog genüsslich die süße Flüssigkeit durch ihren Strohhalm und beäugte mich dabei. Oh Baby, wenn sie nur wüsste was dieser Anblick für eine Wirkung auf mich hatte...
"Eigentlich bin ich eher hier in der Umgebung tätig. Also kein großes rumreisen in der Weltgeschichte" Ich versuchte krampfhaft mein Kopfkino auszublenden und packte die Gelegenheit beim Schopf, um das Thema zu wechseln.
"Wo wir bei meiner unbeantworteten Frage wären" Mit einem schelmischen Grinsen sah ich sie an und lehnte mich ein Stück näher zu ihr rüber. "Wie bist du denn nun hier gelandet?"
Missmutig stellte Liah ihr Cocktailglas auf dem Tresen ab und zupfte kurz ihr Kleid zurecht. Hatte ich schon erwähnt dass sie damit wirklich zum anbeißen aussah?
"Ach komm, ist das wirklich so ein Geheimnis? Ich kann verstehen wenn dir die Landluft mal etwas zu eintönig geworden ist", schob ich noch hinterher und legte den Kopf schief.
"Mir hat es gut gefallen auf dem Land, das ist es nicht", gab sie zurück und sah mich plötzlich wieder verurteilend an.
"Was war es dann?", ließ ich trotzdem nicht locker. Es brauchte schon mehr als einen mürrischen Blick, um mich zum Schweigen zu bringen.

"Ich wollte meinem bescheuerten Ex aus dem Weg gehen", gab sie plötzlich doch zur Antwort und hatte dabei so einen patzigen Ton angeschlagen, dass ich beinahe doch ein schlechtes Gewissen bekam. Aber eben nur fast. Nicht dass es mich gestört hätte, aber zu wissen dass Liah single war, weckte mein Interesse noch mehr. Auch wenn sie mir leid tat - denn den geknickten Eindruck den sie nun machte, sagte mir dass ihr diese Trennung wohl verdammt nahe zu gehen schien. Hätte ich doch lieber einfach die Klappe halten sollen?
"Tut mir leid. Ich wollte nicht wieder irgendwelche Erinnerungen wecken", sagte ich daher reumütig und fuhr mir einmal verlegen durch mein Haar. Okay, es war wohl wirklich ignorant von mir nochmal zu fragen. Eigentlich wollte Liah ja bei Antonio letztens schon nicht wirklich darüber reden.
Gedankenverloren kaute sie auf ihrer Unterlippe und ich musste mich wirklich zusammenreißen sie nicht wie ein Irrer dabei zu beobachten. Um mich abzulenken holte ich meine Zigaretten aus der Hosentasche und nachdem ich mir selbst eine zwischen die Lippen geklemmt hatte, hielt ich Liah die Schachtel hin. Doch sie schüttelte nur den Kopf und knetete abwesend ihre Hände. Natürlich rauchte sie nicht. Hätte ich mir denken können. Und ich war ein verdammter Idiot...

Nachdem ich einige Züge geraucht hätte, wurde das Schweigen wirklich unangenehm. Denn trotz der Musik herrschte eisige Stille zwischen uns.
"Es tut mir wirklich Leid. Ich hätte nicht fragen sollen", entschuldigte ich mich noch einmal und erkannte mich beinahe selbst nicht mehr wieder. Für normal machte ich mir nicht so einen Kopf über Leute die ich kaum kannte. Aber Liah machte so einen deprimierten Eindruck, dass ich nicht anders konnte. Das war eben auch der Grund weshalb ich mich lieber auf zwanglose, lockere Bekanntschaften beschränkte; es endete ja ohnehin immer beschissen. Da konnte man sich die Nerven auch sparen...
Mit einem leichten Lächeln sah Liah mich an und legte den Kopf versöhnlich schräg. "Schon in Ordnung. Im Grunde kann ich ja eigentlich froh sein ihn los zu sein"
"Ist nur oft wohl leichter gesagt als getan, was?", antwortete ich. Die wohl einzig erwähnenswerte, längere Beziehung die ich hatte hatte auch eher unschön geendet und trotzdem war ein bitterer Beigeschmack dabei. Man vermisste halt trotzdem...
"Mhm. Das stimmt", gab Liah zu. Sie schien ein wenig überrascht, dass ich das offenbar gut nachvollziehen konnte.

"Was ist passiert?", traute ich mich zu fragen und dämpfte meine Kippe aus, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
Liah griff wieder nach ihrem Cocktail und sah mich zögerlich an. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, räusperte sie sich und sagte knapp: "In Flagranti erwischt"
"Wow... Ernsthaft?" Ich hob die Augenbrauen an und schüttelte leicht den Kopf.
"Jep. Bin etwas früher von der Arbeit nach Hause gekommen. Ansonsten wüsste ich vermutlich bis heute nichts von seiner Affäre" Plötzlich klang sie eisig kalt und abgeklärt, was irgendwie so gar nicht zu ihr passte. Doch es war nicht zu übersehen dass sie mehr als nur verletzt war - von daher mehr als nachvollziehbar.
"Wie lange wart ihr zusammen?"
"Knapp fünf Jahre"
Hm, da ich sie ein paar Jahre jünger als mich schätzte, klang das wohl nach einer typischen 'Jugendliebe' .
"Wie alt bist du denn?", wollte ich gerade heraus wissen.
"Ich bin vierundzwanzig", antwortete Liah und sah mich wissend an. Sie schien zu ahnen worauf ich hinaus wollte.
"Ich kannte ihn von früher von der Grundschule. Und mit neunzehn sind wir uns wieder über den Weg gelaufen. Eigentlich dachte ich wir wären glücklich aber-", sie brach kurz ab und kräuselte nachdenklich die Stirn. "-da habe ich mich wohl gewaltig in etwas verrannt"
"War's ne längere Affäre?"
Liah strich sich ihre langen Haare nach hinten und nickte traurig. "Mhm. Habe hinterher erfahren dass er über ein halbes Jahr was mit ihr am laufen hatte"
Das war mal eine Ansage. Gut, ich war einer der Letzten der das Recht hatte einen auf Moralapostel zu machen. Aber ich machte immerhin kein Geheimnis daraus, dass ich einen lockeren Lebensstil bevorzugte. Auf diesem Gebiet hatte Ehrlichkeit für mich oberste Priorität und das - was Liah's Ex da offenbar abgezogen hatte - war in meinen Augen unter aller Sau! So belogen und hintergangen zu werden hatte niemand verdient.

"Dann ist es wohl in der Tat besser wenn du ihm den Laufpass gegeben hast", pflichtete ich ihr bei und sah sie mitfühlend an. Ich war sonst wirklich nicht der Typ der sich sofort für die Lebensgeschichte von jemandem interessierte, aber... Ach, keine Ahnung!
"Ja, ist es" Sie sah mich müde lächelnd an, doch in ihren Augen sah ich, dass ihr die Geschichte noch gewaltig nachhing.
"Du solltest die Chance nutzen und dein Singleleben auskosten", meinte ich und hatte mein Grinsen ausgegraben, von dem ich wusste dass die Frauen darauf flogen. Außerdem wollte ich einen Themenwechsel riskieren um sie womöglich damit abzulenken.
Die gewünschte Wirkung ging auch an Liah nicht vorbei und sie senkte verlegen den Kopf. Während ich von meinem Red Bull trank sah sie wieder auf und sagte ebenfalls grinsend: "Du klingst beinahe wie meine Freundin Anna"
"Tu ich das?"
"Ja. Sie will mir auch ständig eintrichtern dass ich mein Leben leben und mich nicht von Beziehungskram ablenken lassen soll"
"Na da hat die Lady in Red ja nicht Unrecht", lachte ich und leckte mir wie zufällig über die Lippen. Natürlich entging das Liah nicht und sie sah mir daraufhin wie gebannt in die Augen.
Wie in Trance sagte sie aber: "Das ist nur eigentlich absolut nichts für mich"
"Unbeschwert zu sein?"
"Lockere Affären und One-Night-Stands"
"Schon mal ausprobiert?" Ich nutzte die Gelegenheit dass sie von meinen Augen so gefesselt zu sein schien und beugte mich so dicht zu ihr rüber, dass mir ihr berauschendes Parfüm wieder in die Nase stieg. Es war himmlisch. Mit ernster Miene sah ich in dieses warme braun. Und ja, es war ein verdammtes Angebot!

Wie erwartet sah Liah mich wieder an wie ein scheues Reh. Es gefiel mir ausgesprochen gut, dass ich offenbar fähig war sie dermaßen aus dem Konzept zu bringen. Oder war sie einfach nur ein verschrecktes Mauerblümchen? Was ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen konnte.
"Du bist wirklich unmöglich!", beschwerte sie sich und lehnte sich nach hinten an den Tresen. So gelang es ihr zumindest ein paar Zentimeter Abstand zu mir zu gewinnen.
"Wieso bin ich unmöglich?", verlangte ich mit ernster Miene zu wissen. Dabei legte ich meinen Arm auf der Theke ab und stützte meinen Kopf daran ab. Mit fragendem Blick durchbohrte ich sie beinahe. Auch wenn ich natürlich genau wusste, worauf sie hinaus wollte.
"Du... Es geht dich absolut nichts an, ob ich... Sei nicht so neugierig!" Ihre Antwort klang hilflos und ich musste mich gewaltig am Riemen reißen, um nicht amüsiert zu grinsen. Ich hatte es immer schon geliebt Spielchen zu spielen, doch mit Liah machte es außerordentlichen Spaß.
"Ich versuche nur dich besser kennen zu lernen, Babe"
"Wozu?", verlangte sie mit leicht geröteten Wangen zu wissen. "Und nenn mich nicht Babe!"
"Na um herauszufinden ob ich dir behilflich sein kann" Immer noch mit perfektem Pokerface sah ich sie an und ignorierte gekonnt ihre Beschwerde.
"Wobei denn behilflich?", fragte sie aufgebracht und ich hatte sie genau dort, wo ich sie haben wollte. Liah war so in Fahrt, dass sie wohl wirklich nicht verstanden hatte, worauf ich hinaus wollte. Sie war fast schon ZU niedlich!

Um ihr das unmissverständlich klar zu machen, beugte ich mich erneut ein Stück zu ihr rüber und hob meine Hand. Sanft griff ich nach einigen Haarsträhnen und ließ sie während dem intensiven Blickkontakt durch meine Finger gleiten. Was Liah dazu veranlasste kurz überrascht zusammen zu zucken und irritiert auf meine tätowierten Finger und dann wieder zurück in mein Gesicht zu sehen.
"Dich locker zu machen", erklärte ich ihr mit einem Schmunzeln und fügte hinzu: "Und dir die Vorteile eines unbeschwerten Single Daseins zu zeigen"
Mit ihren verdammt heißen Smokey Eyes sah Liah mich an als wäre sie mich am liebsten angesprungen. Nur leider nicht aus dem Grund der mir zugesagt hätte. Empört öffnete sie ihren hübschen Mund und zischte gerade laut genug, um die Musik zu übertönen: "Herzlichen Dank, aber du kannst dir deine Masche sonst wohin stecken"
"Welche Masche?", verlangte ich zu wissen und hob herausfordernd meine rechte Augenbraue.
"Du weißt ganz genau was ich meine! Spar dir deine bescheuerten Flirtversuche für eine andere auf"
Trotzig verschränkte Liah ihre Arme vor der Brust, was dazu führte dass mein Blick kurz über ihr einladendes Dekolleté huschte. Sie ertappte mich natürlich dabei, was mich aber nicht weiter störte. Hey, es war schön anzusehen, was sprach also dagegen? Auch wenn ich mich dadurch selbstverständlich noch weiter ins Aus geschossen hatte.

"Ich würde mit meinen Flirtversuchen aber lieber bei dir Punkten", sagte ich gerade heraus und ließ mich von Liah's mörderischen Blicken nicht aus der Fassung bringen.
"Das kannst du vergessen. Ich habe von Typen wie dir die Schnauze voll"
"Von Typen wie mir?", lachte ich trocken. Als ob sie eine Ahnung von Typen wie mir haben würde...
"Ja! Von Typen, die einfach alles bespringen was nicht bei drei auf dem Baum ist"
Immer noch saß sie mit verschränkten Armen vor mir und starrte mich abwehrend an. Allmählich fragte ich mich warum ich eigentlich noch auf meinem Barhocker lungerte und mich nicht längst wieder auf den Weg zu Ben und den anderen gemacht hatte. Liah schien beinahe immun gegen meine Ausstrahlung zu sein und ganz sicher nicht für schnellen, unkomplizierten Spaß aufgelegt. Doch mein Interesse an ihr war zu groß um einfach die Biege zu machen. Ihr Abblocken würde ich nicht einfach so hinnehmen.
"Ich bespringe nicht alles was bei drei nicht auf dem Baum ist. Im Grunde bin ich meist doch recht wählerisch", klärte ich sie sachlich auf. Abgesehen von Elena. Aber das war eine andere Geschichte.
"Soll ich mich jetzt etwa auch noch geehrt fühlen?" Liah's rhetorische Frage triefte nur so vor Sarkasmus.
"Das wäre zumindest schon einmal ein guter Anfang"
"Du bist ein arroganter Arsch!"

Überrascht über ihren plötzlichen Ausbruch zog ich meine Augenbrauen zusammen. Ah, die zu Beginn noch scheue, zurückhaltende Liah wurde wieder zur Wildkatze. Das gefiel mir.
"Man hat mich schon schlimmeres genannt", meinte ich leichthin und zuckte mit den Schultern.
Entrüstet sprang Liah von ihrem Stuhl und griff aufgebracht nach ihrer Tasche.
"Was hast du nun vor?", wollte ich wissen und ließ mir nicht anmerken, dass ich die Befürchtung hatte sie endgültig in die Flucht geschlagen zu haben.
"Ich muss mal aufs Klo... ", antwortete sie patzig und war schon dabei sich in Bewegung zu setzen. Doch als auch ich aufstand wirbelte sie zu mir herum und sah mich böse an.
"Na da komme ich natürlich mit. Freut mich dass du zur Einsicht gekommen bist" Ich wusste dass ich den Bogen damit mächtig überspannt hatte, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.
Um Fassung ringend blickte Liah mich einige Sekunden nur an und ich konnte nicht anders, als sie daraufhin mit meinem dreistesten Lächeln anzusehen.
"Lass mich gefälligst in Ruhe", regte sie sich weiter auf. Doch ihr Blick - der über meinen Körper wanderte, während sie sich nervös auf die Unterlippe biss - verriet mir, dass sie zumindest doch nicht vollends gegen mich immun zu sein schien. Ich wusste es. Und es gefiel mir.
Mit wenigen Schritten war ich vor ihr angekommen und ich bückte mich ein kleines Stück zu ihr runter, als ich sagte: "Du hast ja keine Ahnung was dir entgeht, Babe"
Dabei schenkte ich ihr noch einen intensiven Blick und strich mit meiner Hand flüchtig über ihren nackten Oberarm. Als hätte sie sich dadurch verbrannt, wich sie zurück und sah mich mit großen Augen an. Ich war mir sicher dass Liah wieder eine Beschwerde in meine Richtung losfeuern wollte, doch bevor sie dazu kam, zwinkerte ich ihr zu und machte mich auf den Weg zurück zu Ben und den Jungs. "Wir sehen uns Babe"

So lässig wie möglich schlenderte ich davon und ließ Liah mit einem überraschten und verwirrten Ausdruck zurück.

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