Lichtritter

Od Sharlence

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"Seine Gier nach der Wahrheit war angefacht, er würde aus diesem stummen Kampf siegreich hervorgehen. Er würd... Viac

Auszug aus dem Alchemiebuch des Feyjassan
Prolog: Dunkles Eindringen
Akt 1
Identitätskrise (Teil 1)
Identitätskrise (Teil 2)
Legenden leben nicht (Teil 1)
Legenden leben nicht (Teil 2)
Legenden leben nicht (Teil 3)
Unangenehmes Wiedersehen (Teil 1)
Unangenehmes Wiedersehen (Teil 2)
Keine Monster (Teil 2)
Keine Monster (Teil 3)
Keine Monster (Teil 4)
Sandkörner (Teil 1)
Sandkörner (Teil 2)
Sandkörner (Teil 3)
Sandkörner (Teil 4)
Wunderfluch (Teil 1)
Wunderfluch (Teil 2)
Wunderfluch (Teil 3)
Zwischenspiel
Ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt (Teil 1)
Ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt (Teil 2)
Ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt (Teil 3)
Sigra'Kivi (Teil 1)
Sigra'Kivi (Teil 2)
Sigra'Kivi (Teil 3)
Ein Sandkorn, das im Auge sticht (Teil 1)
Ein Sandkorn, das im Auge sticht (Teil 2)
Ein Sandkorn, das im Auge sticht (Teil 3)
Ein Sandkorn, das im Auge sticht (Teil 4)
Das Haus der Alchemisten (Teil 1)
Das Haus der Alchemisten (Teil 2)
Das Haus der Alchemisten (Teil 3)
Schleichendes Verderben (Teil 1)
Schleichendes Verderben (Teil 2)
Schleichendes Verderben (Teil 3)
Stadtunter (Teil 1)
Stadtunter (Teil 2)
Stadtunter (Teil 3)
Stadtunter (Teil 4)
Das Fundament bröckelt (Teil 1)
Das Fundament bröckelt (Teil 2)
Das Fundament bröckelt (Teil 3)
Das Fundament bröckelt (Teil 5)

Keine Monster (Teil 1)

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Od Sharlence

Es war ein Scheusal.

Ein über acht Fuß großes Monster, das sich da liegend am Boden vor Eve befand. Wie zu einer Steinsäule erstarrt stand die Schattentänzerin im gemütlichen, warmen Zelt und starrte diesen Aatos an.

Seine waldgrünen Schuppen besaßen einen bräunlichen Ton, sowie einen grauen Schleier, der alles zu überdecken schien, was ein relativ hohes Alter erahnen ließ. Seine Arme und Beine waren dick und besaßen eine annähernd gleiche Länge, sodass sich das Scheusal auf zwei und vier Beinen gleichermaßen gut fortbewegen konnte. Sie endeten in gewaltigen, riesigen Klauen, an dessen fünf Finger obsidianschwarze, handlange Krallen gefährlich aufblitzten. Auf seinem Rücken zog sich ein kleiner Dornenkamm, wie man ihn von Drachen kannte, der jedoch weich und flexibel zu sein schien und keine wirkliche Bedrohung darstellte. Aatos' Kopf war dreieckig, mit kurzer Schnauze; unter der Oberlippe schoben sich mehrere kleine, spitze und mit rötlichem Sabber bedeckte Zähne hervor, seine mit Eiter verklebten Nüstern öffneten sich unter jedem schweren, rasselnden Atemzug, den das Scheusal von sich gab. Die Augen hingegen blickten Eve vollkommen klar an, eine faszinierende Mischung aus haselnussbraun und himmelblau, die Pupille rundlich und sie selbst fixierend.

...es war seltsam, in menschliche Augen bei einem solch mutierten, fremdartigen Gesicht zu blicken. Es war der einzige Beweis dafür, dass Aatos einst ein richtiger Mensch wie sie selbst gewesen war, ehe er von den Alchemisten zu einem solchen Monster gemacht wurde. Sie selbst hatte fest an der Überzeugung festgehalten, dass diese Wesen schon lange nicht mehr lebten, doch sie wurde just in diesem Moment eines Besseren belehrt.

„Du bist also die Schattentänzerin..." Aatos' Stimme klang krächzend und rau, als habe er tagelang nur geschrien. Zwischen jedem Wort machte er einen tiefen Atemzug, rasselnd und keuchend, und es wirkte, als würde ihn jede nur kleinste Bewegung zutiefst anstrengen. Eve sah sich die verklebten Nüstern noch einmal genauer an und nahm an, dass das Scheusal wohl an etwas erkrankt war, weswegen es sich nun in einer so schlechten Verfassung befand.

„Mein Name ist Eve." Normalerweise war ihre Stimme stark, mutig und selbstbewusst, doch dieses Mal flüsterte sie nur. Auch wenn Aatos seine glanzvollen Jahre bereits hinter sich gebracht hatte, war er mit Sicherheit noch immer stark genug, um sie mit einem einzigen Schlag umzubringen. Es hieß, Scheusale waren enorm aggressiv und kampflustig; sie dürsteten nach dem Blut ihrer Feinde und sonnten sich in deren qualvollen, schmerzhaften Schreien.

Aatos bewegte sich ein wenig und Eve erhaschte einen Blick auf seine linke Schulter; die Schuppen dort wirkten deformiert und hatten sich regelrecht schwarz verfärbt, während ein helles Narbengeflecht auf ihnen ausgebreitet war und einer beinahe schon marmorierten Struktur glich. Hatte das Scheusal deswegen solche Probleme mit der Bewegung? Schmerzte ihn diese uralte Verletzung immer noch? Und... woher hatte er sie überhaupt bekommen? Diese Wesen waren als die perfekten Soldaten gezüchtet worden und angeblich hatten selbst zehn Soldaten auf einmal sie nicht besiegen können.

Das Scheusal richtete sich auf, sodass es auf den Hinterbeinen zum Sitzen kam. Die Arme hatte Aatos auf den Knien abgelegt, die Krallen berührten beinahe den Boden. Er überragte Eve um mehrere Köpfe und linste nun zu ihr herunter, während die Assassinin den Kopf in den Nacken legen musste, um in die unheimlichen, menschlichen Augen zu blicken.

„Es heißt, der Mord an Prinz Serage gebührt deiner Ehre."

Eve schlug die Augen nieder. Sie wusste nicht so recht, ob es klug war, Feyjassan zu erwähnen – immerhin war der Mann ein Alchemist gewesen und konnte dem Scheusal ziemlich gut bekannt sein. Und so, wie es aussah, würde es Feyjassan bestimmt nicht als guten, alten Freund ansehen.

„Ich bin talentiert. Ich bin fähig. Ich bin nützlich", sagte sie stattdessen und schaffte es, ihre Stimme ein wenig dunkler klingen zu lassen.

„Ich habe nie etwas anderes behauptet", brummte Aatos. Dann legte er den Kopf schief und musterte sie genauer. „Was ist mit deinen Haaren passiert?"

Eve griff sich aus Reflex an den Kopf. Sie hatte sich ihre Haare zu einem festen Knoten hochgesteckt, um die kahle Stelle, die Feyjassan bei ihrem kleinen Kampf herausgerissen hatte, zu überdecken, doch aus seiner Sicht schien Aatos keine Probleme zu haben, sie zu erkennen. Hinter ihr bemerkte Eve, wie Dainius sich ein wenig streckte, um einen Blick auf ihre Kopfhaut zu erhaschen.

„Lass das", zischte sie ihm zu. „Es gab... gewisse Komplikationen."

„Das kann so nicht bleiben", erwiderte Aatos. „Geh zu Angyly und sie wird schauen, was sich noch retten lässt. Du bist sowieso zu auffällig. Das muss ebenfalls geändert werden."

„...wenn Ihr mir die Frage gestattet..." Die höfliche Rede kam automatisch, und auch wenn Eve ansonsten einen Scheißdreck darauf gab, ob sie respektvoll war oder nicht, doch Aatos hatte dies ihrer Ansicht nach verdient, „...wie schafft Ihr es, unentdeckt zu bleiben?"

„Jahrelange Übung", knurrte Aatos. „Ein langer Mantel, eine geduckte Haltung und ich gehe als großer Mensch durch. Meistens bleibe ich im Zelt oder rolle mich unter einem Haufen Decken zusammen. Dazu guckt in den Elendsvierten nie jemand allzu genau nach, wer sich in ihnen bewegt, denn wer viel weiß, der schwebt in Gefahr, die Aufmerksamkeit der Stadtwachen auf sich zu ziehen."

„Wir sind eine Familie und sorgen dafür, dass unsere Mitglieder beschützt werden", fügte Dainius hinzu.

„Wo wir von Familie sprechen, Jackal benimmt sich reichlich seltsam, selbst für seine Verhältnisse... oh." Die Zeltklappe öffnete sich und ein weiterer Mann, den Eve vorher nicht im Lager gesehen hatte, trat ein. Er wirkte jünger als Dainius, die dunkelblonden Haare waren zu einem ordentlichen Zopf gebunden, nur ein paar widerspenstige Haarsträhnen wurden von einem Stirnband zurückgehalten. Er trug einfache, lederne Sachen, die schon reichlich abgewetzt aussahen, sowie einen langen, dicken Mantel, den er jedoch beim Eintreten geöffnet hatte. Neben ihm steckten zwei Wölfe – normale Tiere, keines dieser riesengroßen, beängstigenden Viecher aus den Bergen – neugierig die Köpfe in das Zelt und fingen ob der Wärme sofort an zu hecheln. Der eine Wolf besaß ein schneeweißes Fell, nur die Ohren- und Schwanzspitze waren schwarz gefärbt. Das Fell des anderen Wolfes hingegen besaß ein solch helles Grau, dass es beinahe schon silbern schimmerte. Die beiden wirkten wie ruhige, gezähmte Hunde und setzten sich neben ihrem Herren brav hin, doch ihre blauen Augen ließen Eve keinen Wimpernschlag unbeobachtet.

„Nimer", begrüßte Dainius ihn und lächelte leicht. „Wenn ich dir Schattentänzerin Eve vorstellen kann?"

Der Mann namens Nimer nickte ihr kurz zu, machte jedoch keine Anstalten, ihr die Hand hinzuhalten. Das machte ihn für Eve sympathisch, denn es bedeutete, dass er, wie sie selbst, keinem Fremden vertraute.

„Ich habe Eve gerade erklärt, dass sie viel zu auffällig ist", erzählte Aatos ihm.

„Sie wird in der ganzen Stadt gesucht, ich habe die Steckbriefe gesehen." Nimer nickte, als wäre das selbstverständlich. „Aber Angyly wird das schon hinkriegen."

Diese Halb-Elfin musste ziemlich begabt sein, wenn sie die erste Person war, die ihnen bei einer äußerlichen Veränderung einfiel.

„Wir sollten die Stadt auch bald verlassen", sprach Nimer weiter. „Whytnee und Isegrimm wird die Kälte langsam zu viel. Es sind immerhin keine Eisklauenwölfe. Außerdem tut das Wetter auch dir nicht gut, Aatos. Wenn wir noch viel länger hier verweilen, habe ich Angst, dass du dich zusätzlich noch erkältest. Und wer weiß, ob du das dann einfach so wegstecken wirst."

Zusätzlich?

Dann musste das Scheusal eine schlimmere, chronische Krankheit besitzen, die ihn so auslaugte.

„Wenn wir die Zelte abbauen, Aatos auf den Karren verfrachten, dann könnten wir verschwinden, sobald die Hinrichtungen beginnen", meinte Dainius mit einem Stirnrunzeln. „In solchen Momenten ist die Aufmerksamkeit der Wachen auf etwas anderes gerichtet, als auf eine Spielmannsgruppe, die die Stadt verlässt."

Nimer hingegen schüttelte den Kopf. „Ausgangssperre. Wir können höchstens hinterher verschwinden, aber es wird schnell dunkel." In wenigen Stunden würde es bereits schon dämmern und dann war es mehr als unklug, die Stadt dann noch verlassen zu wollen.

„Wir werden nicht während der Hinrichtungen gehen, Dainius. Sie sind mir zu wichtig", knurrte Aatos bestimmend. „Die Eingänge zum Unüberwindbaren Gebirge sind nicht weit weg. Wir können es in der Nacht schaffen."

„Wir könnten auch nach Arensentia gehen", sagte Nimer mit nachdenklicher Stimme. „Die Sonne und Temperaturen werden dir mit Sicherheit gut tun."

Aatos warf ihm einen seltsamen Blick zu.

„Ich gehe nicht nach Arensentia", antwortete er dann mit seiner tiefen Stimme. „Es dauert zu lange."

„Wir wären nur ein paar Monate länger unterwegs", hielt Nimer dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und wir waren sehr lange nicht mehr da, es könnte nicht schaden, uns dort mal wieder blicken zu lassen."

Aatos knurrte ihn an, doch der Mann ließ sich davon nicht einschüchtern, sondern legte nur den Kopf fragend schief.

„Ich gehe nicht nach Arensentia!", fauchte das Scheusal und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, ehe es langsam wieder in sich zusammensackte. Aatos schlug die Augen nieder und hielt sich eine Klaue an die Brust, etwa auf der Höhe, wo sich sein Herz befand.

„...ein paar Monate können bereits zu viel sein."

Nimer und Dainius tauschten einen bedeutungsvollen Blick aus, dann räusperte sich der Geschichtenerzähler: „Wie du meinst, Aatos. Was Eve angeht..."

„Sie soll zu Angyly gehen", bestimmte das Scheusal und fixierte die Schattentänzerin mit beiden Augen.

„...gut. Das werde ich tun", antwortete Eve und fummelte dann an ihrem Geldbeutel herum. „Ich werde euch auch bezahlen." Sie hasste es, einfach Hilfe anzunehmen, sodass sie in dessen Schuld stand. Das würde niemals passieren, sie würde immer unabhängig sein.

Dainius kam zu ihr und legte eine Hand auf den ledernen, prall gefüllten Beutel.

„Behalt es", sagte er mit freundlicher Stimme. „Du bist uns auch nichts schuldig. Wir Andersartigen müssen in einer Welt wie dieser zusammenhalten."

Wir Andersartigen.

Eve hielt mitten in ihrer Bewegung inne und blickte dem Mann in die hellblauen Augen. Er lächelte sie an, doch gleichzeitig wirkte er so, als würde er ein Geheimnis bewahren. Ganz langsam ließ die Assassinin ihre Hände wieder sinken und nickte. Etwas in Dainius' Stimme berührte sie und ließ sie glauben, dass er tatsächlich meinte, was er sagte. Niemals im Leben würde die Spielmannsgruppe irgendeinen Gefallen von ihr einfordern – und wenn sie half, dann würde sie es aus eigenem Willen tun.

„Ich... suche dann mal eure Halb-Elfin", murmelte sie und wandte sich um.

Nimer trat zur Seite und pfiff seine beiden Wölfe zu sich, ehe er das Wort wieder an Aatos richtete: „Wir sollten noch einmal darüber reden, Aatos. Du bist nicht der alleinige Anführer hier..."

„Bin ich das nicht?" Aatos legte den Kopf fragend schief und öffnete das Maul ein wenig. Sabber tropfte an den langen Zähnen herab, perlte sich zusammen und fiele anschließend mit einem leisen Geräusch auf den Boden.

„Nicht in deinem Zustand." Nimers Stimme klang eindringlich. „Dainius, hilf mir mal!"

Eve merkte, dass dieses Gespräch nicht für ihre Ohren bestimmt war, also trat sie aus dem Zelt und wurde von der bitteren Kälte empfangen, die ihr ins Gesicht schnitt und die Wangen sofort rosa färbte. Leicht zitternd sah Eve sich um und erkannte Angyly nun am Feuer sitzen und sich mit ein paar der anderen Spielmänner unterhalten. Die Schattentänzerin trat auf sie zu und bemerkte gleichzeitig Jackals Blick auf ihr ruhen; als wolle der Mann aufpassen, dass sie keinen Unsinn anstellte.

...mit einem Scheusal im Nacken würde sie das eh nicht wagen. 

Pokračovať v čítaní

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