Aus der Asche zu neuem Leben

By SistersofChaos

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Erster Teil der Trilogie In einer Welt voll Sklaverei kämpft ein Prinz um einen Sklaven und um dessen Rechte... More

Die Welt
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Epilog
Sklavengesetze Murezio/Gedos
Sklavengesetze Taecleo

Kapitel 19

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By SistersofChaos

Auf dem Markt sah ich mich staunend um. Ich war ewig nicht hier gewesen und seitdem hatte sich alles verändert. Wachen geisterten über den Platz und eine Menge Verkäufer sahen mich einfach nur missbilligend an, als sie meine Augenfarbe erkannten, andere wirkten überrascht. Es waren viele aus den umliegenden Staaten da, die die ganze Sklavenpolitik nur aus der Ferne kannten.
Auch Murezianer waren da, aber nicht viele. Murezianer...
"Herr, zieht Euch die Kapuze über den Kopf."

"Wieso denn? Es ist doch viel zu warm." Ich hatte mir gerade ein paar Broschen an einem Stand angesehen.

"Hier sind Händler aus Murezio", zischte ich ihm zu.

"Was?" Ich sah mich unauffällig um. Tatsächlich, es waren Männer aus meiner Heimat. Ich zog die Kapuze über den Kopf. Ich fiel sowieso auf.

"Versuchen wir die Stände zu umgehen."

"Ja."

"Da hinten ist einer mit Metallwaren. Vielleicht gibt es da Ketten." Ich lief auf einem Stand zu, auf dem alles mögliche lag. "Ich suche Metallketten, haben Sie so etwas?", fragte ich den kleinen Händler.

Der Händler stellte ihm einen niedrigen Kasten hin. Aber die Ketten waren nicht gerade filigran. Ich nahm eine in die Hand.

"Mmh, haben sie noch was feineres? Oder einen Kollegen, der so etwas besitzt?"

"Hm...Da drüben", brummte der Mann. Ich drehte mich um und sah zu einem anderen Stand hinüber. Woher kannte ich denn den Mann?

"Okay."

"Neo, warte!" Ich hielt ihn am Arm zurück. "Ich kenne den Mann. Er war damals anwesend als wir auf dem Sklavenmarkt waren."

"Oh." Ich zog ihn in eine andere Richtung.

"Wo können wir noch welche finden?"

"Bei einem Schmuckschmied im Händlerviertel."

"Dann versuchen wir es da."

"Da sind auch nicht so viele Ausländer."

Er führte mich durch die Straßen bis ich das Hämmern der Schmiede hörte.

"Was schmales und feines", murmelte ich und besah die Schaufenster.

"Ich guck mal drinnen."

"Mach das, ich besitze eh kein Geld."

Ich kam wieder zurück. "Meinst du ich? Woher sollte ich Geld haben?"

"Oh, stimmt. Ich hatte vergessen, dass du nichts hast. Ich darf ja keins haben."

"Auch nicht, obwohl wir in Taecleo sind?"

"Nein, hier kann ich aber für dich Bote sein und damit Geld haben, auch wenn Ihr nicht dabei seid, aber nur mit ausdrücklichem Auftrag."

"Und was machen wir jetzt?"

"Nach Hause reiten und wiederkommen, wenn ich die anderen Anhänger repariert habe und die Goldmünzen vom Rost befreit habe."

"Dann können wir sie selbst verkaufen."

"Ja und das Altmetall aus den Rüstungen vielleicht auch."

"Ja. Damit kann der Schmied vielleicht etwas anfangen."

"Dann sollten wir zurück. Ich habe Arbeit."

"Vielleicht kann ich dir ja helfen."

"Wenn du willst."

Zurück auf dem Anwesen verschwanden wir sofort in der Abstellkammer und machten uns daran, die Anhänger nach und nach zu reparieren.

"Guck mal, ob du aus dem alten Schwert was rausholen kannst, der Knauf könnte noch zu gebrauchen sein."

"An sich ist es zu verrostet um es wirklich zu reparieren, ich könnte den Knauf abmachen."

"Der ist aus einem Metall, was man retten kann."

Ich hob das Schwert an und wog es in der Hand. Dann machte ich mich daran, den Knauf abzuschlagen.

"Anhänger fertig, jetzt nur noch der Müll." Es waren kleine Reparaturen an den neueren Anhängern gewesen und sie waren nicht unbedingt die größte Handwerkskunst.

"Ah! Jetzt." Ich hielt den Knauf hoch.

"Versuch ihn sauber zu machen, ich schau den Rest durch."

Ich nahm eins der Poliertücher. "Schau mal, der ist ja blau."

"Dann gehört er den Wölfen, vermutlich."

"Wölfen?"

"Dein Anhänger."

"Aber das ist doch ein Drache."

"Oh, stimmt ja, den Wolf habe ich verloren, als ich klein war. Entschuldigung."

------------------

Der Graf hatte es geschafft einen Teil der Inschrift zu entziffern. Einen Namen. Dhalia.
Ich saß über den Stammbäumen in der Bibliothek und versuchte verzweifelt den Phönix und eine Dhalia zu finden.

Ich wanderte an den Buchreihen auf und ab und brachte Neo zwischendurch Gebäck und Tee, dass ich seiner Mutter an der Tür abgenommen hatte.

Irgendwann sah ich erschöpft zur Decke. Ich hatte nichts gefunden. Der Krieg am Berg war nicht der letzte gewesen, sondern ein älterer, inzwischen fast tausend Jahre her. Ein Krieg um ein heiliges Artefakt zwischen Ritterorden. Ich hatte nicht einmal einen König gefunden, der zu dieser Zeit regiert hatte. Die meisten Dokumente gingen nicht so weit zurück. Nichts in dieser gesamten Bibliothek ging so weit zurück.

Ich saß an eines der Regale gelehnt und las ein Buch über Schwerter.

Ich kramte ein Sagenbuch raus. Der heilige Phönix. Hier wurde er erwähnt. In Verbindung mit dem großen Krieg, der der Beginn der Besiedlung in diesem Land war.

"Wie lange denn noch? Wir finden doch eh nichts." Ich legte das Buch weg.

"Ich hab hier was. Der Phönix entstieg aus der Asche des ersten Krieges und brachte dem Land Ordnung."

"Ah ja. Das hört sich an wie ein König."

"Du hast Recht. Ich habe aber nichts über die damaligen Landesgrenzen gefunden."

"Hm... Haben wir eine Karte hier? Mit allen Ländern?"

"Ja, aber nur neuere.
Die Sage spricht von dem Krieg vor zweitausend Jahren. Die Ritterorden haben alle um die Herrschaft und die Schätze des Landes gekämpft und sich alles genommen. Was sie wollten. Danach gab es das erste Mal Sklaven, bestehend aus den ehemaligen Einheimischen, die Grauäugigen."

"Ich habe die Landesgrenzen von verschiedenen Ländern auswendig gelernt. Wie sie jetzt sind und wie sie vor ein paar hundert Jahren waren. Wenn die Einheimischen damals vielleicht Geld hätten könnte der Phönix doch auch von ihnen kommen."

"Möglich."

"Vielleicht hätten seine Vorfahren ja sowas wie Könige oder Königinnen."

"Oder einen Gott..."

"Wegen dem Blut?"

"Dhalia war vermutlich also eine Sklavin. Aber wieso sollte man einer Sklavin so etwas schenken? Auch wenn sie vielleicht die ursprüngliche Besitzerin war, ist das viel zu wertvoll. Und wenn der Phönix wirklich das Wappen des ersten Königs war, wieso schenkt er dann so etwas?"

"Vielleicht war es seine große Liebe. Mein Vater hat meiner Mutter auch Schmuck geschenkt."

"Das würde die Inschrift erklären."

"Ich dachte, der Graf hat nur den Namen entziffern können."

"Das davor ist ein Geliebte."

"Ah! Also hat der König, der aus einem Krieg von Ritterorden hervorging eine Sklaven geliebt und ihr den Anhänger zum Geschenk gemacht. Aber das erklärt nicht das Blut."

"Oder einer seiner direkten Nachfahren. Phönixblut soll angeblich schützend und heilend wirken."

"Du denkst, dass das Blut von einem Fabelwesen war?"

"Möglich ist alles. Außerdem kann es auch das Blut des Königs gewesen sein."

"Es gibt keine Fabelwesen, sonst wären es ja wohl kaum Fabeln, die davon erzählen."

"Aber was soll das Blut eines Königs bewirken?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Wir können ja mal testen, ob etwas passiert, wenn man Blut reinmacht."

"Testen? Mit welchem Blut denn?"

Ich schraubte den Verschluss, an dem der Aufhänger war auf und schnitt mir dann in den Finger.

"Ey!" Ich hielt seine Hand fest.

"Es ist nur ein bisschen Blut, nichts schlimmes, ich bin vorsichtig."
Langsam tropfte etwas Blut in den Anhänger.
Ich schraubte ihn zu und schüttelte ihn. Nichts.

"Hm, vielleicht das falsche Blut."

"Vermutlich." Ich schüttete es aus dem Fenster in das Gras.

"Probier es mit meinem."

"Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist."

"Wieso?"

"Weil da jetzt Reste von meinem drin hängen und ich nicht weiß, ob es reagiert."

"Dann mache ich es sauber."

"Naja, eigentlich ist Blut ja Blut, oder? Also probieren wirs."

Ich schnitt mir ebenfalls in den Finger und ließ es hinein tropfen.

Ich verschloss ihn und kümmerte mich dann erst um seinen Finger.

"Ach!" Ich zog ihn weg. "Meinst du, ich verblute deshalb?"

"Nein, aber es könnte sich entzünden."

"Deiner auch."

Ich sah auf meinen Finger. "Ich habe hier Alkohol zum Desinfizieren."

Ich sah mir den Anhänger an.

Als ich danach griff, spürte ich etwas ähnlich dem Bund.

Erschrocken sah ich Neo an als ich ein komischen Gefühl bekam.

Ich nahm es hoch und sah in das funkelnde Auge. "Was auch immer hat funktioniert."

"Warum fühlt es sich so seltsam an?"

"Es hat ein ähnliches Gefühl, wie der Bund."

"Ja."

Ich drückte es. Es war warm und die Aura, die davon ausging hatte etwas beschützendes.

Ich bekam Gänsehaut.

"Es pulsiert leicht", meinte ich lächelnd.

"Das heißt es funktioniert."

"Ja." Ich presste es an meine Brust. Es fühlte sich an, als würden Jahre von Schmerz und Angst verschwinden. Ich versuchte den Bund zu nutzen um dieses Gefühl auch Cheveyo zu geben.

"Mmh..." Ich schloss die Augen. Der ganze Raum schien warm zu werden.

Ich ging zu Cheveyo und umarmte ihn. "Danke, dass ich es behalten darf."

"Du hast mir den anderen geschenkt, da kannst du doch nicht mit leeren Händen bleiben."

"Du hättest mir ihn auch abnehmen können, rechtlich ist es er immerhin deiner."

"Nein, zu mir passt er nicht."

"Er wurde zum Schutz einer Sklavin gemacht. Dhalia war die Prinzessin unseres Volkes, nachdem sich ihre Mutter freiwillig unterworfen hat um ihr Volk zu retten, wuchs sie als Sklavin auf. Das Metall ist von meinem Volk, der Phönix ist der neue König, der sie gerettet hat."

"W-woher weißt du das denn plötzlich?"

"Der Anhänger hat das wachgerufen. Darf ich deinen Anhänger haben? Nur kurz."

Ich gab ihm ihn.

Ich holte eine kleine Schale. "Ein Tropfen Blut, bitte." Ich öffnete den Schnitt vom eben wieder und ließ auch ein paar reintropfen.

"Was hast du denn vor?" Ich ließ ebenfalls einige Tropfen hinein.

Ich ließ den Anhänger in das Blut fallen. "Einen Schutz erzeugen."
Ich stellte die Schale über eine kleine Flamme Der Anhänger schien gerade zu Blut aufzusaugen. "Anscheinend bist du ein Ahne vom Phönixkönig und ich ein Nachfahre von Dhalia."

"Was soll ich denn mit dem Phönixkönig zu tun haben?"

"Der Anhänger hat dein Blut akzeptiert", meinte ich. "Und Dhalia ist meine Urahnin."

"Ich komme aus Murezio. Haben meine Vorfahren sich damals auch an diesem Krieg beteiligt?"

"Ich habe mich bei den Grenzen ziemlich dämlich angestellt. Ich habe keine gefunden, weil es keine gab. Die Ritterorden sind mit Schiffen hergekommen und unter dem Phönix war alles ein Land."

"Ah!"

"Wenn aber bestimmt von der Seite deiner Mutter."

"Das kann vielleicht sein."

"Wir müssten sie fragen." Ich zog den Anhänger aus dem Blut und trocknete ihn vorsichtig ab. "Hier. Er hat auch dem König gehört. Die Drachen waren sein Orden."

"Auch dem König, siehst du mich jetzt als einen?"

"Es ist dein Geburtsrecht."

"Nein, das ist Vejanos."

"Eigentlich hat Redos den Thron zurückgegeben", meinte ich und hob meinen Anhänger an.

"Hä?"

"Er hat, glaube ich, gesagt, dass er das Land nicht noch mehr zerstören will und die Sklaverei enden sollte und hat Dhalia den Anhänger gegeben."

"Aber das hat ja nicht geklappt."

"Es gab einen Anschlag auf den Palast. Dhalia hat den Prinz und ihr eigenes Kind genommen und ist geflohen. Der Ritterorden, der hinter dem Anschlag gesteckt hat ist hinterher um sie zu töten."

"Aber das erklärt nicht, was ich mit ihm zu tun haben soll."

"Den Rest würde ich dir lieber zeigen." Ich legte ihm die Kette um und konzentrierte mich auf unseren Bund.

"Wie willst du mit das zeigen?"

"Das was hier passiert ist. Die Nacht, in der das Königreich zerbrochen ist und die vielen Kriege begannen."

Plötzlich tauchten die Anhänger alles in ein pulsierendes Licht und wir sahen Bilder.

Eine junge Frau mit blauen Haaren schleppte sich durch den Schnee. Vor ihre Brust gebunden zwei Säuglinge, die sie versuchte mit ihrem Mantel vor der Kälte zu schützen. Sie war jetzt schon seit fast einer Woche auf der Flucht, seitdem das Schloss überfallen wurde. Zwischendrin hatte sie gehofft den Orden abgeschüttelt zu haben, aber auch jetzt hörte sie das Wolfsgeheul, was immer näher zu kommen schien.
Sie würden sie finden.
Weiter hinter ihr beobachtete sie aus dem Schatten ein Mann.
Er trug dicke Winterausrüstung und die Jacke schien mit riesigen Schuppen besetzt. Seine Haare waren weiß wie der Schnee und er beobachtete mit wachsamen blauen Augen alles. Er würde die Wölfe stoppen, auch wenn es sein Leben kosten würde. Es war ein kurzer Kampf, den die Frau an einen Baumstamm gedrückt ansehen musste. Letztendlich war es ein Pfeil, der mit einem metallischen Geräusch den Anhänger und das Herz des weißhaarigen Mannes durchstieß, der alles beendete. Vor Angst zitternd drückte sich die Frau an den Baumstamm.
Der blauäugige Junge vor ihrer Brust begann zu schreien und kurz darauf stimmte auch ihre grauäugige Tochter ein. Pfeile bohrten sich in den Baum, dann waren Pferde zu hören. Eine junge Frau sprang neben ihr vom Pferd. Danach ging alles schnell. "Nehmt die Kinder", flüsterte sie. "Ich muss nach Redos sehen." Sie gab ihr die Kinder und eilte durch den Schnee. Sie kniete sich über ihn, aber es war zu spät. Sie weinte und drückte ihn an sich. Im nächsten Moment sprang sie ein Wolf an, der sich irgendwo im Wald verborgen hatte und schleifte sie noch ein Stück, bevor er sie tötete.
Die Reiter waren weggeritten in der Annahme, dass Redos Dhalia mitbringen würde. Erst Tage später bemerkte man ihren Tod.

Als die Bilder und auch das Leuchten verschwanden atmete ich auf und blinzelte.

"Wir hatten uns doch gefragt, was hier passiert ist."

"I-ich bin bestimmt der einzige meiner Familie, der davon weiß."

"Von der Nacht ja, vom Erbe müsste zumindest deine Mutter wissen."

"Wahrscheinlich, aber davon hat sie nicht gesprochen. Es ging immer nur darum, was mein Vater für ein Erbe an uns weitergibt."

"Nicht gerade ein schönes. Guck mal genau in die Ahnenreihe."

"In welche?"

"Die von deinem Vater. Während den Kriegen wurde das Land aufgeteilt. Rate mal, wer Murezio abbekommen hat."

"Ja, die Vorfahren meines Vaters."

"Der Wolfsorden."

"Die Mörder der Vorfahren meiner Mutter sind die Vorfahren meines Vaters. Das wird ja immer schlimmer."

"Deshalb auch die Feindseligkeit von Taecleo. Das Gebiet hat der Einhornorden mit den Resten des Drachens übernommen. Sie waren dem König treu. Gedos war der Greifenorden, der eher mit den Wölfen sympathisiert hat."

"Ah, vielleicht kann man damit auch die unterschiedlichen Gesetze bezüglich der Sklaverei erklären. In Gedos und Murezio seid ihr keine Menschen, aber hier wo Redos Nachfahren geherrscht haben schon."

"Ja, seit dem ersten Krieg hieß grauäugig Sklave. Wie genau das mit den Augenfarben zustande gekommen ist, keine Ahnung. Erst für alle, dann wurde das Gesetz nach und nach verbessert."

"Na ja, du hast mal gesagt, dass sich Augenfarben verändern können, vielleicht kamen so die verschiedenen Stände zustande. Oder durch Einfluss von anderen Völkern."

"Hier waren alle grauäugig, keine Ahnung. Auf jedenfalls muss ich den Einhornanhänger Eli geben. Und den Wolf wieder finden."

"Wo könnte der denn sein? Könnte er vielleicht in der Familie meines Vaters weiter existiert haben und gar nicht hier sein?"

"Ich hatte einen und habe ihn verloren. Nur weiß ich nicht, wo."

"Dann müssen wir ihn suchen."

"Wenn wir jemals wieder nach Murezio kommen würde ich ihn gerne deinem Vater in die Hand drücken. Ich weiß aber, wo wir noch nach welchen suchen könnten."

"Das würdest du machen?"

"Ja, mit einem schönen Gruß von Dhalia, er wird damit bestimmt etwas anfangen können."

"Ich will ihn nicht wiedersehen."

"Ich kann es ihm auch per Post schicken. Hast du Lust einen Berg zu erklimmen?"

"Du willst doch da hoch?"

"In den Gletscherhöhlen liegt noch viel Zeug, da finden wir auf jedenfalls Anhänger. Ich würde deiner Mutter gerne einen schenken und deinen Brüdern."

"Hast du mir nicht zugehört? Ich will nicht nach Hause."

"Ja, Herr", meinte ich. "Darf ich trotzdem da hoch und Zeug holen? Ein Teil lässt sich bestimmt auch verkaufen."

"Ich komme mit, ich wollte doch sowieso da hoch."

"Danke."

"Lass uns jetzt aufbrechen."

"Ich suche schnell die Wintersachen, es wird kalt da oben." Ich verschwand durch die Tür und kam kurz darauf mit zwei dicken Jacken wieder.

"Wir müssen sicher viel klettern."

"Ich würde dem Fluss folgen, das ist der einfachste Weg und er führt direkt zu einer Eishöhle."

"Ah okay." Wir ritten wieder zum Fluss und diesen entlang.

Als wir bei der Höhle ankamen sah sie aus wie ein großer schwarzer Mund. Ich band mein Pferd fest und lief zum Eingang, wo bereits die ersten Dinge im flachen Wasser glitzerten.

"Wie schön das aussieht. Wie eine riesige Schatztruhe."

"Ja", ich begann die Dinge aus dem Wasser zu lesen.

Ich stapfte weiter hinein, wo die Höhle tatsächlich größer wurde und von der Decke Eiszapfen glitzerten.

"Schau dir mal die Wände an", meinte ich fasziniert. "Das sind Menschen und Pferde."

Seine Stimme hallte etwas von den Wänden wieder. Ich klopfte vorsichtig gegen eine der Wände. "Sind sie hier eingefroren?"

"Scheint so." Ich nahm ein Schwert vom Boden. "Wir sollten lieber nicht zu viel Lärm machen, sonst fallen die Eiszapfen."

"Ich pass schon auf. Was meinst du, wie viel Gewinn man machen würde, wenn man die Männer mit ihren Rüstungen ausgräbt?" Ich klopfte wieder gegen die Wand.

"Viel, aber ich will nicht durch den Gletscher sterben."

"Ist ja gut, ich wollte auch nicht durch Eismassen sterben."

"Dann lass uns alles mitnehmen und dann hier wieder raus."

"Ja." Ich begann auch Teile aufzusammeln.

"Hier." Ich reichte ihm einen Beutel.

"Danke." Ich hatte zuvor alles in meiner umgeklappten Jacke gesammelt.

"Zieh die Jacke lieber an, wenn wir weiter reingehen."

"Noch weiter?"

"Naja, wenn wir schon hier sind."

"Ist der Wolfsanhänger bis jetzt nicht dabei gewesen?"

"Doch, ich will mich nur umsehen."

Ich folgte ihm weiter hinein, vorbei an den eingefrorenen Menschen und Pferden.

"Das ist so krass hier drin."
Der Weg wurde uneben und dazwischen ragten jetzt auch Eiszapfen vom Boden in die Höhe.
"Schwert für dich?", fragte ich und zog ein leicht angerostetes Schwert aus dem Boden.

"Sieht gut aus."

"Ich machs dir neu, vielleicht finden wir auch noch die passende Rüstung."

"Oder eins für dich."

"Ich bin mehr ein Messerkämpfer."

"Dann vielleicht einen Dolch oder so was."

"Wenn ich was taugliches finde, sage ich...gefunden." Ich ging zu einer Wand und zog den Dolch, der im Eis steckte, raus.

"Das ging schnell."

"Ja, aber genau jetzt sollten wir gehen, da hat sich ein Riss gebildet. Lauf!" Alles erbebte und Eiszapfen fielen von der Decke.

"Ah!" Ich drehte mich um und lief los.

Ich rannte hinterher und wir kamen gerade so noch raus, bevor alles einstürzte.

"Geht es dir gut?" Ich packte ihn an den Schultern und sah ihn an.

"Ja und dir?"

Ich sah an mir hinunter. "Ja."

"Gut, dann nichts wie weg. Bevor der ganze Gletscher wegbricht."

Ich sah nach oben. "Es ist Gott sei Dank ruhig."

"Trotzdem." Ich lief zum Pferd und stieg auf.

Ich folgte ihm mit einem letzten Blick auf den Berg.

Ein ganzes Stück Gletscher brach ab und ich trieb mein Pferd schneller an.

Ich war ein Stück weiter hinter ihm und sah nach oben.

"Schneller, wir müssen hier weg."

Ich gab meinem Pferd die Sporen.

Als wir unten am Fluss angekommen waren, wurde ich langsamer.

"Oh Gott!"

"Es ist meine Schuld, ich hätte den Dolch nicht rausziehen sollen."

"Ach was, die Höhle war einfach instabil."

"Das wussten wir ja aber schon vorher."

"Ja, aber war doch gut, dass wir drinnen waren."

"Hat sich gelohnt", meinte ich und wirbelte den Dolch durch meine Finger.

"Und viele neue Schätze haben wir auch."

"Ja, ich werde gleich anfangen."

Wir ritten zurück.

------------------

Die nächsten drei Tage arbeitete ich fast ununterbrochen, nicht mal zum Essen oder schlafen verließ ich die Werkstatt.

"Neo?" Ich öffnete die Tür und nahm ihm den Anhänger weg. "Hör auf jetzt!"

Ich sah ihn perplex an. "Aber ich war doch noch gar nicht fertig!"

"Du bist seit drei Tagen hier drin und vollkommen übermüdet."

"Aber ich habe noch nicht alles fertig."

"Trotzdem. Geh etwas essen und schlafen."

"Aber ich will das hier noch eben fertig machen."

"Das kannst du ja, aber das ist doch nicht zwanghaft jetzt sein. Das hast du vorher doch auch nicht gemacht."

"Ich bin aber gerade drin. Ich mache nur noch das eine Teil."

"Und dann noch eins und noch eins, jetzt mach eine Pause."

"Ich verspreche, ich mache nur noch das hier."

"Wirklich? Ich bin mir da nicht so sicher."

"Ich aber, geh doch schon mal ins Bett."

"Nein, ich warte."

"Lass mich doch einfach in Ruhe arbeiten."

"Vielleicht kann ich dir ja helfen, dann geht es schneller."

"Nein, kannst du nicht. Geh einfach hoch ins Bett. Ich komme, wenn ich fertig bin."

"Wieso darf ich dir jetzt plötzlich nicht mehr helfen?"

"Weil du gerade störst."

"Ach ja? Mich stört es, dass du dich so daran festbeißt. Was ist los? Warum machst du das?"

"Weil ich das verdammte Zeug reparieren will, verdammt."

"Ja, aber ich habe doch gesagt, dass das Zeit hat. Niemand hetzt dich dazu oder zwingt dich dazu. Das hast du vorher auch nicht gemacht."

"Aber jetzt habe ich das ganze Zeug und ich will doch nur etwas nützliches machen."

"Das machst du doch auch. Aber du hast seit drei Tagen weder gegessen noch geschlafen. Dein Körper macht das doch auch nicht mit."

"Mir geht es gut", fauchte ich und schlug auf den Tisch.

Ich zuckte zusammen. "Okay, okay...Du bist verrückt..."

"Bin ich nicht!"

"Doch bist du! Du bist besessen davon die Anhänger zu reparieren und ich weiß nicht warum."

"Ich habe doch nur endlich etwas zu tun, verdammt, du hast mir ja nie irgendwelche Aufgaben gegeben!"

"Was? Du sagst doch andauernd, dass ich deine Aufgabe bin oder war. Jetzt ist der Bund ja beruhigt."

"Du bist meine Aufgabe, aber ich habe dennoch nie etwas zu tun, außer dir Tee zu bringen."

"Dann mach doch deine Anhänger fertig und ich hole mir meinen Tee in Zukunft allein!"

"Mach doch, wenn es dich so stört, dass ich mich auch mal mit was anderem beschäftige!"

Entsetzt sah ich ihn an. Was war nur in ihn gefahren? Wütend und traurig verließ ich die Kammer.

Als er weg war, schlug ich auf den Tisch. Wieso konnte er es nicht einfach akzeptieren?

Ich stapfte zurück zum Haus und lief auf direktem Weg in mein Zimmer.

Ich konnte mich kaum auf den Anhänger konzentrieren und so dauerte alles noch länger. Als ich ihn fertig hatte, griff ich nach dem halbfertigen Schwert. Das würde schwerer werden, aber es war ja für Cheveyo und vielleicht war er dann nicht mehr so wütend.

Hatte es wirklich etwas mit mir zu tun? Oder hatten die Anhänger plötzlich eine Besessenheit in ihm hervorgerufen?
Unruhig lief ich hin und her, die Gedanken drehten sich im Kreis.
Irgendwann reichte es mir und ich rannte nach unten. Ich musste etwas anderes sehen, mich irgendwie ablenken. Ich verließ das Anwesen.

Ich war auf den Schwert eingenickt. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich so müde war. Langsam wurde es hell am Himmel.

Ich rannte weit, ich wusste aber nicht wie weit. Als ich mich umsah war es wieder hell geworden, aber ich wusste nicht, wo ich war.

Ich hatte das Schwert fertig und wollte es Cheveyo bringen. Ich orientierte mich am Bund, aber er war nicht auf dem Gelände. Seufzend nahm ich ein Pferd und ritt los.
Was ein Idiot! Vermutlich hatte er sich verlaufen.
"Du bist ein dämlicher, dämlicher Vollidiot! Wie genau bist du hier gelandet? Du hättest mich auch einfach vor die Tür setzen können, wenn du mich so ungern in deiner Nähe hast!", rief ich, als ich ihn auf einem Feld mitten im Nirgendwo entdeckte.

Ich drehte mich um. Was machte er denn hier?
"Hast du nicht was zu tun?"

"Eigentlich schon, aber ich darf ja hirnlose Prinzen in Feldern einsammeln!"

"Hast du sie noch alle? Lass mich in Ruhe!"

"Damit du dich noch mehr verläuft? Vergiss es!"

Vor Wut kochte ich und ehe ich etwas gesagt hatte, hatte ich mit der Hand ausgeholt.

Ich wollte kurz zurückschlagen und ihn anschreien, als mir wieder einfiel, wer und was ich war.
Ich hatte es geschafft direkte Befehle zu missachten, obwohl ich es nicht durfte, und ihn anzuschreien.
Jetzt bestrafte mich der Bund dafür mit Schmerzen und zwang mich, mich zu entschuldigen und meine eigentlich angedachte Position einzunehmen.
Der Bund riss mich von den Beinen und ich drückte meine Stirn in den Boden. Verdammt, wie konnte ich in so kurzer Zeit jede Verbindung zur Realität verlieren?
"Entschuldigung, Herr. Dieses Benehmen steht mir nicht zu. Ich werde jede Strafe akzeptieren."

Entsetzt sah ich ihn an. Ich hatte noch nie jemanden geschlagen. Ich hatte mir geschworen ihn nie zu schlagen.
Und jetzt saß er wieder vor mir auf den Knien und entschuldigte sich.

Eine Welle Schmerz und Angst jagte durch mich und ich drückte mich wimmernd flacher auf den Boden.

"N-Neo...", stammelte ich. "E-Es tut mir leid..."

"Ich habe die Fehler gemacht, Herr. Ich...Es tut mir leid."

Meine Hand zitterte als ich ihn auf die Füße zog.

Mit gesenktem Kopf stand ich vor ihm. "Ich werde Euch wieder um Erlaubnis bitten, Herr. Tut mir leid, dass ich Eure Befehle missachtet habe."

"Hör auf! Du bist kein Sklave mehr, hör auf dich zu entschuldigen."

"Ich bin ein Sklave, ich hätte mich niemals mit Euch auf eine Stufe stellen sollen, Herr."

"Neo! Willst du alles zunichte machen?"

"Nein, tut mir leid, ich bin gerade nur völlig durch." Ich reichte ihm das Schwert, was ich vorhin fertig gemacht hatte.

Ich versuchte wieder eine ruhige Hand zu bekommen bevor ich es entgegen nahm.

"Entschuldigung, dass ich alles so überstrapaziert habe. Ich werde die Werkstatt nur noch mit Erlaubnis betreten." Ich nahm meine Kette ab und reichte sie ihm. "Ich glaube, ich sollte sie eine Weile nicht mehr tragen."

"Du spinnst! Neo, du kannst doch nicht einfach wieder von vorne anfangen. Fall nicht in deine alten Muster zurück, ich will nicht wieder nur dein Herr sein."

"Ich will nur nicht, dass es wieder so ausartet. Du hattest Recht, ich habe keinerlei Kontrolle darüber. Ich habe schon wieder weiter gearbeitet auch wenn ich dir versprochen hatte aufzuhören."

"Aber das ist noch lange kein Grund bei Null anzufangen."

"Über das gerade hatte ich keine Kontrolle. Ehrlich gesagt war ich kurz davor dir eine zu knallen und einfach zu gehen."

Ich ließ mich weinend auf den Boden fallen.

"Bin ich Schuld? Entschuldigung, ich wollte dich nicht traurig machen." Ich kniete mich zu ihm.

"Ich wollte dich nicht schlagen", sagte ich mit zitternder Stimme.

"Ist doch nicht schlimm. Ich hatte es mehr wie verdient und du hast mich damit aus meinem Wahn gerissen."

"Aber ich wollte das nicht..."

"Ist doch jetzt egal."

Ich schämte mich so und machte mich ganz klein.

"Hey, es ist wirklich nicht schlimm. Es wundert mich, dass du das nicht schon früher gemacht hast."

"Ich habe mir geschworen es nie zu tun, aber jetzt habe ich es gebrochen."

"Und ich wollte alle deine Befehle befolgen und habe das schon eine Weile gebrochen."

Ich schluchzte.

"Beruhig dich bitte. Es ist doch alles gut."

"Das sagst du, dabei hast du eben..."

"Ich bin zurückgefallen, weil der Bund es wollte und ich nachgegeben habe."

"Dieser bescheuerte Bund."

"Er macht eigentlich keine Probleme mehr. Ich habe nur selber gemerkt, wie ich mich benommen habe und das es falsch war."

Ich wischte mir übers Gesicht.

"Lass uns heim reiten." Ich hustete und wischte mir die Müdigkeit aus den Augen.

Ich nickte.

"Ich glaube, ich sollte ins Bett."

"Gib mir die Zügel. Drei Tage durchzuarbeiten macht natürlich müde."

"Ging eigentlich bis heute noch."

Ich lenkte das Pferd zurück zum Anwesen.

"Und die Werkstatt würde ich momentan nur mit Atemschutz betreten." Ich hustete wieder.

"Was hast du da drin gemacht?"

"Das Schwert besteht zu großen Teilen aus Silber und einem seltenen blauen Metall."

"Aber du hattest doch Schutzmaßnahmen."

"Hatte ich, bin aber währenddessen eingeschlafen und hatte das Fenster nicht offen."

"Du hast dich also selbst vergiftet. Was machen wir denn jetzt?", fragte ich leicht panisch.

"Ganz ruhig. Silber ist nicht so schädlich und ich habe nicht viel eingeatmet. Das geht von alleine wieder weg."

"Aber wir wissen nichts über das blaue Metall."

"Nicht so giftig, das war auch schon wieder komplett hart."

"Komm sofort mit hoch." Ich schob ihn Richtung Haus.

"Ich hatte nicht vor irgendwo anders hinzugehen." Ich ließ mich nach oben in mein Bett schieben.

"Bis der Husten weg ist bleibst du hier."

"Okay. Kannst du mir was zu trinken geben?"

"Klar, warte kurz."

Ich hatte keinen Hunger. Dabei wusste ich genau, dass ich schon wieder vom Fleisch fiel und bald wieder so dünn war wie am Anfang.

Ich kam mit einem Tablett mit heißer Milch und Keksen zurück.

"Danke", ich nahm die Tasse entgegen.

"Hier, die habe ich vom Tisch geklaut, sie sind noch warm." Ich hielt ihm einen der Kekse hin.

"Ich habe ehrlich gesagt keinen Hunger."

"Hm...Dann nicht!"

"Danke, dass du mich nicht zwingst."

"Nein, sonst wird dir am Ende noch schlecht."

Ich nickte und schloss die Augen.

"Ruh dich aus. Soll ich das Fenster aufmachen?"

"Nein, alles gut, die Luft ist gut genug."

"Wirklich?"

"Mach die keine Sorgen."

"Das sagst du so einfach."

"Sehe ich so schlimm aus gerade?"

"Ein bisschen."

"Tut mir leid. Ich hatte früher zur Besinnung kommen sollen."

"Du hättest nur ein Fenster öffnen sollen."

"Das auch, aber ich war zu vertieft in die Arbeit.
Ich habe sogar vergessen mich um dich zu kümmern, dabei bist du meine Aufgabe."

"Ich habe mich ja gut um mich selbst gekümmert, oder?" Ich sah an mir herunter.

"Umso schlimmer. Das bedeutet, dass du mich nicht brauchst."

"N-na ja..."

"Ich wusste schon die ganze Zeit, dass ich eigentlich nutzlos bin. Ich kann nichts besonders gut, außer mich in der Werkstatt zu verstecken."

"Du redest die ganze Zeit von nutzlos sein..."

"Seit ich nicht mehr so wirklich ein Sklave bin habe ich das Gefühl schon. Ich weiß, ich bin dein Freund und das ist mehr, als ich verdient habe, aber manchmal fällt es mir einfach schwer mich zu beschäftigen."

"Aber du beschäftigst dich doch die ganze Zeit."

"Das war das einzige, das ich tun konnte, mit dem ich nützlich war. Du warst immer so glücklich, wenn ich eins fertig hatte", murmelte ich.

"Mann! Reicht es nicht nützlich als Freund zu sein?!"

"Ist ein Freund nützlich?"

"Ja, ich verstehe garnicht warum nicht?"

"Und ich verstehe nicht, wieso er nützlich ist. Ich mache doch gar nichts mehr. Ich helfe dir nicht beim Anziehen, bringe kein Essen, erfülle keine Wünsche..."

"Das muss ein Freund nicht. Ein Freund ist da um Spaß zu haben, um füreinander da zu sein."

"Spaß?"

"Ja."

"Ich bin kein guter Freund."

"Ja ja und ich kein guter Herr..." Ich stand auf.

"Doch, ein zu guter. Und ein noch besserer Freund."

"Dann hör auf dich schlecht zu reden!"

"Aber ich bin so verkorkst..."

"Ja bist du und ich weiß nicht, wie ich das ändern soll!"

"Mich einfach töten, wäre eine Option."

"Nein", ich packte ihn an den Schultern. "Ich habe dich schon geschlagen, das reicht vollkommen."

"Es wäre die einfachste Möglichkeit."

"Du spinnst!"

"Die andere Möglichkeit wäre meine ganzen Erinnerungen aufzuarbeiten und das ist schlimmer."

"Rrr..." Ich konnte weder das eine noch das andere. Ich ließ seine Schultern wieder los.

"Es ist ausweglos."

"Ja!"

"Ihr werdet mich auch nicht wie einen Sklaven behandeln wollen..."

"Nein!"

"Dann wird es wohl so bleiben."

"Es kann doch so nicht bleiben..."

Ich war eingeschlafen. Das ganze hatte mich mehr Kraft gekostet, als ich zugeben wollte.

Ich verließ das Zimmer, warum hatte er mich zurückgeholt?

Ich war noch immer erschöpft, als ich aufwachte. Cheveyo war nicht da und ich begann zu weinen. Wollte er mich nicht mehr?

Wütend und verzweifelt hatte ich einem Bediensteten das Holzhacken abgenommen.

Ich wollte unbedingt ihm helfen, ein Freund werden. Ich musste über die Angst hinwegkommen.

Ich schlug immer wieder Holzscheite klein.

Ich rannte raus und kletterte auf die Erle. Ich musste allein sein. Nachdenken.

Ich dachte nicht mehr nach, ich fühlte nichts mehr. Es gab nur noch den Schwung der Axt und das splitternde Holz.

Ich sah ihm eine ganze Weile von oben beim Holzhacken zu. Augenscheinlich hatte ich ihn verletzt, etwas, das ich nie beabsichtigt hatte. Meine Hand griff zu dem Band an meinem Knöchel. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und sprang runter.

Der nächste Holzscheit wollte nicht beim ersten Mal durch, ich musste drei Mal zuschlagen.

Ich wurde von einem vorbeifliegenden Holzsplitter getroffen und zuckte zusammen.

Ich holte wieder aus.

"Cheveyo?"

Ich ließ die Axt hinter meinem Rücken fallen und fiel daneben.

"Alles okay bei dir?", fragte ich schüchtern.

Ich sah zu ihm hoch.

"Das gestern tut mir leid. Ich bin gerne dein Freund."

"Lass mich in Ruhe."

Ich nickte und zog mich wieder zum Baumstamm zurück.

Ich blieb mit ausgestreckten Armen und Beinen liegen.

Ich hatte die Beine vor die Brust gezogen und weinte lautlos vor mich hin.

Irgendwann stand ich auf und suchte nach dem Grafen.

Der Graf beobachtete das Trauerspiel jetzt schon eine Weile aus seinem Fenster. Er fand die Schwierigkeiten der beiden so schade.

Ich klopfte an die Tür des Salons, wo sich der Graf oft aushielt.

"Komm rein, Junge."

"Ich habe eine Bitte, Herr."

"Was für eine und nicht Herr, du bist kein Sklave."

"Ich kann nicht hierbleiben. Ich möchte das Land verlassen, zurück in meine Heimat."

"Hängt das mit dem zusammen, was Neo jetzt schon seit Stunden weinen lässt?"

"Ja. Ich möchte ihn hier lassen und nach Hause."

"Er könnte daran zugrundegehen."

"Und ich gehe hieran zugrunde."

"Dann geh, aber er wird dir früher oder später folgen."

"Danke."

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