In between /RAF Camora

By RicaGold

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Aurelia ist eine einfache, junge Frau und sucht nicht mehr, als einen weiteren Job als sie auf Raphael Ragucc... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 26 1.2
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 30
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Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
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Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Epilog
Inside

Kapitel 29

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By RicaGold

Kapitel 29

Raphael Ragucci

Bonez kam gerade aus der Booth geschlendert, als zum tausendsten Mal an diesem Tag mein Smartphone vibrierte. An vielen Tagen stellte ich es einfach aus, wenn ich im Studio war. Jedoch erwartete ich einen Anruf von meinem Partner Ronny und damit hatte ich dem Vibrationsalarm eingeschaltet. Ich griff danach, Abudi schrieb mir.

Er hatte keinen Bock gehabt, mit mir und Bonez im Studio zu hocken, während es draußen achtunddreißig Grad waren und war mit Shaho abgehauen in ein Eiscafé. Er war so ehrlich gewesen, mir zu erzählen, dass sie sich mit Relia treffen wollten. Es ging mich nichts an, was die Beiden machten, wenn ich nicht daneben stand, sie konnten sich treffen, mit wem sie wollten. Trotzdem war ich ihnen dankbar, dass sie das nicht hinter meinem Rücken machten.

Ich öffnete unseren Whats App Verlauf.

„Bruder, soll ich sie fragen ob sie später mit zum Essen will?"

Keine Frage, wenn er damit meinte und unwillkürlich begann mein Herz so sehr zu schlagen, dass ich es an meinem Hals fühlen konnte.

„Raf, was los?", hörte ich Bonez fragen. Der Hamburger warf sich auf die Couch hinter mir und ich drehte mich auf meinem Chefsessel zu ihm herum. „Geister gesehen? Digger, du bist auf einmal leichenblass, trink mal was." Er beugte sich auf der Couch ein wenig nach vorn und musterte mich mit eine gewissen Besorgnis im Blick.

„Schon gut.", murmelte ich, schüttelte den Kopf, als wäre ich aus Wasser wieder aufgetaucht. „Abudi und Shaho sind mit Relia unterwegs.", berichtete ich. „Abudi will sie fragen, ob sie später mit ins Restaurant kommt."

„Oh.", machte John. „Soll er machen, hab Bock sie mal wieder zu sehen. Ist ewig her."

„Bonez.", sagte ich nur.

„Was?"

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie kommt, wenn sie weiß, dass ich auch da bin. Und wenn doch, was soll ich tun, wenn sie auf einmal vor mir steht? Ich würde kein Wort rausbekommen. Es gibt nichts, was nicht völlig behindert wäre, zu ihr zu sagen."

„Das stimmt.", machte John mir Mut. Typisch. Er schwatzte keine Opern, er sah Dinge, wie sie waren. Nicht so krass, wie Abudi oft war- aber ähnlich.

John war einer der wenigen, der wusste, was im Frühjahr zwischen Aurelia und mir vorgefallen war. Von dem Dingen, die ich getan hatte. Abudi und meine Schwester wussten alles- schließlich hatten sie mich Wrack eingesammelt und später in die Notaufnahme gebracht und wahrscheinlich war es nur eine Frage des Glücks gewesen, dass ich an dem besagten Tag nicht mit Zwangsjacke in die geschlossene gesteckt worden war, bei dem Scheiß den ich angestellt und dem wirren Blödsinn, den ich hinterher erzählt habe. John hatte ich es erzählt, weil er mir als Derjenige erschienen war, der mir am neutralsten gegenübertreten würde und ich hatte Recht behalten. Er hatte sich die ganze Story angehört und mir sehr eindringlich geraten, eine Therapie anzufangen.

Mein Arzt, der Therapeut, einer der renommiertesten in Österreich war der Letzte im Bunde, mit dem ich gesprochen hatte. Sehr bald, nachdem das alles geschehen war, hatte ich in der Klinik gestanden und eine Menge Überredungskunst gebraucht, um nicht auf eine monatelange Warteliste gesetzt zu werden. Wahrscheinlich hatte es noch mehr daran gelegen, dass ich ein millionenschwerer Privatpatient war aber am Ende war es mir scheißegal gewesen. Ich wollte nur meine Sitzungen, die ich zwei bis drei Mal in der Woche durchzog.

Wie paradox es war, dass ich selbst nach all dem derjenige gewesen war, der wochenlang einen Horror durchlebt hatte. Eine Mischung aus Selbsthass, Verachtung, Schuldgefühlen, all meinen alten Sorgen und Ängsten. Lange hatte sich diese Verzweiflung fern von mir gehalten und war dann umso heftiger zurückgekommen. Am Ende war ich froh, dass irgendwo in meinem Kopf doch nicht ein paar Synapsen ihren Dienst gemacht hatten und ich nicht einfach losgezogen war, um all dem ein Ende zu setzen. Denn es gab Menschen, die noch immer zu mir hielten, die mich liebten und für die hatte ich mich zusammengenommen.

Rahel hingegen hatte ich in den Wind geschossen, sobald ich wieder halbwegs klar denken konnte. Ohne großen Zirkus und große Entschuldigungen denn dafür hatten mir die Nerven gefehlt. Sie war auf der Suche nach dem Nächsten, hoffte wohl, dass es auch zwei Mal klappen könnte, sich einen Millionär zu angeln, wenn es ein Mal funktioniert hatte. Rahel war eine dämlich Idee gewesen, meine Freunde und Familie hatten Recht gehabt. Und trotzdem hatte ich es als eine einfache Möglichkeit gesehen, die düsteren Kapitel meines Lebens zu umgehen, sie zu schließen, ohne sie endgültig durchgearbeitet zu haben. Dass sie mich mit voller Kraft einholen und beinahe erschlagen würden hatte ich nicht geahnt.

Vor Rahel hatte ich mich nicht gefürchtet – sie hatte nichts gegen mich in der Hand gehabt und darum war sie mir auch ziemlich egal gewesen. Doch nachdem ich mich so halbwegs aufgerappelt hatte, war mir bewusst geworden, was Relia alles gegen mich in der Hand gehabt hatte. Wochenlang hatte ich auf den Brief der Staatsanwaltschaft gewartet, auf die Anzeige wegen sexueller Nötigung und dem Medienaufstand, der dem nachgefolgt wäre. Männer wie ich waren geächtet und meine Karriere damit beendet gewesen. Doch es war nichts gekommen und am Ende war ich zu feige gewesen, mich selbst anzuzeigen. Ich beruhigte mich immer damit, was Relia gesagt hatte- mir und scheinbar auch Abudi. Sie wollte, dass ich mich behandeln ließ und nicht, dass ich von einem Richter bestraft wurde.

Und obwohl ich mich lange gegen Therapeuten gewehrt hatte, mich nicht hatte von ihnen volllabern lassen wollen- ich hatte es am Ende selbst gewollt. Hilfe, damit ich einen Ansatz bekam, wieder auf den richtigen Weg zu finden und beginnen, die ganze Scheiße, die mir in der Vergangenheit passiert war, die ganze Gewalt, die ganzen Schicksalsschläge, die ich miterlebt und erlebt, die vielen Dinge, die ich gesehen hatte, endlich zu verarbeiten. Ich wusste, dass es ein langer Weg war- aber ich musste ihn gehen, wenn ich mir irgendwann selbst verzeihen konnte.

Relia war in den Wochen, in denen wir uns trafen etwas wie mein sicherer Hafen geworden, hatte ich in den Sitzungen beim Therapeuten herausgearbeitet. Bei ihr war ich ich selbst, Raphael Ragucci gewesen und an dem Abend, an dem ich mich vom Rest meiner Freunde verraten und von meiner Familie so unverstanden gefühlt hatte , hatte ich nur zu ihr gewollt und war schließlich, wenn auch besoffen, weil ich mir beinahe eine Flasche Yamazaki hinter die Stirn gekippt hatte, zu ihr gefahren. Relia hatte bemerkt, das ich getrunken hatte, wie besoffen ich wirklich gewesen war hatte sie wahrscheinlich nicht registriert, denn selbst betrunken hatte ich mich noch immer halbwegs unter Kontrolle.

Ich hatte mich nach ihr gesehnt, nach dem Gefühl, ich selbst sein zu können, wenn sie bei mir war und mich hielt. Konnte selbst nicht mehr sagen, wann der Punkt kam, an dem ich zu weit gegangen war. Ich widerte mich selbst an, noch immer wurde mir übel, wenn ich daran dachte. Konnte mich manchmal noch immer nicht im Spiegel sehen. Noch nie zuvor war ich einer Frau gegenüber gewalttätig geworden und ich schwor mir bei allem, was ich besaß, es niemals wieder auch nur ansatzweise soweit kommen zu lassen.

In der letzten Zeit hatte ich mich abgeschottet von den Frauen- seit dem letzten Mal Sex mit Relia, den sie freiwillig mit mir gehabt hatte, hatte ich keine mehr angesehen. Nicht mal Rahel und damit fuhr ich gut. Besser, als ich gedacht hatte. Wollte das alles nicht mehr. Einmal aus Angst vor mir selbst und zweitens, weil ich endlich verstanden hatte, wie dämlich das alles war und wie wenig mir das brachte. Keine dieser Frauen brachte mir Lana zurück, keine dieser Frauen konnte mich über den Verlust meines Sohnes hinwegtrösten und keine von ihnen würde mir jemals wirklich nahe sein.

Wenn ich überlegte, wie viele Frauen ich in den letzten Jahren gehabt hatte und dann darüber nachdachte, dass es einzig und allein mir Relia wirklich schön gewesen war- traurige Bilanz eigentlich.

Doch der kleine Ginger hatte es mir angetan. Hatte ich sie wirklich erst gar nicht undspäter dann nur haben wollen, weil ich mir selbst etwas beweisen wollte, war das Ganze irgendwann aus dem Ruder gelaufen. Irgendwann zwischen dem Moment, als sie und John vor dem Restaurant so vertraut miteinander gewirkt hatten und dem Moment, in dem sie das schüchterne Mädchen in sich vergessen hatte und in meinem Arm zu einer wunderschönen, selbstbewussten jungen Frau geworden war. Vor einer Ewigkeit, als ich sie von der Oper abgeholt und sie später überredet hatte, mit mir in meinen Whirlpool zu steigen.

Ich musste lächeln, wenn ich an die schönen Augenblicke mit ihr zurückdachte und zugeben, dass sie mir manchmal fehlte. Wie sie war, diese junge Frau- so ehrgeizig in dem, was sie liebte. Ich bewunderte sie für ihre Disziplin, mit der sie jeden Tag aufstand und für ihren Traum arbeitete. Mir selbst hatte damals mein Vater mein Studium finanziert- soweit ich wusste hatte Relia sich alles selbst erarbeiten müssen. Sie hatte nie erzählt, in welchem Verhältnis sie zu ihren Eltern stand und ich hatte nie gefragt. Sie wirkte manchmal so unermüdlich, selbst, wenn man ihr ansah, dass sie geschafft war Und trotz allem war sie klar im Kopf. Manchmal vielleicht ein wenig naiv- aber im Grunde wusste sie, was sie wollte und was sie machen musste, um es zu bekommen.

Ich mochte ihr Gespür für Musik- manchmal, wenn ich sie lange genug genervt hatte, hatte sie sogar für mich gesungen. Manchmal hatte ich es aufgenommen und mir die Videos später angesehen. Auch später, nachdem ich mich wieder ein wenig herunter gekommen war, hatte ich sie angesehen.

Als wir in Tokio und auf Island waren hatte ich begonnen, zwischendurch auf ihrer Instaseite zu schauen- teilweise mit Abduis Smartphone, damit ich ihre Storys sehen konnte, ohne, dass sie wusste, dass ich es war. Einfach, weil ich wissen wollte, wie es ihr ging. Weil ich sehen wollte, ob sie zurecht kam und alles verarbeitete.

Relia war bei ihrer Familie in Irland gewesen, hatte mit Freunden ein paar Coversongs plus Videos für Youtube hochgeladen postete Fotos von Proben und von sich und Freunden. Der Typ, der bei ihr gewesen war, als ich sie von der Oper geholt hatte, war häufig dabei und ich fragte mich, ob mehr zwischen ihnen war. Er hatte auf sie gestanden, vor so vielen Monaten und Wochen, das hatte ich sofort gesehen. Auch, wenn es mir irgendwo Stiche versetzte- sie hatte es verdient glücklich zu sein mit einem Mann, der sie liebte und respektiere. Und ihr Kollege hatte ihr mit Sicherheit nicht angetan was ich ihr angetan hatte. Und wenn es einen Mann in ihrem Leben gab, dann gönnte ich ihr das mehr, als jedem anderen wahrscheinlich.

Abudi wusste ein wenig mehr darüber Bescheid, was bei ihr los war- doch er hielt sich bedeckt. Weil er auch vor ihr nicht über mich sprach, war er ihr gegenüber genauso loyal und ich akzeptierte das. Und auch, wenn ich mich so gern bei ihr gemeldet hätte, um ihre Stimme zu hören, um zu wissen, ob es ihr gut ging um zu wissen, ob wir jemals einen anderen Abschluss miteinander finden würden- ich ließ es sein. Als ich in Tokio war, hatte ich mit meinem Therapeuten übe Skype bestimmt eine Sitzung lang diskutiert, bis ich verstanden hatte, was er meinte.

Ich musste ihr überlassen, ob sie je wieder Kontakt mit mir wollte oder nicht egal, wie sehr ich es mir wünschte. Ich hatte bereits einmal über sie bestimmt, mich ihr in schlimmster Form aufgedrängt – wäre ich also von mir aus gekommen hätte ich wieder bestimmt. Ihr den Kontakt mit mir aufgezwungen und das ging nicht. Wenn sie nicht wollte musste ich damit leben, das war das Los der Dinge.

Es ging mir inzwischen einigermaßen gut, trotz allem freute ich mich auf den letzten Schritt in meiner Karriere als RAF Camora und auf das, was danach kam. Shaho und ich hatten Videos gedreht, die alles zerficken würden, was Deutschrap bis dahin gesehen hatte, mein Album war in den letzten Zügen der Aufnahmen, wir hatten unglaubliche Dinge zur Promotion geplant und das alles gab mir Kraft, weiter zu machen. Ich versuchte, positiv in die Zukunft zu blicken, nicht mehr in der Vergangenheit zu leben, denn die brachte mich nicht weiter.

„Raf?" Bonez durch brach meine Gedanken, wahrscheinlich hatte ich eine ganze Weile starr an die Wand hinter ihm gestarrt. „Alles okay? Schlaganfall?"

„War in Gedanken.", murmelte ich, griff nach meinem Smartphone.

Glaube nicht, dass sie mich sehen will.", antwortete ich Abudi endlich. Warum sollte sie auch? Sie verband so ziemlich das Schlimmste mit mir, was ein Mann einer Frau antun konnte. Warum hätte sie auch nur ein Wort mit mir reden sollen? Und dennoch hoffte ich irgendwo in mir, dass sie es doch tun würde.

John schwieg mit mir. Wir sagten beide nichts und es verging bestimmt eine Viertelstunde, in der ich schweigend zwei Kippen rauchte und John immer wieder an seinem Joint zog, bis eine erneute Nachricht von Abudi kam.

„Sie kommt mit."

„Und?" John musste an meine Mimik gesehen habe, dass ich Antwort hatte. Ich schluckte, mein Herz raste. „Sie kommt?"

„Bonez, sag mir, was ich machen soll, wenn sie vor mir steht." Meine Stimme überschlug sich ungewohnt und ich sah meinen Freund und Bruder hilfesuchend an.

„Sag ihr Hallo, lass nicht das Arschloch raushängen, dräng dich ihr nicht auf und entschuldige dich nicht tausendmal. Du kannst das nicht entschuldigen.", meinte er. Haha, klang, als wäre es eine leichte Übung.

„Na dann.", sagte ich sarkastisch. „Dann wird's wohl laufen."

„Mach dich nicht wahnsinnig.", gab John zurück. „Du wolltest sie sehen, jetzt ist es soweit und du kannst es eh nicht planen. Ich kann dir kein vorgefertigtes Drehbuch dafür hinlegen, dass du auswendig lernen kannst auch, wenn du es gerne hättest."

Ich warf Bonez einen finsteren Blick zu. Natürlich konnte ich Menschen gut volllabern, wenn es sein musste, sei es, wenn es um geschäftliches oder privates ging. John war da aber nochmal ganz anders als ich, viel weniger verkopft und die Situation war nicht so einfach. Wobei John es wahrscheinlich trotzdem so machen würde, wie er es mir vorgeschlagen hatte, selbst, wenn ihm innerlich der Arsch auf Grundeis ging.

Eine Situation, in der mir wahrscheinlich niemand helfen konnte und so raste mein Herz, meine Hände waren vor Nervosität feucht, als ich ein paar Stunden später mit Bonez das jugoslawische Restaurant betrat, in dem wir Essens wollte. Meine Jungs waren schon da, saßen an einem langen Tisch ihre Stimmen und ihr Lachen klangen durch den kleinen Laden. Und doch, mein Blick lag auf ihr.

Relia war tatsächlich gekommen, saß zwischen Shaho und Abudi, lachte über irgendwas. Sie sah auf, als sie uns bemerkte, kurz ruhte ihr Blick auf mir und ich fühlte mich, als würde ich ohnmächtig werden.

„Geh weiter.", raunte John hinter mir und stieß mir, hoffentlich, unauffällig die Faust in den Rücken, ehe er sich an mir vorbeidrückte und auf dem Tisch zu marschierte.

„Relia, du treulose Tomate, so eiskalt hat mich noch nie eine liegen lassen. Nicht mal deine Nummer hast du dagelassen.", plauderte er munter drauflos. Ich sah, wie Relia schmunzelte, das Blut rauschte in meinen Ohren und ich verstand nicht, was sie ihm antwortete, während sie sich erhob. John umarmte sie, als wären sie seit einer Ewigkeit befreundet und ich konnte nicht aufhören, sie anzusehen.

Sie sah schön aus, in ihrem schlichten, aber eleganten Outfit, das Haar hochgesteckt, die Schultern ein wenig straffer, als noch vor ein paar Monaten, dass Kinn ein wenig mehr erhoben, das Lachen und ihr Blick offener und selbstbewusster, als bei unseren ersten Begegnungen. Sie sah zufrieden aus, wirkte ausgeglichen und glücklich und wenn es sie störte, dass ich da war, ließ sie sich das nicht anmerken.

Ich zwang mich zum Tisch, blöderweise war nur noch der Platz ihr gegenüber frei, denn John hatte sich inzwischen auf den leeren Stuhl auf der anderen Seite des Tisches gesetzt. Ich grüßte in die Runde, ehe ich mich setzte, Relia sah auf. Hatte sie eigentlich schon immer diese ausdrucksvollen Augen gehabt oder hatte sie sich anders geschminkt, als sonst? Ich schluckte, lege meine zitternden Hände in den Schoß, damit es niemand sah. Mein Hals war trocken und ich sehnte mich nach einer Zigarette. Unsere Blicke trafen sich und tatsächlich lächelte sie ein ganz klein wenig. Ich versuchte, es zu erwidern, befürchtete aber, dass ich eine furchtbare Grimasse zog.

Joshi und John retteten mich mit ihren Witzen aus der Situation, lenkten auch Relia ab und wir schafften es wirklich, eine recht lockere Stimmung am Tisch zu haben. Ich mochte, wie Relia sich mit den Jungs verstand, das hatte mir beim letzten Mal schon unglaublich gefallen, sie lachte mit ihnen und auch ich konnte lachen.

Irgendwann wurde sie ruhiger, sah auf ihren noch halb vollen Teller mit Ceavpe, Pommes und Salat bließ, die Wangen auf.

„Keine Schwäche zeigen.", grinste Shaho von ihrer linken Seite.

„Sag mir, wer so viel essen soll.", gab sie zurück und deutete auf ihren Teller. Sie trank einen Schluck Wasser.

„Männer wie wir.", tönte John und ich musste grinsen.

„Schaffst nicht mehr?", fragte Abudi dann und Relia schüttelte den Kopf.

„Lappen.", sagte er trocken, Relia lachte und zeigte ihm den Mittelfinger. „Gib her." Es dauerte keine Sekunde, da hatte Abudi seinen leeren Teller gegen Relias getauscht und sich die ersten Bissen zwischen die Kiemen geschoben. Ich konnte ja schon viel essen, hatte durch mein Training auch einen gewissen Kalorienbedarf – aber was Abudi in sich reinstopfen konnte, grenzte an Wahnsinn. Ich musste über das Bild lachen, mir gefiel diese Vertrautheit- es hätte schön sein können, hätte ich es nicht von vorn bis hinten verbockt. Aber es war zu spät und die Wehmut überkam mich.

„Himmel, wie viel kannst du essen?", stöhnte Relia mit Blick auf meinen Bruder. Sagte doch, war Wahnsinn.

„Eine Menge, sein Bizeps hat allein den Umfang deine Talje. Da geht ordentlich was rein.", alberte John herum und wir mussten lachen, während Relia den Kopf schüttelte.

„Ich gehe mal eben vor die Tür.", meinte sie dann. „Kommt einer mit? Sie sah sich um und erneut trafen sich unsere Blicke. Ein beinahe unmerkliches Nicken ihrerseits, als sie verstand, dass ich mit rauchen gehen wollte. Es war okay. Nervös und fast schon ungeschickt erhob ich mich, nacheinander liefen wir durch den Gastraum, traten hintereinander nach draußen.

Die Hitze des Tages war einem üblen Sommergewitter gewichen, ich hatte das kaum regestiert, als wir drinnen gesessen hatten. Es war dunkel geworden und nebeneinander quetschten wir uns unter das kleine Vordach des Restaurants, denn der Regeln prasselte wie in Bindfäden auf Berlin hinab.

„Junge, wann ist denn dieses Unwetter aufgezogen.", murmelte sie und begann, in ihre Handtasche nach einem Feuerzeug zu suchen.

„Ich..ich..Relia..", meine Stimme versagte.

„Ja, bitte?"

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Da stehen sie nun. Und jetzt?

Hoffe, ihr hattet einen schönen, ersten Advent :)

Rica  

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