Halloween Countdown 5 - Rückk...

By Samhainophilie

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Raschelnde Zweige, geheimnisvolle Beobachter in den Schatten und Finsterflüstern - auch in diesem Jahr kommt... More

2 - Poltergeist
3 - Kammerjäger
4 - Ablösung
5 - Weiße Mäuse
6 - Vorahnung
7 - Heiliger
8 - Das Kratzen hinter der Wand
9 - Fremde Fährmänner
10 - Martha und Alma
11 - Das Mädchen im Spiegel
12 - Geisterschiff
13 - Die Puppen helfen dir
14 - Der Schlafwandler
15 - Schwarzer Hund
16 - Doppelgänger
17 - Friedhofsbesucher
18 - Geisterjagd
19 - Betrug beim Spiel
20 - Klopf, Klopf

1 - Der Kürbisfluch

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By Samhainophilie

Ein merkwürdiger Geruch liegt im kleinen und beschauliche Ehernweiler in der Luft. Halloween auf dem Land ist wahrlich nichts für schwache Gemüter ... und womöglich sollte man stets ein offenes Auge haben beim Kürbiskauf.

Damit begrüße ich dich sehr herzlich zum diesjährigen Halloweencountdown. Auch in diesem Jahr hoffen wir, direine gehörige Gänsehaut verschaffen zu können. Zwanzig Geschichten warten bis Halloween auf dich - zwanzig unglaubliche Erzählungen, zwanzig Legenden und Sagen, zwanzig Geschichten, die nachts den Schlaf rauben und womöglich die Frage aufwerfen, ob sie nicht einen wahren Kern haben.
Ich wünsche dir ein gutes Gruseln!
Bloody Mally

____________________________

Für Halloween war es ziemlich warm, musste man sagen. Ich musste meine Windjacke abstreifen, als wir die Fahrräder am Wegrand abstellten, und band sie mir mit den Ärmeln um die Hüften. Mit den Fingern streifte ich die leicht verschwitzte Kopfhaut, als ich mir die Haare zurückstrich und sie zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Annika klappte den Ständer ihres Rads (eigentlich war es Mamas, das sie sich ausgeliehen hatte) herunter und ließ das Schloss mit einem Klicken einrasten. Die beiden Fahrräder standen direkt neben dem alten, leicht verwitterten Schild, auf das mit schwarzer Farbe geschrieben worden war:

Hachmeister Zier- und Speisekürbisse
Frische Kartoffeln, Äpfel und Zwetschgen
Sep-Okt 9-18 Uhr
Hinten in der Scheune

»Meinst du, es gibt noch schöne?«, fragte Annika, während wir den Kiesweg entlang auf das Bauernhofgebäude zu stapften.

»Nah, hier ist jeder Kürbis schön, wir finden hundertpro noch welche«, sagte ich zuversichtlich.

Annika strahlte. »Das ist so aufregend, Elli! Halloween bei uns ist ganz anders, da gehen auch keine Kinder rum und klingeln, und Dekoration gibt es höchstens an den Fenstern«, sagte sie zum hundertsten Mal. »Hier ist es so richtig ... schaurig, ein richtiger Ort, an dem sich in so einer Nacht unheimliche Dinge abspielen.« Sie machte beinahe den Eindruck, am heutigen Abend selbst um die Häuser ziehen zu wollen, und brachte mich somit unwillkürlich zum Schmunzeln. Es war wirklich eine gute Idee gewesen, sie über Allerheiligen hier nach Ehernweiler einzuladen – unser Kaff mochte unheimlich langweilig sein, doch die düstere Stimmung an Halloween konnte man nicht bestreiten. In einer Großstadt wie Frankfurt feierte man Halloween schließlich weitaus weniger schauerlich, und so hatte auch Annika nicht gezögert, das lange Wochenende zu nutzen, um mir einen Besuch abzustatten. Und überhaupt wollte ich schließlich keine Möglichkeit ausschlagen, um meine beste Freundin zu treffen, die so weit weg und in der Großstadt wohnte.

Ein Vogel krächzte auf einem der Bäume, das einzige Geräusch bis auf unsere Schritte.

»Willst du die Geschichte hören, die sich um diesen Hof hier rankt?«, fragte ich.

»Es gibt eine Geschichte?!«, quiekte Annika und ich kicherte, als sie einen kleinen Hüpfer machte.

»Jaja«, sagte ich. »Die Hachmeisters sind landauf, landab bekannt dafür, dass sie die besten Kürbisse verkaufen. Jedes Jahr, schon seit Ewigkeiten, zum Erntedank wird der Preis für den größten und schönsten Kürbis von Ehernweiler verliehen – und jedes Jahr gewannen ihn die Hachmeisters. Die anderen Bauern haben das natürlich nicht bloß mit Wohlwollen hingenommen – einige haben ihnen eine Menge Missgunst entgegengebracht. Vor dreißig Jahren, sagt man sich, als die alte Ilse aus der Steinwaldallee noch gelebt hat, da züchtete sie den schönsten und wunderbarsten Kürbis, den man sich vorstellen kann. Stolz trug sie ihn zum Wettbewerb ... nur um zu sehen, dass die Hachmeisters einen noch schöneren und noch größeren Kürbis zur Schau trugen. Sie war so wütend, dass sie die Familie mit einem Fluch belegte. Dreizehn Jahre sollte sie kein guter Kürbis mehr auf ihrem Boden heranwachsen. Und so wie sie es sagte, geschah es – jeder Kürbis, der gepflanzt wurde, verfaulte auf dem Acker, Insekten befielen die schönen Stücke und bald konnten die Hachmeisters nur noch faulige, furchtbare Pflanzen zum Wettbewerb bringen.«

»Und nach dreizehn Jahren?«, fragte Annika.

»Nach dreizehn Jahren erst war der Spuk vorbei. Die alte Ilse war mittlerweile tot, doch noch heute sagt man, dass sie eine Hexe gewesen sein soll. Angeblich konnte sie sich sogar in Kröten und Katzen und so verwandeln. Ihr Haus liegt tief im Wald, ganz verwunschen. Efeu rankt sich um die Holzfassaden, alles sieht verkommen aus ... schauerlich.«

»So was kann man sich auch nur auf dem Land ausdenken«, sagte sie und lachte. »Aber eine Gänsehaut hab ich trotzdem.«

»Soll ich dir noch was sagen?«, fragte ich. »Der Bauer Hachmeister hat einen Sohn, und die alte Ilse hatte eine Tochter, die auch eine Tochter bekam. Diese hatte wohl ein Auge auf den jungen Hachmeister geworfen. Dieses Jahr beim Erntedankfest hat er sie vor allem Leuten abgewiesen – sie war ihm wohl zu unheimlich, was ich ehrlich gesagt gut verstehen kann. Nun, sie ist furchtbar wütend davongerauscht ... und man munkelt, sie habe ebenfalls einen Fluch gemurmelt, als sie verschwand. Nochmal lasse ich euch nicht mit dem Schrecken davonkommen! Euer Lebtag sollt ihr keinen schönen Kürbis mehr züchten!«

»Uhhh«, sagte Annika. »Aber es gibt doch Kürbisse dieses Jahr.«

»Das sehe ich auch, also ist es wohl nur Getratsche«, sagte ich schulterzuckend.

»Und dennoch eine unheimliche Geschichte«, hielt sie mir zugute und wir lachten.

»Also, wir brauchen zwei zum Schnitzen, drei, wenn du noch einen kleinen schneiden willst, und einen für die Suppe«, rekapitulierte ich nochmals.

»Weißt du schon, was du schnitzen willst?«, fragte Annika. »Mann, Elli, ich bin doch gar nicht so kreativ. Ich glaube, ich muss ganz auf dem Boden der Tatsachen bleiben, ich mache einfach ein Gesicht ...«

»Das kommt schon, wenn du den Kürbis erstmal vor dir hast«, unterbrach ich ihren Redeschwall amüsiert.

»Hm, na gut. Und später kommen dann deine anderen Freunde und wir schauen Horrorfilme?«

»Ganz genau, und du darfst dir aussuchen, welchen als erstes«, sagte ich großzügig.

Sie grinste. »Na, wenn du meinst - aber ich habe einen eigensinnigen Geschmack, hoffentlich gefällt es euch dann auch.«

»Ich bin überzeugt davon«, sagte ich, während wir quer über den Hof spazierten und auf die Scheune zuhielten. Das Tor war aufgeschoben und ein Schild mit einem Pfeil wies darauf hin, wo die Kürbisse und der Rest verkauft wurden.

»Und wenn Kinder klingeln, darf ich dann aufmachen?«

»Warte mal«, sagte ich und hielt sie am Arm, um sie zum Stehenbleiben zu bringen. Misstrauisch sah ich mich um. »Hier ist was seltsam. Normalerweise wäre der Hund schon längst da ...«

»Vielleicht sind sie ja zum Gassi gehen«, meinte Annika.

»Leute vom Bauernhof gehen nicht Gassi«, erwiderte ich. »Der Hund ist doch zum Aufpassen da. Der muss hier sein, das ergibt doch sonst gar keinen Sinn.« Wir tauschten einen ratlosen Blick, ehe ich die Schulter hob und sie weiter in Richtung des Gebäudes winkte. Kein Lüftchen bewegte die hohen Lindenbäume, die den Hof säumten, und auch sonst war es beinahe unnatürlich leise. Das ausbleibende Gebell des alten Schäferhunds, der den Bauernhof für gewöhnlich bewachte, hinterließ eine beinahe körperlich unangenehme Lautlosigkeit. Es war wirklich warm für Ende Oktober, sicher über fünfundzwanzig Grad.

Wir betraten die Scheune. Warmes Sonnenlicht fiel durch das offene Tor ein und tauchte die unzähligen, auf Stroh ausgelegten Kürbisse in goldenes Licht. Soweit das Auge reichte waren leuchtend orangefarbene Hokkaidos und Muskatkürbisse, die Stiele wie Klauen aus dem Stumpf gereckt, bunt gefleckte Bischofsmützen sowie pastellfarbene Butternuts und unzählige, verschiedenfarbige Patidous und Patissons. Dazwischen, in geflochtenen Weidenkörben, lagen dicke Kartoffeln, rotbackige Äpfel und reife Pflaumen. Die Scheune war angenehm warm und von einem strohigen, herbstlichen Duft erfüllt. Ein wahres Paradies dekorativ angerichteter Kürbisse und Obst erstreckte sich vor uns, und Annika stand vor Staunen der Mund offen. »Wow«, sagte sie sich umsehend. »Wie schön! Das sind aber viele.«

Meine Freundin war vom Anblick der Kürbisse angetan, doch ich, die diesen schon beinahe gewöhnt war, verspürte bloß ein merkwürdiges Gefühl von Unbehagen. Es war so still. Für gewöhnlich stromerte immer jemand aus der großen Bauernfamilie hier herum – entweder die Kinder spielten mit den kleinen Katzen, der Landwirt selbst mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und sein Sohn erledigten die Feldarbeit oder die alte Bäuerin, ein Mütterchen mit Rheuma und einem geblümten Kittelrock, saß hinter dem Tisch und bewachte die Kasse. Heute aber? Niemand. Nur die schwarze Katze sah ich auf einem der Dachbalken sitzen und uns beobachten – als ich den Blick zu ihr hinaufhob, wandte sie sich ab und glitt lautlos durch eine Nische aufs Dach.

»Merkwürdig«, murmelte ich.

»Stimmt was nicht?«, fragte Annika.

»Nein, also ... es ist ja Selbstbedienung. Aber ... ich hab irgendwie kein gutes Gefühl.« Ich zuckte die Schultern. »Bestimmt sind sie nur ins Dorf gefahren oder so. Lass uns einfach ein paar Kürbisse nehmen, bezahlen und verschwinden.« Trotz der ungewöhnlichen Wärme bekam ich mit einem Mal eine Gänsehaut.

Wir suchten die schönsten Kürbisse aus und rechneten zusammen, was wir an Geld bezahlen mussten. Da ich nichts zum Wechseln hatte, warf ich einen 10-Euro-Schein in die Kasse, obwohl das zwei Euro zu viel waren. Je länger wir auf diesem Grundstück ausharrten, desto unbehaglicher wurde mir zumute, und ich wollte lieber schnell verschwinden.

Ein lauer Wind von Westen kam auf, als wir mit Kürbissen bepackt die Scheune verließen, und Annika rümpfte die Nase.

»Puh. Riechst du das?«, fragte sie und verzog das Gesicht. »Ist das frische Landluft? Riecht irgendwie ...«

»Es riecht furchtbar«, sagte ich. Ein süßlicher, moschusartiger Gestank wurde vom Feld herangetragen, biss mir in die Nase und brachte meine Magen zum Rebellieren. Ich atmete durch den Mund ein, während Annika ihren Schal vor die Nase nahm.

»Ich glaub, da geht wirklich was nicht mit rechten Dingen zu«, sagte sie.

»Sollen wir ...« Ich stockte. »Ich meine, ich will nichts Dummes machen, aber wir haben immerhin helllichten Tag und ... vielleicht sollten wir doch besser nachschauen, woher das kommt, oder?«

Annika schlang die Arme um den Körper und strich sich eine rotbraune Locke hinters Ohr, ehe sie nickte. Keine von uns hatte ein gutes Gefühl, als wir uns mit den Kürbissen im Arm in Bewegung setzten. Als wir mit leisen, vorsichtigen Schritten um die Hauswand bogen und auf das Feld zutraten.

Mit verstörtem Gesichtsausdruck blieb ich stehen, Annika dicht neben mir. Das Unbehagen kroch mein Rückgrat herauf wie ein Insekt – in der Stille hörte ich sogar das leicht zitternde Einatmen meiner besten Freundin, obwohl es beinahe lautlos war. »Oh Mann, oh Mann«, flüsterte sie.

Vor uns erstreckte sich ein Kürbis- und Sonnenblumenfeld. Für gewöhnlich war es schön anzusehen – heute allerdings erweckte es bloß grauenvolle Übelkeit in mir. Alle Kürbisse waren zu schwarzen, von Insekten und Fäulnis befallenen Zerrbildern ihrer selbst zerfallen, die Blumen zu ekelerregenden, gelbbraunen Sonnengesichtern verfault. Fliegenschwärme summten wie schwarze Wolken über den übelkeiterregenden, hochgewachsenen Blüten und dem Gemüse. Der Boden war zu einem matschigen, schmatzenden Schlamm- und Sumpflandschaft zergangen – ich wollte nicht herausfinden, ob ich da jemals wieder herauskommen würde, wenn ich einmal in den glitschigen Boden sank. In der Mitte des Felds stand eine Vogelscheuche, in Schieflage geraten ob des morastigen Bodens, und grinste schauderhaft.

»E-elli?«, fragte Annika mit bebender Stimme. »Du ... was hat diese Frau in der Geschichte nochmal gesagt ... als sie den Fluch gesprochen hat?«

»Euer Lebtag sollt ihr keinen schönen Kürbis mehr züchten«, murmelte ich. Und gerade, als ich es ausgesprochen hatte, wurde mein Arm gepackt, und Annika wies mit zitterndem Finger auf eine Stelle am Rande des sumpfigen, schlammigen Felds.

Aus dem Boden ragte eine Hand. Eine Schulter im Karohemd, ein halb bedecktes Gesicht. Daneben eine geblümte Kittelschürze. Und mit einem Mal – mit einem Mal begriff ich, warum sich keine Menschenseele auf dem Hof befunden hatte.

Nur die schwarze Katze miaute leise.

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