»Die waren zu zweit.«
Unbedacht drehte ich mich um und starrte Yoongi an, welcher gerade sein Shirt runterzog.
Das war knapp. Ich sollte vor meinen Handlungen erst nachdenken. Ja, das hätte sich angeboten.
»Sorry, hier gibt es nicht viel zu sehen.«
Meinte Yoongi - zu meiner Überraschung gut gelaunt und warf die Schuluniform auf einen Stuhl, von dem sich eine große Staubwolke verabschiedete. Hat er sich gerade selbst gedisst?
»Zu zweit?«
Er nickte und dehnte seine Arme. Seine blonden Haare lagen dank der Perücke unordentlich auf seinem Kopf herum, doch er machte keinen Anschein, dies ändern zu wollen.
»Eine Frau und ein Mann.«
»Miso und Ji-Ho? Denkst du, es waren die Beiden?«
Yoongi zuckte nur mit deinen Schultern und ging auf die morsche Tür zu.
»Sie trugen Masken.« Die Tür öffnete sich mit lauten Tönen und vorsichtig lugte ich durch die Öffnung hindurch. Und wie ich sah, sah ich nichts.
Schwaches Licht beleuchtete einen schmalen Gang, welcher sich auf der anderen Seite der Tür befand. Mehr gab es nicht.
»Die Zwei sind hier durch gegangen«, meinte er nur leise und bewegte sich langsam durch die Tür hindurch.
Ich musste mich entscheiden. Wollte ich entweder denselben Weg zurück gehen, denn ich auch gekommen war oder mit Yoongi gehen, bei dem ich mir nicht sicher sein konnte, dass es dort auch sicher war. Verstand man meine Logik? Bestimmt.
Ach, was soll's, dachte ich mir und folgte dem Älteren.
Viel gab es in diesem Gang, wie gesagt, nicht. Er war breit genug, dass eine große, runde Lampe reinpasste, doch zu schmal, für das, dass Yoongi und ich nebeneinander laufen hätten können.
Solange dieser aber keine spastischen Bewegungen nach hinten machte, hatte ich damit kein Problem.
»Also«, begann ich zögerlich, »haben die dich zu zweit durch den kleinen Gang, dort oben, gezogen?«
Schon allein, wenn ich an die heimtückischen Nägel und Schrauben dachte, welche mir kleine Risse in die Haut zufügen wollten, tat alles weh. Ich war nicht gegen Tetanus geimpft - das hätte also tödlich enden können.
Doch ich denke mal nicht, dass S einen von uns tot sehen will.
Unerwarteter Weise blieb Yoongi vor mir stehen und griff nach meinem Handgelenk.
Er führte meine Hand zu seinem verwuschelten Haarschopf und legte ihn auf seinen Hinterkopf. »Spürst du diesen Hubbel? Der ist Grund, dass ich mich nicht erinnere.«
Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Was war noch mal meine Frage?
Meine Augen weiteten sich, als ich mich erinnerte. »Du wurdest KO geschlagen?!«
Wieder nur ein Schulterzucken von ihm, doch dieses Mal folgte noch ein Nicken.
Er forderte mich auf, weiter zu gehen. Leise ging ich seiner Aufforderung nach. Ich wollte aus diesem Gang raus. Es fühlte sich hier so dreckig an und der Staub tat meiner Lunge nicht gerade gut.
Der Blonde teilte mir mit, dass er den Ausgang gefunden hatte, doch etwas ganz anderes zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
»Yoongi?«
Sein Blick folgte meinem Finger. Er legte seinen Kopf leicht schief, als er das Bild sah, welches einsam an der Wand hing.
»Das bin nicht ich! Ich hab schönere Augen«, stellte er klar und hing das Bild von der Wand ab.
Zu sehen war ein Mädchen, welche dieselben Schuluniform trug, wie es Yoongi getan hatte. Sogar die Haarlänge stimmte überein. Und die Gesichtsform! Wow, Yoongi hatte wirklich die Arschkarte gezogen.
Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er das Bild umdrehte.
Neugierig folgte ich seinem Blick, doch es führte nur dazu, dass ich denselben Ausdruck aufsetzte, wie er; Überforderung.
3-5, 3-9, 1-3, 2-6, 3-5, 3-3, 3-4
»Warum immer Zahlenrätsel?«, stöhnte ich auf und stützte genervt meine Lippen. Kreativ war S nun wirklich nicht.
»Wir sollten das mitnehmen.«
Ich schüttelte meinen Kopf. »Lass lieber ein Foto machen, dann merken die nicht, dass wir's gesehen haben.«
Yoongi stimmte mir zu und fotografierte den Gegenstand von allen möglichen Seiten.
Mein Handy klingelte in meiner Hosentasche.
Ich sollte schnellstens meinen Klingelton ändern. Baby Shark war für mein Alter vielleicht nicht mehr ganz so angebracht.
Namjoons Name erschien auf dem Display und mit einem letzten Blick zu Yoongi, welcher mich dank meines Klingeltons gestört anblickte, nahm ich seinen Anruf entgegen.
»Yuna! Ich bin's, Mister Handsome«, meldete sich Jin lautstark und lachte.
Seine. Lache. Einfach unverkennbar.
»Ok.«
Jin verstummte. »Ich bin's, Jin. Seokjin am Apparat!«
Grinsend verdrehte ich meine Augen. »Ich weiß, wer du bist. Warum rufst du an? Und wo ist Namjoon?«
Yoongi und ich liefen durch den Ausgang und erstaunlicher weiße, kamen wir an genau derselben Stelle raus, an der Yoongi vor ein paar Minuten den Geheimgang an der Wand entdeckt hatte, als wir alle noch zusammen waren.
Jin legte plötzlich auf. Warum hatte er dann angerufen?
»Es sind keine Geister. Wir sollten also nicht herausfinden, weswegen sie gestorben sind, sondern warum die zwei diese Scheiße abziehen.«
Mein Gegenüber stimmte mir leise zu, ehe er seinen Blick hinter mich legte.
Jade und Hoseok kamen angelaufen und schauten uns fragend an. Yoongi und ich wanken jedoch einfach nur ab. Das mit der Schuluniform wäre ihm bestimmt peinlich gewesen und immerhin wollte ich noch in unser Zimmer kommen, ohne von ihm rausgeschmissenes zu werden.
»Wir haben das gefunden.«
Yoongi reichte dem rothaarigen sein Handy zu. Dieser zog seine Augenbrauen irritiert nach oben und drehte das dunkle Handy hin und her, in der Hoffnung, somit etwas zu entdecken.
»Ein Code?«, fragte Jade und nahm Hoseok das Handy weg.
»Warum habt ihr uns nicht eingeladen?«, ertönte Jins vorwurfsvolle Stimme von weiter weg.
»Hier findet ja voll das Klassentreffen statt!«
Er kam mit den Anderen ebenfalls zu uns und so kam es, dass wir alle zusammen an dem Startpunkt zurückkamen; vor der Geheimtür.
»Ich glaube, ich kenne das«, meinte Namjoon und nahm Jade das Handy weg.
»Mein Kumpel und ich wussten, dass unsere Eltern in unseren Handys stöbern, also haben wir durch Zeichen kommuniziert.«
Er öffnete die App Line und gab etwas ein. Leider war ich zu klein, um in den Bildschirm blicken zu können.
»Schaut. Die erste Zahl bedeutet die Zeile der Tastatur. Die zweite Zahl gibt an, welcher Buchstabe gemeint ist. Also ist 3-5 der Buchstabe T. Dritte Zeile und fünfter Buchstaben.«
Begeistert von seinem IQ klatschten wir. Dieses Rätsel erinnerte mich an Schiffe-versenken.
»Und was kommt dann raus?«
Namjoon nuschelte unverständliche Dinge, während er nach und nach die richtigen Buchstaben suchte.
Auf so etwas wäre ich nicht draufgekommen. Respekt, Kim Namjoon.
»Tochter«, flüsterte er erst leise, ehe er es laut wiederholte. »Tochter. Das steht da.«
Wer schrieb bitte „Tochter" in Form eines Codes auf ein Bild? Jetzt mal ehrlich; wer macht sowas?
»Also sollen wir vielleicht gar nicht das Geheimnis der beiden Geister lösen, sondern von der Tochter?«, fragte ich an Yoongi gerichtet der langsam nickte.
»Zwei Geister?«
Yoongi wank nur ab und versicherte, später alles zu erklären. Ob er mit alles auch Schuluniform-alles meinte?
»Aber warum wurde Yoongi dann... entführt?«
Ich nahm das Handy und blickte mir das Bild genauer an. Schmunzelnd hielt ich es in die Mitte.
»Sie hat schon Ähnlichkeiten mit ihm.«
»Yah! Bist du verrückt?!«, zischte Yoongi und verstaute sein Handy schnell.
Die Anderen grinsten, so wie ich, ihn einfach nur blöd an.
»Ich glaube, ich verliebe mich gerade in dich«, meinte Jimin lachend und klopfte seinem Hyung auf die Schulter.
»Wir haben auch etwas gefunden«, meldete sich Nuri zu Wort und hob ein altes Buch in die Höhe.
»Das ist das Tagebuch von Miso«, fügte Jungkook hinzu und blickte in die Runde. Stimmt ja - die Beiden sind zusammen gelaufen.
»Da drin steht, dass sie ihre Tochter auf dem Nachhauseweg der Schule verloren haben und alles tun werden, um sie zurück zu holen.«
»Deswegen die Schuluniform. Wenn es nach der Schule war, hatte sie diese wahrscheinlich angehabt.«
»Schuluniform?« Hoseok war verwirrt und das zeigte er auch ganz deutlich an seinem Gesichtsausdruck.
»Warum spuken die Beide dann aber als Geister hier herum?«
Ich zuckte nur meine Schultern.
Eigentlich, hatten wir das Rätsel doch gelöst gehabt?
Miso und Ji-ho geisterten hier herum und hatten Yoongi für Ihr verstobenes Kind gehalten. Fertig. Warum bekamen wir also nicht die Nachricht, dass wir es geschafft hatten?
»Vielleicht müssen wir den beiden weiß machen, dass ihre Tochter Frieden gefunden hat, damit die Zwei aufhören?«
Namjoon nickte auf Taehyungs Vorschlag nur mit dem Kopf. Mir kamen Jins Worte wieder in den Sinn: »Tae ist zurzeit doch seltsam drauf, oder? Er sagt so viele, schlaue Sachen.«
Ich glaubte, langsam zu verstehen, was er damit meinte.
Ich kannte Taehyung nicht, daher viel es mir nicht auf, doch immer, wenn er etwas zu der Situation beitrug, half es uns weiter.
Er hatte die Idee ganz am Anfang mit der Falltür und den Codes. Er gab außerdem wichtige Hinweise über den Mörder auf dem Schiff. Nun der Vorschlag, mit dem Geist.
Taehyung half uns immer weiter, wenn wir nicht vorankamen.
Hinzu kam, dass er alles ziemlich unspektakulär aufnahm. So gelassen.
Entweder, war Taehyung ein Wunderkind oder er wusste mehr, als er zugab.
W Ö R T E R: 1514
Wir kommen den 30 Kapiteln näher.. so viel, habe ich noch nie geschrieben gehabt hahaha
Danke, fürs lesen und Voten 💜
Ihr seid