Stark Chronicles: First Try

By aeide_thea

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Als die 9-jährige, hochbegabte Kayla Clyatt sich aus Langeweile in das Sicherheitssystem von Stark Industries... More

1. Raus aus meinem System, oder ich orte dich!
2. Wer braucht denn eine KI im Auto?
3. Schule oder die legale Foltermethode für junge Leute
3.5 Captain Obvious ist zurück
4. Vergessen heisst nicht Vergeben
5. Das Glück ist endgültig aufgebraucht
6. Warum Bücher manchmal furchtbar langweilig sind...
7. IQ-Probleme
8. Fury und Fremde
10. Arrival (Nicht der Film)
11. Doktor und Captain
12. Greenhorn
13. Die vergessenen Karten
14. Nicht lustig
15. Die Ruhe vor dem Sturm
16. Die Schlacht um New York
17. After-Party. Oder so etwas wie...
18. Überraschung!
19. Mission Impossible, nur ohne Impossible und mit Captain America
20. Besuch einer Blechbüchse und IP-Adressen
21. Ausflug
22. Mandarinprobleme
23. Schiessübungen mit Robin Hood
24. Krankenhausentdeckung
25. Heimwärts oder Ups, Hill hat ja Humor!
26. Ein altbekanntes Nummernschild
27. Lehrergespräche der unangenehmen Art
28. Avengers Assemble
29. Avengers assemble again oder "Keine Kraftausdrücke, Steve!"
30. Die finale Entscheidung oder Steve, Tony oder Clint?
31. Vaterschaftsanfrage (gibt es das überhaupt?)
32. Umzug (oder Einzug?)
33. Osbornparty
34.5 Pancakes! Und ratet mal, wer noch...
34.5.2 Onkel Steve und Tony 2.0 (oder diese ätzenden Spitznamen!)
35. SuperheldenWG und Furienprobleme
36. Das nennt sich Krieg, Fury!
37. Die Rache eines Piraten, der sich als Furie ausgab
38. Presseprobleme
39. Über den Feind, den Freund und den nahezu Unbekannten
40. Bekanntschaften
41. Furiendiskussionen und Aufräumpressekonverenzen (Erfolg nicht garantiert)
42. Mandarinrache
43. Was machst du? Was machst du?
44. Brotkrumenjagd à la Hänsel und Gretel
45. Unerwartetes Wiedersehen
46. Verzweifelte Zeiten erfordern Kopfschmerztabletten
47. Der fette (aber vor allem fehlende) rote Knopf im Avengerstower
48. Ein alles andere als simples Dilemma
49. Deus Ex Machina... Aber geholfen hat's trotzdem nicht.
50. Der erste Versuch
Quellenangaben
Midcredit
Danksagung
Postcredit
Teaser

9. Rosen sind rot, Veilchen sind blau und Falken sind... neuerdings violett?

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By aeide_thea

Meine Finger flogen nur so über die virtuelle Tastatur des Pads und trotz der Tatsache, dass ich eigentlich lieber echte Tasten unter den Fingern spürte, lief alles blendend. Bonnie Tylor sang aus vollem Halse: »I need a hero!», und ich beobachtete einen völlig aufgescheuchten Fury über die Überwachungskameras. Ich hatte mich schon vor Stunden in SHIELDs System gehackt, sogar ohne Probleme, da mein Pad direkt mit ihrem Intranet verbunden war, damit sie mich überwachen konnten. Es war nich sonderlich schwer gewesen, diesen Spiess umzudrehen und das Beste daran war, dass ich, sollte meine Aktivität auf dem Pad irgendwo aufgezeichnet oder überwacht werden, eine kleine Schleife eingerichtet hatte, auf der es für mögliche unerwünschte Beobachter so aussah, als ob ich weiterhin interessiert Star Trek schaute. Die Kameras, die sich ganz sicher irgendwo um mich herum befanden, hatte ich leider auch im Intranet ausfindig machen können, weswegen ich mich damit tröstete, dass man, so, wie ich mich gerade über das Pad beugte, sowieso nicht erkennen konnte, was ich da tat. Ausserdem hatten Agent Hill und Director Fury gerade anderes im Sinn, als zu überprüfen, was ich gerade tat. Ja, ich hatte mich entschlossen, meine Programmiertalente dafür zu benutzen, den Director und seine Agentencrew zu schikanieren, einerseits aus Rachsucht, weil er mich einfach nicht gehen lassen wollte, und andererseits aus der schrecklichen Langeweile heraus. Mir war klar, dass ich mich so ziemlich einfach verraten könnte, aber ich hielt es einfach nicht mehr aus.

Ich hatte die Lautsprecher gekapert und, da ich fand, dass «Holding out for a hero!» meine Situation ziemlich gut beschrieb, liess ich das Stück auf Dauerschleife laufen. Normalerweise war ich niemand, der gerne Musik aus den 80ern hörte, aber da das Mädchen aus dem Nachbarzimmer liebend gerne Bonnie Taylor mochte, konnte ich ziemlich viele ihrer Lieder auswendig, schliesslich waren die Wände im Waisenhaus papierdünn. Ich hatte mir nie gedacht, dass ich mich einmal danach zurücksehnen würde, jeden Schritt zu hören, den meine Nachbarn machten, jeden einzelnen Streit mitzubekommen, aber genau das tat ich. Ich konnte zwar nicht behaupten, dass ich meine dämlichen Klassenkameraden vermisste, Peter natürlich ausgeschlossen, aber der waren auch nicht in meiner Klasse, genauso wenig wie ich meinen Mitbewohnern im Waisenhaus auch nur eine Träne nachweinte. Aber irgendwie... Irgendwie wollte ich doch zurück, dorthin, wo ich mich nie wirklich wohl gefühlt hatte. Ich wollte mein altes, beschauliches, langweiliges Leben zurück, wenn das hier die Alternative war: Ein noch langweiligeres Leben, in dem jedes Blinzeln eine Konsequenz hatte.

Ich widmete mich wieder dem Fury auf meinem Pad, in der Hoffnung, mich dadurch ein wenig davon ablenken zu können, dass ich meine Situation dadurch verbesserte, die Chancen, dass sie sich zukünftig verschlechterte, zu erhöhen. Ohne Mitleid liess ich sämtliche Hochsicherheitstüren, durch die er gehen musste, direkt vor ihm zugehen, sogar die Brandalarmschotts, so dass der Director sie erst nach Passworteingabe wieder öffnen konnte. Ausserdem machte ich mir einen Spass daraus, den Lift, den er nehmen wollte, zu blockieren und, zu allem Überfluss, stellte "Holding out for a hero", weil es ihn so sehr nervte, noch ein wenig lauter. Ich hörte es sogar noch durch die Glaswand durch, und das hiess, dass es ganz schön laut war, so laut, dass man es unmöglich ignorieren konnte.

Ich schmunzelte vor mich hin, als Fury einige Flüche ausstiess und gegen eine Wand trat. Von wegen, Rache servierte man am besten kalt. Das hier war besser, als ich es mir je hätte vorstellen können. Allerdings tat mir der Agent an der Seite des Directors ein wenig leid, denn der bekam prompt seine schlechte Laune zu spüren. Ansonsten amüsierte ich mich aber könglich, jedenfalls bis ich, gerade noch rechtzeitig, Agent Hill auf meine Zelle zukommen sah. Für einen kurzen Moment war ich so überrascht, dass ich sie einfach nur anstarrte, schliesslich hatte ich keinesfalls erwartet, dass sie hier auftauchen würde, dann kam ich wieder zu mir und verliess so schnell verliess ich das System. Gerade im rechten Moment löschte ich die Padschleife wieder und schaltete auf Echtzeit. Da ich laut der Simulation gerade in der Mitte von Folge 4, Staffel zwei war, liess ich die Folge genau von dort aus weiterlaufen. Ich kam nur einige Sekunden weit, dann stand Agent Hill schon vor der Zelle.

«Wer ist er?», brüllte sie gegen Bonnie Taylor an. "Ich will es jetzt wissen! Wer ist dieser Sch... Mistkerl? Sag es mir! Und was zum Henker bezweckt er hiermit?"

Sie sah wirklich frustriert aus und auch wenn es mir irgendwie leid tat, sie hatte es verdient, schliesslich war sie auch Teil von SHIELD und SHIELD war schliesslich der Grund, warum ich hier sass. «Ich habe Ihnen schon gesagt, Agent Hill, ich kenne ihn nicht», antwortete ich deswegen, wenn ich in dem liebenswertestem Unterton, den ich hinbekam.

«I need a hero, 'til the end of the night!», trällerte Tylor.

«Was?», rief Hill. "Du musst lauter reden! Ich verstehe dich nicht!"

«Ich sagte, dass ich Ihn nicht kenne!"

"Na klar! Und ich bin der Weihnachtsmann!", kam zurück.

Ich verdrehte die Augen. "Hören Sie, Agent Hill, er ist jemand, der sich gerne über andere lustig macht! Er will nur Spass haben!", versuchte ich, ihr wenigstens eine Frage zu beantworten, denn irgendwie hatte ich doch ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie so sah. Vielleicht hätte ich meine Racheaktion doch lieber lassen sollen. Sie schien Bonnie Tylor nämlich regelrecht zu hassen.

«Spass? SPASS?", Agent Hill war ausser sich,  "Er hat die Datenbank eines der besten Geheimdienste der Welt gehackt. Und er will nur Spass haben?»

Für einen kurzen Moment zögerte ich, mich fragend, ob ich vielleicht gerade einen grossen Fehler machte, dann verwarf ich den Gedanken und nickte. «Ja, so könnte man es ausdrücken.»

Sie schnaubte und murmelte etwas Unverständliches. Dann schien ihr eine Idee zu kommen und sie wandte sich erneut an mich. Als ich ihren Gesichtsausdruck sah, wusste ich, dass mir gar nicht gefallen würde, was sie mir zu sagen hatte. Irgendetwas hatte sie ausgeheckt. «Weisst du was? Wenn du uns nicht sagen willst, wer der Hacker ist, dann können wir ihn nicht festnehmen und haben keinen Verantwortlichen. Dann muss einer von uns den Kopf dafür hinhalten und ich habe keine Lust, meinen Job zu verlieren. Aber da du die Komplizin eines gefährlichen Verbrechers bist und noch am ehesten dafür verantwortlich bist, was er getan hat, wirst du wohl seine Strafe absitzen müssen. Und, das kann ich dir jetzt schon sagen, ist nicht lustig.»

Ich konnte, als wäre meine Gedanken wie eine kaputte Schallplatte hängen geblieben, nur daran denken, dass Agent Hill Bonnie Tylor eben doch voll verdient hatte. Sie war tatsächlich bereit, solche drastischen Massnahmen durchzusetzen und das machte mir, einmal mehr, Angst. Was ich vom Intranet gesehen hatte, wies darauf hin, das SHIELD eine grosse Organisation war, genauso wie das, was Agent Hill selbst gesagt hatte und das hiess wiederrum, dass sie einen grossen Einfluss hatten. Und wenn solche Leute, Leute wie Hill und Director Fury, Einfluss hatten, dann konnte das einfach nicht gut sein. Agent Hill schien mein Zögern allerdings vollkommen falsch zu interpretieren, denn der erwartungsvolle Gesichtsausdruck zeugte davon, dass sie dachte, mich genug eingeschüchtert zu haben, um gleich den Namen des Hackers zu erfahren. Da ich diese Strafe, die sie mir androhte, allerdings in jedem Fall über mich ergehen lassen musste, schüttelte ich schlussendlich nur den Kopf. «Kein Kommentar.»

Agent Hill sah aus, als hätte ich sie vor den Kopf gestossen. «Ist... Ist das dein Ernst?» Als ich nicht antwortete, fuhr sie fort. "Er ist dir so viel wert, dass du seine Strafe auf dich nimmst?" Wieder gab ich keine Antwort. "Wollte er dich adoptieren?", fragte Hill schlussendlich. "Hey, ich rede mit dir!"

"Ich aber nicht mit Ihnen", meinte ich. "Ich hatte eigentlich gedacht, Sie seien clever genug, zu merken, wenn ein Gespräch beendet wurde. Ich werde Ihnen den Namen des Hackers nicht nennen, Agent Hill, und nein, ich werde es mir auch nicht noch einmal überlegen." Sie klappte den Mund zu. "Auch wenn Sie es einfach nicht verstehen wollen, der Grund dafür ist ganz einfach: Ich kenne seinen Namen nicht!"

Für einen kurzen Moment schwieg sie, dann nickte sie langsam. "Wie du meinst. Deine Sturheit hat dich gerade ganz schön in Schwierigkeiten gebracht, Mädchen. Du wirst noch heute an einen sichereren Standort verlegt. Wenn du Schwierigkeiten machst, dann betäuben wir dich, wie beim letzten Mal."

Ohne einen weiteren Kommentar drehte sie sich um und ging. Sprachlos starrte ich ihr hinterher, dann, als sie beinahe schon ausser Sichtweite war, erwachte ich aus meiner Starre. "Sie sind eine vorschriftenkonforme, erpresserische, verdammt manipulative Hexe, wissen Sie das?", brüllte ich ihr hinterher, auch wenn es wahrscheinlich nicht mein schlauster Schachzug war. Ich war vollkommen von der Rolle und ausserordentlich sauer, so sauer, dass ich gar nicht mehr darauf achtete, was ich sagte. "Irgendwann wird herauskommen, was Sie hier treiben, und dann bekommen Sie Ihre wohlverdiente Gefängnisstrafe!" Sie lief einfach weiter und auch wenn ich vermutete, dass man mich von aussen ohne eine Gegensprechanlage gar nicht hören konnte, hämmerte ich weiterhin gegen das Glas. "Was auch immer dieser Hacker mit Ihren Systemen antut, Sie haben es vollkommen verdient!" Jetzt bog sie ab und verschwand aus meinem Sichtfeld. Schwer atmend, innerlich immer noch fluchend, lehnte ich mich gegen die Wand, brodelnd vor Wut. Was war ich doch für ein Dummkopf gewesen, als ich Starks Systeme gehackt hatte. Es kam mir vor, als wäre das Jahre her. Allerdings war ich jetzt hier, konnte die Vergangenheit nicht mehr verändern, und da sowieso schon feststand, dass ich meine Strafe absitzen würde, konnte ich mich wenigstens noch ein wenig amüsieren. Ich drehte Bonnie Tylor noch ein wenig lauter und begann im SHIELD-Intranet eine Akte über den sogenannten "Tesserakt", der eben doch kein vierdimensionaler Würfel war.


Es war ziemlich vergnüglich, auf eine irgendwie gemeine Art und Weise, weiterhin mit SHIELDs Hardware herumzuspielen, den Kantinenherd dazu zu bringen, das Essen zu verkochen, Director Fury mit weiteren, sich schliessenden Türen zur Weissglut zu treiben und die Deckenlampen ausfallen zu lassen, wenn Agent Hill vorbeiging. Als mir jedoch unerwartet jemand das Pad aus der Hand riss, wurde mir klar, dass der Spass gerade ein abruptes Ende genommen hatte.

Ich starrte entsetzt zu einem Mann hoch, der sich beinahe lautlos zu meiner Zelle geschlichen, und mich, wahrscheinlich in der Absicht, mich bei etwas Verbotenem zu erwischen, was ihm ja prompt auch gelungen war, vollkommen überrascht hatte. Er beobachtete interessiert das Geschehen auf dem Pad, hob noch nicht einmal eine Augenbraue, als habe er schon erwartet, das vorzufinden. Er trug eine etwas abwetzte Agentenuniform, allerdings hatte ich den typischen Aufzug noch nie so abgeändert gesehen: Keine Ärmel, das Vogellogo auf der linken Seite statt auf dem Ärmel, und das Ganze mehr in Dunkelviolett als in Schwarz. Seine dunkelblonden Haare standen vorne ab und seine braunen Augen funkelten beinahe amüsiert. Auf seinen Rücken hatte er einen Köcher voller Pfeile geschnallt, darunter einer, der nicht wirklich wie ein Pfeil aussah. Ich vermutete, dass das sein zusammengeklappter Bogen war. Aber was machte Robin Hood bei SHIELD? Als er vom Pad aufsah, grinste er mich an und ich war mir sicher, dass ihm vollkommen bewusst war, dass ich nicht wusste, was ich als nächstes tun oder sagen sollte. Einen kurzen Moment liess er mich noch zappeln, dann stellte er fest: «Das ist aber nicht Raumschiff Enterprise.»

Ich schluckte, versuchte, die  Beklommenheit loszuwerden, die sich über mich gelegt hatte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das erklären sollte, vor allem, weil es so offensichtlich war, dass der Agent genau wusste, was hier vorging. «Ähh...», brachte ich heraus.

Der Andere lachte über meinen verzweifelten Versuch, alles wieder ins Lot zu bringen. «Man hat mir gesagt, dass du ziemlich clever bist. Bis jetzt merke ich nichts davon. Versuchs nochmal.»

Ich räusperte mich. Da er, seltsamerweise, keineswegs so feindselig oder ernst wie Hill wirkte und mich geradezu aufforderte, mich gegen ihn aufzulehnen und auf seine Entdeckung zu reagieren, versuchte ich tatsächlich, mich herauszureden. Vielleicht waren ja nicht alle SHIELD-Agenten so schrecklich wie Hill. Das würde dann aber wiederrum heissen, dass ich das Essen einer ganzen Menge unschuldiger Angestellter anbrennen lassen hatte, was mir prompt leid tat. «Kennen Sie etwa alle Folgen von Raumschiff Enterprise auswendig?», gab ich schliesslich zurück.

Der Agent zog eine Augenbraue hoch. «Schon besser. Aber die Gerätschaften in diesen Aufnahmen sehen ziemlich irdisch aus.»

«Das Raumschiff Enterprise kommt ja auch von der Erde...», verteidigte ich mich.

«Ich sehe aber Captain Kirk und Spock nicht.»

«Wer sagt Ihnen, dass die nicht gerade auf einem anderen Planeten festsitzen? Oder dass ich Deep Space 9 oder The next Generation schaue?»

Jetzt lachte er tatsächlich, allerdings nicht so, als lachte er mich aus, sondern eher so, als lachte er über sich selbst. «Wirklich gut. Du hättest mich fast übertölpelt. Du hast nur eine Kleinigkeit vergessen: Der Name der Kamera steht oben links im Bild. Ausserdem kenne ich Maria Hill und Fury.»

Ich verdrehte die Augen. «Darüber können Sie hinwegsehen, oder?»

Er tat so, als wäre das eine schwere Entscheidung und er müsste seine Worte sorgfältig abwegen, lächelte dabei aber die ganze Zeit. «Na gut", meinte er schlussendlich. "Aber nur, wenn du Bonnie Tylor abstellst... Ich konnte sie noch nie ausstehen.»

«Wenn Sie mir das Pad zurückgeben, sicher.» Er reichte es mir. Ich durchbrach die Loop, in die ich das Lied gesetzt hatte und auf einmal war es still.

Für einen kurzen Moment wirkte diese Ruhe beinahe unnatürlich, aber der Agent schien genau das zu geniessen. Er nickte mir dankbar zu. «Ich dachte schon, ich würde wahnsinnig. Danke.» Er war nicht alleine: Ein Agent, der vor der Zelle vorbeihastete, blieb stehen und schaute erleichtert zur Decke. Erneut meldete sich mein schlechtes Gewissen.

Der fremde Agent setzte sich auf den zweiten Stuhl mir gegenüber, den ich, weil ich ihn nie benutzte, in eine Ecke geschoben hatte. Als er sich richtig hingesetzt und seinen Köcher neben sich verstaut hatte, streckte er mir die Hand hin. «Ich bin Clint. Dein Abholkommando. Übrigens, nett, dich kennenzulernen.»

Für einen kurzen Moment zögerte ich, dann nahm ich seine Hand an und schüttelte sie. Ihm war sowieso längst klar, wer ich war. «Der Hacker.»

Er lächelte.  «Weisst du, das vermutet Fury schon seit Längerem. Seit dem Intelligenztest, um genau zu sein.»

Ich zog eine Augenbraue hoch. «Dann ist er vielleicht doch nicht so blöd wie ich gedacht hatte.»

Clint lachte. «Unterschätz ihn nicht. Das haben schon manche vor dir getan und es bitter bereut.» Ich zuckte die Achseln. Eine Weile war es still, während er mich musterte. Dann deutete er an die Decke. «Du weisst, dass er es jetzt auch weiss?»

Ich schnaubte. «Also haben Sie da wirklich Kameras? Und Wanzen? Sie arbeiten wirklich für ein paar dubiose Leute.»

Er musterte mich mit neuem Interesse. «Du weisst davon?»

«Ich würde es Ihnen nicht unter die Nase reiben, wenn ich es nicht wüsste. Es ist offensichtlich. Und wenn Fury es jetzt weiss... Na und? Ich werde wahrscheinlich sowieso nie wieder hier herauskommen, ob ich jetzt der Hacker bin oder nicht.»

Er seufzte. "Du bist ganz schön pessimistisch. Ich habe dir Erfahrung gemacht, dass Optimismus sich ziemlich positiv auf dein Leben auswirkt. Warum versuchst du es nicht einmal?»

Ich verdrehte die Augen. «Ich bin Realistin. Und daran zu denken, hier herauszukommen, ist alles andere als realistisch.»

«Das weisst du nicht. Zähl doch ein bisschen auf dein Glück!»

"Mein Glück habe ich schon vor Tagen aufgebraucht, sonst wäre ich ganz sicher nicht hier. Und ich glaube auch nicht an Wunder, wenn Sie mir das vorschlagen wollten.»

Er zuckte nur die Achseln. «In was für einer trostlosen Welt du lebst. Versuch die Sache mit dem Optimismus doch einmal. Ich habe schon von einigen gehört, es wirke Wunder.» Ich schwieg. Was sollte ich auch dazu sagen? Ich bräuchte mehr als das Wunder von Manhattan, um hier heraus zu kommen. «Hör zu, eigentlich muss ich dich von hier wegbringen", unterbrach Clint irgendwann die Stille. "Wenn der Director nicht mitbekommen hat, was du da zugegeben hast, werde ich ihn nicht mit der Nase darauf stossen und da normalerweise niemand diese Aufzeichnungen durchgeht, kannst du darauf hoffen, dass es vergessen geht, dass du das jemals zugegeben hast. Aber dafür, junge Dame, musst du ohne irgendwelche Sperenzchen mitkommen und tun, was ich dir sage, okay?"

"Pf", meinte ich nur. "Wer sagt denn heute noch Sperenzchen?"


Ein schwarzer Wagen wartete in der Garage auf uns. Ich verdrehte die Augen. «Alle Clichées abgegrast, was?»

Clint schnaubte belustigt, sagte aber nichts. Erst als wir im Wagen sassen, völlig abgeriegelt zum Fahrer, uns angeschnallt hatten und aus den offensichtlich kugel- und ausbruchssicheren Fenstern schauten, gab er die Fassade des schweigsamen Agenten wieder auf. «Hier hört keiner mit.»

Ich beäugte ihn misstrauisch. «Sicher?»

Das Amusement war ihm deutlich anzusehen. «Ich bin einer der Spitzenagenten von SHIELD. Ja, ich bin sicher.»

Für einen kurzen Moment war ich nicht sicher, ob er vielleicht scherzte, aber dann zuckte ich die Schultern. Eigentlich ging mich das ja nichts an. «Wie Sie meinen.»

Clint sah mich nach einer kurzen Stille an. «Wieso sagst du es Fury nicht einfach? Es wäre für alle einfacher», stellte er schlussendlich fest.

Ich zuckte die Schultern. «Ich hätte dann noch nicht einmal mehr das Pad.»

Er runzelte die Stirn. «Wer sagt denn, dass sie es dir wegnehmen?»

«Reine Logik, Genie. Ein Hacker mit einem elektronischen Gerät mit mehr oder weniger Internetzugang? Keine gute Idee.»

Clint zuckte die Schultern und sah wieder aus dem Fenster. «Ich weiss. nicht. Vielleicht könnte ich den Director sicher dazu überreden, dass er es dir lässt. Ausserdem würden sich sicher eine Menge Leute gerne einstellen.»

Ich blinzelte ein paar Mal, zu überrascht, etwas zu sagen. «Einstellen? Was soll das denn heissen?»

Er zuckte die Schultern. «Na, jemand will, dass du für ihn arbeitest. Entweder das oder du bleibst in deiner gemütlichen Zelle. So läufts jedenfalls normalerweise.»

Ich überlegte. «Was für Leute würden mich den einstellen wollen? Ich meine, ich bin noch ein Kind.»

Clint musterte mich kurz, dann sah er weg, als wollte er meine Reaktion nicht sehen. «FBI, CIA, NSA, Computer- und Technikfirmen wie zum Beispiel Stark Industries. Softwareprogrammierer, Spieleentwickler. Und natürlich SHIELD. Ich glaube kaum, dass es jemanden interessiert, wie alt du bist, wenn du ihnen helfen kannst.»

Ich schluckte. «So viele?» Clint nickte. Dann wurde mir auf einmal klar, was er da gesagt hatte. "Moment mal, SHIELD?»

Er lachte. «Dachtest du, SHIELD könnte keine cleveren Köpfe brauchen?» Ich schüttelte benommen den Kopf. Clint sprach einfach weiter. «Natürlich könnte es dir auch passieren, dass du immer für den arbeitest, der dich gerade am meisten braucht. Freelancing, nur ohne Free also. Davon habe ich auch schon öfters gehört.»

Geschockt liess ich mich in den Sitz sinken. In was hatte ich mich da nur hereingeritten? Als ich mich wieder einigermassen beruhigt hatte, traute ich mich gerade noch so, zu fragen: «Und wenn ich es weiter geheim halte?»

Clint dachte nicht einmal nach, sondern schüttelte gleich den Kopf. «Irgendwann werden sie es herausfinden. Das Einzige, das du tun kannst, ist, es ein wenig herauszuzögern, aber ich bin sicher, dass Fury eine Möglichkeit finden wird, es aus dir herausbekommen.»

Ich schluckte trocken. Vielleicht hätte ich doch nicht fragen sollen. Wieso vertraute ich ihm eigentlich? Er könnte mich auch dazu bringen wollen, allen zu verraten, dass ich der Hacker gewesen war, aber andererseits war mein Geständnis schon auf Band aufgenommen worden. Warum sollte er sich also weiter bemühen? «Was sollte ich Ihrer Meinung nach tun?», hakte ich schlussendlich doch nach, obwohl, trotz allem, die Möglichkeit bestand, dass er irgendeinen perfiden Plan von Fury befolgte. Irgendwie hatte er etwas an sich, dass ehrlich auf mich wirkte.

Er zuckte die Schultern. «Ein bisschen warten und mich so normal wie möglich verhalten. Aber vor allem, vor allem nicht mehr hacken.»

«So komme ich um vor Langeweile», grummelte ich.

Er überlegte nicht lange.«Frag nach etwas schwierigerem. Er weiss, dass du clever bist, also ist auch klar, dass dir langweilig wird.»

Irgendwie hörte sich das logisch an, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob es funktionieren würde. Trotzdem nickte ich. «Ich versuch's.»

Eine ganze Weile war es still, dann deutete Clint schweigend aus dem Fenster, als wollte er mich auf etwas wichtiges aufmerksam machen. Zuerst bekam ich gar nicht mit, auf was er da eigentlich zeigte, dann, als der riesige Flugplatz in Sicht kam, klappte mir die Kinnlade herunter. Das wir direkt darauf zusteuerten, machte es auch nicht gerade besser, genauso wenig, dass wir mitten auf dem Flugfeld anhielten. Die Türen öffneten sich und während ich noch ein wenig misstrauisch war, schwang sich Clint bereits aus dem Wagen. Er winkte mir schliesslich etwas ungeduldig zu, um mir klar zu machen, dass ich ohne Bedenken aussteigen konnte, aber ich war damit beschäftigt, den riesigen Flugzeugträger anzustarren, unter dem wir geparkt hatten.

«Woah...», murmelte ich. Clint grinste nur, als hätte er das Ganze schon oft gesehen. Während er mich durch den, wie er ihn nannte, Helicarrier führte, gab er mir eine kleine Führung, die praktischerweise auch noch bewirkte, dass ich vollkommen die Orientierung verlor, was allerdings auch daran liegen konnte, dass die Technik, die überall herumlag, mich absolut faszinierte. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Mir blieb erst recht die Spucke weg, als ich die Zelle sah, auf die wir zusteuerten. Sie lag direkt neben einer anderen, die im Gegensatz zu meinem zukünftigen Zuhause aber rund war und viel robuster wirkte. Meine war erneut aus Glas, hatte dieses Mal eine echte Pritsche, zwei Stühle und einen Tisch drin. Schon wieder.

Ich stöhnte. «Im Ernst? Noch einmal? Ist das eure Standarteinrichtung? Ich wette, dieses Bett macht mir wieder Nackenschmerzen.»

Clint verzog entschuldigend das Gesicht. «Ich glaube, das sind tatsächlich die zu erfüllenden Standarts.» Ich verdrehte die Augen. Na super. Er öffnete die Tür mit seinem Handabdruck. «Versuch wenigstens, das beste daraus zu machen.» Ich wusste, was er meinte und nickte geschlagen.


Clint Barton schlenderte durch den Helicarrier, auch wenn er sich eigentlich beeilen sollte. Es würde nicht mehr lange dauern bis das Ding würde abhob. Zwar war der Helicarrier eigentlich genau sein Revier, hoch in den Wolken, ein perfekter Posten, um die ganze Welt von oben zu betrachten, wie er es so gerne tat, aber er war nur hergekommen, um die neuen Instruktionen anzunehmen und vielleicht ein bisschen mit Natasha zu quatschen. Da die aber immer noch noch in Russland feststeckte und er aus Zufall von dem überaus trotzigen, sturen kleinen Mädchen gehört hatte, das in einer der Zellen sass, in denen sie eigentlich sonst die Superbösewichte einsperrten, hatte er es einfach übernehmen müssen, sie in den Helicarrier umzusiedeln. Er war eben neugierig gewesen und hatte die Kleine kennenlernen wollen. Irgendwie war das auch wirklich ein besonderes Erlebnis gewesen, von dem er aber noch nicht wusste, ob es positiv oder negativ war.

Er musste eigentlich schon wieder los und obwohl er eigentlich seine Instruktionen abholen hätte müssen, schlich er sich auf leisen Sohlen an Furys Büro vorbei. Er wusste, dass der Director schon eingetroffen war, genauso, dass er immer noch sauer war. Und einen wütenden Fury wollte er nicht erdulden müssen. Er würde sie sich dann eben per Video schicken lassen. Auf dem Weg zu seinem Transportmittel traf er auf Coulson, der ebenfalls zu der Basis wollte, in die Clint zurückkehren würde. Der Meisterspion nahm sich fest vor, immer in die Kamera zu winken, wenn er an einer vorbeikam, denn wenn sich das Hackermädchen ein bisschen über ihn informierte, worüber er sicher war, dann würde sie sehr wohl wissen, wo er sich in den nächsten Monaten aufhielt. Und so, wie er sie einschätzte, würde sie ganz sicher nicht die Finger vom Hacken lassen. Sie war wirklich irgendwie besonders, wenn er es auch beunruhigend fand, dass sie so erwachsen wirkte. Es hatte ihn die ganze Zeit irritiert, auch wenn er sich Mühe gegeben hatte, es zu verbergen.

Clint Barton stieg neben Coulson in den Helicopter und liess sich zurück zu der Forschungsstation mit dem Tesserakt bringen, ohne zu wissen, was ihn dort erwartete.

Überarbeitet.

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