Der Schmetterling unter den M...

By JewelMind

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Immer schon habe ich es geliebt, die Natur zu erkunden, die sich im Wind wiegenden Baumkronen zu beobachten... More

Vorwort
Aesthetics
00| Prolog
02| Feenstaubenergie
03| Angucken-Schnüffeln-Trinken
04| Showtime
05| Die niemals endende Unendlichkeit
06| Nachtwanderung
07| Der Beginn des Horrors
08| Ashville, Churchill und andere Phänomene
09| Gedächtnislücken
10| Teddybäraugen
11| Fressmops
12| Das doppelte Würstchen
13| erbärmlicher Reinfall

01| Packesel

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By JewelMind

Mit einem lauten rumms landete meine schwere Reisetasche auf dem Boden meines neuen Zimmers. Etwas außer Atem von den vielen Treppen, die ich gerade hinter mir gelassen hatte, schaute ich mich in meinem neuen Zuhause um. In dem relativ kleinen Zimmer befanden sich zwei Betten, zwei Schreibtische und zwei Kleiderschränke. Durch die exakt gleiche Anordnung der einzelnen Möbelstücke wirkte der Raum wie gespiegelt. Die Wände waren schlicht beige gestrichen und der Boden stellte dunkelbraunes Laminat dar. Die restlichen Möbelstücke bestanden ebenfalls aus dunklem Holz, was dem kleinen Raum eine natürliche Note verlieh. Am gegenüberliegenden Ende des weitestgehend quadratischen Raums befand sich ein großes Fenster, durch das man den grünen, baumbewachsenen Campus ausmachen konnte.

Eine sanfte Berührung an meiner Schulter ließ mich kurz zusammenzucken und den Kopf drehen. Meine Mom war neben mich getreten und betrachtete mich wehmütig, aber auch glücklich.

"Und? Gefällt es dir hier?" Sie lächelte mich sanft an. "Ich denke schon. Ja", antwortete ich, während ich den sich füllenden Campus betrachtete. Noch hatte ich ja nicht allzu viel gesehen. Nur ein flüchtiger Besuch auf dem Campus, das unendlich erscheinende Treppenhaus und schließlich mein zukünftiges Zimmer. Mein Blick wanderte zu den beiden Betten in den hinteren beiden Ecken des Raumes und ich musste an meine zukünftige Zimmergenossin denken, die ich noch nicht kennengelernt hatte. Nur ihren Namen kannte ich bereits. Als mir mein Zimmer zugewiesen wurde, hatte man mich ebenfalls darüber informiert, dass ich mir mit einer gewissen Amber Stewart das Zimmer teilen werde. Das ist alles was ich über sie wusste - ihren Namen. Ich konnte nur hoffen, dass sie nicht allzu unerträglich sein würde. Im Großen und Ganzen würde ich mich schon als toleranten Menschen beschreiben, doch auch ich habe meine Grenzen. Es brauchte schon einiges um mich auf die Palme zu bringen, deswegen machte ich mir nicht wirklich Sorgen um meine Zimmernachbarin. Natürlich wäre es weitaus angenehmer und einfacher, wenn wir uns gut verstehen würden, aber im schlimmsten Fall müssten wir ja nur im gleichen Zimmer schlafen. Auch kein Weltuntergang.

Als ich meine Mom erneut anschaute, konnte ich erkennen, dass ihre blauen Augen etwas wässrig geworden waren und sie sich bemühen musste, die Tränen zurückzuhalten. Ich schenkte ihr ein trauriges Lächeln. Auch für mich war es nicht einfach meine Mom zurückzulassen. Schließlich befand sich Granville, mein neuer Heimatort, mehr als 6 Stunden entfernt von Seabrook. Aber nicht nur von ihr musste ich mich verabschieden. Meine ganze Kindheit hatte ich dort verbracht und demzufolge musste ich nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Freunde hinter mir lassen. Natürlich konnte man telefonieren und irgendwie in Kontakt bleiben, aber es war nicht das Gleiche. Man würde sich früher oder später auseinander leben. Leugnen war zwecklos. In meinem engen Freundeskreis war ich die einzige, deren Zukunft sie so weit weggetragen hatte. Natürlich verschanzten sie sich nicht alle in Seabrook, aber sie blieben weitaus näher an ihrer Heimat, Freunden und Familie. Aber was hätte ich denn tun sollen? Das Stipendium ablehnen? Den Traum vom Medizinstudium in den Wind schießen? So schwer es mir auch fiel, ich musste diese Chance nutzen. Hätte ich es nicht gemacht würde ich es bereuen, dessen bin ich mir sicher.

Da mir der Blick meiner Mutter langsam aber sicher das Herz zerriss, zog ich sie in eine feste Umarmung. Erst jetzt merkte ich, wie dringend auch ich sie gebraucht hatte. Ich schloss die Augen und genoss ihre Anwesenheit, denn allzu bald würde ich sie nicht wieder sehen. Ihre dunkelbraunen Wellen, die auch meinen Kopf zierten, kitzelten an meiner Wange. "Ich bin so stolz auf dich. Hörst du Elli? So so stolz." Sie drückte mich etwas fester an sich. "Ich wusste schon immer: Wenn du dir einmal was in den Kopf gesetzt hast, dann schaffst du es auch. Du kannst alles schaffen mein Schatz. Du bist so schlau und so schön." Sanft trennte sie sich von mir und blickte mir tief in die Augen. Eine erste Träne hatte sich aus ihren Augen gelöst und lief ihr langsam über die Wange. "Du siehst aus wie dein Vater. Nur hübscher natürlich. Und weiblicher." Sie entlockte mir ein leises Lachen und auch sie musste lächeln. Sie hatte recht, bis auf die braunen Wellen, die mir bis unter die Schulterblätter gingen, teilte ich so gut wie keine äußeren Merkmale mit ihr. Im Gegensatz zu ihren blauen Augen, waren meine grün und statt der langen, geraden Nase, hatte ich eine kleine Stupsnase.

"Er wäre auch stolz auf dich. Könnte er dich nur so sehen. Unsere kleine Elli ist erwachsen geworden." Ein paar weitere Tränen kullerten über ihre Wangen und auch ich merkte etwas feuchtes an meiner Wange, während sich mein Magen schmerzhaft zusammenzog. Hastig strich ich die Tränen weg.

Ich war nicht das erste Familienmitglied, das die Linwood Universität besuchte. Vor vielen Jahren hatte mein Vater hier Mikrobiologie studiert und sogar seinen Doktortitel gemacht. Seit dem war er ein erfolgreicher Wissenschaftler und Forscher gewesen. Es kam nicht selten vor, dass man den Namen Dr. Montgomery in den Medien hörte oder las. Meine Begeisterung für Natur, Wissenschaft und Medizin hatte ich zweifellos von ihm. Als ich klein war, hat er mich immer wieder mit ins Labor genommen und wir haben zusammen experimentiert, Proben gesammelt und die Natur erkundet. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und konnte mir all meine Fragen beantworten. Schon immer war ich das Papa-Kind gewesen. Doch diese Zeit endete vor 7 Jahren schlagartig. Glasklar schwebten die Erinnerungen vor meinem inneren Auge. Die kalte Nachtluft, die uns entgegengeweht hatte, als meine Mutter die Tür öffnete. Die beiden Polizisten die vor unserer Tür standen. Wie meine Mutter zusammengebrochen war. Die Worte der Polizisten: "Es tut uns leid Ms. Montgomery. Ihr Vater hatte einen tödlichen Autounfall." Meine Unfähigkeit die Nachricht aufzunehmen. Wie ein Film spulten sich die einzelnen Bilder ab.

"Schätzchen, ist alles okay?", riss mich meine Mutter aus meinen Gedanken. Den sich immer weiter verdichtenden Tränenschleier vor meinen Augen hatte ich gar nicht bemerkt. "Ja, alles gut", entgegnete ich schnell und schmierte die Tränen mit der Hand ab. Ich atmete ein paar mal tief durch ehe ich weitersprach: "Hab nur an Dad gedacht." Erfolglos versuchte ich ein Lächeln aufzusetzen, weshalb mich Mom in eine erneute Umarmung schloss. "Ich weiß er fehlt dir. Mir fehlt er ja auch. Aber du bist stark. Du schaffst das", flüsterte sie gegen meine Haare. Noch immer etwas durch den Wind, löste ich mich von ihr und schaffe es diesmal ein ehrliches Lächeln aufzusetzen.

Ein zaghaftes Klopfen an der Tür ließ mich herumfahren. Die Tür öffnete sich einen Spalt und es kam ein rothaariges Mädchen zum Vorschein. "Bist du Eloise?", fragte sie und schaute mich etwas unsicher an. "Ehm Ja." Nach erneuten Betrachten fiel mir ein, dass ich ja immer noch eine Zimmergenossin erwartete. "Amber?" Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und sie nickte zur Bestätigung. Glücklich darüber ihr Zimmer gefunden zu haben, trat sie ein und stellte ihren Koffer zwischen den Betten ab. "Willst du links oder rechts schlafen?", fragte sie an mich gewandt. "Mir egal. Such dir eins aus", antwortete ich nur und schaute wieder zu meiner Mom. Im Augenwinkel konnte ich erkennen, wie sich Amber für das rechte Bett entschied.

"Ich glaube, es wird so langsam mal Zeit." Ihr Gesicht zierte ein schiefes Lächeln. Auch wenn ich nicht wollte, dass sie ging, wusste ich, dass der Moment irgendwann kommen würde. Also nickte ich nur langsam und wir wanden uns der Tür zu. Als meine Mutter diese öffnete, drehte ich mich nochmal zu Amber um, die bereits begonnen hatte, ihren Koffer auszupacken. "Ich verabschiede mich nur schnell von meiner Mom. Bis später." Sie nickte nur und widmet sich wieder ihrem Koffer.

Schweigend liefen wir nebeneinander die Treppen herunter. Es war kein unangenehmes Schweigen, jeder schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein. Erst als wir im Erdgeschoss angekommen waren und durch die große, dunkelbraune Flügeltür ins Freie traten, schaute mich meine Mom an. "Auch wenn es schwer werden wird, verliere nie den Glauben an dich selbst. Du kannst alles schaffen." Als Antwort lächlte ich nur und steuerte ihren weißen Opel an, in dem sie uns beide hergefahren hatt, der jedoch nur eine Person wieder mit nach Seabrook nehmen würde. Der Gedanke versetzte mir einen kleinen Stich. Als wir vor dem Auto stehen blieben, umarmte ich meine Mutter ein letztes Mal. "Schreib mir sofort, wenn du gut angekommen bist", nuschlte ich in ihre Haare hinein. "Mach ich. Und meld du dich immer mal und halt mich auf dem Laufenden, ja?" Ich drückte sie nochmal ganz fest, bevor ich sie losließ. "Natürlich. Fahr schön vorsichtig." Sie nickte, als sie die Tür öffnete und auf den Fahrersitz kletterte. "Hab dich lieb", rief sie aus dem Auto. "Ich dich auch." Sie lächelte mich noch einmal an und schloss dann die Autotür. Ich wartete noch so lang am Parkplatz, bis sie hinter der nächsten Ecke verschwand. Seufzend machte ich mich auf den Rückweg und kickte gedankenverloren einen Stein vor mir her, während ich auf dem Kieselweg zurück in das Studentenwohnheim lief.

Ein dumpfer Knall hinter mir gefolgt von einer Menge Flüchen ließ mich herumfahren. Hinter mir lief, ja, wer eigentlich. Das einzig erkennbare waren zwei lange, schmale, gebräunte Beine und Taschen über Taschen, die den Rest des Körpers verdeckten. Von besagtem Taschenhaufen hatte sich eins der Mitglieder verabschiedet und auf dem Boden bequem gemacht. Die Trägerin/Packesel des Haufens versuchte nun mit dem Fuß die Tasche wieder aufzugabeln und war dabei nicht gerade erfolgreich. Ohne es zu wollen, schlich sich ein Grinsen auf mein Gesicht und ich ging ein paar Schritte zurück, um die heruntergefallene Tasche aufzuheben. Da die Trägerin mich vor lauter Taschen nicht erkennen konnte, fuchtelte sie weiter mit dem Bein in dem Bereich, in der die Tasche einst auf dem Boden lag und stieß eine Reihe von Flüchen aus, da sie sie nicht erreichen konnte. "Soll ich dir vielleicht noch was abnehmen?", fragte ich, während ich mir die Tasche um die Schulter hing. Das Fuchteln des Beines stoppte abrupt. Es folgte ein erfolgloser Versuch die Taschen umzulagern, bevor die Trägerin ihren Kopf seitlich von den Taschen hervorstreckte. Um dies zu bewältigen, nahm sie eine ziemlich seltsam aussehende Verrenkung vor. Das Gesicht des Mädchens musterte mich neugierig. Ein paar ihrer blonden Locken hingen ihr ins Gesicht und sie stellte insgesamt ein sehr amüsantes Bild dar. "Ich werd dich nicht aufhalten", entgegnete sie, während sie den erfolglosen Versuch startete, ihre Locken aus dem Gesicht zu pusten. Immer noch grinsend, nahm ich ihr drei weitere Taschen ab, hing mir zwei über die Schulter und nahm die dritte in die Hand.

Nun nur noch mit ungefähr 5 Taschen bepackt, konnte ich etwas mehr von dem Mädchen erkennen. "Boah danke ey. Du hast mir voll das Leben gerettet. Ich würd dich ja umarmen oder so aber-", sie versuchte ihre Taschen mit bösen Blicken zu strafen , was mir den Rest gab. Lauthals fing ich an zu lachen, was sie mit einem etwas verwirrten Blick quittierte.

"Schon gut. Welches Zimmer hast du?" Langsam beruhigte ich mich wieder und konzentrierte mich auf unser Vorhaben. Schließlich waren ihre Taschen nicht besonders leicht und sie trug fünf von denen. "Öhm, 317", entgegnete sie und versuchte dabei ihre Taschen im Gleichgewicht zu halten. 317? Warte mal, ich war in 315 und da alle ungeraden Zimmer links und alle geraden auf der rechten Seite waren, müsste das heißen- "Wir sind Zimmernachbarinnen", sprach ich meinen Gedanken laut aus, als wir uns in Richtung der Flügeltür, die zum Glück offen stand, begeben. "Jey, das ist ja geil", entgegnete das Mädchen. "Wie heißt du eigentlich?" Ich versuchte sie zwischen den Taschen anzuschauen. "Heather, du?" Sie war gerade beschäftigt damit, eine Dysbalance ihrer Taschen auszubalancieren. "Eloise. Du kannst mich einfach Lou nennen", antwortete ich. "Hm Lou. Find ich cool." Sie warf mir ein Lächeln zu. "Sag mal, warum hast du eigentlich so viele Taschen dabei?" Umständlich versuchte ich mich mit den vollen Taschen die Treppe hoch zupressen. "Naja, alsooo. Erstens: Ich brauch halt viel. Zweitens: Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, was ich zu Hause lassen soll. Ich brauch das halt alles und so. Und drittens: Ich studier' hier bald Modedesign. Ich hab nen Klischee zu erfüllen." Sie versuchte ihre Haare über die Schulter zu werfen, was ihr mehr oder weniger auch gelang.

Als wir die drei Treppen hinter uns gelassen hatten, liefen wir dicht bepackt zum Raum Nummer 317. "Hast du den Schlüssel greifbar?", fragte ich sie mit einer dunklen Vorahnung. Ihre groß werdenden Augen waren mir Antwort genug. "Vielleicht ist deine Zimmernachbarin ja schon da und die Tür ist offen. Stellt sich nur die Frage, wie wir die Klinge betätigen", überlegte ich laut, doch Heather schien mir ab der Hälfte gar nicht mehr richtig zugehört zu haben, denn sie machte sich bereits an der Tür zu schaffen. Immer wieder versuchte sie die Klinke mithilfe des Gewichts der Taschen nach unten zu drücken. "Heather du kannst doch nicht einfach so reinplatzen. Du kannst ja versuchen zu klopfen oder-" Die Tür sprang plötzlich auf. So plötzlich, dass Heather unvermittelt taumelte und dann kopfüber in ihr Zimmer fiel.

_____________________

Hallo ihr lieben. Vielen Dank, dass ihr euch dazu entschieden habt mein neustes Werk zu lesen. Ja, ich weiß, dass Kapitel war etwas langweilig und es ist nicht wirklich viel passiert, aber keine Sorge, das wird sich bald ändern. Ich versuche so oft es geht zu updaten.

Was haltet ihr bis jetzt vom Buch und den Charakteren? Wie denkt ihr wird es weiter gehen?

Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Gedanken, Verbesserungsvorschläge und auch konstruktive Kritik in den Kommentaren hinterlasst. Und natürlich über Votes :)

Ich habe mich dazu eintschieden einem Updateplan zu folgen d.h. Jeden Freitag kommt ein neues Kapitel. Falls ihr einen anderen Tag besser findet würdet, lasst es mich in den Kommentaren wissen.

Viel Spaß beim Weiterlesen.

Eure JewelMind

PS: Würde es euch interessieren wie viele Wörter die Kapitel haben? Dann würde ich das zukünftig dazu schreiben. Das hier hat jetzt 2267.

Gewidmet ist dieses Kapital an @JxnnsBooks. Danke, dass du mich und meine Fragen jedesmal erträgst, kurz bevor ich ein Buch veröffentliche. Ich weiß ich bin nervig, aber du liebst mich ja trotzdem.

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